Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Vor 80 Jahren war Hitlers Feldzug gegen die Sowjetunion eindeutig gescheitert. Wehrmachtsoffiziere und Zivilisten versuchten, das Schlimmste für Deutschland durch einen Putsch gegen Hitler abzuwenden.
Am Morgen des 20. Juli des Jahres 1944 flog der Stabschef des Ersatzheeres der Wehrmacht, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant Werner von Haeften von Berlin zur so genannten Wolfsschanze in Ostpreußen. Adolf Hitler war seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges in der Öffentlichkeit kaum noch präsent. Er pendelte zwischen seinem Feriensitz Obersalzberg und dem Bunker-Komplex Wolfsschanze hin und her. Stauffenberg hatte sich bei den Kriegshandlungen in Nordafrika schwere Verwundungen zugezogen. Es fehlten ihm seitdem der rechte Arm und ein Auge. Als invalider Kriegsheld hatte er seit dem 1. Juli 1944 Zugang zu den Lagebesprechungen in der Wolfsschanze. Hitler hatte das Oberkommando der Kriegsführung vollständig an sich gerissen. Mehr schlecht als recht. Als militärischer Laie entschied er aus dem Bauch heraus. Felsenfest überzeugt, dass die göttliche „Vorsehung“ ihm die richtigen Entscheidungen eingeben würde. Der Volksmund nannte Hitler seitdem „Gröfaz“ – eine Abkürzung für „Größter Feldherr aller Zeiten“. Die Offiziere der Wehrmacht waren zu Hitlers Befehlsempfängern degradiert worden. Hitler zu töten konnte also den Verlauf des Krieges entscheidend beeinflussen.
Darauf setzten die Leute um Graf Stauffenberg. Seinen Zugang zum „Führerbunker“ wollte Stauffenberg heute am 20. Juli nutzen, um Hitler mit einer Zeitzünderbombe zu töten. In zwei Aktentaschen hatten Stauffenberg und sein Adjutant Haeften je eine Zeitzünderbombe, die die beiden in der Wolfsschanze scharf machen wollten. Die heutige Lagebesprechung mit Hitler soll in einer Baracke stattfinden. Dort legt Stauffenberg die Aktentasche mit der scharf gemachten Zeitzünderbombe unter den Kartentisch, wo Hitler und die Wehrmachtsoffiziere die aktuelle Lage im Norden Russlands besprechen werden. Die Aktentasche wird direkt dort abgelegt, wo Hitler vermutlich steht. Die andere Bombe konnte dann doch nicht scharf gemacht werden, da im ungünstigen Augenblick ein nicht in die Putschpläne eingeweihter Offizier ins Zimmer kam.
Dumm gelaufen. Stauffenberg verlässt den Raum der Lagebesprechung. Das Pech will es, dass ein unwissender Offizier die Bombentasche auf die andere Seite des Tisches stellt. Nun kommen die führenden Offiziere mit Hitler an den Kartentisch. Unter ihnen befindet sich General Adolf Heusinger. Heusinger wird nach dem zweiten Weltkrieg als Generalinspekteur der erste Oberkommandierende der neu gebildeten Bundeswehr und steigt ganz weit nach oben in der Hierarchie der NATO. Die Bombe explodiert. Eine Reihe Leute im Raum sind tödlich verletzt. Andere, wie Heusinger, überleben die Detonation mit leichten Verletzungen. Hitler hat nur ein paar Schürfwunden und dazu geplatzte Trommelfelle.
Eigentlich sollte die Telefonleitung von der Wolfsschanze nach Berlin gekappt werden. In der Ungewissheit über die Situation in der Wolfsschanze sollten dann im Rahmen des Unternehmens Walküre die leitenden Hierarchen des Nazi-Systems von Einheiten der Wehrmacht verhaftet werden. Doch die Verwirrung ist groß unter den Verschwörern. Während dessen ist die Telefonleitung nach Berlin wieder hergestellt, und Propagandaminister Goebbels hört am Telefon die Stimme seines Herrn. Mit der Gewissheit, dass Hitler noch lebt, leitet Goebbels nun die Konter-Revolution ein. Die Putschisten werden noch am selben 20. Juli kenntlich gemacht, verhaftet und ein großer Teil von ihnen sofort exekutiert. Dass es sich hier um eine wirklich ernst zu nehmende Aktion handelt, ist schnell erkennbar: exekutiert wird der Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben, der ehemalige Oberkommandant der deutschen Westfront, der als neuer Oberkommandant der gesamten Wehrmacht vorgesehen war. Zu den nun rasch getöteten Widerständlern gehören 19 Generäle, 26 Oberste, zwei Botschafter, sieben Diplomaten, drei Staatssekretäre, der Chef des Reichskriminalpolizeiamtes. Dazu eine Reihe Oberpräsidenten, Polizeipräsidenten und Regierungspräsidenten. Zivile Gravitationspunkte wie die Rote Kapelle waren locker mit den mutigen Wehrmachtsoffizieren verbunden.
Hoffnungslose Lage war nicht mehr zu übersehen
Spätestens seit der verlorenen Schlacht von Stalingrad im ersten Quartal des Jahres 1943 war nicht mehr zu übersehen, dass der Krieg für Deutschland verloren war. Und jetzt im Sommer 1944 wurde der Druck der Alliierten übermächtig. Im Westen rollte eine gigantische Heereswalze englischer, US-amerikanischer und französischer Soldaten über die Normandie auf Deutschland zu. Es galt zu verhindern, dass die sowjetischen Truppen, die sich bis jetzt ganz alleine mit dem Gros der deutschen Wehrmacht herumschlagen mussten, bis zur Atlantik-Küste vorrückten.
Denn der Invasion im Westen ging die sowjetische Operation Bagration voraus. In einer gigantischen Offensive über eine Frontlinie von 1.000 Kilometern wurde die deutsche Heeresgruppe Mitte komplett zermahlen. Von den anwesenden 42 deutschen Divisionen wurden 28 Divisionen komplett zerschlagen. Drei Tage vor dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler, am 17. Juli 1944, mussten 57.000 entwaffnete deutsche Soldaten einen Marsch der Besiegten durch Moskau absolvieren. Die Generäle in Uniform mit allen Ehrenabzeichen voran. Die Bevölkerung Moskaus schaute dem Marsch der Schmach stumm und traurig zu. Die deutschen Peiniger mussten ihren russischen Opfern in die Augen blicken. Übergriffe gegen die entwaffneten Wehrmachtssoldaten wurden von Geleitzügen des sowjetischen Sicherheitsdienstes NKWD energisch unterbunden. Nach dem Ende des Marsches der Besiegten durch Moskau wurden die deutschen Soldaten in sowjetische Arbeitslager transportiert. Die schlimmsten deutschen Kriegsverbrecher kaufte erst 1955 der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer frei.
Die Erinnerung an den Marsch der Besiegten wird auf westdeutscher Seite bis zum heutigen Tag unterdrückt. Diese Bilder könnten einer erneuten deutschen Begeisterung für einen Krieg gegen Russland doch einen empfindlichen Dämpfer verpassen. Deswegen sollten die Bilder vom Marsch der Besiegten überall gezeigt werden.
Sich mit der Sowjetunion anzulegen war von vorneherein für die deutsche Wehrmacht eine Nummer zu groß. Hitler bekundete in seinem Machwerk „Mein Kampf“, dass er die sowjetische Führung für absolut schwach halte, da sie von der jüdischen Weltverschwörung gelenkt sei. Diese Einschätzung hatte Hitler von Henry Ford übernommen. So war Hitler im Sommer 1941 fest davon überzeugt, die Sowjetunion bis zum Weihnachtsfest des selben Jahres niedergerungen zu haben. Nun saßen die armen wehrpflichtigen Rekruten bei zweistelligen Minusgraden in Sommerkleidung im russischen Schnee fest. Durch das so genannte „Winterhilfswerk“ mussten nun deutsche Zivilisten ihre Wintermäntel spenden für die bibbernden Jungs an der Front.
Die nächste Pleite folgte rasch. Es stellte sich heraus, dass die Wehrmacht für ihre Maschinen mehr als doppelt so viel Brennstoff benötigte wie berechnet. Also musste die Wehrmacht ihr Ziel Moskau aufgeben und so rasch wie möglich zum Kaukasus aufbrechen, um an die aserbeidschanischen Ölquellen heranzukommen, um den Krieg überhaupt weiterführen zu können. Dabei blieben die Deutschen in Stalingrad hängen.
Der Westen lässt den deutschen Widerstand im Stich
Es gab immer wieder Versuche, Hitler zu stürzen und mit dem Westen zu verhandeln. Da befanden sich in den Reihen der Widerständler Leute mit exzellenten Beziehungen zur englischen Aristokratie. Als Hitler bereits im Jahre 1938 reif war zur Ablösung, und sich führende Wehrmachtsgeneräle bereit fanden, diese Arbeit zu verrichten, kamen die Engländer Hitler zu Hilfe, indem sie dem Diktator die Tschechoslowakei auf dem Silbertablett präsentierten. Als dann im Juni 1942 der Diplomat Adam Trott zu Solz mit einer Denkschrift im Auftrag des deutschen Widerstands in London beim britischen Außenminister Anthony Eden vorsprechen wollte, wurde Solz von Eden brüsk als „Landesverräter“ abgewiesen.
Keine Frage: die westliche Wertegemeinschaft hatte nicht das geringste Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Krieges. The Show must go on! Denn schon damals haben nicht die nationalen Regierungen entschieden, wie lange ein Krieg zu dauern hat. Das bestimmte die Finanzwelt. Und die internationale Finanzwelt hatte mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) seit 1930 ihr Steuerungsinstrument für die internationalen Geldflüsse geschaffen <1>. Das war eine Konsequenz aus der Tatsache, dass im Ersten Weltkrieg Frankreich und Großbritannien im Jahre 1917 eigentlich kapitulieren mussten, weil sie pleite waren. Deswegen mussten die USA selber in den Krieg eintreten, um die amerikanischen Kredite an Frankreich und Großbritannien zu retten. Damit es im lange vorher geplanten Zweiten Weltkrieg nicht noch einmal zu Zahlungsengpässen kommen konnte, sorgte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel dafür, dass wirklich alle Kriegsparteien immer mit Geld ausgestattet wurden, damit der Krieg nicht wegen Insolvenz vorzeitig abgebrochen werden musste. Einträchtig saßen in der ganzen Zeit des Zweiten Weltkriegs die Vertreter der Zentralbanken der USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Japan Monat für Monat in Basel zusammen, um die weitere Finanzierung des Krieges zu regulieren. Als einziger Kombattant war die kommunistische Sowjetunion von diesem Geldfluss ausgeschlossen <2>.
Das wussten die mutigen Widerstandskämpfer in Deutschland natürlich nicht. Während sie immer wieder versuchten, mit den Regierungen der Westmächte Kontakt aufzunehmen, zog es der Chef des US-amerikanischen Geheimdienstes OSS, Allen Welsh Dulles vor, über Hans Bernd Gisevius mit den Hierarchen der deutschen SS zu verhandeln.
Die Folgen des gescheiterten Putsches
Stauffenberg wusste, dass der Krieg verloren war, und dass von jetzt an jedes weitere Todesopfer vollkommen sinnlos war. Er begründete sein waghalsiges Unternehmen wie folgt: „Ich könnte den Frauen und Kindern der Gefallenen nicht in die Augen sehen, wenn ich nicht alles täte, dieses sinnlose Menschenopfer zu verhindern.“ <3>
Diese Menschenopfer waren aus der Sicht der internationalen Finanzwelt natürlich nicht sinnlos. Und der Historiker Joachim Fest hat in seinem Buch zum Thema in wenigen Worten deutlich gemacht, dass nach dem gescheiterten Putsch vom 20. Juli 1944 das Morden erst richtig Fahrt aufgenommen hatte. Er sagt über die Eskalation der Todesmaschine: „Ihre Zahl [die Zahl der Kriegstoten] betrug während der annähernd fünf Jahre zwischen dem 1. September 1939, dem Tag des Kriegsausbruchs, und dem 20. Juli 1944 etwas über 2,8 Millionen. In den kaum zehn Monaten vom 21. Juli 1944 bis zum Ende des Krieges Anfang Mai 1945 hingegen 4,8 Millionen. Noch beklemmender ist der daraus errechnete Durchschnitt der täglichen Opfer vor und nach diesem Datum. In der Zeit bis zu dem Staatsstreich, der Hitler beseitigen und den / nur durch seinen Starrsinn weitergeführten, ersichtlich verlorenen Krieg beenden sollte, kamen auf den Tag umgerechnet 1588 Menschen ums Leben, in den wenigen verbleibenden Monaten mehr als das Zehnfache, nämlich 16 641 täglich, auch hier wiederum nur Personen deutscher Staatsangehörigkeit gezählt.“ <4> Jetzt wurden die deutschen Städte erst richtig lukrativ für die internationale Waffenlobby in Grund und Boden gebombt. Hitlers starker Mann für die Kriegsproduktion, Albert Speer, sorgte dafür, dass die Kriegsproduktion ab 1944 bislang ungekannte Spitzenleistungen vollbrachte.
Nur selten bekannt gegeben wird die Anzahl der getöteten Soldaten auf deutscher und sowjetischer Seite. Die Sowjetunion musste den Tod von 9.750.000 Soldaten beklagen. Deutschland verlor 5.533.000 Soldaten <5>. Allein bei der Operation Bagration, die der Roten Armee den entscheidenden Vorstoß an die deutsche Reichsgrenze ermöglichte, verloren 450.000 Wehrmachtsangehörige ihr Leben.
Nachspann: Boris Johnson in Istanbul: The Show must go on!
Ja ja, die selbsterklärten Faktenchecker der westlichen Wertegemeinschaft leugnen jetzt massiv, was allgemein bekannt und gesichert ist: unter Vermittlung der türkischen Regierung fanden in Istanbul Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine statt. Die russische Seite war bereit, sich komplett aus der Ukraine wieder zurückzuziehen, wenn die Ukraine vertraglich garantiert hätte, in Zukunft neutral zu bleiben und sich weder dem Westen noch dem Osten anzuschließen. Da eilte am 9. April 2022 der damalige britische Regierungschef Boris Johnson in die ukrainische Hauptstadt Kiew, um den ukrainischen Präsidenten Selenski massiv unter Druck zu setzen. Er solle diese Neutralitätserklärung um keinen Preis der Welt unterzeichnen, sondern weiterkämpfen <6>. Der Westen würde Selenski voll unterstützen bei seinem weiteren Kampf gegen Russland. Also geht das Morden bis auf den heutigen Tag weiter. Es müssen noch viele Waffen profitabel verkauft und auf dem Schlachtfeld verbrannt werden. Die erschlaffte Konjunktur der westlichen Wirtschaften muss mit massiven Rüstungsgeschäften am Laufen gehalten werden.
Kaum hatte sich der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump, vom Schock des Attentats auf ihn erholt, da empfing er bereits Besuch von Boris Johnson, nunmehr frei schwebender Kriegslobbyist. Stolz präsentiert Trump ein Foto. Er selber Arm in Arm in herzlichstem Einvernehmen mit Boris Johnson. Und Trump twittert dazu: „Ich hatte eine schöne Begegnung mit Johnson. Ein wirklich feiner Kerl!“
Ein wirklich feiner Kerl. Die Toten werden es ihm zu danken wissen. Ein Hohn auf Graf Stauffenberg.
Quellen und Anmerkungen
<1> Adam Lebor: Der Turm zu Basel. BIZ – Die Bank der Banken und ihre dunkle Geschichte. Zürich 2013 <2> Hermann Ploppa: Der Griff nach Eurasien – Die Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland. Marburg 2019 <3> Zitiert nach Joachim Kramarz: Claus Graf Stauffenberg. Frankfurt/Main 1965, S. 132. <4> Joachim Fest: Der Staatsstreich - Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994. S.8/9 <5> https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1055110/umfrage/zahl-der-toten-nach-staaten-im-zweiten-weltkrieg/ <6> https://europeanconservative.com/articles/news/official-johnson-forced-kyiv-to-refuse-russian-peace-deal/ +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: George Trumpeter / shutterstock
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