Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Der legendäre Enthüllungsjournalist Seymour Hersh hat Whistleblower zum Tathergang bei der Zerstörung des Pipeline-Systems Nord Stream befragt. Seine Schlussfolgerung: die russisch-deutsche Pipeline wurde durch amerikanische Sprengsätze absichtlich zerstört. Wenn das stimmt, handelt es sich hier um nichts weniger als eine Kriegserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika an die Bundesrepublik Deutschland.
Wieder einmal wird zumindest in den alternativen Medien über die Explosionen gesprochen, die am 27. September 2022 die für Deutschland existentiell wichtige Pipeline Nordstream nachhaltig zerstörten. Der Zugang zu billigem Gas aus Russland ist für die deutsche Wirtschaft langfristig versperrt. Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil der deutschen Industrie auf der internationalen Bühne ist dahin. Schon wandern deutsche Unternehmen in andere Länder, vor allem den USA, aus. Deutschland droht eine De-Industrialisierung im großen Stil.
Während die gleichgeschalteten Mainstream-Medien sich großräumig über Hintergründe und mögliche Motive des offensichtlich terroristischen Anschlags ausschweigen, gibt es im verbliebenen Rest unabhängiger Presse eine Vielzahl von Hypothesen. Ich selber hatte in einer Tagesdosis im letzten Oktober die Vermutung geäußert, dass Sikorski-Hubschrauber der US-Marine am 25. und 26. September aus der Luft Torpedos in die Ostsee entlassen haben könnten, die dann computergesteuert die Gasröhren zur Explosion gebracht haben <1>.
Jetzt tritt der renommierte US-amerikanische Enthüllungsjournalist Seymour Hersh an die Öffentlichkeit <2>. Hersh ist ein Urgestein des mittlerweile fast komplett ausgestorbenen amerikanischen investigativen Journalismus. Bereits im Vietnamkrieg in den 1960er Jahren hatte Hersh den Völkermord in My Lai an die Öffentlichkeit gezerrt und damit wesentlich zur Delegitimierung der amerikanischen Militärintervention in Südostasien beigetragen. Hersh hatte auch Hintergrundinformationen zu unzähligen weiteren illegalen Aktionen der US-Geheimdienste im Ausland geliefert. Durch den unerschrockenen Journalisten wurden zum Beispiel auch die sexuell perversen und absolut entwürdigenden Gefangenenmisshandlungen im irakischen Privatgefängnis Abu Ghuraib einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In all diesen Fällen stützte Hersh seine Behauptungen auf Aussagen von hochrangigen Mitarbeitern in Regierung, Geheimdiensten und Militär. Immer erwiesen sich Hershs Rekonstruktionen US-amerikanischer Regierungskriminalität als absolut wasserdicht und beweisbar. Es bleibt nur immer die Frage, warum Hersh bis heute absolut unbehelligt geblieben ist, ganz im Gegensatz zu Julian Assange, dessen Portal Wikileaks äußerst peinliche Dokumente illegaler Regierungsakte an die Öffentlichkeit gebracht hatte. Der Umgang mit Hersh besteht darin, ihn immer nachdrücklicher totzuschweigen.
Nun zur Hypothese von Hersh im Falle der Nordstream-Sprengung: die Biden-Regierung habe sich entschlossen, hoch qualifizierte Minentaucher der US-Marine aus der Elite-Tauchschule Panama-City in Florida einzusetzen. Das hatte den Vorteil, dass man an den Aufsichtsorganen des US-Kongresses vorbei agieren konnte. Die Elitetaucher aus Florida wurden bei dem NATO-Sommermanöver BALTOPS 22 über Norwegen in das Manövergeschehen vor der Küste der dänischen Insel Bornholm eingeschmuggelt. Im Windschatten dieser Militärübung hätten die Minentaucher in einer Tiefe von 86 Metern unter Meeresspiegel die Sprengkörper in aller Ruhe an die mit Beton armierten Gasröhren von Nord Stream angebracht. Ursprünglich war geplant, Zeitzünder anzubringen, die nach 48 Stunden die Detonation auslösen würden. Doch der Biden-Regierung war klar, dass ein Abstand von nur zwei Tagen nach dem Ende des BALTOPS 22-Manövers einen zu offenkundigen Zusammenhang mit eben dieser Übung herstellen würde. Also musste in einem anspruchsvollen technischen Aufwand ein Zündsystem installiert werden, das noch lange Zeit nach der Anbringung der Sprengkörper jederzeit ausgelöst werden kann. Die Lösung bestand in Sonarbojen, die ins Wasser gelassen werden und über Schallwellen die Zünder auslösen. Das wurde dann am 26. September 2022 ausgeführt von norwegischen Flugzeugen, die eben diese Sonarbojen in die Ostsee entließen und damit die Sprengung der vier Nordstream-Röhren auslösten. Damit wurde zugleich eine Umweltkatastrophe in der Ostsee losgetreten, die die Dimensionen der Deep Water Horizon-Katastrophe im Golf von Mexiko im Jahre 2010 bei weitem übertraf <3>.
Erste Schlussfolgerung: nicht nur die Bundesrepublik Deutschland nimmt mit den Lieferungen von Kampfpanzern am Krieg gegen die Russische Föderation teil. Norwegen hat sich aktiv an der Zerstörung der Hauptschlagader der deutschen Wirtschaft beteiligt und ist damit Teilnehmer am Krieg gegen Russland. Und Norwegen hat wirtschaftliche Motive für diesen terroristischen Akt. Denn schon seit Jahrzehnten profitiert Norwegen von dem Export fossiler Rohstoffe wie Gas und Öl in seinem Hoheitsgebiet im Atlantik. Nicht zuletzt finanziert Norwegen durch diese Fossilexporte seinen Sozialstaat, der immer noch auf hohem Niveau steht, während andere europäische Staaten diesen Status weitgehend demontiert haben. Für Norwegen sind die billigen russischen Gasexporte nach Westeuropa eine unwillkommene Konkurrenz. Denn auch Norwegen baut massiv Pipeline-Röhren in Nord- und Ostsee und ersetzt russische Gaslieferungen nach Polen neuerdings durch eine eigene Pipeline. Da passt nun der Ausfall russischer Versorgungssysteme, diesmal bedingt durch die Sanktionen gegen russische Überlandpipelines, genial ins Geschäftskonzept.
Cui Bono? Wem nützt es?
Damit sind wir bei der immer wieder bei Verbrechen zu stellenden Frage: wem nützt das Delikt? Es ist schon höchst befremdlich, dass ein zivilisiertes Land wie Norwegen auf kriminelle Methoden zur Ausschaltung eines missliebigen Mitbewerbers zurückgreift. Das wird aber vielleicht verständlicher, wenn man auf eine Personalie verweist. Denn Jens Stoltenberg war jahrelang Regierungschef in Norwegen. Jetzt ist derselbe Jens Stoltenberg noch für eine kurze Zeit NATO-Generalsekretär. Er ist sozusagen das zivile Aushängeschild des westlichen Verteidigungsbündnisses. Der Übergang zu einem unlauteren Wettbewerb mit militärischen Mitteln wird durch die Personalie Stoltenberg doch etwas nachvollziehbarer.
Das verhält sich im Falle der Vereinigten Staaten von Amerika keinen Deut anders. Es ist noch erinnerlich, wie US-Präsident Biden bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus am 7. Februar 2022 anlässlich des Staatsbesuchs durch den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in dessen Beisein einer deutschen Pressekorrespondentin antwortete: falls Russland in der Ukraine einmarschiere, würden die USA Mittel und Wege finden, dem Pipelinesystem Nord Stream „ein Ende zu setzen“. Und Bidens Außenminister Antony Blinken sagte auf einer Pressekonferenz im September 2022, also in etwa zeitgleich mit dem kriminellen Anschlag auf die Röhren:
„Es ist eine enorme Gelegenheit, die Abhängigkeit von russischer Energie ein für alle Mal zu beseitigen und damit Wladimir Putin die Bewaffnung der Energie als Mittel zur Förderung seiner imperialen Pläne zu nehmen. Das ist sehr bedeutsam und bietet eine enorme strategische Chance für die kommenden Jahre, aber in der Zwischenzeit sind wir entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass die Folgen all dessen nicht von den Bürgern in unseren Ländern oder, was das betrifft, getragen werden. auf der ganzen Welt." <4>
Man kann das getrost so übersetzen, dass eine gefühlte „Abhängigkeit“ Deutschlands von russischem billigen Gas ersetzt werden muss durch eine beinharte Abhängigkeit von US-amerikanischem Fracking-Gas. Darum geht es. Die USA werden aktuell gerade ausgepresst wie eine bereits einmal ausgepresste Zitrone, wo man aus der Schale noch einmal Zitronensaft pressen will. Die Bohrer in den USA dringen tief in das Erdreich ein, um dann bislang unerrreichbare Gas- und Ölbestände aus Schiefer zu sprengen. Das ist nur möglich durch den Einsatz von hochgiftigen Chemikalien. Natürlich ist diese schönfärberisch „flüssiges Naturgas“ (Liquefied Natural Gas, LNG) genannte Substanz gegen konventionell gefördertes Erdgas viel zu teuer und unter normalen Umständen absolut nicht konkurrenzfähig. Es sei denn, es passiert etwas Außergewöhnliches, wie, sagen wir mal, Naturkatastrophen oder eben auch Kriege. Und der kriegerische Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine war für die amerikanische Fracking-Industrie ein Geschenk des Himmels. Schon im Spätherbst 2021 war durchgesickert, dass sich massive russische Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze zusammenballten, und die Fracking-Lobby in den USA frohlockte und konnte den Einmarsch der Russen in die Ukraine kaum erwarten. So verstehen wir besser, warum Biden zwei Wochen vor dem Einmarsch seine Entschlossenheit zur Vernichtung von Nord Stream mit so einem greisenhaften Grinsen vorbrachte.
Und nun gab es am 23. Januar dieses Jahres eine Anhörung im Washingtoner Kongress. Es ging mal wieder um die Frage, wie die US-Regierung im Konzert mit den beiden Häusern des Kongresses Russland noch stärker als bisher piesacken kann. Dabei lobte die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland den Senator des Ölstaates Texas und republikanischen Tea-Party-Scharfmacher Ted Cruz mit den Worten:
„Senator Cruz, ich und die amerikanische Regierung sind genau wie sie sehr erfreut zu wissen, dass die Reste von Nord Stream jetzt als wertlose Klumpen Eisen auf dem Meeresgrund liegen.“ <5>
Dieser Senator Ted Cruz ist schon seit Jahren zusammen mit Donald Trump einer der Hauptkriegstreiber gegen den verhassten Wirtschaftskonkurrenten Deutschland. Ein knallharter Lobbyist der klassischen texanischen Ölwirtschaft. Ein Mann, der nachweislich bereits jetzt 2,5 Millionen Dollar für seine politischen Kampagnen von der Fossilwirtschaft erhalten hat. Die antiken Römer sagten: Do ut des. Soll heißen: ich gebe, damit du gibst. Funktioniert im Falle von Cruz und der Fossilwirtschaft wie geschmiert. So machte sich Cruz im Jahre 2014 für die Überland-Pipeline Keystone XL stark <6>. Diese Überlandleitung sollte Öl aus der kanadischen Provinz Alberta zu Raffinerien im Süden der USA pumpen. Dabei wird aus dem Erdreich Öl raus gequetscht und dann in die Rohre gepresst. Dabei werden ganze Regionen borealen Urwaldes in Kanada in Mondlandschaft verwandelt. Ein Giga-Bitterfeld sozusagen. Oder ein Giga-Lützerath. Zum Glück wurde aus dem Wahnsinnsprojekt Keytone XL nichts. Doch Cruz ist unermüdlich. In der großen Zeit des Corona-Wahnsinns wusste Cruz sogar staatliche Förderkredite zur Corona-Wiederaufbauhilfe zu seinen Kumpels aus der Fossilindustrie umzuleiten <7>.
Cruz hatte Nord Stream schon lange auf dem Kieker. Mit seinen republikanischen Tea-Party-Kampfgenossen, den Senatoren Ron Johnson und Tom Cotton, schickte er nach Mafia-Art am 5. August 2020 einen unflätigen Erpresserbrief an die Geschäftsführer der Mukran Port Sassnitz GmbH in Mecklenburg <8>. Sassnitz befindet sich übrigens im Wahlkreis der Dauerkanzlerin Angela Merkel. In Sassnitz wurden die Röhren für die noch zu verlegenden 150 Kilometer der Nord Stream 2-Pipeline gelagert und mit einer zusätzlichen Betondecke armiert. Zudem legten hier jene Schiffe an, die die Rohre dann zum Zielort transportierten und dort verlegten. Der Erpresserbrief wurde nicht einmal in deutscher Sprache übersandt und kommt sehr schnell zur Sache: den Geschäftsführern und ihren Mitarbeiten werden „tödliche Maßnahmen“ (fatal measures) angedroht, sollten sie nicht sofort die Arbeit an Nord Stream 2 einstellen.
Ein ehemaliger Bundesminister fand immerhin die richtige Sprache. Er bezeichnete diese Mafia-Methoden als „wirtschaftliche Kriegserklärung“. Und weiter:
„Die Unsitte amerikanischer Drohbriefe an deutsche Unternehmen nimmt Überhand ...
Die Einmischung in die Souveränität Deutschlands und der Europäischen Union hat eine nie gekannte Aggressivität erreicht, die nicht unbeantwortet bleiben darf … Die Unternehmen, die mit diesem Projekt befasst sind, brauchen Schutz vor den Wild-West-Methoden aus Washington … Deutschland und auch die EU müssen eine robuste Antwort auf dieses Verhalten der USA finden. Dazu kann die Androhung eigener Sanktionen gehören - wie zum Beispiel des Imports von Fracking-Gas aus den USA." <9>
Das sagte damals der ehemalige Umweltminister, der Grüne Jürgen Trittin, in einem Anfall von Klarsichtigkeit. Möglicherweise ist Trittin deswegen nicht unter Scholz Außenminister geworden, wie er es wohl anstrebte. Man entschied sich stattdessen für die erwiesenermaßen vollständig von Fachkompetenz befreite und immer noch mit der Adoleszenz ringende Annalena Baerbock. Trittin hat sich, by the way, vor kurzem im Bundestag für deutsche Leopard-Panzer im Krieg gegen Russland ausgesprochen.
Schlussfolgerungen?
Die Sprengung der Nord Stream-Röhren in der Ostsee ist mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit von Spezialeinheiten der USA ausgeführt worden. Die Zerstörung war schon lange anvisiert von der US-amerikanischen Fracking-Industrie, um ihr extrem gefährliches und absolut wettbewerbsunfähiges Gift-Gas doch noch an den Mann oder die Frau zu bringen. Es handelt sich um einen Akt unlauteren Wettbewerbs. Völkerrechtlich handelt es sich um einen kriegerischen Akt der USA und Norwegens gegen Russland und Deutschland. Wäre die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat mit einer Regierung, die bereit ist ihre Hoheitsrechte auch auszuüben, ja, dann wären folgende Maßnahmen zwingend erforderlich:
- Die sofortige Einbestellung des US-Botschafters in das Kanzleramt.
- Ein Ultimatum an die US-Regierung, ihre Unschuld zu beweisen. Wenn jedoch die US-Regierung schuldhaft die Hauptschlagader der Bundesrepublik Deutschlands zerstört hat, ist dies ein kriegerischer Akt gegen Deutschland. Ein solcher kriegerischer Akt muss mit entsprechenden Sanktionen gegen die US-Wirtschaft auf nationaler und auf EU-Ebene beantwortet werden. Von den USA ist Schadensersatz zu fordern.
- Es ist zu klären, ob die Bundesrepublik Deutschland weiterhin einem Militärbündnis angehören darf, in dem zwei Mitgliedstaaten, nämlich die USA und Norwegen, Krieg gegen das NATO-Mitglied Deutschland führen.
- Streng genommen ist hier der Bündnisfall nach Paragraph 5 der NATO-Charta gegeben. Dieser Paragraph sieht vor, dass alle NATO-Staaten einem von außen angegriffenen Mitgliedsland beistehen müssen. Geht natürlich nicht, wenn die Angreifer selber der NATO angehören. Schon seit Jahren besteht jedoch die absurde Situation, dass die NATO-Mitglieder Griechenland und Türkei de facto einen kalten Krieg gegeneinander führen, der jederzeit heiß werden könnte.
Eine verrückte Situation. Es liegt jetzt in der Hand der deutschen Bevölkerung, Druck aufzubauen, um aus dem Würgegriff der „tödlichen Maßnahmen“ der US-Fracking-Mafia herauszukommen. Es fehlt im Moment leider noch an der erforderlichen Informiertheit eben dieser deutschen Öffentlichkeit.
Diese Tagesdosis ist ein Beitrag zur erforderlichen Aufklärung.
Quellen und Anmerkungen
<2> https://www.globalresearch.ca/how-america-took-out-nord-stream-pipeline/5807811
<3> https://www.trendingtopics.eu/pipeline-explosionen-riesige-methangas-wolke-ueber-nordeuropa/
<5> https://www.c-span.org/video/?525542-1/hearing-countering-russian-aggression&vod
<6> https://www.reuters.com/article/us-usa-republicans-cruz-idUSBREA1921720140210
<8> https://www.cruz.senate.gov/imo/media/doc/Letters/2020.08.05%20Final%20Mukran%20Port%20Letter.pdf
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: christianthiel.net/ shutterstock
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