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Ausländische Agenten | Von Peter Frey

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Ein drohendes „Agentengesetz“ ist in aller Munde dieser Tage und die Münder laufen geradezu über vor „Besorgnis“.

Ein Standpunkt von Peter Frey.

Besorgt sind sie tatsächlich, vor allem jene, welche die Medien mit „Besorgnis“ versorgen. Nur zielt diese Besorgnis nicht auf einen etwaigen Verlust von Demokratie- und Bürgerrechten, sondern, ziemlich banal, auf den Verlust von Macht und Einfluss. Im zu veröffentlichenden Erzählraum bedroht das „Agentengesetz“ angeblich, wie schon zuvor in Russland, die zarten Blüten der Demokratie in Georgien.

Am 2. März des Jahres gab Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums, eine Pressekonferenz zum Thema Georgien und dem dort diskutierten Gesetz über ausländische Agenten (1). Einige Auszüge aus dem Protokoll möchten im Folgenden etwas näher untersucht werden (Hervorhebungen durch Autor).

„FRAGE: […] Was erfahren Sie über die anhaltenden Proteste in Georgien gegen einen Gesetzentwurf über so genannte ausländische Agenten, den die Regierungspartei Georgischer Traum initiiert und vor einigen Stunden bei der ersten Anhörung im georgischen Parlament verabschiedet hat? Der Initiator dieses Gesetzes argumentiert, dass es dem US-Gesetz FARA ähnlich ist. Was denken Sie, was bleibt von den mehr als 30 Jahren des Aufbaus der Demokratie in Georgien durch die USA?“ (1i, a1)

Nun, der Fragesteller kommt durchaus umgehend zur Sache. Er nennt exakt die drei zusammenhängenden Aspekte:

  1. „anhaltende Proteste“,
  2. „US-Gesetz FARA“ und
  3. „30 Jahre des Aufbaus der Demokratie in Georgien durch die USA“.

Der Zusammenhang stellt sich folgendermaßen dar und wir erkennen eine Ursache-Wirkung-Kette:

Die anhaltenden Proteste in Georgien richten sich gegen das „Agentengesetz“, welches eine abgeschwächte Ausführung des US-Gesetzes FARA darstellt. Und dieses Gesetz wiederum wendet sich eindeutig gegen „30 Jahre des Aufbaus der Demokratie in Georgien durch die USA“.

Das paternalistische Gehabe der Macht, andere zu entmündigen und zu bestimmen, was für diese anderen wohl das beste sei, dabei aber zielstrebig Eigeninteressen zu verfolgen, ist hier unübersehbar.

Lesen wir die Antwort des Außenamtssprechers:

„MR PRICE: […] Das Gesetz durchläuft noch den Prozess innerhalb des georgischen Systems. Dennoch sind wir nach wie vor zutiefst beunruhigt über das Gesetz über ausländische Agenten, gerade weil es unabhängige Stimmen und Bürger Georgiens, die sich für den Aufbau eines besseren Landes für ihre Mitbürger und ihre Gemeinschaften einsetzen, stigmatisieren und zum Schweigen bringen würde. Wir sind zutiefst besorgt über die möglichen Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Redefreiheit und die Demokratie in Georgien.“ (1ii)

Wen meint Price mit „unabhängige Stimmen und Bürger Georgiens“ tatsächlich? Denn wer kein Geld, keine Unterstützung aus dem Ausland für sein „zivilgesellschaftliches Engagement“ bezieht, ist doch von dem Gesetz gar nicht betroffen. Unabhängig zu sein heißt auch, unabhängig von ausländischen Zuwendungen zu sein. Der US-Politiker meint also eine bestimmte Gruppe von georgischen Bürgern, jene, die „Redefreiheit und Demokratie“ mit Hilfe westlicher –, vor allem US-amerikanischer Zuwendungen propagieren. So betrachtet ist Price durchaus ehrlich, auch wenn er betont:

„[…] Jeder, der für diesen Gesetzesentwurf stimmt, wäre dafür verantwortlich, Georgiens euro-atlantische Zukunft zu gefährden. Ein solches Gesetz steht nicht im Einklang mit den Bestrebungen, die das georgische Volk im Laufe der letzten Jahrzehnte zum Ausdruck gebracht hat, mit der Zukunft, die es sich selbst gesteckt hat, und mit der Zukunft, bei deren Verwirklichung wir als Vereinigte Staaten entschlossen sind, ihm weiterhin als Partner zur Seite zu stehen.“ (1iii)

Selbstverständlich ist damit Georgiens „euro-atlantische Zukunft“ gefährdet. Oder drücken wir es anschaulicher aus: Die politische –, wirtschaftliche –, ja die strategische Abhängigkeit Georgiens gegenüber (vor allem) den USA wird durch das nationale, georgische Parlament ernsthaft in Frage gestellt. Die Zukunft, die die USA für das georgische Volk vorbestimmt haben, deckt sich ganz offensichtlich nur fragmentarisch mit jener, die das georgische Volk sich selbst wünscht.

Nachfolgend liefert uns Price noch ein Strohmann-Argument. Eines nach dem Motto, dass „die anderen“ ja schließlich ebenfalls besorgt sind, die Partnerländer, die EU, die Vereinten Nationen. Natürlich sagt er nicht, dass er sich hier auf die Vasallen Washingtons bezieht. Aber wen meint er mit „zivilgesellschaftliche Gruppen“?:

„Diese Vorbehalte werden nicht nur von den Vereinigten Staaten geäußert. Mehrere andere Partnerländer, die EU, die Vereinten Nationen und georgische zivilgesellschaftliche Gruppen haben sich ebenfalls sehr besorgt über diesen Gesetzesentwurf geäußert.“ (1iv)

Im Folgenden müssen wir uns im Klaren sein, dass das Wort Agent neben dem des Geheimdienstagenten noch verschiedene andere Bedeutungen vertritt, zum Beispiel Vertreter (Handelsvertreter, Versicherungsvertreter). Wenn wir von „ausländischen Agenten“ hören, kann dies nämlich einfach — und das tut es auch — „ausländische Vertreter“ meinen. Es meint Menschen, die für ausländische Interessen tätig sind und in vielen Fällen dafür auf direktem oder indirektem Wege mit finanziellen Mitteln aus dem Ausland versorgt werden. Nun erfahren wir von Herrn Price, dass Nichtregierungsorganisationen nicht unter die FARA (in den USA) fallen, weil sie ja schließlich nicht für ausländische Regierungen tätig seien (Hervorhebung durch Autor):

„Es wurde viel Propaganda für dieses Gesetz gemacht. […] Unser Gesetz über die Registrierung ausländischer Agenten [FARA] schreibt vor, dass Personen, die Agenten ausländischer Regierungen sind, sich als solche registrieren lassen müssen. Unser Gesetz hat keine Auswirkungen auf die Tätigkeit oder die Finanzierungsquellen von NRO. Wir können Ihnen weitere Einzelheiten über das FARA-Gesetz zur Verfügung stellen, falls dies von Nutzen sein sollte. Aber FARA ist sehr eng gefasst; es ist darauf zugeschnitten, nur für die Agenten ausländischer Regierungen zu gelten. Dies ist etwas ganz anderes, und deshalb sind wir sehr besorgt darüber.“ (1v)

Geht es Ned Price um „unabhängige Stimmen und Bürger Georgiens“, um das „georgische Volk“? Ganz sicher nicht. Um was es geht, hat er geschmeidig in seiner Antwort versteckt. In Georgien zielt das Gesetz auch und vor allem auf NROs, auf Nichtregierungsorganisationen. Nicht auf irgendwelche, sondern solche, die politisch im Land aktiv sind und damit Einfluss ausüben.

Price führt sich als Bauernfänger auf. Oder er kennt die eigenen Gesetze nicht. Vielleicht ist es auch ein abgekartetes Spiel, weil er davon ausgehen kann, dass seine Aussagen vom Mainstream so und so nicht in Frage gestellt werden. Für die Öffentlichkeit gilt das Gleiche. Eine Seite verdummt, die andere lässt sich verdummen. Das US-Justizministerium hält eine Seite vor, die Fragen zum FARA-Gesetz beantwortet. Dort erfahren wir unter anderem das Folgende:

„Ein »Agent eines ausländischen Auftraggebers« ist jede Person, die als Agent, Vertreter, Angestellter oder Diener handelt oder anderweitig auf Befehl, Ersuchen oder unter der Leitung oder Kontrolle eines »ausländischen Auftraggebers« handelt und eine der folgenden Handlungen vornimmt:

  • Sich innerhalb der Vereinigten Staaten an politischen Aktivitäten beteiligt, z. B. in der Absicht, einen Beamten der US-Regierung oder die amerikanische Öffentlichkeit in Bezug auf die Innen- oder Außenpolitik der USA oder die politischen oder öffentlichen Interessen einer ausländischen Regierung oder einer ausländischen politischen Partei zu beeinflussen.
  • Innerhalb der Vereinigten Staaten als Berater für Öffentlichkeitsarbeit, Werbeagent, Mitarbeiter eines Informationsdienstes oder politischer Berater handelt.
  • Innerhalb der Vereinigten Staaten Beiträge, Darlehen, Geld oder andere Dinge von Wert einfordert, sammelt, auszahlt oder verteilt.
  • Innerhalb der Vereinigten Staaten die Interessen eines ausländischen Auftraggebers vor Beamten oder Behörden der US-Regierung vertritt.“ (2)

Ein „ausländischer Auftraggeber“ muss also mitnichten eine Regierung sein. Es könnte sich zum Beispiel auch ein „Weltverbesserer“ dahinter verbergen, zum Beispiel George Soros, dessen Filialen der Open Society Foundation in Georgien seit Jahrzehnten äußerst umtriebig mittels Finanzierung dutzender Organisationen und Institutionen ausländische Interessen in Georgien vertreten (3). Die US-Außenpolitik der vergangenen Jahrzehnte lag mit den Interessen des eher WEF-lastigen George Soros kaum über Kreuz. Aber das ist nicht alles.

Denn die hohe US-Politik hat sich 1983 ihre eigene „Nichtregierungsorganisation“ erschaffen, das National Endowment for Democracy (NED), eine Denkfabrik und gleichzeitig Stiftung mit dem vorgeblichen Ziel:

„Förderung demokratischer Ideale, Verteidigung von Menschenrechten und […] Förderung der Entwicklung einer Zivilgesellschaft.“ (4)

Und in diesem Sinne wirkt das NED genau nicht.

Das NED wird als private, gemeinnützige Stiftung betrieben und gleichzeitig aus dem US-Bundeshaushalt finanziert. Damit ist der tatsächliche Zweck hinreichend offengelegt. Das NED vertritt in Georgien eine ausländische Regierung — und das ganz massiv (5)!

All das weiß Ned Price. Um so mehr, als er selbst über Jahre hinweg als Agent in der CIA, dem Auslandsgeheimdienst der USA, tätig war, als Analyst zur Entdeckung und Bekämpfung terroristischer Angriffe auf die USA, bis hin zu seiner Berufung in den Nationalen Sicherheitsrat (National Security Council = NSC) (6). Vielleicht hat der Harvard-Absolvent dort auch seine Fähigkeiten perfektioniert, relevante Dinge „durch die Blume“ zu vermitteln. Auch weiß Ned Price, dass das NED zum einen ein verlängerter Arm des US-Außenministeriums ist, für das er ja selbst tätig ist, und zum anderen das NED unter anderem erschaffen wurde, um Tätigkeiten zu übernehmen, die zuvor von der CIA verantwortet wurden.

Drei Jahre nach der Gründung des NED sagte ihr damaliger Präsident Carl Gershmann:

„Es wäre schrecklich für demokratische Gruppen auf der ganzen Welt, als von der CIA subventioniert angesehen zu werden. Wir haben das in den 1960er Jahren erkannt und deshalb nicht mehr weitergeführt. Wir hatten nicht mehr die Möglichkeit, auf diese Weise zu agieren und deshalb wurde die Stiftung gegründet.“ (7)

Und Allen Weinstein, Mitverfasser der Gründungsakte des NED, meinte:

„Vieles von dem, was wir heute tun, wurde vor 25 Jahren verdeckt von der CIA erledigt.“ (8)

Kommen wir noch einmal mal zur Frage-Antwort-Runde mit Ned Price zurück (Hervorhebungen durch Autor).

„FRAGE: […] Seit vielen Jahren, vor allem in den letzten Jahren, haben georgische Organisationen der Zivilgesellschaft, Oppositionsführer und westlich orientierte Georgier gemeinsam die USA aufgefordert und gedrängt, Sanktionen gegen den Oligarchen Iwanischwili und seine Marionetten in der Regierung zu verhängen. Und es wächst die Sorge, dass die Vereinnahmung des Staates, der wachsende Autoritarismus und die Oligarchien in Georgien geradezu boomen.“ (1vi)

Dazu lohnt es sich, etwas weiter auszuholen.

Was Sie da lesen, bezeichne ich als geistige Folter, als Brainwashing, als eine Methode der Herstellung vollständiger Irritation und Desorientierung, mit dem Ziel, dass Sie als Rezipient sich dieser Unlogik unterwerfen. Im Rahmen des Presse-Meetings hat Price das Wort NGO (englisch für Nichtregierungsorganisation) genau einmal innerhalb einer Aufzählung in den Mund genommen. Doch thematisiert hat er diese immer wieder, nur halt unter einem völlig anderen, begrifflich „eigentlich“ nicht passenden Namen. Ersetzen wir „Organisationen der Zivilgesellschaft“ durch Nichtregierungsorganisationen und fragen wir nach der Finanzierung derselben, und schon bekommt alles wieder einen Sinn. Die Umdeutung, ja die Inkarnation des Begriffs „Zivilgesellschaft“ ist ein Meisterstück von Neusprech.

Ein interessantes –, ein Schlüsselelement in der obigen Frage ist jedoch der Ruf nach Sanktionen gegen einen georgischen Oligarchen namens Iwanischwili und außerdem die Begründung für diese Sanktionen: die Sorge einer „Vereinnahmung des Staates“, „wachsendem Autoritarismus“ und „boomenden Oligarchen“. Wer im vorgegebenen Gut-Böse-Märchen verweilt, hat ganz sicher kein Problem mit der obigen Aussage, weil nämlich der genannte Oligarch wahrscheinlich böse ist, weil nämlich Oligarchen ganz allgemein böse sind. Und das war es dann auch schon.

Was sind Oligarchen? Ganz einfach, es sind unnatürlich reiche Menschen mit einem Übermaß an politischer Macht. Bill Gates (Microsoft) ist aus meiner Sicht selbstverständlich ein Oligarch, genauso wie George Soros (Hedgefonds-Milliardär), Jeff Bezos (Amazon) oder Elon Musk (SpaceX, Tesla). Die ersten drei sind gut und dürfen deshalb nicht als Oligarchen bezeichnet werden. Man umschmeichelt sie als angebliche Philanthropen. Musk ist ein bisschen böse, deshalb könnte man ihn vielleicht vorsichtig unter die Oligarchen mischen.

Das sind natürlich emotionale Wertungen, keine sachlichen, nüchternen Beschreibungen. Und diese Wertungen sind eingängig, wenn sie immer und immer wieder über das Volk gekippt werden. Permanent Menschen mit bestimmten Emotionen zu koppeln und dafür die Sachfragen entsprechend zu kürzen oder zu erweitern, so dass sie sich in die emotionale Wertung perfekt einpassen, kann man als psychologische Operation verstehen. Die Menschen glauben dann zwar zu wissen, rufen aber doch nur Stimmungsbilder ab.

Dann gibt es noch Sonderfälle von guten Oligarchen, wie zum Beispiel diesen hier (Hervorhebung durch Autor):

„Wissen Sie, ich hatte tatsächlich die Möglichkeit, Michail Chodorkowski vor seiner Inhaftierung zu treffen. Er hat damals schon viel Interesse an der Entwicklung der Zivilgesellschaft gezeigt, und ich habe ja teilgenommen an der Gründung des Zentrums für internationalen Schutz, also im Prinzip ein Zentrum in Russland, wo russische Bürger die Möglichkeit haben, sich an internationale oder europäische Gerichte zu wenden, wenn sie meinen, dass sie im eigenen Land ungerecht behandelt wurden. […] Wir haben uns getroffen, und ich habe bei diesem Treffen eigentlich auch gesehen und kennengelernt, was für ein kluger Mensch Chodorkowski ist. […] Er ist damals sehr viel gereist, er war in vielen Ländern, er hätte in jedem Land Asyl beantragen können, vielleicht sogar den Status des politischen Flüchtlings. Warum er es nicht getan hat? Er ist einfach ein Patriot seiner Heimat im wahrsten Sinne des Wortes. Er lebt das, und er wollte sein Land und er wollte die Tausenden von Mitarbeitern von Yukos nicht im Stich lassen […].“ (9)

Mir kommen die Tränen…

Zu jener Zeit stand Chodorkowski wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Innerhalb von 14 Jahren hatte er sage und schreibe 15 Milliarden US-Dollar Vermögen angehäuft, während Russland in Armut versank (10). Dass der „Patriot seiner Heimat“ Russland nicht verließ, hatte allerdings wenig mit Patriotismus, sondern vielmehr mit seinem Machtstreben zu tun. Auch weil die neue Regierungsriege unter Wladimir Putin damit begann, den Ausverkauf der natürlichen Ressourcen des Landes Schritt für Schritt zu unterbinden. Sehen Sie und deshalb ist Chodorkowski ein guter Oligarch. Schlicht und einfach weil er perfekt westliche Interessen bediente. Wieder zurück kommend auf den weiter oben genannten georgischen Oligarchen gehe ich mal schwer davon aus, dass sein Handeln westliche Interessen gefährdet. Um diese recht einfachen Sachverhalte zu verkleistern, hat man den entstellenden wie verwirrenden Begriff der Zivilgesellschaft in den Sprachgebrauch des zu veröffentlichenden Erzählraums gebracht.

Vielleicht kennt ja noch der Eine oder Andere den Oligarchen Petro Poroschenko, über Jahre hinweg ukrainischer Präsident, mit dem die westliche Wertegemeinschaft doch recht gut auskam, obwohl sich der Mann schamlos am Reichtum seines Landes vergriff. Aber Poroschenko war bestimmt auch ein bisschen gut, jedenfalls war das US-Außenministerium nie besorgt, auch nicht die EU, ja und die Zivilgesellschaft — wir übersetzen gedanklich in die Manager diverser Nichtregierungsorganisationen — erst recht nicht. Poroschenko war deshalb ein guter Oligarch, weil er korrupt und opportunistisch genug war, das Geschäft jener zu betreiben, die „legitime Interessen“ in der Ukraine vertreten; wirtschaftlich, politisch und strategisch (11).

Aber dieser georgische Oligarch ist böse. Böse, weil er ganz offensichtlich den natürlich in keiner Weise zu hinterfragenden Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika oder den in deren Namen agierenden „Investoren“ entgegensteht. Das fortwährende Schwadronieren von einer Zivilgesellschaft vernebelt, dass die USA sich dreist in die nationalen Belange Georgiens einmischen. Und zum Druckaufbau spielt man sich die Bälle zu:

„FRAGE: Wird die Regierung der Vereinigten Staaten bereit sein, gegen Iwanischwili und seine Partei vorzugehen, wenn es ihnen gelingt, der georgischen Demokratie die Luft abzuschnüren?“

„MR PRICE: Alex, unser Hauptaugenmerk liegt im Moment darauf, deutlich zu machen, wo die Vereinigten Staaten stehen. Wir wollen, dass es keinen Zweifel an den Bedenken gibt, die wir geäußert haben, an den Bedenken, die die EU geäußert hat, an den Bedenken, die die UNO geäußert hat, an den Bedenken, die eine Reihe von Ländern auf der ganzen Welt geäußert haben – und, was wahrscheinlich am wichtigsten ist, an den Bedenken, die die georgische Regierung von der Zivilgesellschaft in ihrem eigenen Land, von ihren eigenen Bürgern hören sollte. Das ist unser Schwerpunkt.“ (1vii)

Wie dürfen wir das verstehen?

Immer dann, wenn das Wort Besorgnis, gern auch Bedenken fällt und auch noch, dass eine „Reihe von Ländern“, die UNO, ja „die ganze Welt“ es geäußert haben, sind wir nicht mehr bei Sachfragen, sondern bei Manipulation, bei Stimmungsbildern. Das sind keine rationellen Argumente, sondern ein systematisch wie subtil aufgebauter psychologischer Druck. Mehr noch ist es eine in diplomatisch–politisches Neusprech verpackte Drohung. Übersetzen Sie erneut Zivilgesellschaft in Nichtregierungsorganisationen.  Ersetzen Sie das Abstrakte, Nebulöse durch das Konkrete, handfest Agierende, und Sie erkennen, über welche Konstrukte die USA Druck auf Georgiens Regierung ausüben.

Es geht um die Transparenz der Geldflüsse zu diesen Nichtregierungsorganisationen, womit auch Transparenz in Bezug auf deren Aufgaben und Ziele, auf ihren wirklichen politischen Auftrag geschaffen werden könnte. Was auch die tatsächlichen ausländischen Agenten in Georgien entlarven würde.

Noch einmal Price:

„Natürlich ist die Verabschiedung dieses Gesetzes, die Umsetzung dieses Gesetzes ein großes Anliegen für uns. In diesem Stadium werden wir diese Brücke nicht überqueren. Es handelt sich nach wie vor um einen Gesetzesentwurf, der von den georgischen Gesetzgebern diskutiert wird. Deshalb denken wir, dass es zum jetzigen Zeitpunkt am wichtigsten ist, keinen Zweifel daran zu lassen, wie wir und die internationale Gemeinschaft zu diesem Thema stehen.“ (1viii)

Am wichtigsten für den Interessierten hierzulande ist es, zu erkennen, dass die Verabschiedung eines Gesetzes in Georgien, tausende Kilometer von den Grenzen der USA entfernt, das Klientel in „Gottes eigenem Land“ schlicht nichts angeht. Dass sie sich trotzdem dazu berufen fühlen, hat etwas mit ihrer, zwar schwindenden, trotzdem existenten, globalen Machtposition zu tun.

Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.

Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er – einschließlich der Primärquelle – gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 26. März 2023.

(a1) Übersetzungen unter Zuhilfenahme von DeepL.com. (1 bis 1viii) U.S. Embassy in Georgia; Ned Price on Foreign Agents Law; https://ge.usembassy.gov/ned-price-on-foreign-agents-law/

(2) U.S. Department of Justice; FAQs, What is an „agent of a foreign principal“?; https://www.justice.gov/nsd-fara/frequently-asked-questions; abgerufen: 23.03.2023

(3) Open Society Foundations; The Open Society Foundations in Georgia; https://www.opensocietyfoundations.org/newsroom/the-open-society-foundations-in-georgia; abgerufen: 23.03.2023

(4) NED; How we work; https://www.ned.org/about/how-we-work/; abgerufen: 23.03.2023

(5) NED; Georgia 2021; https://www.ned.org/region/eurasia/georgia-2021/

(6) https://en.wikipedia.org/wiki/Ned_Price#Career; abgerufen: 23.03.2023

(7) Carl Gershmann; New York Times; 1.6.1986; Rogue State; William Blum; Zed Books, 2006; ISBN 978-1-8427-7827-2; entnommen bei: https://williamblum.org/chapters/rogue-state/trojan-horse-the-national-endowment-for-democracy; 1.2.2019

(8) Innocence Abroad: The New World of Spyless Coups; David Ignatius; Washington Post; 22.9.1991; entnommen aus: Geheimakte NGOs; F. William Engdahl; 2017; Kopp-Verlag, Rottenburg; ISBN 978-3-86445-478-3; S. 17

(9) 01.10.2010; Deutschlandfunk; Karinna Moskalenko; Anwältin: Chodorkowski ist in Gefahr; https://www.deutschlandfunkkultur.de/anwaeltin-chodorkowski-ist-in-gefahr-100.html

(10) 02.01.2023; Das Vermögen des Ex-Milliardärs Michail Chodorkowski; https://www.vermoegenmagazin.de/michail-chodorkowski-vermoegen/

(11) 22.02.2022; taz; Thomas Gerlach; Das sind die Superreichen der Ukraine; https://taz.de/Das-sind-die-Superreichen-der-Ukraine/!5840207/

+++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 24.03.2023 auf dem Blog peds-ansichten.de +++ Bildquelle: Thiago B Trevisan / shutterstock


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