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Bundespräsident Steinmeier und sein Geschichts-Quirl | Von Willy Wimmer

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Ein Kommentar von Willy Wimmer.

Seit geraumer Zeit macht der Herr Bundespräsident in Geschichte. Und so sieht auch das Ergebnis aus. Das war gestern exemplarisch bei einer Geschichtsstunde zu bewundern, die sich mit Geschehensabläufen zum 9. November beschäftigte. Es fing dabei schon mit dem 9. November 1918 und der Ausrufung der Republik durch den Reichstagsabgeordneten Scheidemann an. Wenn das auf ein Resultat einer innenpolitischen Entwicklung hätte zurückgeführt werden können, wäre das ein Grund ausgesprochener Freude gewesen. So war es das Ergebnis eines gegen die Existenz Deutschlands gerichteten Vorgehens anderer Mächte, die einem Land ihren Willen aufzwingen wollten, das zu den fortschrittlichsten Ländern seiner Zeit gezählt hatte. Die Abstrusität dieses Vorgehens wurde in dem Augenblick deutlich, als man dem kaiserlichen Deutschland und seinen Verbündeten einen in der europäischen Tradition stehenden Friedensschluss verweigerte, erstmals in der europäischen Geschichte der Moderne und auf Druck einer gebietsfremden Macht. Sich mit dem 9. November 1918 zu beschäftigen bedeutet, sich der Geschichte umfassend zu stellen und keinesfalls die in Versailles 1919 liegende strategische Absicht der damaligen deutschen Kriegsgegner fortzuschreiben.

Warum ist das so wichtig? Einmal müsste es für jede deutsche Staatsspitze gelten, eine nicht angreifbare und von der Mehrheit des deutschen Volkes mit Überzeugung angenommene Sicht der eigenen Geschichte und der darauf beruhenden staatlichen Ordnung zu vertreten. Die Geschichte nach eigenem Gusto und fremdbestimmten Interessen zu interpretieren, ist die Grundlage für aktuelles und künftiges Unheil.

Es gibt einen weiteren Grund, der uns zu allerhöchster Wachsamkeit verpflichtet. 1918 hat gezeigt, wie künftig die deutschen Belange einem auf die Unterwerfung eines ganzen Kontinentes gerichteten Politik untergeordnet worden sind und werden konnten. Heute sehen wir, dass der gegen Deutschland und seine Verbündeten eingeschlagene Weg mit dem Ersten Weltkrieg noch nicht vollendet worden ist. Die endgültige Unterwerfung Russlands ist das strategische Ziel und wir Deutschen müssten uns fragen, ob und in welchem Maße die geschichtlichen Abläufe seit 1918 nicht diesem Ziel dienten und weiter dienen. Nur die daraus resultierende Erkenntnis im geschichtlichen Kontext vermag es, anderen Völkern ein Schicksal zu ersparen, einem fremden Willen unterworfen zu werden. Die Dimension dessen bemisst sich nur im Ansatz nach den Verheerungen nach 1918. In Schloss Bellevue wird an einem Geschichtsbild gewerkelt, das friedens-und existenzgefährdend genannt werden muss.

In Fragen der gemeinsamen europäischen Geschichte des Kriegsjahrhunderts haben zwei europäische Staatspräsidenten Standards gesetzt. Präsident Putin hielt seine berühmte Rede in St. Petersburg über das europäische Verhängnis. Ein halbes Jahr später folgte ihm der französische Präsident Macron über die französische Verantwortung in diesem Kontext. Beide Präsidenten mussten feststellen, dass die deutsche Staatsspitze beides mit Totschweigen überging, eine beliebte Vorgehensweise im politischen Berlin. Den gesetzten Standards aus St. Petersburg und Paris hat der deutsche Bundespräsident bei seinem Auftritt zum 9. November wieder nicht entsprochen.

+++Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Frederic Legrand - COMEO / shutterstock


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