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Bundesverwaltungsgericht lässt Revision der Klage gegen ÖRR wegen Auftragsverstoß zu

Bundesverwaltungsgericht lässt Revision der Klage gegen ÖRR wegen Auftragsverstoß zu


Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2024 – BverwG 6 B 70.23 (6 C 5.24) – 7 BV 22.2642 zu den Konsequenzen der Missachtung des Verfassungsauftrages durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, für die Beitragserhebung ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten.

Ein Meinungsbeitrag von Friedemann Willemer.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2024 hat das Bundesverwaltungsgericht auf unseren Antrag die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 17. Juli 2023 aufgehoben und die Revision zugelassen.

Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung; denn das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle.

In einer Vielzahl von identischen Verfahren haben wir für die von uns vertretenen Beitragszahler vor Verwaltungsgerichten in mehreren Bundesländern diesen Gesichtspunkt vorgetragen. Alle Klagen wurden mit nahezu identischer Begründung abgewiesen. Die Verwaltungsgerichte wiesen unsere Argumente als „systemwidrig“ zurück. Das Bayerische Verwaltungsgericht München ließ jedoch die Berufung zu.

Das Berufungsverfahren endete – erwartungsgemäß – mit der Zurückweisung der Berufung und Nichtzulassung der Revision. Wir haben Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben und darauf hingewiesen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das synallagmatische Verhältnis zwischen dem Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, und dem sich daraus ergebenden Vorteil, der die Beitragspflicht begründet, verkenne.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verletze die Beitragszahler in ihrem aus Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz erwachsenen Recht, auf Gewährung eines effektiven individuellen Rechtsschutzes, wenn er die Beitragszahler unter Ausschluss des Rechtsweges auf die Programmbeschwerde verweise.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. April 2023 (1 BvR 601/23) unseren Einwand gegen die Beitragserhebung jedoch für klärungsbedürftig bezeichnet. Entsprechend verweist das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Hinweisen des Bundesverfassungsgerichts verweigert und die von uns und dem Bundesverfassungsgericht aufgeworfene „naheliegende Frage“ als nicht einer verwaltungsgerichtlichen Klärung bedürftig abgetan.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein eklatanter Verstoß gegen das Gebot auf Gewährung eines effektiven individuellen Rechtsschutzes.

Bisher haben es die Verwaltungsgerichte abgelehnt, dem Beitragszahler Rechtsschutz zu gewähren. Das Bundesverwaltungsgericht will nun entsprechend den Hinweisen des Bundesverfassungsgerichts diesen Makel beheben und sich mit unserem Argument auseinandersetzen, dass eine Beitragspflicht nur zu rechtfertigen ist, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Verfassungsauftrag, ein der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, strukturell nicht verfehlen.

Wir denken, dass jeder, der sehen, hören oder lesen kann, den Verstoß der Öffentlich-Rechtlichen gegen den verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag zu erkennen vermag. Der Verstoß ist offensichtlich - eine allgemeinkundige Tatsache.

In den von uns vertretenen Verfahren, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese allgemeinkundige Tatsache nicht in Abrede gestellt, sondern behauptet, der Rundfunkbeitrag sei unabhängig davon zu entrichten, was auch immer die Öffentlich-Rechtlichen leisten. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis bestehe nicht. Seine von Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz garantierte Programmfreiheit stehe über allem. Sie gewährt ihm Narrenfreiheit.

Wir hoffen, das Bundesverwaltungsgericht schließt sich unseren Argumenten an, die sich auf die exzellenten Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsvielfalt und zur Struktur der Aufsichtsgremien, dem Gebot einer strikten Partei- und Staatsferne, stützten.

Drücken Sie uns die Daumen; denn Meinungsvielfalt ist für eine Demokratie konstituierend, sie ist ihr Lebenselixier. Dafür brauchen wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der seinen verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag gewissenhaft erfüllt.

Hier der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig: Beschluss-2-Bundesverwaltungsgericht Leipzig


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