Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Das 19. Jahrestreffen des China-Arab States Cooperation Forum (Kooperationsforum zwischen China und den arabischen Staaten, CASCF) in Peking Ende Mai dieses Jahres stand unter dem Eindruck des von Washington und dem kollektiven Westen unterstützten israelischen Genozids und des zehntausendfachen Massenmordes an Kindern und Zivilisten in Gaza. Das CASCF ist eine formelle Dialoginitiative zwischen China und der Arabischen Liga, die 2004 gegründet wurde.
Die Stärkung der chinesisch-arabischen Beziehungen wurde im Rahmen des parallel zum Forum stattfindenden "Treffens zum 8. Strategischen Politischen Dialog auf hoher Beamtenebene" besonders deutlich. Diese Gespräche fanden statt vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen geopolitischen Verschiebungen im Mittleren Osten, der sich abzeichnenden Niederlage von USA/NATO/EU im Ukraine-Krieg und der zunehmenden Drohungen der USA mit einem Handelskrieg, aber auch mit einem heißen Krieg gegen China.
Auf dem Kooperationsforum betonte der chinesische Präsident Xi Jinping Chinas Engagement für eine Partnerschaft für Frieden und Stabilität und forderte eine Nahost-Friedenskonferenz. Bereits zuvor hatte es bei Gesprächen eine übereinstimmende arabisch-chinesische Einschätzung der Katastrophe in Gaza gegeben, wobei China die Gründung eines souveränen Staates Palästina unterstützt.
An dem Forum nahmen führende Politiker aus Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und Tunesien teil. Darüber hinaus haben sich China und Russland als Anführer der BRICS positioniert, zu denen nun auch die VAE und Ägypten gehören und auch Saudi-Arabien eingeladen wurde.
Die arabischen Staaten haben Chinas Friedensplan für die Ukraine stärker unterstützt als westliche Vorschläge. Zugleich hat Saudi-Arabien die Volksrepublik China als wichtigen Vermittler für einen Waffenstillstand im Gazastreifen vorgeschlagen.
Engere politische Beziehungen werden natürlich – wie kann es anders sein - durch gute, für beide Seiten vorteilhafte wirtschaftliche Beziehungen auf ein solides Fundament gestellt. Das ist auch im Verhältnis Chinas zu den arabischen Staaten der Fall. Hier folgen einige Beispiele für die wirtschaftliche Grundlage der arabisch-chinesischen Annäherung:
China bezieht mehr als ein Drittel seines Öls von sechs Mitgliedern des Golfkooperationsrates, wobei nur Russland mehr als Saudi-Arabien liefert (85,9 Millionen Tonnen im Jahr 2023). Ein erheblicher Teil des saudisch-chinesischen Ölhandels wird in "Petro-Yuan" abgewickelt, was laut dem Vorsitzenden des Silk Road Fund (Seidenstraße-Finanzfond), Zhu Lun, auf die mit dem Dollar verbundenen "geopolitischen Risiken" zurückzuführen ist.
Die Entdollarisierung und die Ausweitung des arabisch-chinesischen Handels auf den Nicht-Energie-Sektor waren die Ziele, die Xi bei seinem Besuch in Riad im Dezember 2022 formuliert hatte. Beim gerade beendeten Forum in Peking rief er zu mehr gemeinsamen arabisch-chinesischen Investitionen in KI und grüne Technologien auf.
Im Juni 2023 unterzeichnete Riad ein Abkommen über 5,6 Milliarden Dollar mit einem chinesischen Elektroautohersteller zur Gründung eines Joint Ventures in Saudi-Arabien.
Xi schlug vor, ein "gemeinsames Zentrum zur Beobachtung von Weltraummüll" einzurichten und gemeinsam mit arabischen Ländern Raumflugzeuge für wissenschaftliche Flüge und Passagierflüge zu entwickeln, wovon sich Saudi Arabien einen technologischen Quantensprung verspricht.
Zurück in Peking auf dem Kooperationsforum unterzeichnete China im Rahmen des Seidenstraßen-Programms mit allen 22 arabischen Ländern und der Arabischen Liga Kooperationsvereinbarungen für über 200 Großprojekte, von denen fast zwei Milliarden Menschen profitieren werden. Zugleich wurde beim Forum-Treffen in Peking deutlich, dass China von den arabischen Staaten diplomatische Unterstützung in der Taiwan-Frage erwartet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Nahe und Mittlere Osten Schritt für Schritt dem Würgegriff Washingtons entgleitet.
Derweil hatten die kriegsgeilen Eliten in Washington in ihrer größenwahnsinnigen Arroganz die seit langem schwelende Unzufriedenheit der arabischen Länder mit dem US-Diktat komplett ignoriert. Die Amerikaner waren z. B. fest davon überzeugt, dass das saudische Königshaus ohne US-Schutzgarantie nicht überlebensfähig sein würde, sowohl wegen innenpolitischer Probleme als auch wegen der angeblich bösen Absichten des iranischen Nachbarn. Zugleich hatte Washington alles getan, um die Spannungen zwischen Riad und Teheran kräftig zu schüren, was Saudi-Arabien noch abhängiger vom US-Schutz gemacht hat. Das bestärkte Washington in der Illusion, es könnten die stolzen Feudalherren in Riad herumkommandieren, wie das zu Glanzzeiten des römischen Imperiums der Kaiser von Rom mit seinen Vasallen getan hat.
Dem haben vor allem China, gemeinsam mit Russland einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem sie zum Schrecken der USA erfolgreich zwischen Saudi Arabien und Iran vermittelt haben, sodass nun beide Länder sich wieder verstehen, wieder diplomatische Botschaften ausgetauscht haben und beide jetzt Mitglied in der BRICS+ Gemeinschaft werden. Zugleich stimmt sich Saudi Arabien in Fragen der Öl-Produktion zwecks Erhaltung stabil-hoher Preise in OPEC+ eng mit Russland ab.
Der beste Beweis für die Hybris der US-Eliten, die scheinbar jeden Bezug zur Realität verloren haben und nur noch an ihre eigene Propaganda glauben, war ein Artikel, den Präsident Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan eine Woche vor dem 7. Oktober letzten Jahres veröffentlicht hat. Also eine Woche vor dem Tag des blutigen Ausbruchs der Hamas aus dem israelischen "Gefangenenlager" Gaza mit 1300 toten israelischen Soldaten und Zivilisten hat Sullivan geschrieben, wie schön und ruhig der Nahe Osten sei und wie dies den USA ermöglichte, die Dinge in anderen Regionen, wie z. B. in der Ukraine oder im Indo-Pazifik, zu regeln.
Die irrationale israelische Überreaktion auf den Hamas-Angriff gegen die Bevölkerung von Gaza (derzeitiger Stand über 37.000 Tote) und die massive politische und militärische Unterstützung des israelischen Genozids und des zehntausendfachen Massenmords an Kindern und Zivilisten durch Washington, aber auch durch Berlin haben den USA und Deutschland weltweit enormen diplomatischen und wirtschaftlichen Schaden zugefügt, vor allem im Mittleren Osten. Schon vor ein paar Monaten wurde in der Financial Times ein westlicher Diplomat zitiert, der vor dem Hintergrund dessen, was in Gaza geschieht, gesagt hat,
"dass der Globale Süden nie wieder auf uns hören wird, wenn wir über Russland und die Ukraine oder über Menschenrechte sprechen".
Wahrscheinlich hat der Globale Süden dem Westen schon lange nicht mehr zugehört. Aber jetzt, nach den Ereignissen vom 7. Oktober, hat der Westen, der stets gern als Moralapostel und Musterdemokrat andere Länder verurteilt hat, den lebenden Beweis für seine eigene abscheuliche und verräterische Doppelzüngigkeit geliefert. Die US/NATO/EU-Propagandalügen mögen bei indoktrinierten westlichen Bevölkerungen immer noch funktionieren, besonders in den USA, Großbritannien und Deutschland, aber sie funktionieren nicht mehr im Rest der Welt.
Die USA und der Westen insgesamt haben den Rest der Welt verloren und können ihn nicht mehr wie früher tyrannisieren und Schutzgeld fordern. Russland und China haben den Ländern der Welt bewiesen, dass es auch anders geht, z. B. mit der Aussöhnung der beiden angeblichen islamischen Erzfeinde Iran und Saudi-Arabien. Von deren jahrzehntelanger Feindschaft haben nur die USA profitiert. Die saudische Furcht vor Iran hat Washington ermöglicht, einerseits den Saudis teure US-Waffen zu verkaufen und andererseits das Niveau der saudischen Ölproduktion entsprechend US-amerikanischer Prioritäten zu steuern und – nicht zuletzt – darauf zu bestehen, dass die Saudis ihr Öl international nur gegen US-Dollar verkaufen, was dessen Position im Weltwährungssystem enorm gestärkte hatte.
Es ist nicht erst seit der Katastrophe in Gaza, dass der Widerstand in den wichtigen ölproduzierenden arabischen Ländern gegen die US-Gängelei und Willkür gewachsen ist. Aber Gaza hat diese anti-westliche Entwicklung beschleunigt und durch die Unterstützung der gesamten Bevölkerung des arabischen Raums auf ein breites Fundament gestellt.
Selbst langjährige US-Verbündete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben es satt, von den USA schikaniert zu werden. Sie alle haben sich der großen antiwestlichen Bewegung der von China und Russland geführten BRICS+ angeschlossen. Niemand lässt sich mehr von den USA einschüchtern. Exemplarisch dafür sind die Huthi im Jemen, die seit Monaten Raketen gegen westliche Schiffe abfeuern, die etwas mit Israel zu tun haben oder die einem israelischen Unterstützerstaat gehören. Damit wollen sie die Palästinenser im Kampf gegen Israel unterstützen. Vor wenigen Tagen haben die Huthi sogar einen US-Flugzeugträger im Roten Meer mit Raketen beschossen, und weder die USA noch der kollektive Westen sind aktuell fähig, etwas dagegen zu unternehmen.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: William Potter / Shutterstock.com
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