Majestätsbeleidigung oder notwendige Prüfung?
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
In der Corona-Ausschuss-Sitzung Nr. 24 die den Titel trägt: "Die Stärke unseres Immunsystems und die Stimmen der Kinder". (1) wurde zunächst Dr. Matthias Burchardt interviewt, der mit Informationen überraschte, welche die Corona-Krise als etwas erkennen lässt, was bereits seit einiger Zeit in Arbeit ist. In dieser Zusammenfassung wird die Besprechung mit ihm weitergeführt, wobei für viele Menschen wohl unbekannte Zusammenhänge aufgeklärt werden. Da aber selten auf so komprimierte aber verständliche Weise komplexe Zusammenhänge erklärt werden, sei die Überlänge toleriert.
Dr. Matthias Burchardt
Dr. Füllmich warf ein, dass einer der meistzitierten Wissenschaftler der Welt, Ioannidis und auch die WHO inzwischen feststellen, dass harte Lockdowns keinen positiven Effekt auf die Corona-Pandemie hatten. In Deutschland würde man das ignorieren, und das zeige anscheinend, dass das Volk durch die antrainierte Folgsamkeit alles mitmache.
Dr. Burchardt erklärte, dass es um eine bewusste Politisierung von Ungewissheit gehe. Man sei in einem "Möglichkeitsraum". Hätte, wenn und aber. Aber es gebe einen faktischen Schaden und eine potentielle Gefahr. Man könne das als Vorsorgeparadox beschreiben, wie Drosten das mache, der sage: "Wenn es gut geht, sagen alle es war nicht nötig". Man könne aber auch sagen, dass die Politisierung von Ungewissheit eine Legitimationsfigur sei, um faktischen Schaden zuzufügen. D.h. man könne einen Möglichkeitsraum durch mehr Expertise verringern, aber man vermeide de facto Wissen zu generieren. Warum habe man zum Beispiel nicht mehr Obduktionen durchgeführt, wie von Prof. Püchel gefordert?
Beim ersten Lockdown habe man noch sagen können, naja, da waren sie über das Ziel hinausgeschossen, da sie übervorsichtig waren. Aber wenn man die Zeit jetzt nicht nutzt, um das generierte Wissen in einer offenen wissenschaftlichen Debatte als Analyse der Erkenntnislage zum Ausgangspunkt zu machen, dann wird man natürlich eine sehr schlechte Entscheidungsqualität als Ergebnis sehen. Und wenn man das Gefühl habe, dass bewusst Wissen ausgeschlagen werde, Expertise bewusst ignoriert, dann setze man sich dem Verdacht aus, dass hier eine andere Agenda eine Rolle spiele.
Das empöre ihn im hohen Maße. Die Legitimation für den erneuten Shutdown erscheine ihm höchst fragwürdig. Auch wenn man die kommunikativen Strategien sehe. Da hieß es zuerst, man brauche Maßnahmen, um die Pandemie zu vermeiden. Dann brauchten wir Maßnahmen, um den Lockdown zu vermeiden. Ständig gebe es Maßnahmen, aber keine Ziele.
In dem Moment, wenn man sage, ich strebe dieses Ziel an, dann könne man überprüfen, ob das Ziel erreicht wird oder nicht. Man könne dann auch überprüfen, ob die Maßnahmen verhältnismäßig waren. Man könne fragen, ob es Maßnahmen gebe, die das Ziel mit geringerem Schaden erreichen lassen. Und am Ende könne man sagen, ob die Maßnahmen überhaupt zum Ziel geführt haben.
Wenn man aber die Maßnahmen ohne konkrete Zieldefinition in den Raum stelle, habe man einen permanenten Zugriff und entziehe sich jeder Kontrollierbarkeit und Rechenschaft, in Hinsicht darauf, was man tue. Das sei eine unverantwortliche Regierungsstrategie, die sich jeder demokratischen Kontrolle entziehe.
Dr. Füllmich warf ein, dass die gewählten Volksvertreter sich selbst entmachtet haben, um eine demokratische Kontrolle durchzuführen, und der Regierung alle Vollmachten erteilt haben, um zu agieren, wie das von Dr. Burchardt erklärt wurde. (2)
Dr. Burchardt fügte dann hinzu, dass man schon Ende 2019 erkennen konnte, dass sich etwas Seltsames in der Politik begann zu bewegen. Daraufhin hatte er für das nächste Jahr ein Seminar mit dem Titel "Hannah Arendt – Bildung in den Zeiten des Totalitarismus" (3) angekündigt. Er dachte aber nicht, dass es wirklich auf eine Aktualität bezogen werden könne, und er versuche nicht zu indoktrinieren, sondern Urteilskraft im akademischen Raum zu vermitteln. Aber als Bürger müsse er sich natürlich äußern und seine Meinung sagen.
Das Regieren der Nazis bestand vor allen Dingen in der "Verflüssigung" rechtsstaatlicher Organisationsprinzipien. In dem Moment, in dem man einen Rechtsstaat habe, sei man als Machthaber an Strukturen gebunden, die man selbst erschaffen hat. Man mache sich dadurch abhängig von Kräften anderer Akteure. Als Alternative könne man Parallelstrukturen aufbauen, welche vorbei an Strukturen einen schnellen, verflüssigenden Zugriff auf Wirklichkeit ermöglichen. Er sprach das Beispiel des Schaffners an, der die Maskenpflicht kontrolliert. (4)
Er habe zum Beispiel das Land NRW im Namen seiner Tochter wegen der Maskenpflicht verklagen wollen, musste dann aber feststellen, dass der Antrag abgewiesen wurde, weil die Verordnungslage sich so geändert hatte, dass das Hauptverfahren keinen Sinn mehr hatte. Die Rechtsmittel, die man als Bürger zum Einsatz bringen könne, seien liquidiert durch Verflüssigungsstrategien, welche den Zugriff auf Verlässlichkeit im Rahmen des Rechts erschüttern.
Es gebe aber eine Vielzahl weiterer Parallelen zum Totalitarismus. So zeige auch schon Hannah Arendt, dass es so etwas wie eine "wissenschaftliche Absicherung" gebe. Man raube zunächst den Menschen ihre Orientierung, erzeugt eine atomisierte Masse, die von hohem Misstrauen gegeneinander geprägt ist, aber sonst keinen Zusammenhalt hat, außer einer ideologisch, wissenschaftlich abgesicherten Überwölbung.
Das sei in der Nazizeit auch ein Hygienekonzept gewesen, das Konzept der Rassenhygiene. Es war die Übersetzung von möglicherweise sinnvollen medizinischen Konzepten in eine politische Ideologie, was dann, abgekoppelt von der Wissenschaft, zu einem Herrschaftsinstrument wird, mit den fatalen Folgen, die man heute zurecht beklage. Entsprechend sehe man jetzt, dass man heute als Ideologie eine Art "Hygienismus-Totalitarismus" habe, bei der es nicht um Gesundheit gehe. Man könne viele Parallelen zu Hannah Arendt finden, wie auch in der Vereinzelung und im Erzeugen von Misstrauen. Man solle wirklich einmal Hannah Arendt nicht retrospektiv zur Analyse der Vergangenheit lesen, sondern angewandt auf die Jetztzeit, als zeitdiagnostisches Element.
Pervers sei, dass es offiziell formal die Fortdauer von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit gebe. Man könne zwar von der Meinungsfreiheit Gebrauch machen, aber meistens eben nur einmalig, weil man danach exkludiert werde. Es gebe anonyme Parallelstrukturen, welche die Gesellschaft darstellen. In der Politik als Bürger dürfe man alles sagen, aber in der Gesellschaft sei man durch Gruppendruck sozialen Sanktionen ausgeliefert.
Ein großer US-Pharmakonzern hatte schon in den 1940er Jahren nach dem 2. Weltkrieg Wissenschaftler und Geheimdienstler zusammengerufen, darunter waren Kybernetiker, Soziologen, namhafte Menschen, welche nach Modellen suchten, wie man eine offene Gesellschaft mit der Illusion der Freiheit ausstatten kann und gleichzeitig der sozialen Kontrolle zuführt.
Sie kamen zu dem Schluss, dass man so etwas wie sozialtechnologische Steuerungselemente benötige. Die müsse man implantieren als eine Art Firmware mit der die Menschen operieren. Das könne philanthropisch motiviert gewesen sein, was aber herauskam war de facto ein anonymisiertes Steuerungsmodell. Und heute könne man diese Steuerungsmodelle beobachten, zum Beispiel in der starken Verengung des öffentlichen Diskurses. Während man in den 1990er Jahren im Freundeskreis praktisch über alles reden konnte, hat sich das heute dramatisch verändert. Wenn man über Migration, Klimakrise oder Corona spreche, wird man bemerken, dass man entweder die Themen einschränken müsse, oder die Menschenkreise, mit denen man kommuniziert.
Da sei niemand im Raum, der einen verhafte, weil man etwas sagt, sondern es wirken diese sozialen Steuerungsmodelle, welche rigide die Grenzen des Sagbaren verengten. Das sei alles sozialtechnologisch erforscht und wurde eben auch konstruiert, denn so etwas passiert nicht von selbst.
Deshalb müsse auch ein Ansatz sein, die Demokratie wieder zu revitalisieren, indem man die Gemeinsamkeiten betone und die Menschen zueinander bringe.
Dr. Burchardt erläuterte dann, dass man unter Gleichschaltung nicht die Form der Gleichschaltung "Führer wir folgen dir" verstehen dürfe. Es gebe eine Art von gleischschaltender Infrastruktur zum Beispiel in Form von Governance-Modellen. Es sei unbedingt notwendig, die Steuerungsmodelle der Verwaltung in den Blick zu nehmen, wenn man noch einmal die Chance erhält, Deutschland zu demokratisieren. Diese sind sehr wirksam und "fahren die Rolle der einzelnen Personen herunter".
Er erläuterte das am Beispiel der Universität. Diese habe ursprünglich die Aufgabe gehabt, dem Prinzip der Wahrheit zu folgen und die Erkenntnisse zu mehren, zum Wohle der Bevölkerung, aber zunächst abgekoppelt von bestimmten Nutzenfragen. Vielmehr ginge es um Grundlagenforschung und um die Erkenntnisse selbst, nicht ihre Anwendung.
Drittmittelforschung sei ein Aspekt, mit dem die Qualitätskriterien externalisiert wurden, indem nicht mehr die Wahrheit das Regulativ sei, sondern die Nutzbarkeit auf dem Markt. Forschung, die nicht marktgängig sei, werde in der Regel marginalisiert, spiele keine Rolle mehr. Intern führe es auch dazu, dass man eine marktförmige Strukturierung der Wissenschaften selber bekommen habe, indem jemand, der viele Drittmittel anwirbt, in der Universität höher angesehen werde als jemand mit weniger Drittmitteln. Wer einen guten Gedanken in viele kleine zerteile und daraus hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten veröffentliche sei besser angesehen als derjenige, der daraus nur eine einzige Monografie schreibe.
Mathias Binswanger habe dies als "sinnlose Wettbewerbe" beschrieben. Es sei eine zerstörerische Handlungslogik, welche pseudoökonomischen Modellen folge und damit die Eigenlogik des akademischen Systems komplett zerstöre. Das gelte auch für kommunale Verwaltungen und viele andere Bereiche. "Ich wage zu behaupten, dass die Parteizugehörigkeit und die Souveränität des Bürgermeisters letztendlich ein nachrangiger Punkt ist, weil die Governance-Strukturen ihn dazu zwingen, bestimmte Soll- und Ist-Werte so miteinander in Einklang zu bringen, dass es keinen Unterschied mehr macht, ob man einen Linken an der Spitze habe, oder jemanden von der AfD."
Der Grund dafür sei, dass diese Politiker nur noch die Piloten in der Kanzel der vernetzten Informationen seien, die das ganze Umschalten müssen, aber letztendlich nicht die Gestaltungsmöglichkeit haben, welche ihnen durch demokratische Verfahren zugebilligt wurden.
Deshalb dürfe man nicht nur auf problematische Akteure schauen, sondern müsse auch und besonders auf die feinen Netze achten, welche sich steuernd über die ganze politische Kultur gezogen haben. Das gelte ebenso für den Kultursektor.
Die Analysen müssten nun schonungslos sein, damit, falls man in den Hafen des Grundgesetzes zurückkehre, nicht die alten Probleme wieder neu an den Start gebracht werden. Deshalb benötige man eine gute Analyse im wissenschaftlichen Raum.
Dr. Füllmich erklärte, dass man sich manchmal wundere, dass Menschen, welche eigentlich die Informationen haben, und von denen man wisse, dass sie richtig denken, dann wieder so zögerlich seien. Dabei erinnerte er an einen Auftritt des Präsidenten der deutschen Ärztekammer, der bei Lanz gesagt hatte, dass Masken unsinnig wären, aber zwei Tage später habe jemand oder etwas ihn "zurückgepfiffen".
Er habe das Gefühl, dass kaum noch jemand, der im aktiven Berufsleben stehe, in der Lage sei unabhängig eine klare Meinung zu bilden. Worauf Dr. Burchardt noch einmal das Bild vom Piloten in der Kanzel wiederholte und erklärte, dass diejenigen, welche die Lageberichte, die Karten erstellten, den Piloten bzw. Politiker, die Entscheidungen vorwegnehmen würden.
Es gebe sicher viele Politiker in allen Parteien, welche über hohen Sachverstand und Gewissen verfügen, deren Arbeit aber versandet, da der andere Typus überwiege, also jener, welcher sich an die Vorgaben der Lageberichterstatter und Vorgesetzten halte. Und es gebe eine überproportionale Repräsentanz von Interessengruppen. Wenn z.B. die Bertelsmannstiftung Bildungsprogramme präsentiere, und diese als alternativlos darstelle, könne man mit Sachargumenten kommen, wie man will, es werde abgewiegelt.
Man kann auch eine Idee dadurch zerstören, dass man sie der Erfahrbarkeit entzieht. Als Beispiel erklärte er, dass fast alle am Tisch des Corona-Ausschusses noch unter freien Bedingungen, ohne Bachelor und Master studiert haben. Diese Menschen wissen, was akademische Freiheit sei. Die Bologna-Natives, die nur noch im Ghetto von Bachelor, Master und Modulen unterwegs seien, vermissen gar nicht mehr die Freiheit, weil sie diese niemals erfahren haben. Das gleiche gelte für die Demokratie. Jemand, der niemals wirkliche Meinungsfreiheit, öffentliche Partizipation, fachliche Diskurse, kontroverse Konstellationen bei gleichzeitiger Wertschätzung erlebt habe, der werde nicht mehr wissen, was das sei und insofern sei es gerade die Aufgabe der älteren Generation als Überträger der Erfahrbarkeit dieser Ideen auch einzustehen.
Er erklärte, wie die klügsten Köpfe des Landes offensichtlich nicht bemerkten, wie die intellektuelle Freiheit vor 20 Jahren durch die Hochschul- und Bildungsreformen abgeschafft wurde, zumindest seien sie nicht dagegen aufgetreten. Obwohl niemand befürchten musste, in einem Keller der Sicherheitspolizei gefoltert zu werden, habe die Drohung von gesellschaftlicher und beruflicher Ausgrenzung offensichtlich schon ausgereicht, um Konformität zu erreichen. Die meisten waren gut saturiert und hatten feste Stellen und trotzdem "feige wie sonst was".
Dr. Füllmich erklärte, dass gar nicht Fachwissen notwendig sei, zu erkennen, was passiere, sondern soziales Wissen, soziale Kompetenz. Er wies darauf hin, dass er in vielen Gesprächen mit Taxifahrern erkannt habe, dass diese genau verstanden, was passierte.
Dagegen seien die Studenten eine komplett verlorene Generation. In Göttingen zum Beispiel habe man Maskenpflicht auf Straßen, an der frischen Luft angeordnet, ohne dass es eine einzige Studentendemonstration dagegen gegeben habe.
Dr. Burchardt erklärte dann den Moment, an dem er begann, politisch aktiv zu werden. Davor habe er sich nicht vorstellen können, dass es ein Leben jenseits des Schreibtisches mit seinen Büchern gebe. Aber dann kam es zu einer Situation an der Universität im Jahr 2009, als ein paar Studenten mit Trillerpfeifen unterwegs waren und gegen Reformen protestierten, in der plötzlich mehrere Hundertschaften bewaffneter Polizisten mit Hunden und in voller Kampfmontur auf dem Campus erschienen. Ein älterer Professor, der an seinen Arbeitsplatz wollte, sei daran gehindert worden, durch den Haupteingang zu gehen und sollte einen Kilometer Umweg gehen. Da sei er zusammengebrochen und habe geweint, denn er habe seine Universität nicht mehr erkannt.
Er habe dann mit der letzten politischen Studentengeneration zusammen gearbeitet und erinnerte sich dann noch an einen Satz, der damals gefallen war: "Der Student als Kulturfigur wird verschwinden mit den Reformen." Student Sein bedeutete bis dahin immer, einem alternativen Lebensmodell zu folgen. Studenten seien immer dreist gewesen, hatten immer Zeit. Früher habe man gesagt "Guten Tag meine Damen und Herren, guten Morgen liebe Studenten", weil die immer relativ lange geschlafen hatten. Das gehe heute nicht mehr. Studenten seien heute bis zur Besinnungslosigkeit so beschäftigt, dass sie weder auf die Idee kommen, sich politisch zu engagieren, noch sich darüber Gedanken zu machen.
Dabei hatte es in Jahrhunderten immer wieder wichtige gesellschaftliche Impulse gegeben, die aus der Studentenschaft gekommen seien, weil das Kulturträger waren, so Burchardt. Dieser Bereich der Studentenschaft sei durch die Reformen politisch neutralisiert worden.
Und so habe man es heute mit sehr angepassten, sehr ängstlichen, lieben und klugen Menschen zu tun, die aber keine Ordnung im Kopf hätten, und sprachlich relativ unartikuliert seien, weil man sie auf dem Wege der Bildung nicht ermächtigt habe, sich wirklich auszudrücken. Das könne man auch nicht mehr korrigieren, und leider werde diese Generation nun in die Schulen gehen und die nächste Generation von Schülern bilden. Ohne aber souverän in ihren Fächern zu sein und ohne Gelegenheit als Menschen gereift zu sein.
Corona sei auch eine Chance, da nun alle Wunden aufgerissen seien und "der Eiter rausquille". Und wenn es raus sei, dann könne man mit der Heilung beginnen.
Auf den Einwurf von Viviane Fischer, dass man noch junge Leute hier am Tisch haben werde, die sehr wohl durchschaut haben, was passiere, ergänzte Burchardt seine Aussage noch weiter. Man wisse, sagte er, dass die Jugend das Alter der Revolution sei. Insofern gebe man ihnen Ersatzschauplätze, an denen sie sich politisch abreagieren können. Da gebe es die Klimadebatte, die Genderdiskurse, und andere feinstoffliche Themen, an denen man sich sicher auch abarbeiten könne. Aber wenn die Welt in Flammen stehe, gendere man nicht seine Pamphlete.
Die Vermutung stehe im Raum, dass solche Debatten aber bewusst vorangetrieben wurden, um die gesellschaftliche Spaltung zu erzeugen, wodurch viele Mikrokonflikte entstanden und der Blick nach oben und unten aus dem Blick geriet. Aber die Tatsache, dass die jungen Menschen auf das Thema ansprachen, zeige, dass sie ein Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Engagement haben. Gleichzeitig habe man aber das Gefühl, dass Leimspuren und Köder ausgelegt werden, um genau das zu kanalisieren.
Die Menschen die sich damit in erster Linie auseinandersetzen und als wichtigste Probleme ansehen seien nicht dümmer oder weniger engagiert als frühere Generationen, sondern die vorhergehenden Generationen hätten versäumt, den neuen Generationen das zur Verfügung zu stellen, was sie benötigen, um mit der Situation "klar zu kommen".
"Der Scherbenhaufen, den wir momentan anrichten, ökonomisch, gesellschaftlich, kulturell, den wird diese Generation zusammenkehren müssen. Insofern sind wir in der verdammten Pflicht ihnen das Beste zu geben, was uns zur Verfügung steht auf der Ebene der Bildung und der Befähigung damit klar zu kommen."
Viviane Fischer berichtete dann von einer Meinungsumfrage in Holland. Dabei hätten 30% der Menschen dafür votiert, die Maßnahmen sofort aufzuheben. 20% aber wollten gerne alleine mit der Maske im Bett schlafen, weil die so von Angst besetzt waren. 50% allerdings waren unentschlossen. Vom Bauchgefühl hatten sie erkannt, so Fischer, dass die ganze Geschichte unstimmig sei, aber waren nicht umgeschwenkt auf die Seite der Gegner der Maßnahmen. Sie fuhr dann fort zu erklären, dass es auf dem Land Menschen gebe, die von ihrem Instinkt her eher kritisch gegenüber den Maßnahmen eingestellt seien und fragte Dr. Burchardt nach seiner Meinung.
Dieser erklärte, dass es so etwas wie eine Intuition geben, eine Rationalität, die erst einmal von einer Ahnung ausgehe, die meist relativ plausibel sei, weil sie noch nicht geprägt wurde von den Bildern. Er glaube, dass es gerade im Rahmen der Intellektualisierung, durch die sich die Akademiker der Propaganda enthoben fühlen, die Bedrohung durch Propaganda beeinflusst zu sein aber noch größer sei. Denn diese Gruppe habe verlernt auf diese Intuition zu hören. Und, so fuhr er fort, dass diese dann, ausgestattet mit den pseudowissenschaftlichen Erklärungsmodellen und aus ihrem Habitus der Überlegenheit und Rhetorik die Situation auch als soziale Distinktion nutzen. Sie seien es gewohnt Recht zu haben und sprechen aus dieser Position heraus mit Überzeugung, weil sie überlegen sind. Sie brauchen gar keine Argumente mehr.
Das sei ein vormodernes Konzept. Früher sei, was der Pastor auf der Kanzel verkündete, wahr gewesen, weil es der Pastor gesagt habe und weil es die Kanzel war. Die Aufklärung habe dann erklärt, das gelte, wenn das bessere Argument überzeugen kann. Im Moment habe man wieder eine Expertokratie.
Man bewege sich auch manchmal wie ein Bartenwal im Diskursplankton, d.h. es verfange sich dann mal diese Studie oder jene Studie und man springe nach jeder Möhre, die hingehalten werde. Deshalb seien manchmal jene in einer besseren Position, die das Gespür haben und in der Lage sind, die Frage auf das Wesentliche zu reduzieren.
Die wichtige Frage sei doch, ob es so etwas wie ein humanes Leben im Rahmen einer rechtsstaatlichen Demokratie gebe, oder ob die außer Kraft gesetzt wurde. Aber es gebe allenthalben eine Desorientierung und alle Gruppen seien in der einen oder anderen Weise traumatisiert. Eine Gruppe habe Angst vor der Pandemie, die andere treibe die Sorge um die politische Freiheit um. Was zu einem Gefühl des Alleinseins führe, und ein typisches Merkmal des Totalitarismus nach Hannah Arendt sei. Wogegen der Corona-Ausschuss wichtige Arbeit leiste, da es den Menschen das Gefühl gebe, nicht alleine zu sein.
Alles was man plane, geschehe nun unter einem Vorbehalt: Corona. Als Lösung müsse seiner Meinung nach die Wiederherstellung der gemeinsamen Welt erfolgen, und der Wiederaufbau des wechselseitigen Vertrauens.
Witzigerweise tue man immer so, als ob die Menschen schuld daran wären, dass sie das Vertrauen in die Medien verloren haben. Das Vertrauen sei natürlich verspielt worden.
Nach einigen Einwürfen aus dem Ausschuss erklärte Dr. Burchardt, dass interessant sei, dass man ja eine Menge Geld habe, sowohl im Gesundheitssystem als auch in der GAP, der gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Zugleich habe man auf der Akteursebene den Effekt, dass bei "den kleinen Leuten nichts ankomme". Und die Qualität der Systeme wachse nicht mit dem Geld, was in sie investiert werde.
Er berichtete dann über seine Kontakte mit Obstbauern am Bodensee, welche sowohl konventionellen als auch biologischen Anbau praktizieren und sich dabei gegenseitig respektieren. Diese Bauern hatten schon durch Corona große Probleme Erntehelfer zu erhalten. Und dann müsse man noch hinterfragen, ob die Umweltpolitik nicht auch ein Vehikel von landwirtschaftlicher Interessenpolitik sei, denn die Öko-Auflagen könne der kleine Bauer gar nicht bewältigen. Die große Gefahr sei, dass wir in eine Versorgungsknappheit geraten könnten. Und es gebe eine lange Tradition der Zerstörung dieser Lebensgrundlagen.
Die Tatsache, dass man die vielen Menschen heute ernähren könne, verdanke man der Urbarmachung, dem Abringen von Kulturlandschaften aus Wildnis durch Generationen von Bauern. Es gebe einen Gedanken, dass man Agrarökonomie und Ökologie versöhnen könne, aber wenn man den ökologischen Gedanken zu stark mache, könne es dazu führen, dass man in einen anti-humanen Gedanken umschlägt, dass nämlich viele Menschen auf der Welt nicht mehr ernährt werden können. Die Frage der Ernährungssicherheit werde sich in Zukunft sehr viel radikaler stellen.
Man müsse große Sorgen haben, insbesondere wenn die Versorgungsketten zusammenbrechen, dass auch die Nahrungsmittelversorgung nicht mehr gegeben sein könnte. Man habe die Problematik zu beginn der Corona-Krise gesehen, als zum Beispiel bestimmte Medikamente nicht mehr verfügbar waren.
Dann erklärte er, dass es nicht nur eine horizontale Gewaltenteilung geben sollte, sondern auch eine Vertikale, zwischen Bund, Länder und Kommunen. Der Gedanken sollte der sein, dass alles, was auf kommunaler Ebene gestaltet und umgesetzt werden kann, nicht an eine höhere Instanz weitergegeben werden darf. Die Prozesse müssen wieder zurück zu den Menschen, die davon betroffen sind. Und deshalb seien Elemente der direkten Demokratie, wie in der Schweiz, besonders wichtig.
Das würde die Verletzlichkeit der Gesellschaft z.B. bei der Energieversorgung, Daseinsvorsorge, usw. wesentlich verringern. Der AOK-"Präsident" habe doch allen Ernstes erklärt, dass Corona gezeigt habe, dass es zu viele Krankenhäuser gebe. Dabei habe man schon vorher mit Angela Spelsberg darauf hingewiesen, dass es eine Verschiebung im Rahmen von Corona aus der Fläche in Zentren gegeben habe, als Folge einer Bertelsmann-Veröffentlichung. Dabei brauche man doch, sollte es eine echte Pandemie geben, die Versorgungsressourcen und das Know How überall.
Hier gebe es eben wieder Trittbrettfahrer, die eine Transformation des Gesundheitswesens weiter vorantreiben wollen, die Daseinsvorsorge in ein Profitfeld treiben. Mit der Perspektive, es nicht besser für die Menschen zu machen, sondern Einzelnen noch bessere Profitmöglichkeiten zu erlauben.
Wie geht es weiter?
In der nächsten Zusammenfassung wird die Aussage von Dr. Burchardt beendet und es beginnt die Diskussion über das Immunsystem mit einem streitbaren und Praktischen Arzt mit großer Erfahrung in der Behandlung von Patienten.
Quellen
Grundsätzlich sei hinsichtlich Quellen auf die Internetseiten des Corona-Ausschusses verwiesen: www.corona-ausschuss.de.
- https://odysee.com/$/embed/sitzung24/bb57bc5c2122ad56bb4c139231eda5eca8200f84?r=4HxdkJb7v2zndr5Lb5M9HnFJaJvhpo2K
- Anmerkung: Dies ist ein erneuter Beweis für die Untergrabung aller Werkzeuge der demokratischen Gewaltenteilung durch die Macht der politischen Parteien.
- https://www.hannah-arendt.de/ Der Sinn von Politik ist Freiheit.
- Dazu gehört sicher auch die nicht in der Verfassung vorgesehene Versammlung der Länderchefs mit der Kanzlerin.
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