Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Nachdem das Verfassungsgericht der Bundesregierung verboten hat, den Fonds, der ursprünglich für die Abmilderung der Folgen der Covid-Maßnahmen gebildet wurde, für andere Zwecke zu nutzen, scheinen auch weitere "Sondervermögen" auf der Kippe zu stehen.
Nachdem eine frühere Bundesregierung die „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz geschrieben hat, darf die Bundesregierung eigentlich keine Schulden mehr machen. Aber natürlich hat man sich vorsichtshalber eine Ausnahme genehmigt: Wenn die Lage in Deutschland aus irgendeinem Grund schwierig ist, kann die Regierung eine Notlage erklären und doch Schulden aufnehmen, die aber nicht als Schulden des Staatshaushaltes gelten, sondern als „Sondervermögen“ bezeichnet werden und sogenannte „Nebenhaushalte“ bilden. Orwell wäre begeistert, denn einen Kredit als „Sondervermögen“ zu bezeichnen, ist ziemlich absurd.
Warum bis zu 260 Milliarden fehlen
Aber für die Regierung ist das praktisch, denn damit hat sie Gelder zur Verfügung, die sie nach Lust und Laune verwenden kann. So wurden die übriggebliebenen Gelder aus dem Fonds, der zu Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen aufgelegt wurde, von der aktuellen Bundesregierung kurzerhand umgebucht und sollten nun nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für den Klimaschutz verwendet werden. Dabei ging es um 60 Milliarden.
Dagegen hat die CDU/CSU geklagt und das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis verboten. Vereinfacht gesagt dürfen solche „Sondervermögen“ nur für ihren Zweck und in dem entsprechenden Zeitraum verwendet werden. Im Klartext hat das Verfassungsgericht der Regierung also verboten, diese 60 Milliarden Euro als Kredite aufzunehmen und damit dann zu machen, was sie will.
Das hat in den letzten Tagen zu vielen Schlagzeilen geführt und ist vielleicht das wichtigste innenpolitische Thema dieser Tage in Deutschland, denn das Geld war bereits für diverse Programme verplant. Damit sollte die marode deutsche Bahn saniert werden <1>, die in einem so erbärmlichen Zustand ist, dass nicht einmal mehr jeder zweite Fernzug pünktlich ist. Mit dem Geld sollten Teile der Wirtschaft wegen der dank der Russland-Sanktionen gestiegenen Energiekosten subventioniert werden und mit dem Geld sollten auch einige soziale Programme finanziert werden.
Noch dramatischer könnte jedoch eine andere Folge des Urteils des Verfassungsgerichtes werden. Wirtschaftsminister Habeck hat bekannt gegeben, dass er auch den 200 Milliarden Euro schweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds gesperrt hat <2>. Das ist ebenfalls ein „Sondervermögen“, das schon 2008 im Zuge der Finanzkrise geschaffen und vor einem Jahr zur Abfederung der Folgen der Energiekrise, insbesondere von Preissteigerungen bei Gas und Strom in Deutschland, erweitert wurde. Das Urteil des Verfassungsgerichts dürfte sich nämlich auch auf diesen Fonds erstrecken, weshalb ich in der Überschrift vom „Bis-zu-260-Milliarden-Loch“ im Haushalt geschrieben habe.
Sie erinnern sich noch? Als in Deutschland letztes Jahr alle Angst vor den explodierenden Energiekosten hatten, hat die Bundesregierung die 200 Milliarden präsentiert und Bundeskanzler Scholz sprach ganz stolz von seinem „Doppel-Wumms“, mit dem die Regierung alle Probleme lösen wollte. Gibt es einen Begriff für den „Wumms“, mit dem ein „Doppel-Wumms“ platzt?
Was nun?
Ich wurde bereits gefragt, warum ich über dieses Thema noch nicht geschrieben habe, schließlich ist das Urteil des Verfassungsgerichts schon letzte Woche gesprochen worden. Der Grund ist, dass ich eigentlich abwarten wollte, wo die Regierung nun sparen will. Denn sparen muss sie plötzlich sehr viel.
In den Medien lesen wir jetzt viele Vorschläge, wo man sparen könnte. Ein Spiegel-Kolumnist hat sogar empfohlen, bei den Renten zu sparen. Manche Regierungspolitiker denken darüber nach, wegen der aus ihrer Dummheit entstandenen Probleme wieder eine Notlage auszurufen und einfach ein neues „Sondervermögen“ aufzunehmen, was das Verfassungsgericht aber sicher ablehnen würde.
Ich wage eine Prognose: Gespart wird am Ende bei Sozialprogrammen. Die Entschädigungen für die hohen Energiepreise, die eigentlich armen Menschen helfen sollten, dürften ganz oben auf der Liste stehen. Und wir dürfen gespannt sein, was sich die Regierung noch einfallen lässt.
Meine zweite Prognose ist, dass die Regierung sicher nicht bei der Bundeswehr sparen wird, die nächstes Jahr sogar viel mehr Geld bekommen soll, um das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erfüllen. Und ob die Bundesregierung den Mut hat, bei den Zahlungen an die Ukraine zu sparen, bezweifle ich auch, schließlich würde der US-Regierung das gar nicht gefallen.
Wir werden also bald schon sehen, was für die Bundesregierung wichtiger ist: Die Menschen in Deutschland, oder die Ukraine und Waffenbestellungen bei US-Rüstungskonzernen.
Quellen
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 22. November 2023 bei anti-spiegel.ru
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Bildquelle: Juergen Nowak / shutterstock
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