Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Heute will ich darüber berichten, wie die EU ein Pipelineprojekt in Afrika verhindern will, welches für zwei Länder eine erhebliche Hilfe bei der Überwindung der Armut und der Entwicklung der Länder darstellen könnte. Ein Verhalten, das nun unter der Begründung „Klimaschutz“ einen Heiligenschein erhält, während es einfach die nachkoloniale Politik ist, diese Länder nicht zu Konkurrenten werden zu lassen, um sie weiter als billige Rohstoffquellen zu erhalten. Danach komme ich unweigerlich auf die Pipelines NordStream zurück, welche in der Ostsee gesprengt wurden, ohne dass sich die absolute Mehrheit der EU-Parlamentarier über die historisch einmaligen Umweltschäden äußerten, und versuchten, den Verursacher ernsthaft zu ermitteln.
Afrika will nicht mehr Kolonie sein
Auf der Seite OWP (The Organization for World Peace) schreibt Klarke Mitchell (1), dass das EU- Parlament eine neue Entschließung angenommen hat, in der es den Bau der ostafrikanischen Erdölpipeline (EACOP) mit der Begründung anprangert, dass das Projekt - falls es fertiggestellt wird - unweigerlich zu Umweltzerstörung und einer Zunahme von Menschenrechtsverletzungen führen werde. Die Regierungen von Uganda und Tansania, die dieses ehrgeizige Projekt leiten, haben daraufhin die Mitglieder des Europäischen Parlaments scharf kritisiert, und Abgeordnete beider afrikanischer Staaten haben die EU des Eingriffs in ihre Souveränität, des Rassismus und der wirtschaftlichen Sabotage beschuldigt, stellt der Autor fest. Die große Kluft zwischen den Befürwortern des EACOP-Projekts und denjenigen, die seine Fertigstellung verhindern wollen, werfe eine zentrale Frage auf: Soll man von den Entwicklungsländern erwarten, dass sie ihr Wachstum für den Kampf gegen den Klimawandel opfern?
Mitchel zitiert dann den stellvertretenden ugandischen Parlamentspräsident Thomas Tayebwa:
"aber es ist eine Tatsache, dass der EU-Block mit nur 10 Prozent der Weltbevölkerung für 25 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist, und Afrika mit 20 Prozent der Weltbevölkerung für 3 Prozent der Emissionen verantwortlich ist. Die EU und andere westliche Länder sind historisch gesehen für den Klimawandel verantwortlich. Wer sollte dann die Erschließung der natürlichen Ressourcen stoppen oder verlangsamen? Sicherlich nicht Afrika oder Uganda."
Tayebwas Aussage verdeutliche eine Dimension in der Diskussion um die Bekämpfung des Klimawandels, die von den Industrieländern oft vernachlässigt werde. Es bestehe ein unverkennbarer Zielkonflikt zwischen Nachhaltigkeit und Entwicklung.
Um es noch einmal einfacher zu sagen: Wie schon in meinem Buch „Greta, Klima und Corona“ dargelegt, gehen die ehemaligen Kolonisten davon aus, dass ihre Kolonien bitte keine Entwicklungsstufe wie sie selbst erreichen mögen, insbesondere keine Veredelungsindustrie aufbauen sollen, sondern stattdessen Technologie von ihnen kaufen mögen, mit der sie angeblich klimafreundlich TV schauen und telefonieren können.
Zurück zum Artikel. Der Autor weist darauf hin, dass Bedenken nicht völlig unberechtigt seien. Die Pipeline könne möglicherweise Umweltschäden verursachen, Tiere irritieren und Menschen vertreiben. Auch wenn Befürworter, wie der tansanische Energieminister January Makamba erklären, dass die Planungen so gestaltet wurden, dass die ökologischen und sozialen Auswirkungen so gering wie möglich gehalten werden.
Der Autor führt dann aus, dass auf der einen Seite die Erkenntnis stehe, dass, wie Felix Okot Ogong es ausdrückt,
"Milliarden von Dollar in Form von Rohstoffen aus Afrika abgeschöpft werden, und wenn man versucht, einen Mehrwert zu schaffen, mischen sich [Ausländer] ein. (…)".
Mitchell schreibt, dass von den afrikanischen Ländern nicht erwartet werden sollte, dass sie ihre Entwicklungsinitiativen für ein Phänomen opfern, für das sie nur wenig Verantwortung tragen. Schließlich gebe es für diese Länder kaum eine Alternative, um sich ohne diese Entwicklungsprojekte aus der tiefen Verarmung zu befreien. Andererseits habe das Europäische Parlament nicht ganz unrecht mit seiner Einschätzung, dass sich das EACOP als ruinös erweisen könnte. Insbesondere, so muss man heute wohl hinzufügen, wenn die Sprengungen von Pipelines aus politischen Gründen weiter um sich greifen sollten.
In der ugandischen Internetseite Monitor benutzt Pauol Murungi noch deutlichere Worte (2).
Der stellvertretende Sprecher des Parlaments, Thomas Tayebwa, habe die Entscheidung als eine Form der Doppelmoral bezeichnet, welche
"die höchste Form des wirtschaftlichen Rassismus gegenüber Entwicklungsländern" sei.
Tayebwa argumentiere in einer Erklärung, dass verschiedene Mitgliedsstaaten der Europäischen Union weiterhin fossile Brennstoffe erforschen, entwickeln und in den letzten Monaten die Produktion und den Gebrauch von fossilen Brennstoffen erhöht haben. Außerdem, so Tayebwa, gebe es in den USA mehr als 9.000 Öl- und Gasförderlizenzen, darunter auch Pläne für Bohrungen in Alaska und der Arktis. Der stellvertretende Sprecher ziehe auch Parallelen zur Frage der Energiesicherheit, wo kürzlich 53 Lizenzen in der Nordsee erteilt wurden und Deutschland seine Kohlekraftwerke wiederbelebt habe. Ich möchte hinzufügen, dass übrigens auch Ungarn und Serbien eine Pipeline planen, um die EU-Blockade russischen Öls zu umgehen und Namibia für dieses Jahr über Walvis Bay historisch nie gesehene Mengen an Kohle nach Deutschland verschiffen wird.
"Ist die Energiesicherheit nur der Europäischen Union vorbehalten? Hat Uganda nicht das gleiche Recht?", fragt er. Dann weist der Artikel darauf hin, dass die EACOP weniger als 0,1 Prozent des weltweit in Betrieb befindlichen Pipelinenetzes von 1,18 Millionen Kilometern ausmache.
Die EU-Resolution komme zu einem schwierigen Zeitpunkt, da Uganda dringend Finanzmittel für die Erdölpipeline benötige - und die internationalen Finanzierungsinstitutionen die Finanzierung von Erdölprojekten aufgrund von Klimabedenken weiterhin zurückhalten. Die Kostenschätzungen für EACOP liegen zwischen 3,5 und 4 Mrd. USD bei einem Verhältnis von 40 bis 60 % Eigenkapital zu Schulden. Das bedeute, dass fast 2,4 Mrd. $ als Schulden gesichert werden müssen, während 1,6 Mrd. $ von den Aktionären finanziert werden.
Zu den Aktionären gehören Total Energies mit 62 Prozent, Uganda National Oil Company (UNOC) mit 15 Prozent, Tanzania Petroleum Development Corporation (TPDC) mit 15 Prozent und China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) mit 8 Prozent.
Und nun komme noch dazu, dass Anfang dieses Jahres die Standard Group, einer der größten afrikanischen Kreditgeber für Ölprojekte, angab, dass sie die Finanzierung von Ölprojekten bis 2030 um 5 Prozent kürzen werde. Ugandas größter Kreditgeber, die Weltbank, beschloss 2017 ebenfalls, dass sie "wegen klimatischer Bedenken ab 2019 keine Upstream-Öl- und Gasprojekte mehr finanzieren wird." Und so darf es nicht verwundern, wenn man in Namibia im Radio von einem Besuch aus Katar hört, das bei der Finanzierung helfen will.
Banktrack, ein Finanzforschungsunternehmen, das die Ölfinanzierung verfolgt, zeige, dass die regionale öffentliche Finanzinstitution - die Afrikanische Export-Import-Bank - zwar an erster Stelle stehe, der Großteil der Finanzmittel jedoch von südafrikanischen Geschäftsbanken wie der Absa Group, der Standard Bank und FirstRand stammt.
Und nun darf man sich nicht wundern, warum China in Afrika immer beliebter wird. Der Artikel erklärt, dass die China Development Bank als einer der größten Finanziers von Projekten und Unternehmen für fossile Brennstoffe in Afrika genannt werde. Auch wenn noch die meisten der größten Geldgeber für fossile Brennstoffe aus Nordamerika und Europa kommen, insbesondere aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich. Die Unsicherheit in der Finanzierung führe aber dazu, dass Investoren verunsichert werden, und Firmen abspringen, die fürchten, bei einem Scheitern Verluste tragen zu müssen.
Der Direktor für Rechts- und Unternehmensangelegenheiten der Petroleum Authority, Ali Sekatawa, wird vom Autor mit den Worten zitiert: "Bei einem 20-Milliarden-Dollar-Projekt will man diese komische Ungewissheit nicht haben, denn es sind viele Akteure beteiligt. (…) Dieser Lärm schafft eine zusätzliche Unsicherheit für alle".
In einer veröffentlichten Erklärung habe die NEMA festgestellt, dass die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen bewährten Grundsätzen folgen. "Während in der Entschließung des EU-Parlaments behauptet wird, dass die EACOP geschützte Gebiete in Uganda und Tansania durchqueren wird, stellen wir klar, dass bei der Festlegung des Trassenverlaufs für die Pipeline viele empfindliche Ökosysteme, einschließlich aller Ramsar-Gebiete, vermieden wurden", heißt es in der Erklärung, wie der Autor berichtet.
Nach Angaben der Umweltbehörde werde die Pipeline eingegraben, mit einer Beschichtung gegen Rost versehen und mit eingebauten automatischen Leckage-Erkennungsmechanismen ausgestattet. Für den unwahrscheinlichen Fall eines Ölunfalls sei ein nationaler Notfallplan entwickelt worden.
Bekämpfung der Energiearmut
Es gab gegen die Pipeline auch Bedenken, die besagten, dass der Ölbedarf durch zunehmenden Einsatz alternativer Energiequellen obsolet sei und wirtschaftlich zu einem Fiasko führen werde. Dagegen berichtet der Artikel, dass die Organisation der erdölexportierenden Länder (OPEC) in ihrem World Oil Outlook einen Ausblick auf das gebe, was tatsächlich noch kommen werde.
Demnach soll die weltweite Ölnachfrage erst mal nur eine Richtung kennen, und zwar nach oben. Es werde erwartet, dass Öl mit einem Anteil von knapp über 28 Prozent im Jahr 2045 den größten Anteil am weltweiten Energiemix behalten wird, gefolgt von Gas mit rund 24 Prozent.
In einer Rede, die Mohammad Sanusi Barkindo, der scheidende Generalsekretär der OPEC, im Juli auf einer Ölkonferenz in Nigeria gehalten hat, wies er auf die Notwendigkeit hin, den Anteil der Ölförderung zu erhöhen und erklärte, dass bei der Bekämpfung der Energiearmut mehr Zusammenarbeit und finanzielle Schlagkraft erforderlich sei.
In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, zu denen Uganda gehöre, so der Artikel weiter, haben schätzungsweise 47 Prozent der 535 Millionen Menschen keinen Strom und etwa 85 Prozent keinen Zugang zu sauberen Koch- und Heizstoffen. Er ergänzte dann seine Aussagen mit den Worten: "In Anbetracht der enormen Energieressourcen, die auf diesem Kontinent zur Verfügung stehen, ist dies einfach schwer zu akzeptieren!"
Da sich fast alle afrikanischen Länder in der Phase der Erforschung und Ausbeutung von Erdölressourcen befänden, sei es sicher, dass sich die weltweite Geopolitik im Bereich Erdöl und Erdgas in den kommenden Jahren auf den afrikanischen Kontinent konzentrieren werde.
Ölpipeline
In Uganda gebe es 3.648 von dem Pipeline-Projekt betroffene Personen (PAPs). Davon seien 203 (5,5 Prozent) physisch umgesiedelt worden, und die Mehrheit der physisch vertriebenen PAPs hat sich für eine Ersatzunterkunft entschieden, deren Bau im Gange sei.
Bis zum 12. September 2022 hätten alle 3.648 PAPs in Uganda ihre Entschädigungsvereinbarungen unterzeichnet. Solange die Entschädigung nicht gezahlt und die Räumungsaufforderung nicht erteilt wurde, werde kein Land für das Projekt in Anspruch genommen. (2)
Die Emotionen kochen hoch
Mitte September wurde die Debatte dann noch hitziger. Elizabeth Kamurungi berichtet, dass der bereits erwähnte Thomas Tayebwa die Mitglieder des EU-Parlaments heftigt beschuldigte, und zitiert ihn mit den Worten:
"Dieser Antrag zielt darauf ab, den Fortschritt der ugandischen Öl- und Gasentwicklung und damit auch das sozioökonomische Wachstum und die Entwicklung des Landes zu behindern. .... Die Resolution stellt den höchsten Grad von Neokolonialismus und Imperialismus gegen die Souveränität Ugandas und Tansanias dar“.
Nachdem die EU-Parlamentarier den Mitgliedsländern dann eindringlich geraten hatten, das Ölpipeline-Projekt zwischen Uganda und Tansania weder diplomatisch noch finanziell zu unterstützen, äußerte sich Tayebwa Kamurungi zufolge mit den Worten:
"Uganda ist ein Entwicklungsland und ein souveräner Staat, der seine eigenen Entwicklungsbedürfnisse und Prioritäten hat. Ich fordere daher das EU-Parlament auf, den Entschließungsantrag zurückzuziehen, der gegen die UN-Charta verstößt, die das Recht Ugandas auf Selbstbestimmung und Souveränität über seine natürlichen Ressourcen vorsieht".
Er fügte hinzu: "… Das ist wohl ein Schreckgespenst, wenn man sieht, wie sich ein afrikanisches Land weiterentwickelt, und es nicht mehr jeden Tag betteln muss. Man kann alles in Frage stellen, nur nicht wirtschaftliche Sabotage und Erpressung."
Der Artikel führt weiter aus, dass die Regierung des Landes auf die mehr als sechs Milliarden Barrel der Ressource setze, um das Land unter anderem in den Status eines Landes mit mittlerem Einkommen zu bringen und Arbeitsplätze zu schaffen. Im Anhang zu diesem PodCast die vollständige Erklärung des ugandischen Parlaments zu der EU-Entschließung als Ergänzung zu diesen Informationen.
Auch in Namibia liegen ungeheure Öl- und Gasreserven und auch hier wird medial und durch verschiedene Institutionen mobil gemacht, um zu verhindern, dass diese Reserven zur Entwicklung des Landes beitragen. Würde man es erlauben, könnte so etwas wie ein zweites Katar aufblühen. Und das in einem demokratischen Land, das eher der Multipolarität zuneigt. Ein Schreckgespenst für westliche Strategen. Glücklicherweise verfügt das Land über ein zweites geplantes Standbein, die „grüne Wasserstoffproduktion“ unter den weltweit günstigsten Solarbedingungen, und wenn die Politik klug agiert, kann ein Junktim zwischen der Ausbeutung beider Ressourcen erzielt werden.
Die Nordstream-Pipeline
Da wurde nun also eine Pipeline in Europa gesprengt, wodurch ein Umweltschaden durch austretendes Methan entstand, der die in Deutschland eingeführte CO2-Steuer als lächerlich dastehen lässt und ein historisches Ausmaß annahm. Was aber vom EU-Parlament nicht in gleicher Weise verurteilt wurde, wie die erst noch geplante Pipeline in Afrika. Und das, obwohl dieser Umweltschaden bewusst und absichtlich herbeigeführt worden war. Und, niemand traute sich mit dem Finger auf den wahrscheinlichen Verursacher der Explosionen hinzuweisen. Obwohl dieser vermutlich ein bekannte Mehrfachtäter ist, der bereits in Nicaragua, der Sowjetunion, im Iran und anderen Ländern Erdgas- und Erdölanlagen hat explodieren lassen.
Nun erklärte Russland, dass es die Reparaturen an der Pipeline auf seine Kosten durchführen lassen will, darf aber nicht einmal in die Nähe der Sprengung. Vielmehr sollen nun die Hauptverdächtigen den Vorfall untersuchen. Es ist wie im Kleinen, im staatlichen Bereich. Die Politiker bestimmen selbst darüber, wer über sie im Fall eines Verfassungsbruchs richten soll, und die der Sprengung verdächtigten Kreise untersuchen, wer für die Sprengung zuständig war.
Interessante Entwicklung ist die Tatsache, dass von den vier NordStream-Röhren eine noch intakt sein soll, und Russland anbot, darüber Gas zu liefern. Und das, obwohl der Westen das Land „in die Knie zwingen“ wollte, und den Wirtschaftskrieg mit der offen bekundeten Absicht verschärft wurde, die Regierung Russlands zu stürzen, und eine genehme zu installieren.
Warum die Mehrheit der Länder im UN-Menschenrechtsrat, sogar Namibia, dessen Präsident noch an einer Videokonferenz „der Demokratien“ von Biden teilgenommen hatte, gegen eine Untersuchung Chinas in der Angelegenheit von angeblichen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang abstimmte, sollte nun klarer sein. Namibia plant übrigens eine gemeinsame Pipelines mit Nachbarländern und eine gemeinsame Raffinerie, um endlich mit eigenen Erdölvorkommen unabhängiger zu werden.
OPEC+ verweigert USA Gefolgschaft
Apropos Öl: Die OPEC+ ist eine Gemeinschaft ölfördernder Länder deren Entscheidungen ausschließlich einstimmig gefällt werden. 24 Länder gehören inzwischen dazu. Und alle haben nun den USA die Gefolgschaft verweigert, und zwingen den Hegemon weiter seine strategischen Erdölreserven auf den Markt zu werfen, um die Ölpreise niedrig zu halten.
Die Entscheidung der OPEC+, die Fördermenge zu drosseln, kam zeitgleich mit der Ankündigung der EU, für russisches Öl nur noch einen Preis bezahlen zu wollen, den die EU selbst festlegt. Diese zeitliche Übereinstimmung ist vielen Analysten zufolge kein Zufall, sondern der Beweis, dass die Zeit des Unipolarismus beendet wird, und immer mehr Länder sich dem Multipolarismus zuwenden, und Russlands Krieg gegen die NATO in der Ukraine als einen Stellvertreterkrieg für den Multipolarismus betrachten. Was den Multipolarismus zu attraktiv macht, hatte ich in vorherigen PodCasts bereits erklärt.
In Zero Hedge (3), einem Blog, der auf den Finanzmarkt und Wirtschaft spezialisiert ist, kann man lesen:
„…und das trotz einer wütenden diplomatischen Kampagne des Weißen Hauses, das hoffte, das Unvermeidliche zu verhindern, und davor warnte, dass jede Kürzung von der Soros-Regierung als ‚feindlicher Akt‘ angesehen würde.“ (3)
Damit wird die Waffe des Ölpreises, mit dem die Sowjetunion auf Wunsch der USA noch finanztechnisch in die Knie gezwungen wurde, heute nicht mehr gegen den rechtlichen Nachfolger, sondern sogar zugunsten Russlands eingesetzt.
Der Artikel verweist dann darauf, dass Goldman Sachs inzwischen schreibe, dass die OPEC+ es mit dem Westen „aufnehme“. Die OPEC+-Kürzung sei eine Rückkehr zur alten Ölordnung, in der die Kern-OPEC nach dem rationalen Verhalten eines dominanten Produzenten mit Preismacht handele. Die Entscheidung sei ganz einfach logisch, da sie mit minimalen Opfern zukünftige Gewinne maximiere. Außerdem stelle Goldman fest, dass die Geschwindigkeit, mit der die Entscheidung zustande gekommen war, auch ein politisches Signal sei. Dabei hätten einige Mitglieder sehr deutlich zu dem neuen „Käuferkartell“ Stellung genommen, welches versuche die Preise für Öl aus Russland zu deckeln.
Überlegungen in den USA gehen so weit, sogar mit Klagen gegen das Kartell zu drohen. Zero Hedge endet den Artikel mit der Aussicht darauf, dass mit der Eskalation dieses zunehmend heißen Krieges zwischen OPEC+ und dem Westen, die Gesamtmenge des dem Westen zur Verfügung stehenden Öls nicht steigen, sondern sinken wird, was die Fed zwinge, die Preise, also Zinsen, noch weiter anzuheben, um den Angebotsrückgang durch eine noch geringere Nachfrage auszugleichen. Möglicherweise werde die USA sogar „gezwungen“, bei der Lieferung von Demokratie an Riad "kinetisch" zu werden. Als Alternative malte der Autor die Möglichkeit an die Wand, dass „etwas in der hyperfinanzialisierten US-Wirtschaft zerbreche“. In einem System in dem die Finanzanlagen 630% des BIP ausmachen...
„.. die OPEC+ muss nicht den gesamten Westen besiegen, sondern nur seine schwächste Finanzinstitution, deren Zusammenbruch alles andere mit sich ziehen wird. An diesem Punkt werden die globalen Rohstoffproduzenten, einschließlich Russland, die ehemalige Supermacht der Welt effektiv besiegt haben.“ (3)
Interessant auch die Meinung des Ex-Diplomaten Bhadrakumar:
„Das Ausmaß dessen, was sich hier abspielt, ist einfach atemberaubend. Biden hat mit Verspätung erkannt, dass die territorialen Eroberungen in der Ukraine nicht die eigentliche Geschichte sind, sondern dass es sich dabei um einen Wirtschaftskrieg handelt, in den der Energiekrieg eingebettet ist, der in den letzten acht Monaten nach den westlichen Sanktionen gegen Russland ausgebrochen ist.“ (4)
Der Autor erklärt in seinem Artikel, dass nicht der Schießkrieg die USA vom Thron stoßen wird, sondern der wirtschaftliche Niedergang. Deshalb mehr von ihm im Anhang hinter den Quellen.
Ein paar Tage später wird von Panik in der US-Regierung, dass „teile und herrsche“ versage, berichtet, und dass sie wenig gegen die nun gesehene Einigkeit der OPEC+ tun kann:
„Nur einen Tag vor dem OPEC+-Treffen berichtete CNN, dass alle verfügbaren Humanressourcen in der Verwaltung mobilisiert worden seien und das Weiße Haus ‚einen Krampf und Panik‘ habe, so ein ungenannter Beamter.“ (4)
Weiter wird in dem Artikel von Irina Slav festgestellt, dass es das erste Mal in der Geschichte sei, dass keiner der Kolonialstaaten einen ihre Interessen Vertretenden in den OPEC+-Staaten habe. Und dann schreibt die Autorin das Unaussprechliche:
„Die nach den USA größten Erdölproduzenten der Welt wenden sich also von ihren einstigen geopolitischen Freunden ab und stellen sich auf die Seite des Feindes, um es ganz einfach auszudrücken.“ (4)
Fazit
Wie gesagt: schnallt euch an. Während der Westen wegen des bereits erwähnten Abstimmungsergebnisses im Menschenrechtsrat der UN heuchelt, es wäre eine Niederlage der „Menschenrechte“, zeigt eine Analyse des Abstimmungsverhaltens, wo sich zukünftig der Multipolarismus durchsetzen wird, und wo der Niedergang des Hegemons noch durch Selbstaufopferung der Vasallen verzögert werden wird. Vielleicht geht bald alles sehr schnell. Denn das Imperium wird ohne Rohstoffe und ohne Dollarmacht auf ein mächtiges Land unter mehreren reduziert werden.
Die Ereignisse überschlagen sich, und vielleicht gibt es beim Erscheinen dieses PodCasts schon wieder historische Ereignisse, die im deutschen Journalismus in keiner Weise den Stellenwert erhalten, den sie haben sollten. So schreibe ich nächste Woche über einen UNCTAD-Bericht, der klar macht, dass die Kolonialländer wieder versuchen, die Kolonien als solche zu erhalten, statt sie zu Partnern zu machen, und warum das auch nach hinten losgehen wird.
Quellen:
(1) https://theowp.org/ugandan-and-tanzanian-leaders-condemn-eu-pressures-to-halt-oil-project/
(3) https://www.indianpunchline.com/opecs-body-blow-to-biden-presidency/
(4) https://www.zerohedge.com/energy/bidens-options-counter-opec-are-limited
Erklärung zur EU-Entschließung (Vollständige Erklärung des ugandischen Parlaments zu der EU-Entschließung)
Sehr geehrte Abgeordnete, Sie werden sich daran erinnern, dass das Europäische Parlament eine Entschließung zu den ugandischen Öl- und Gasprojekten (Tilenga, Kingfisher und East African Crude Oil Pipeline (Eacop)) verabschiedet hat, und ich möchte wie folgt darauf reagieren:
Meinem Büro wurde ein Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments (2022/2826(RSP)) zur Kenntnis gebracht, in dem das EU-Parlament den Regierungen Ugandas und Tansanias rät, die oben genannten Öl- und Gasprojekte nicht zu entwickeln. In demselben Antrag wird der EU-Mitgliedschaft empfohlen, keine diplomatische, finanzielle oder sonstige Unterstützung für unsere Öl- und Gasprojekte zu leisten. Der Antrag scheint auf Behauptungen über mögliche Umweltauswirkungen, Menschenrechtsverletzungen und Klimaschutzziele zu beruhen. Ich gehe davon aus, dass das Europäische Parlament eine formelle Mitteilung über diesen Antrag machen wird und eine formelle Antwort geben wird. Zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich jedoch folgende Anmerkungen machen:
- Das Parlament von Uganda verurteilt den Entschließungsantrag des EU-Parlaments, in dem Uganda und Tansania aufgefordert werden, die Entwicklung von Öl- und Gasprojekten in der ostafrikanischen Region zu stoppen. Die Entschließung beruht auf Fehlinformationen und der bewussten Falschdarstellung von Schlüsselfakten zum Umwelt- und Menschenrechtsschutz. Sie stellt die höchste Stufe des Neokolonialismus und Imperialismus gegen die Souveränität von Uganda und Tansania dar.
- Dieser Antrag zielt darauf ab, den Fortschritt der ugandischen Öl- und Gaserschließung und damit auch das sozioökonomische Wachstum und die Entwicklung des Landes zu behindern. Er zielt auch darauf ab, den Ugandern und Ostafrikanern die Vorteile und Chancen des Öl- und Gassektors vorzuenthalten. Dies stellt die höchste Form von Wirtschaftsrassismus gegenüber Entwicklungsländern dar, wenn man bedenkt, dass:
- a) Verschiedene Mitgliedstaaten der Europäischen Union setzen die Erkundung und Erschließung fossiler Brennstoffe fort und haben deren Produktion und Nutzung in den letzten Monaten gesteigert.
- b) In den USA gibt es mehr als 9.000 Öl- und Gasförderlizenzen, darunter Pläne für Bohrungen in Alaska und im Nordpolarmeer. In der Nordsee wurden kürzlich 53 Lizenzen erteilt, und Deutschland hat seine Kohlekraftwerke wiederbelebt. Darüber hinaus bemühen sich die westlichen Länder, Gas aus afrikanischen Ländern zu importieren. All dies geschieht in dem Bestreben, die Energiesicherheit in ihren jeweiligen Staaten zu gewährleisten. Ist die Energiesicherheit nur der Europäischen Union vorbehalten? Hat Uganda nicht das gleiche Recht?
- c) Die Propaganda zielt vor allem auf die 1.445 Kilometer lange East African Crude Oil Pipeline ab, die in Uganda auf einer Länge von 296 Kilometern durchqueren wird. Die EACOP macht weniger als 0,1 Prozent des weltweit in Betrieb befindlichen Pipelinenetzes von 1,18 Millionen Kilometern aus.
- d) Die Behauptung, Ugandas Erdölprojekte würden den Klimawandel verschärfen, ist schlecht recherchiert. Tatsache ist jedoch, dass der EU-Block mit nur 10 Prozent der Weltbevölkerung für 25 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist, während Afrika mit 20 Prozent der Weltbevölkerung für 3 Prozent der Emissionen verantwortlich ist. Die EU und andere westliche Länder sind historisch gesehen für den Klimawandel verantwortlich. Wer sollte dann die Entwicklung der natürlichen Ressourcen stoppen oder verlangsamen? Sicherlich nicht Afrika oder Uganda.
- e) Mehr als 70 Prozent der Personen, die vom Landerwerb für die Projekte betroffen waren, wurden entschädigt oder umgesiedelt und nehmen an Projekten zur Verbesserung ihrer Lebensgrundlage teil, u. a. in den Bereichen Landwirtschaft, finanzielle Bildung und berufliche Qualifizierung. Die Bemühungen um eine vollständige Entschädigung aller von den Projekten betroffenen Personen sind im Gange und werden von den örtlichen Gemeinden und Führern unterstützt. Vor Abschluss der Entschädigungsverfahren wird kein Land durch die Projekte in Anspruch genommen, und alle diesbezüglichen Beschwerden werden im Rahmen eines partizipativen Prozesses behandelt.
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, dass unser Land mit beträchtlichen Öl- und Gasvorkommen ausgestattet ist, die bereits jetzt für unsere Bevölkerung in Form von Arbeitsplätzen, Dienstleistungen und Gütern sowie technischen und anderen Qualifikationen einen Mehrwert schaffen. Diese Ressourcen werden auch beträchtliche Einnahmen für den Staat generieren, die petrochemische Industrialisierung und die Entwicklung anderer Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft, Tourismus, verarbeitendes Gewerbe, Gesundheit und andere unterstützen. In dem Bewusstsein, dass dieses Haus erhebliche Investitionen in Ölstraßen und andere Infrastrukturen zur Unterstützung der Entwicklung bewilligt hat, ist es außerdem angebracht, dass wir uns wie in der Vergangenheit mit Bestrebungen auseinandersetzen, die darauf abzielen, das souveräne Recht zur Ausbeutung unserer Ressourcen zu vereiteln.
- Wie viele afrikanische Länder ist Uganda ein Entwicklungsland und ein souveräner Staat, der seine eigenen Entwicklungsbedürfnisse und Prioritäten hat. Ich fordere daher das Parlament der Europäischen Union auf, den Entschließungsantrag zurückzuziehen, der gegen die UN-Charta verstößt, die das Recht Ugandas auf Selbstbestimmung und Souveränität über seine natürlichen Ressourcen vorsieht. Dieses Haus und die zuständigen Ausschüsse werden den Öl- und Gassektor weiterhin überwachen. Daher gibt es keine vertretbare Grundlage für das EU-Parlament oder irgendeine andere Institution, uns zu empfehlen, unsere Ressourcen aus diesen Gründen im Boden zu lassen.
Wir danken Ihnen! (https://www.monitor.co.ug/uganda/news/national/uganda-parliament-slams-racist-eu-position-on-oil-pipeline-3950736 )
Indian Punchline (“OPEC’s body blow to Biden presidency”)
Hier noch die im PodCast versprochenen Erklärungen von M.K. Bhadrakumar (3). Er erklärt, dass das Paradoxe an der Situation sei, dass Biden selbst dann, wenn Zelenski den Krieg gewinnt, den Krieg verloren hätte, es sei denn, er gewinnt den Energiekrieg und anschließend auch den Wirtschaftskrieg.
Präsident Wladimir Putin habe sich ein solches Ergebnis bereits 2016 vorgestellt, als sich am Rande des G20-Gipfels in Hangzhou die verlockende Idee einer OPEC+ zwischen ihm und dem damaligen stellvertretenden saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman herauskristallisierte.
Der Autor zitiert dann aus seinem früheren Artikel:
"Eine Verständigung zwischen Russland und der OPEC hat das Potenzial, die geopolitischen Ausrichtungen im Nahen Osten völlig zu verändern... Diese Verschiebung kann sich nur auf das Petrodollar-Recycling auswirken, das historisch gesehen eine robuste Säule des westlichen Finanzsystems war. Auch in strategischer Hinsicht wird Washingtons Versuch, Russland zu 'isolieren', unwirksam." Das war schon vor 6 Jahren.
Die Trümmer, die Biden heute umgeben, seien ein großer, unordentlicher Haufen. Er habe nicht erkannt, dass die russische Offensive in der Ukraine nur deshalb so lasch vor sich ging, weil Putin sich auf den Wirtschafts- und Energiekrieg konzentrierte, dessen Ausgang über die Zukunft der globalen Hegemonie der USA entscheiden werde, die auf den Dollar als Reservewährung angewiesen sei.
Anfang der 1970er Jahre hatte Saudi-Arabien vereinbart, führt der Autor weiter aus, dass der Ölpreis in Dollar festgelegt werden sollte und dass Öl, der meistgehandelte Rohstoff der Welt, international in Dollar gehandelt werden sollte, was praktisch bedeutete, dass jedes Land der Welt Dollarreserven halten musste, um Öl kaufen zu können. Die USA verpflichteten sich natürlich im Gegenzug, allen Ländern freien Zugang zum Dollar zu gewähren.
Diese Zusicherung habe sich jedoch als falsch erwiesen, da der Dollar zu einer Waffe geworden sei und die USA auf absurde Weise versuchten, sich die Dollarreserven anderer Länder anzueignen. Es überrasche nicht, dass Putin auf die Notwendigkeit der Schaffung einer alternativen Reservewährung zum Dollar hinweise, und das finde in der Weltöffentlichkeit Anklang.
Alles deute darauf hin, dass das Weiße Haus, anstatt sich zu besinnen, neue Formen der Bestrafung von Saudi-Arabien und Russland in Erwägung ziehe. Während es schwierig sei, Russland zu "bestrafen", da die USA alle Optionen ausgeschöpft haben, denke Biden wahrscheinlich, dass die USA Saudi-Arabien „an der Gurgel haben“, wie Bhadrakumar meint: Sie seien Waffenlieferant, Verwahrer der massiven saudischen Reserven und Investitionen und Mentor der saudischen Eliten.
Brian Deese, der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats, habe am Donnerstag zu Reportern gesagt: "Ich möchte in dieser Sache (OPEC-Produktionskürzung) klarstellen, dass der Präsident verfügt hat, dass wir alle Optionen auf dem Tisch haben, und das wird auch weiterhin der Fall sein." Bereits am Donnerstag habe Biden selbst gegenüber Reportern erklärt, dass das Weiße Haus "Alternativen prüft".
Weder Biden noch Deese hätten explizit gesagt, was diese "Alternativen" sein könnten, außer dass sie ihre Fähigkeit bekräftigten, aus den strategischen Erdölreserven zu schöpfen, auf die Energieunternehmen einzuwirken, um die Verbraucherpreise zu senken, und mit dem Kongress zusammenzuarbeiten, um legislative Optionen zu prüfen.
Dies sei ein außenpolitisches blaues Auge für Biden, der sich wegen seiner Reise nach Saudi-Arabien im Juli, die von Demokraten und Republikanern gleichermaßen kritisiert wurde, der Lächerlichkeit preisgegeben habe. Für die politischen Eliten der USA seien die OPEC-Entscheidung ein gezielter saudischer Schachzug, um Biden und die Demokraten im Vorfeld der Wahlen im November zu schwächen. Sie seien wütend, meint der Autor.
Dies könnte Auswirkungen haben, die über die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien hinausgehen, und das Sicherheitsbild in Westasien mehr als alles andere seit der iranischen Revolution von 1979 verändern. Schon jetzt nähere sich die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit Westasien an, weil der Iran ihr beitritt, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Bahrain, Kuwait und Ägypten den Status eines Dialogpartners erhalten hätten und die Türkei die Vollmitgliedschaft anstrebe. Auf dem SOZ-Gipfel in Samarkand sei ein Fahrplan für die schrittweise Erhöhung des Anteils der nationalen Währungen an den gegenseitigen Zahlungsströmen aufgestellt worden, etwas, das die Ernsthaftigkeit der Absicht der SOZ unterstreiche.
Die amerikanische Rüstungsindustrie werde sich allen Versuchen widersetzen, ihre Geschäfte in Saudi-Arabien zu beenden, und sie habe sehr enge Beziehungen zur Regierung Biden. Aber Washington könne auf eine Art Regimewechsel in Riad hinarbeiten. Prinz Salman habe gesagt, es sei ihm "egal", ob Biden ihn missverstehe. Es gebe wenig Zuneigung zwischen den beiden.
Eine farbige Revolution sei jedoch unrealistisch, jedoch ein Palastputsch, um MBS an der Nachfolge zu hindern, sei eine Möglichkeit. Das wäre riskant, denn ein Putschversuch werde wahrscheinlich scheitern. Selbst wenn er gelänge, wäre dann ein Nachfolgeregime in der Region legitimiert und in der Lage sein, die Kontrolle zu übernehmen? Eine chaotische Situation wie im Irak nach Saddam Hussein könne die Folge sein. Was katastrophal für die Stabilität des Ölmarktes sein und die Weltwirtschaft ins Wanken bringen könne, und islamistischen Gruppen Aufschwung verschaffen würde.
Was Biden ärgere, sei die Tatsache, dass sein letzter Trumpf, die hohen Öleinnahmen Russlands durch eine "Preisobergrenze" zu senken, ohne das Angebot zu drosseln, in Wirklichkeit ein Rätsel sei, das jetzt noch viel schwieriger geworden ist. Daher auch Bidens Wut darüber, dass sich die Saudis auf die Seite Russlands geschlagen haben, das nun nicht nur von den höheren Ölpreisen vor einer Preisobergrenze profitieren werde, sondern dass, falls Russland tatsächlich jemals aufgefordert werden sollte, Öl mit einem Preisnachlass zu verkaufen, die Reduzierung zumindest auf einem höheren Preisniveau beginnen wird!
Der Autor verweist dann auf die Finnacial Times, die schreibe: "Es ist unwahrscheinlich, dass das Königreich und seine Verbündeten am Golf Russland den Rücken zukehren werden. Die Golfstaaten haben sich nicht gegen die Invasion in der Ukraine ausgesprochen, und Russland näher an die OPEC heranzuführen, ist ein langfristiges Ziel.“
Der Kern der Sache sei, dass das, was Biden Russland angetan habe, indem er sich die Reserven des Landes geschnappt hat, die Saudis und andere Golfregime nur verunsichern kann. Sie sähen in dem jüngsten "Preisobergrenzen"-Projekt gegen Russland einen gefährlichen Präzedenzfall, der eines Tages zu Versuchen der USA, die Ölpreise zu kontrollieren, und sogar zu einem direkten Angriff auf die Ölindustrie führen kann.
Es genüge zu sagen, dass Russland zumindest in den nächsten drei bis vier Jahren nicht in die Enge getrieben werden kann, wenn eine solche Gratwanderung bevorstehe. Die Entscheidung der OPEC+ wird Russland in mehrfacher Hinsicht zugute kommen. Sie werde Russlands Öleinnahmen auf dem Weg in den Winter, wenn die Nachfrage nach russischer Energie aus Europa in der Regel ansteigt, Auftrieb geben - im Wesentlichen wird sie Russland helfen, Marktanteil zu halten, selbst wenn seine Produktion in absoluten Zahlen zurückgehe.
Ironischerweise müsse Moskau kein einziges Barrel seiner Produktion kürzen, da es bereits deutlich unter dem vereinbarten OPEC-Ziel produziere und gleichzeitig vom höheren Ölpreis profitiere. Die Kürzung um 2 Mio. Barrel werde hauptsächlich durch die OPEC-Golfproduzenten erreicht - auf Kosten von Saudi-Arabien (-520.000 bpd), Irak (-220.000 bpd), den VAE (-150.000 bpd) und Kuwait (-135.000 bpd).
Ist es nicht erstaunlich, fragt Bhadrakumar, dass die russischen Ölgesellschaften von den höheren Preisen profitieren, während sie gleichzeitig die Produktion konstant halten? Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Moskauer Zentralbank die 300 Milliarden Dollar an Reserven, die von den westlichen Zentralbanken zu Beginn des Ukraine-Kriegs eingefroren wurden, bereits mehr als zurückgeholt haben dürfte.
In Wirklichkeit haben sich Saudi-Arabien und andere Golfstaaten, die an der OPEC+ beteiligt sind, auf die Seite des Kremls geschlagen, was es Russland ermögliche, seine Kassen aufzufüllen und die Auswirkungen der westlichen Sanktionen zu begrenzen. Die Auswirkungen seien weitreichend - vom Ukraine-Krieg bis hin zu den künftigen Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien und natürlich der entstehenden multipolaren Weltordnung.
Stellungnahme zu Kommentaren
Ein Kommentar ist mir ins Auge gestochen, weil er wirklich bildlich beweist, wie moderne Propaganda der Herrschenden, egal in welchem System, funktioniert.
„Man weiß überhaupt nicht mehr, wo denn nun die Wahrheit versteckt ist. … Nimmt aber die Hetze immer weiter zu und immer mehr Leute springen auf den Zug, dann ist die Demokratie gefährdet. Nichts anderes möchte Apolut. Den Sturz des demokratischen Systems. Ich wehre mich gegen Euch!“
Menschen, welche in einem Weltbild leben, in das sie hineingeboren wurden, in dem sie erzogen wurden, von dem sie überzeugt sind, weil es ihnen das tägliche Leben organisiert, müssen von diesem System nicht überzeugt werden, dass es gut und richtig ist. Vielmehr muss dieses System nur erklären, dass die Alternative auch nicht optimal ist, dass es Hetze ist, an einzelnen Beispielen darstellen, dass gelogen wird, und dann erklären, dass das symptomatisch sei. Wer etwas Bestehendes verteidigt, muss es nicht beweisen. Er muss nur aufzeigen, dass das „Andere“ gefährlich ist. Und schon wird geglaubt, dass das Bestehende „die Demokratie“ sei und alles Andere gefährliches Chaos. Nur eine Minderheit wagt sich in den schmerzhaften Prozess des Hinterfragens der eigenen Geschichte, der eigenen Überzeugung.
Leider, das muss man hinzufügen, passiert dann oft, dass Menschen, die unter Schmerzen begreifen, dass sie bis dahin in einer Lüge gelebt haben, in Wut geraten und in dieser Wut, manchmal Raserei, einen destruktiven Hass entwickeln, welcher Fehler produziert und dann wieder Anlass für die Herrschenden ist, zu sagen „seht ihr, das ist Hass, dass ist Fehlinformation, die wollen die ‚Demokratie‘ abschaffen“. Und sie müssen sich dann gar nicht mehr inhaltlich mit ernsthafter Kritik auseinandersetzen. Solche Effekte sind am deutlichsten bei Menschen zu beobachten, welche aus einem hoch religiösen Milieu aussteigen und dann zum erklärten Gegner dieser Religion werden, oft mit messianischem Eifer.
„Den Sturz des demokratischen Systems“. Lieber Kommentator. Es geht um die Suche nach einem System, welches den Menschen erst ermöglicht, in einer echten, selbstbestimmten Demokratie zu leben. Denn wer behauptet, was wir in Deutschland erleben, sei eine Demokratie, der ist so verblendet von der Angst vor dem Ungewissen, etwas, das aus Seiten wie Apolut ausstrahlt, dass er verzweifelt auf seine Glaubensgrundsätze zurückgreifen muss, dass nur das Bestehende „Demokratie“ sei.
Wer die rudimentären Ansätze einer Demokratieentwicklung, wie wir sie in Deutschland nach dem Krieg sahen, gefährdet, das sind sich selbst delegitimierende Politiker, die verschweigen, glatt lügen, ihre Macht missbrauchen. Und dabei ein System erschaffen haben, das im glatten Gegensatz zum Geist des deutschen Grundgesetzes und der Aufklärung steht. Es wurde, auch von mir, schon genügend darüber geschrieben, dass es weder eine Gewaltenteilung, noch eine Verwirklichung demokratischer Ideale gab. Ideale, geboren aus Kompromissen, wie sie versucht worden waren, im Grundgesetz zu definieren. Der Kampf der Parteien gegen Artikel 20, oder die Löschung von §80 StGB sind nur zwei kleine Beispiele.
Durch diese Selbst-Delegitimation haben sie die Schlösser der Büchse der Pandora aufgebrochen. Im Moment versuchen sie die Büchse durch noch mehr Propaganda, Kontrolle und sogar Gewalt, unter Kontrolle zu halten. Gehen dabei ebenso gegen legitime Kritik und Weiterentwicklung der Demokratie, vor, statt sich mit jenen Kräften zu verbünden, welche eine Reform zu ihren Lasten, aber zugunsten einer echten Demokratie wünschen. Je schlimmer aber ihre Maßnahmen dazu werden, desto größer wird die Gefahr, dass der Deckel der Büchse der Pandora sich öffnet. Wenn dann daraus ein neues autoritäres System oder Schlimmeres kriechen wird, sind es aber nicht die Vertreter einer echten, selbstbestimmten Demokratie die es verschulden, sondern die Bewahrer ihrer in Jahrzehnten erkämpften Macht in Politik, Medien und Wirtschaft.
Leider deutet die Entwicklung darauf hin, dass es wohl so kommt. Denn wer über unendliche Finanzmittel verfügt, die klügsten Köpfe in Elite-Universitäten indoktrinieren und/oder korrumpieren kann, jugendliche Politikdarsteller als „Young Leader“ in führende Positionen und Vernetzungen bringen kann, die Medien so durchdringt, dass sie wie gleichgeschaltet erscheinen, ist wohl nicht durch eine Minderheit von Menschen zu beeindrucken. So wie die Kirchen dafür gesorgt hatten, dass die Mehrheit der Untertanen die Fürsten und Kaiser als von Gott gegeben akzeptierten, so sorgen die Medien jetzt dafür, dass die Mehrheit die Ordnung als von ihnen selbst bestimmt ansieht, als „Demokratie“.
Wenn man sieht, wie viele Jahrhunderte der Absolutismus unumstritten war, erscheint die Geschichte der so genannten Demokratie noch ganz am Anfang zu stehen. Während die Köpfe der Aufklärung Jahrhunderte brauchten, um in einem historischen Moment den Durchbruch zu erreichen, könnte es angesichts der fortschrittlichen Technik nun theoretisch etwas schneller gehen. Und ähnlich wie in der Renaissance die Erkenntnisse der Antike wieder auflebten, könnten in der „Renaissance“ des 21. Jahrhunderts möglicherweise die Ideale und Werte der Aufklärung, und spezifischer für Deutschland, die des Geistes des Grundgesetzes wieder zum Durchbruch kommen.
Aber nur, soweit diejenigen, welche heute den Diskurs beherrschen, den Deckel der Büchse der Pandora nicht sogar absichtlich öffnen, um ihren Herrschaftsanspruch zu behaupten. Möglicherweise sind andere Länder schon weiter. Denn wie in vorhergehenden PostCasts erklärt, ist der Multipolarismus auf makropolitischer Ebene, also der der Staaten untereinander, das, was die Souveränität der Menschen, die selbstbestimmte Demokratie, auf mikropolitischer Ebene innerhalb der Gesellschaften darstellt. Eine weitere Vorstufe zur Demokratie.
+++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Kodda/ shutterstock
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