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Das missbrauchte Land: Die Ukrainer sterben für die Ziele anderer | Von Thomas Röper

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Ein Standpunkt von Thomas Röper.

Putin sagt immer, dass die USA in der Ukraine "bis zum letzten Ukrainer gegen Russland kämpfen". Das wird als russische Propaganda abgetan, dabei wird das im Westen selbst immer offener gesagt.

In der Ukraine läuft ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. Schon diese Aussage wird im Westen gerne bestritten, weil dort die Parole lautet, die Ukraine kämpfe für Demokratie und für ihre Unabhängigkeit. Der Westen führe keinen Krieg gegen Russland, er unterstütze lediglich den Freiheitskampf der Ukrainer gegen das böse Russland.

Dass diese Erzählung des Westens nicht stimmt, sondern von Politik und Medien nur für die „dumme Öffentlichkeit“ verbreitet wird, kann man belegen. Die USA haben Russland immer als Gegner gesehen, das galt auch für die Zeiten, in denen es offiziell gute Beziehungen zwischen Russland und dem Westen gab. Der Grund ist, dass die USA geopolitisch denken und alleine die Existenz eines so großen Landes, das mit seinen unermesslichen Bodenschätzen das Potenzial hat, sehr mächtig zu sein, war und ist für den Weltmachtanspruch der USA inakzeptabel.

Russland als Staat zerschlagen

Als Putin zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2000 – als das Verhältnis zwischen dem Westen und Russland offiziell noch sehr gut war – vorgeschlagen hat, Russland könne in die NATO eintreten, wurde das von den USA umgehend abgelehnt. Stattdessen wurde die NATO in Richtung Russland erweitert, was nur dann einen Sinn ergibt, wenn die NATO-Erweiterung gegen Russland gerichtet war. Hätte man Russland als Freund angesehen, wie damals noch behauptet wurde, wäre die Erweiterung eines „Verteidigungsbündnisses“, das die NATO laut Eigenwerbung ja ist, bis an Russlands Grenzen unnötig gewesen, weil Russland ja ein Freund war. Oder man hätte auch Russland in die NATO aufgenommen, was aber auch nicht gewollt war.

Die USA haben in den 1990er Jahren, als Russland offiziell als Freund des Westens bezeichnet und sogar in die G7 aufgenommen wurde, die daher in G8 umbenannt wurden, in Russland Separatisten unterstützt, zum Beispiel die Islamisten in Tschetschenien, bei denen es sich übrigens nur in der Minderheit um Tschetschenen handelte, der Großteil waren eingesickerte Glaubenskrieger, die damals davon sprachen, zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer einen „Islamischen Staat“ zu errichten. Kommt Ihnen der Begriff bekannt vor? Das ist kein Zufall.

Aber die USA haben auch andere separatistische Bewegungen in Russland unterstützt. Das Ziel der USA war es (und ist es immer noch), Russland – wie zuvor die Sowjetunion – in kleinere Länder aufzuspalten, die sich dann problemlos kontrollieren lassen, was mit dem großen Russland weitaus schwieriger war. Und natürlich ging es dabei um den Wunsch der US-Konzerne, die russischen Rohstoffe auszubeuten.

Das ist keinesfalls russische Propaganda, das wird in Washington (und inzwischen auch in der EU) offen gesagt, wobei davon gesprochen wird, Russland sei eine Kolonialmacht, die andere Völker unterdrückt. Russland, so ist die offizielle Formulierung im Westen, soll daher „dekolonisiert“, also zerschlagen werden.

Das ist offiziell die Politik der US-Regierung, die die 1976 vom US-amerikanischen Kongress gegründete Kommission über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (Commission on Security and Cooperation in Europe, CSCE) äußert. Sie hält dazu sogar Konferenzen ab, über die Konferenz von 2022, in der ganz offen die „Dekolonisierung Russlands“ gefordert wurde, habe ich hier berichtet. In der Kommission sitzen keine unwichtigen Spinner, der Vorsitzende der Kommission wird von den Kammern der US-Parlamente bestimmt und die Mitglieder sind die höchsten Vertreter der US-Parlamente.

Russland als Staat zu zerschlagen, ist tatsächlich das offiziell formulierte Ziel der US-Regierungspolitik.

Die Ukraine

Ich habe oft genug in Artikeln erklärt, wie Geopolitik funktioniert und wie die Ukraine von den USA gegen Russland in Stellung gebracht wurde. Die USA wollten einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine, und das hatte mehrere Gründe. Geostrategen in Washington sagen ganz offen, dass es das Ziel der US-Regierung ist, die Ukraine und Russland voneinander zu trennen, weil sie gemeinsam viel stärker wären, Russland ohne die Ukraine als Partner jedoch entscheidend geschwächt wäre. Das kann man unter anderem Schwarz auf Weiß in dem Standardwerk „Die einzige Weltmacht“ lesen, das bereits 1997 geschrieben und danach auch umgesetzt wurde.

Die Ukraine – und vor allem die Menschen dort – wurden seit der Unabhängigkeit des Landes einer sehr konsequenten anti-russischen Indoktrinierung ausgesetzt, was schon in den Schulbüchern beginnt, in denen den Kindern von der ersten Klasse an alles Russische als barbarisch dargestellt wird. Dass das ukrainische Bildungswesen dabei finanziell großzügig aus dem Westen, vor allem von westlichen Stiftungen, allen voran Soros, unterstützt wurde, sei nur nebenbei erwähnt.

Es brauchte daher eine Generation, bis die Ukraine etwa 20 Jahre später auf die radikal anti-russische Politik umschalten konnte, die nach dem Maidan kam. Das wäre nach der Unabhängigkeit der Ukraine Anfang der 1990er Jahre noch unmöglich gewesen, damals sah die große Mehrheit der Ukrainer die Russen noch als Brudervolk an.

Auch 2014 war die Mehrheit der Ukrainer keineswegs anti-russisch eingestellt, wie die Ereignisse im April 2014 gezeigt haben, denn die in den Donbass geschickte ukrainische Armee verweigerte oft den Befehl, auf die unbewaffneten Menschen zu schießen und ganze Einheiten der ukrainischen Armee liefen zu den Rebellen über. Der Krieg begann erst wirklich, als Kiew die aus den Neonazis des Rechten Sektors rekrutierten „Freiwilligenbataillone“ erschuf und in den Donbass schickte. Das können Sie in meinem Buch über die Ukraine-Krise 2014 im Detail nachlesen, weil ich dort die Chronologie der Ereignisse aufgezeigt habe.

Übrigens sei dabei angemerkt: Wer die Ereignisse des Jahres 2014, also die Vereinigung der Krim mit Russland oder den Beginn der Krieges, als Niederlage der USA ansieht, der hat Geopolitik nicht verstanden. Das Jahr 2014 war für die USA insgesamt ein großer Erfolg, denn sie haben erstens den Maidan-Putsch erfolgreich durchgeführt, der in Kiew eine radikal anti-russische und genauso radikal pro-amerikanische Regierung an die Macht gebracht hat. Außerdem ist es den USA zweitens gelungen, den Krieg im Donbass zu entfesseln, denn als in Kiew die Entscheidung getroffen wurde, Truppen gegen die damals noch unbewaffneten Demonstranten im Süden und Osten der Ukraine in Marsch zu setzen, saß in Kiew zufälligerweise der CIA-Chef am Tisch, der inkognito zu dem Treffen angereist war, die Details dazu finden Sie hier.

Dass sich die Krim mit ihren militärstrategisch wichtigen Häfen mit Russland vereint hat, mag die US-Regierung geärgert haben, es war aber nebensächlich, denn das Hauptziel der USA war es ja, Russland und die Ukraine zu trennen und einen tiefen Graben zwischen den Ländern und Völkern zu ziehen. Das Ziel haben die USA mit der Entfesselung des Donbass-Krieges im April 2014, nur sieben Wochen nach dem Maidan, erreicht.

Russlands Eingreifen

Die USA haben Russland mit ihrer Politik in der Ukraine ständig provoziert und gehofft, Russland möge endlich aggressiv reagieren, damit man Russland vor aller Welt als Aggressor darstellen kann. Diese These klingt für Sie merkwürdig? Das ist sie nicht, es ist genauso gewesen und auch das lässt sich auch belegen.

Dass Russland keinerlei aggressiven Absichten hat, ist nicht meine blühende Fantasie oder russische Propaganda, das hat einer der mächtigsten Think Tanks der USA, die RAND-Corporation, 2019 in einer Studie herausgearbeitet. Darüber, dass Russland keinerlei aggressiven Absichten gegenüber den USA oder sonst wem verfolgt, war man in den USA aber nicht etwa erfreut, man war stattdessen verärgert und hat sich Gedanken gemacht, wie man Russland so sehr reizen kann, dass es endlich mal aggressiv reagiert, die Details der Studie finden Sie hier.

Das mag für Sie unverständlich klingen, ist aber eine logische Folge, wenn man geopolitisch denkt. Die USA mussten eine Koalition schmieden, um Russland in die Knie zu zwingen, denn es behindert, solange es den USA gegenüber ungehorsam ist, auch ohne irgendwen zu bedrohen, schon aufgrund seiner schieren Größe den US-Anspruch, die dominante Macht in Eurasien und der Welt zu bleiben.

Aber wie schmiedet man eine Koalition gegen einen friedlichen Nachbarn? Ganz einfach: Indem man ihn so sehr reizt, dass er nicht mehr friedlich reagiert, und dann kann man den anderen sagen: „Seht her, Russland ist gefährlich, wir müssen uns zusammentun und Russland stoppen!“

So zynisch funktioniert Geopolitik und deshalb war die Erkenntnis der RAND-Corporation, Russland habe keinerlei aggressive Absichten, für die USA eine schlechte Nachricht.

Und das haben die USA dann auch getan: Sie haben Russland so sehr in die Enge getrieben, dass Russland keine andere Möglichkeit mehr gesehen hat, als seine Sicherheitsinteressen mit Gewalt zu sichern. Der Schlüssel dazu war der Beitritt der Ukraine zur NATO, den die USA 2021 forcierten und der für Russland inakzeptabel war. Am Ende dieses Artikels führe ich die Chronologie der Ereignisse auf, die dem russischen Eingreifen in der Ukraine vorausgegangen sind, und die zeigen, dass die USA die Lage bewusst eskaliert und Russlands Reaktion bewusst provoziert haben.

„Nützliche Idioten“

Die russische Regierung formuliert heute oft den Satz: „Die USA kämpfen in der Ukraine bis zum letzten Ukrainer gegen Russland.“

Der Satz impliziert, dass es sich bei den Kampfhandlungen in der Ukraine um einen Krieg des US-geführten Westens gegen Russland handelt. Aber lässt sich das auch belegen, oder ist das „russische Propaganda“?

In der Tat lässt es sich belegen, denn viele führende US-Politiker haben das längst offen gesagt. Ganz aktuell hat der republikanische US-Senator Mitt Romney die Strategie Washingtons gelobt, Russland durch massive Militärhilfe für Kiew zu schwächen und so hoffentlich auch Russlands Streitkräfte zu schwächen, während nur ukrainische Truppen, aber keine US-Soldaten, geopfert werden:

„Wenn Russland geschwächt wird, schwächt das seinen Verbündeten China. Und nebenbei bemerkt, einen Betrag, der etwa fünf Prozent unseres Militärbudgets entspricht (…) zu nehmen, um den Ukrainern zu helfen, ist so ziemlich die beste nationale Verteidigungsausgabe, die wir je gemacht haben. (…) Wir verlieren keine Menschenleben in der Ukraine. Und die Ukrainer kämpfen heldenhaft gegen Russland (…) Wir schwächen und vernichten also das russische Militär für einen sehr geringen Betrag.“

Das ist zynisch, aber so denken Geopolitiker. Denen sind die Opfer egal, sie machen ganz trockene Kosten-Nutzen-Rechnungen. Und wenn es ihr Ziel ist, Russland zu schwächen oder sogar zu zerschlagen, dann ist es aus ihrer Sicht eine tolle Idee, wenn sie das „nur“ Geld kostet, während sie „nützliche Idioten“ haben, die dafür ihr Leben geben.

Wer kann nach solchen Aussagen bestreiten, dass die Ukrainer leider nur „nützliche Idioten“ der USA sind, die für die Ziele der USA sterben, nachdem sie 30 Jahre lang so sehr indoktriniert und radikalisiert wurden, dass sie das nicht einmal dann bemerken, wenn ihre „Freunde“ in Washington das sogar ganz offen sagen? Und Romney war weder der erste, noch der einzige führende US-Politiker, der so etwas gesagt hat.

Das gleiche gilt übrigens auch für die europäischen „Freunde“ der Ukraine. Der polnische Präsident Duda, der sich ebenfalls – wenn auch aus anderen Gründen als die US-Regierung – eine Zerschlagung Russlands wünscht, hat kürzlich gegenüber US-Medien folgendes gesagt:

„Im Moment kann der russische Imperialismus billig gestoppt werden, weil keine amerikanischen Soldaten sterben.“

Im Klartext war die Aussage also, dass man sich in Polen freut, dass die Ukrainer so bereitwillig für die geopolitischen Ziele der USA und auch Polens sterben. Er hätte auch sagen können: „Die radikalisierten, ihren Bandera anbetenden ukrainischen Dummköpfe sind so blöd, dass sie für unsere gemeinsamen Ziele sterben.“

Der Westen führt Krieg gegen Russland

Die westliche Behauptung, die Ukraine würde sich selbst verteidigen, der Westen liefere lediglich die dafür benötigten Waffen, war nie wirklich haltbar, wenn man die Meldungen der Vergangenheit verfolgt hat. Die USA und Großbritannien haben sich damit gebrüstet, der Ukraine Geheimdienstinformationen zu geben und die ukrainische Offensive im Herbst 2022 geplant zu haben. Auch vor der aktuellen, komplett gescheiterten, ukrainischen Offensive haben sie stolz über ihren wichtigen Beitrag bei der Planung Offensive gesprochen.

Davon wollen sie aber aktuell nichts mehr wissen, weil die Offensive so ein Fiasko ist. Daran geben sie der Ukraine die Alleinschuld, denn mit dem Misserfolg wollen sie nicht in Verbindung gebracht werden.

Am 26. August berichtete der britische Guardian von einem Treffen hochrangiger NATO-Generäle mit dem obersten Militärkommandeur der Ukraine, sowie dem ukrainischen Kommandostab an einem geheimen Ort in Polen. Demnach ging es bei dem Treffen vor allem um eine gravierende Änderung der ukrainischen Strategie bei der Gegenoffensive, die bisher erfolglos ist.

Bei dem Treffen war der Westen hochrangig vertreten, denn zu dem Treffen kamen der derzeitige Oberkommandierende der United States Army Europe and Africa und damit auch NATO-Kommandeur, US-General Christopher Cavoli, sowie der Admiral der britischen Marine Tony Radakin. Radakin hatte demnach zuvor ein geheimes Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky in Kiew, bei dem es auch um die ukrainische Militärstrategie ging.

Das bedeutet, dass der Westen tatsächlich faktisch mit Russland im Krieg ist, wenn er mit der ukrainischen Militärführung die Planung der Kampfhandlungen bespricht. Und das bestätigt all das, was ich oben ausgeführt habe: Der Westen lässt die Ukrainer gegen Russland sterben, um Russland zu schwächen. Wie viele Ukrainer dabei für die Ziele des US-geführten Westens sterben, ist den Entscheidern im Westen unwichtig – nur das Ergebnis zählt.

Und da es bisher ganz und gar nicht danach aussieht, als könnte die Ukraine das von ihren westlichen Herren und Meistern gewollte Ziel erreichen, müssen eben noch mehr Ukrainer sterben. So einfach und zynisch funktioniert Geopolitik.

Die Chronologie der Eskalation

Zur Verdeutlichung werde ich noch einmal aufzeigen, wie es zu der Eskalation in der Ukraine gekommen ist.

Anfang Dezember 2019 fand der letzte Normandie-Gipfel in Paris statt. Selensky kam danach zurück nach Kiew und verkündete seinen Leuten hinter verschlossenen Türen, dass er das Abkommen von Minsk nicht umsetzen wird. Allen Beteiligten in der Ukraine war damit klar, dass ein Krieg mit Russland unvermeidbar geworden war und Kiew begann mit konkreten Kriegsvorbereitungen. Das hat der Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Alexej Danilow, im August 2022 in einem Interview offen erzählt und auch Selensky hat das nun in dem Spiegel-Interview bestätigt.

Im Januar 2021 wurde Joe Biden US-Präsident. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Trump, der keine Eskalation in der Ukraine wollte, gab Biden Selensky grünes Licht. Daraufhin begann Selensky im Februar 2021 gegen die Opposition vorzugehen, woraufhin der Chef der größten Oppositionspartei unter Hausarrest gestellt und alle oppositionellen Medien wurden verboten wurden.

Im März 2021 setzte Selensky die neue Militärdoktrin der Ukraine in Kraft, in der ein Krieg mit Russland mit dem Ziel festgeschrieben wurde, die Krim gewaltsam zurückzuerobern und den Konflikt im Donbass gewaltsam zu entscheiden.

Mitte April 2021 verkündete die Biden Regierung den Abzug aus Afghanistan bis zum 11. September.

Im April und Mai 2021 stand die Ukraine kurz vor einem Krieg mit Russland, wurde aber von den USA noch einmal zurückgepfiffen. War der Grund, dass die US-Truppen noch in Afghanistan und damit verwundbar waren, oder dass die USA die Ukraine nicht so umfänglich unterstützen konnten, solange sie noch in Afghanistan gebunden waren?

Mitte Juni 2021 fand ein Gipfeltreffen der Präsidenten Putin und Biden statt, bei dem es aber keine Annäherung gab.

Im August 2021 fand die überstürzte Flucht der NATO- und US-Truppen aus Afghanistan statt.

Während Kiew die Situation im Donbass ab Ende 2021 wieder eskaliert hat und die NATO ihre Truppenpräsenz in der Ukraine unter dem Vorwand von Manövern und Ausbildungsmissionen erhöht hat, haben Deutschland und Frankreich das Minsker Abkommen im November 2021 offiziell beerdigt, worüber es in westlichen Medien allerdings keine Berichte gab.

Die Russland-Sanktionen wurden, wie Politico im Oktober 2022 berichtet hat, bereits mindestens ab November 2021 in Gesprächen zwischen Washington und Brüssel vorbereitet. Das war drei Monate vor dem Beginn der russischen Intervention in der Ukraine und just zu dem Zeitpunkt, als Berlin und Paris das Minsker Abkommen beerdigt haben. Dass die Abkehr vom Minsker Abkommen zum Krieg in der Ukraine führen würde, war den Entscheidungsträgern in Washington und Brüssel (und wahrscheinlich auch in Berlin und Paris) offenbar klar, weshalb sie parallel die entsprechenden Sanktionen vorbereitet haben. Afghanistan war Vergangenheit und damit hatten die USA die Hände frei für einen neuen Konflikt.

Im Dezember 2021 forderte Russland von den USA und der NATO ultimativ gegenseitige Sicherheitsgarantien und den Abzug der NATO-Truppen aus der Ukraine und erklärte, dass es im Falle einer Ablehnung gegenseitiger Sicherheitsgarantien gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu reagieren. Damit war klar, dass Russland auf weitere Bestrebungen, die Ukraine in die NATO zu ziehen, militärisch reagieren würde. Das war der Moment, in dem allen verantwortlichen Politikern bewusst war, dass eine Ablehnung von Verhandlungen mit Russland zu einem Krieg in der Ukraine führen würde. Der Krieg und all das Elend hätte verhindert werden können, wenn die USA bereit gewesen wären, einen neutralen Status der Ukraine dauerhaft zu akzeptieren und zu garantieren.

Am 8. Januar 2022 wurde Scott Miller zum US-Botschafter in der Schweiz berufen. In einem Interview vom November 2022 erzählte er ganz offen, dass die USA „Geheimdienstinformationen über die Invasion“ gehabt hätten und er diese sofort, also Anfang Januar 2022, der Schweizer Regierung gezeigt hätte. Da die Gespräche zwischen Russland und den USA über die Frage, ob es zu Verhandlungen über die von Russland geforderten gegenseitigen Sicherheitsgarantien kommen würde, zu diesem Zeitpunkt noch liefen, belegt die Aussage von Miller, dass die USA bereits beschlossen hatten, nicht in Verhandlungen einzutreten und sich der Folgen, nämlich der russischen Intervention in der Ukraine, in vollem Umfang bewusst waren. Miller bestätigte damit außerdem indirekt den Bericht von Politico darüber, dass die Sanktionen schon Monate vorher ausgearbeitet wurden, was Bundeskanzler Scholz und andere westliche Politiker später auch bestätigt haben, als sie sagten, dass die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ waren.

Ende Januar 2022 wurde in den USA das Lend-Lease-Gesetz für die Ukraine eingebracht, über das bei seiner Einreichung in den Kongress geschrieben wurde:

„Mit diesem Gesetzentwurf wird vorübergehend auf bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Befugnis des Präsidenten, Verteidigungsgüter zu verleihen oder zu leasen, verzichtet, wenn die Verteidigungsgüter für die ukrainische Regierung bestimmt sind und zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion erforderlich sind“

Das bestätigt ein weiteres Mal, dass die USA sich bereits auf den Krieg vorbereitet haben, während sie offiziell noch immer mit Russland über mögliche Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien gesprochen haben, denn das Gesetz zur Unterstützung der Ukraine gegen die „russische Militärinvasion“ wurde einen Monat vor der russischen Intervention in den Kongress eingebracht.

Fast gleichzeitig mit der Einreichung des Gesetzes haben die USA und die NATO Ende Januar 2022 die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien abgelehnt.

Am 19. Februar 2022 hat Selensky auf der Münchner Sicherheitskonferenz unter dem Applaus der hochrangigen westlichen Zuhörer die atomare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Damit war das russische Eingreifen nicht mehr zu verhindern, denn dass sich die Ukraine, die in ihrer Militärdoktrin offen einen Krieg gegen Russland vorbereitet hat, sich dazu auch noch mit Rückendeckung des Westens nuklear bewaffnen könnte, war für Russland eine inakzeptable Bedrohung der eigenen Sicherheit.

Am 21. Februar 2022 hat Putin die Donbass-Republiken anerkannt und Beistandsabkommen mit ihnen geschlossen. In seiner Rede dazu hat Putin Kiew deutlich vor den Folgen einer weiteren Eskalation gewarnt. Kiew hat den Beschuss auf zivile Ziele im Donbass danach aber noch einmal demonstrativ erhöht.

Am 24. Februar 2022 hat Putin in einer weiteren Rede den Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine verkündet.

Am 29. März 2022 gab es Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über einen Waffenstillstand. Kiew selbst machte dabei den Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen und eine Verhandlungslösung für den Donbass zu finden. Darüber hinaus hat Kiew zugesagt, keine ausländischen Truppen mehr in seinem Land zu stationieren und nicht NATO-Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt der Ukraine war hingegen möglich. Außerdem erklärte Russland als Zeichen des guten Willens, seine Truppen aus der Region Kiew abzuziehen, was westliche Medien sofort als militärische Niederlage Russlands umdeklarierten, obwohl der russische Rückzug ohne Kampfhandlungen stattgefunden hat.

Am 3. April 2022 erschienen die Meldungen von angeblichen Massakern der russischen Armee in Butscha, die sich jedoch schnell als False-Flag-Operation herausstellten. Dennoch wurde Butscha als russisches „Verbrechen“ bezeichnet und in den Medien breit behandelt, während die mögliche Verhandlungslösung, die nur Tage zuvor erreicht worden war, kein Thema in den Medien war.

Großbritannien ist ebenfalls nicht auf die erreichte Verhandlungslösung eingegangen, sondern hat der Ukraine stattdessen am 8. April 2022 Militärhilfe in Höhe von 100 Millionen Pfund für die Fortsetzung des Kampfes gegen Russland versprochen, was zum damaligen Zeitpunkt noch eines der größten bisherigen Hilfspakete gewesen ist.

Einen Tag später, am 9. April 2022reiste der britische Premierminister Johnson nach Kiew und sprach mit Selensky, der das ukrainische Angebot im Anschluss an diese Gespräche zurückzog und stattdessen verkündete, die Entscheidung müsse auf dem Schlachtfeld erfolgen.

Am 30. September 2022 hat der ukrainische Präsident Selensky Verhandlungen mit einem von Putin geführten Russland per Dekret unter Strafe gestellt.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 28.8.2023 auf anti-spiegel.ru.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: mykhailo pavlenko / Shutterstock.com


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