Ein Standpunkt von Felix Feistel.
Am frühen Morgen des 7. Dezember 2022 führte die Bundespolizei in mehreren Bundesländern Razzien durch, und nahm dabei 25 Menschen, darunter eine Richterin und ehemalige AfD-Abgeordnete, sowie einen 71 jährigen Adelsspross fest. Offiziell hieß es, dass es sich bei den Festgenommenen um sogenannte Reichsbürger handelte, welche die „Überwindung des Staates“ auch mittels Gewalt geplant hätten.
Dabei sollte die derzeitige Ordnung durch ein, in Grundzügen bereits ausgearbeitetes Staatssystem ersetzt werden. Auch politische Ämter sollen bereits vergeben worden sein. Unter den Festgenommenen befinden sich den Angaben zufolge auch ehemalige Bundespolizisten und aktive Soldaten der Bundeswehr. Sichergestellt wurden eine scharfe Schusswaffe, sowie einige Schreckschusspistolen. Der Staat hat uns alle, so soll man aus dieser Meldung wohl folgern, wieder einmal vor einer schlimmen, inländischen Bedrohung bewahrt. Gesprochen wurde von dem „größten Anti-Terror-Einsatz unserer Geschichte“. Darunter geht es mittlerweile kaum noch. Die Assoziationen sind eindeutig: Gewalt, Waffen, fanatische Ideologien, allesamt eine große Bedrohung für die öffentliche Ordnung. Das kennen wir alle schon aus der ständigen Bedrohung vom „islamistischen Terrorismus“.
Indes, die Geschichte lässt einen doch stutzig werden, sollte man länger als die für das Lesen der kurzen Meldungen benötigte Zeit darüber nachdenken. Schon lange werden die sogenannten „Reichsbürger“ als eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufgebauscht, die Waffen horten, den Staat ablehnen und ihn am liebsten gewaltsam beseitigen wollen. Da ist eine bewaffnete Zelle, welche diese Pläne nun in die Tat umsetzen wollte, nur die logische Fortsetzung. Und doch passt hier einiges nicht wirklich zusammen.
Denn wenn die „Reichsbürgerbewegung“ angeblich eine so große Bedrohung ist, wenn es immer mehr Menschen innerhalb dieser vermeintlichen Bewegung gibt, wieso sind es dann gerade einmal 25 Menschen, die solche Umsturzpläne tatsächlich in die Tat umsetzen zu wollen scheinen?
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie ein Umsturz mit so einem geringen Personaleinsatz überhaupt gelingen soll. 25 Menschen um einen ganzen Staat auszuhebeln, und auch auf kommunaler und Kreisebene den Staat abzuschaffen, wie es in den Meldungen heißt, erscheint doch etwas wenig. Auch eine einzige scharfe Waffe scheint für einen solchen Zweck doch ungeeignet. Es sieht sogar danach aus, dass der Waffenbesitz in diesem Fall sogar ganz legal war.
Nun mag auch der ein oder andere Soldat involviert gewesen sein, doch einen handfesten Umsturz ohne die ein oder andere Kompanie der Armee plus schwere Bewaffnung erscheint doch ein etwas gewagtes Unterfangen. Es ist kaum vorstellbar, dass dies dieser angeblichen Zelle nicht auch bewusst gewesen sein soll. Wenn nicht könnte man annehmen, dass eine tatsächliche Gefahr sowieso nicht bestanden hat. Denn dann wäre wohl kaum mehr als Dummheit im Spiel, die daran zweifeln lässt, dass die Beteiligten überhaupt etwas zustande gebracht hätten, was einer Gefährdung der Staatssicherheit auch nur ansatzweise nahe kommt.
Doch auf diese Ungewissheiten wissen die Medien eine Antwort: Der Plan der Terroristen habe vorgesehen, mittels elektromagnetischen Angriffen die Strominfrastruktur Deutschlands auszuschalten um bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen, in deren Verlauf sich das Volk ihnen dann in ihren Umsturzbemühungen angeschlossen hätte.
Das wirkt doch wie ein sehr gewagtes Unterfangen, das auf sehr viele Unwägbarkeiten und unkalkulierbare Risiken setzt. Denn wer garantiert schon, dass die Menge der Menschen sich ihnen anschließt, anstatt sie einfach zu ignorieren? Wie soll das Volk überhaupt von dem Umsturz erfahren, wenn mit dem Strom auch sämtliche Medien abgeschaltet werden? Hier sind doch einige arge Logiklöcher augenfällig.
Schon Mitte des Jahres gab es andere Berichte, die ebenso wenig plausibel erscheinen, wie die jetzigen. Damals war eine alte Dame festgenommen worden, eine pensionierte Lehrerin in ihren 70ern, die angeblich die Entführung von Karl Lauterbach und einen Umsturz, gemeinsam mit einigen anderen Mitverschworenen, geplant haben soll. Der angebliche Plan beinhaltete nicht nur die Entführung des Ministers, was auch immer die mutmaßlichen Täter in spe mit ihm anzufangen gedachten, sondern zudem einen mindestens zweiwöchigen, flächendeckenden Stromausfall, inklusive bürgerkriegsähnliche Zustände sowie den Auftritt von Doppelgängern von Ministern und des Bundespräsidenten. Dieser doch recht absurd anmutende Plan veranlasste die Behörden dazu, einzugreifen, und die gefährliche Rentnerin aus dem Verkehr zu ziehen.
Augenfällig sind die seltsamen Ähnlichkeiten der Pläne beider angeblicher Terrornetzwerke. Stromausfall, Bürgerkrieg, Sturz der Regierung, man könnte meinen, beide Szenarien sind von ein und demselben Drehbuchschreiber entworfen worden. Ein Drehbuchschreiber freilich, dessen Ideen in Hollywood zurückgewiesen worden wären, weil die Szenarien dann doch zu unrealistisch seien.
Es besteht der begründete Verdacht, dass hier nur wahllos und nicht wirklich ernst gemeinte ausgetauschte Textnachrichten zu einem Komplott zusammenfantasiert wurden, welche der Staat nutzte, um Macht zu demonstrieren. Die angebliche Verschwörung wurde dann inszeniert und zu einer großen Bedrohung stilisiert, welche vor Allem für die Öffentlichkeit gedacht war.
Verängstige und Herrsche
Denn die Meldungen spielen vor allem mit den aufgebauschten Ängsten, die Medien seit Jahren schüren. Böse Reichsbürger, die sich verschwören, um den Staat zu stürzen, werden schon lange als latente Gefahr als Teufel an die Wand gemalt. Dabei wird auch nicht davor zurückgescheut, ganz verschiedene Menschen und Gruppen in einen gemeinsamen Reichsbürger-Topf zu werfen, um die Bedrohung noch größer, noch furchteinflößender erscheinen zu lassen.
Denn die homogene Reichsbürgerbewegung gibt es in dieser Form einfach nicht. Stattdessen handelt es sich meistens um, wenn überhaupt, lose miteinander in Verbindung stehende Individuen, welche der ein oder anderen fixen Idee, verfallen sind, oder schlicht versuchen, unabhängiger und freier zu leben.
Das landesweite Terrornetzwerk einer umstürzlerischen Sekte erweist sich bei genauerem Hinsehen als reines Fantasieprodukt sensationsgeiler Medien und autoritärer Behörden. Es wäre von den angeblichen Tätern auch sehr gewagt anzunehmen, eine Handvoll Menschen könnte über 80 Millionen Bürger dazu bringen, sie zu unterstützen. Dafür fehlen ihnen einfach das Geld und die Medienmacht eines Bill Gates.
Es ist auch auffällig, dass die „Gefahr von rechts“ zwar seit Jahren immer wieder beschworen wird, aber so richtig wollen die rechten Terroristen dann doch nicht zur Tat schreiten. Und dort, wo sie es tun, so wie beim NSU, steckt der Staat tief mit drin, so tief, dass man ihn kaum noch von den wirklichen, echten Nazis unterscheiden kann.
Dann setzt er alles daran, zu vertuschen, zu verschleiern und nur einige, wenige Sündenböcke tatsächlich wegzusperren. Oder man denke an die vom Verfassungsschutz betriebenen, „rechtsextremen“ Fake-Accounts in den Sozialen Medien. Auch das vor einigen Jahren krachend gescheiterte NPD-Verbotsverfahren sei in Erinnerung gerufen, bei dem herauskam, dass die Partei so von V-Männern unterwandert war, dass Partei und Verfassungsschutz praktisch nicht mehr voneinander zu trennen waren.
Man kennt das schon, staatliche Behörden schleichen sich als Agents Provocateurs in verschiedene Millieus ein, um sie zu Taten zu ermuntern, die sie von sich aus wohl nie wirklich begangen hätten. Das gleiche machen Staaten auch auf internationaler Ebene, indem sie Terrornetzwerke wie den islamischen Staat, Al Quaida oder ominöse „Rebellen“ in anderen Ländern zuerst gründen und dann finanziell und mit Waffen ausstatten, um sie entweder gegen unliebsame Regierungen in den Krieg zu schicken, wie das in Syrien der Fall war, oder sie als Vorwand zum militärischen Eingreifen zu nutzen, wie das im Irak, in Afghanistan und in Syrien der Fall war. Wenn das im Ausland funktioniert, warum sollte man nicht in ähnlicher Weise im Inland operieren?
Damit könnte man vermuten, dass das ganze Theater einen ganz anderen Zweck verfolgt. Nicht die Sicherheit der öffentlichen Ordnung, der Bestand des Staates soll hier gewahrt werden, sondern das Gefühl einer konstanten Bedrohung radikaler Minderheiten, die abzuwehren den Staat legitimiert und sein totalitäres Verhalten rechtfertigt. Gleichzeitig wird die solchermaßen inszenierte Gefahr auf alles übertragen, das auch nur den Anschein von Opposition mit sich bringt.
So fällt auch in den Berichten über die Razzia der Begriff „Querdenker“, womit eine ganze, heterogene Bewegung verteufelt und zur großen Bedrohung stilisiert werden soll.
Damit wird zum ultimativen Angriff auf jede Opposition geblasen, in der man gleich eine Bedrohung von Allem zu erkennen glaubt. Und natürlich dürfen auch die Russen nicht fehlen. So habe der besagte Adelsspross über seine russische Lebensgefährtin Kontakt zu russischen Behörden aufgenommen, um ominöse Verhandlungen zu führen, wie Medien wie der Spiegel verlautbaren lassen, wobei sie selbst kleinlaut einräumen müssen, dass keine Erkenntnisse darüber vorliegen, ob die russischen Behörden sich darauf eingelassen haben. Der Tenor ist aber deutlich: Querdenker, die gegen Coronamaßnahmen sind sowie Protestierende gegen die Russland-Sanktionen und die hohen Energiekosten sind alle potenzielle Terroristen.
Arschkriecherei der Propagandamedien
Dass es hier nicht um eine terroristische Bedrohung gehen kann zeigt auch, dass große Medienhäuser bereits Tage zuvor über den Zugriff informiert waren, sodass sie ihre Seiten und Kanäle mit Hintergrundberichten spicken und sogar Liveberichterstattung von vor Ort abhalten konnten. Allesamt mit dem Tenor: Schlimm, schlimm, böse, böse, gut, dass der Staat uns schützt. Hätte es sich um eine echte Bedrohung gehandelt, man hätte den Einsatz bis zum Ende geheim gehalten aus Angst, jemand könne im Vorhinein informiert werden. Damit handelt es sich um kaum mehr als eine PR-Aktion, die den Staat als barmherzigen Samariter aufbauen soll, nachdem er sich in den letzten fast drei Jahren doch eher als totalitärer Terrorstaat gezeigt hat. Dass dies das eigentliche Anliegen war, darauf weist auch die Berichterstattung der Tagesschau hin. Diese mahnt mit erhobenem Zeigefinger, dass Staatskritik durchaus möglich sei, ja auch Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen und gegen die Energiekrise, aber sobald jemand versuche, den Staat abzuschaffen, sei das eine ernste Bedrohung.
Schließlich mache der Staat Demonstrationen und Meinungsfreiheit erst möglich. Ach so? Das wäre ja mal etwas vollkommen Neues. Denn erstens benötigt niemand den Staat, um eine Demonstration abzuhalten, oder seine Meinung frei zu äußern. Das bekommt jeder Einzelne auch ganz gut ohne ihn hin. Zweitens hat der Staat in den letzten beinahe drei Jahren das genaue Gegenteil getan: Zensur, Unterdrückung abweichender Meinungen und Einschätzungen, Gewalt gegen Andersdenkende, Verbot von Versammlungen, Verfolgung von Oppositionellen etc., etc.
Zudem macht gerade dieser Staat diese Demonstrationen ja überhaupt erst notwendig. Denn wer, wenn nicht dieser Staat unter der Regierung Merkel und später Scholz, hat die absurden, übergriffigen und gewalttätigen Coronamaßnahmen überhaupt erst eingeführt? Wer, wenn nicht dieser Staat, hat durch lächerliche Sanktionspolitik die Energiekrise überhaupt erst herbeigeführt? Der Staat soll hier als Schutzinstanz des Individuums und der Demokratie aufgebaut werden, obwohl er in Wirklichkeit das genaue Gegenteil, nämlich eine Gefahr für das Individuum, ist und die Demokratie selbst abgeschafft hat. Er schafft überhaupt erst die Anlässe, die Menschen dazu bringt, sich zu wehren, und verbietet dann genau dies. So funktioniert Macht. Schon immer.
Hausgemachte Pseudoprobleme
Dass der angebliche Umsturzversuch kaum mehr ist, als ein aus verschiedenen Einzelteilen wild zusammengezimmertes Narrativ, darauf macht auch Thomas Röper auf seinem Blog aufmerksam. Demnach hat ein Insider der AfD ihm zu zweien der Verhafteten, den Adelsspross und der AfD-Abgeordneten und Richterin, Hintergrundinformationen zukommen lassen, die eine Verwicklung der beiden in solche Umsturzversuche zurückweisen. Das ist zwar eine sehr persönliche Einschätzung, und man weiß nie, was im Hintergrund nicht noch so abläuft, doch sollte man solche Einschätzungen berücksichtigen.
Der Verdacht liegt nahe, dass der Verfassungsschutz auch hier involviert gewesen ist.
Dieser scheint in jüngerer Vergangenheit höchst aktiv zu sein, vermeintliche Staatsfeinde aufzudecken und verhaften zu lassen. So blickt die jüngere deutsche Geschichte schon auf eine beachtliche Reihe von vermeintlichen Revolutionären und Umsturzversuchen von Rechts zurück. Sei es die Revolution Chemnitz, Der Sturm auf den Reichstag, Franco A., immer wieder scheinen kleine Gruppen oder Einzelpersonen die Gesellschaft umkrempeln, und den Staat stürzen zu wollen, dabei ist in der Regel nicht einmal ein größeres Kontingent Waffen mit im Spiel, oder Militärpersonal, was es für einen echten Putsch aber wahrscheinlich benötigen würde.
Die Waffe der Wahl ist stattdessen: Telegram. Immer wieder wird von Gruppen berichtet, die sich in diesem Messenger austauschen, um dann... ja, was eigentlich? Nur weil der ein oder andere von Umsturz fantasiert, oder davon, als König, Kaiser, Graf oder Diktator zu herrschen, macht es ihn noch nicht zu einem Verbrecher. Höchstens zu einem unangenehmen Zeitgenossen. So werden immer wieder neue Bedrohungen inszeniert, die bei näherer Betrachtung wohl keine wirkliche Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Von einigen wenigen Gewalttätern einmal abgesehen, die für Einzelpersonen durchaus gefährlich werden können, aber nicht den großen Umsturz herbeiführen, den sich die Presse zusammenfantasiert. Zudem ist nach wie vor unklar, wie viel der Initiative tatsächlich von den Verdächtigen und wie viel vom Verfassungsschutz und damit von der Staatsmacht selbst ausgeht.
Wie lächerlich sich zudem eine Staatsmacht macht, die sich von Rentnern, Ex-Polizisten und kleinen Gruppen von Menschen ohne Kampf- oder Revolutionserfahrung bedroht fühlt, scheint niemandem aufzufallen. Denn ein Umsturz von einem so mickrigen Ausmaß, ohne auch nur einen Bruchteils des Militärs im Rücken, hat wohl nirgendwo auf dieser Welt Aussicht auf Erfolg. Aber darum geht es auch nicht. Die Hauptsache ist das Spiel mit der Angst, damit der Bürger sich beständig von Bedrohungen umstellt sieht, gegen die als einziges Mittel der totalitäre Staat zur Hilfe eilen kann, der vorgibt die Demokratie zu verteidigen.
Allein dazu braucht dieser Staat den Feind im Inneren. Er dient als Legitimation für autoritäres Handeln, für Gewalt und Machtdemonstrationen, zur Aufrüstung, Bewaffnung, Militarisierung, Verschärfung von Gesetzen und Erhöhung von Strafen. Just nach dem Einsatz hat Innenministerin Faeser angekündigt, die Beweislast für Beamte umkehren zu wollen. Danach gilt jeder Beamte, auf den ein irgendwie gearteter Verdacht fällt, als schuldig, bis er selbst seine Unschuld bewiesen hat.
Die Innenministerin will damit einen Grundpfeiler des deutschen Strafrechts, nämlich die Unschuldsvermutung, stückweise abschaffen. Denn dass diese Beweislastumkehr auf Staatsbedienstete beschränkt bleibt ist kaum zu erwarten.
Die derzeitige Regierung hebelt die Demokratie mehr und mehr aus, um vermeintliche Demokratiefeinde zu bekämpfen, während sie die Demokratie selbst längst abgeschafft hat. Die Legitimation des Staates und der Regierung stützt sich auf diesen fingierten Feind im Inneren, der an jeder Ecke vermutet wird. Denn die Erzählung lautet, dass die Menschen sich einen Staat gegeben hätten, der für ein geordnetes Zusammenleben sorgt. Das ist natürlich nicht viel mehr als ein Märchen, aber es ist dennoch eine weit verbreitete Ansicht. Dazu muss der Staat die Gemeinschaft schützen vor solchen Feinden, die zu diesem Zweck beliebig erfunden werden. Waren es in der Vergangenheit gerne mal Linke und Kommunisten, sind es später islamistische Terroristen gewesen, die dann, 2020, plötzlich von den Querdenkern abgelöst wurden. Dieses Bewegung, so sagte man von Anfang an, sei durchsetzt von Reichsbürgern und Rechtsradikalen, die auf diese Weise versuchen, den Staat zu stürzen.
Um den Feind im Inneren zu identifizieren ist jedoch auch eine Homogenisierung des Staatsvolkes erforderlich. Denn wenn es keine homogene Gruppe gibt, welche den größten Teil des Volkes ausmacht, dann ist es auch schwer, jenen „Feind“ zu identifizieren, der eine Bedrohung für alle darstellen soll. Also muss es eine Außenseitergruppe geben, die zu diesem Feind stilisiert werden kann. Im Nationalsozialismus waren das die Juden und die Bolschewisten, welche die arische Volksgemeinschaft bedrohten, heute sind es eben die Reichsbürger, Querdenker oder Terroristen, die den durchschnittlichen Gutbürger in Angst und Schrecken versetzen.
Dabei haben wir aus der heutigen Perspektive durchaus Sympathie für Revolutionäre und Umstürzler. So feiern wir heute den Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der im Jahr 1944 ein Attentat auf Hitler geplant und erfolglos versucht hat, versehen mit einem Staatsstreich und einem Umsturz der bestehenden Ordnung. Dafür wurde er von dem damaligen Regime hingerichtet. Auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden vor über 100 Jahren von der damals herrschenden SPD umbringen lassen, weil ihnen die ausgerufene Weimarer Republik zu wenig demokratisch war, und sie stattdessen eine Räterepublik ausgerufen hatten. Dafür wurden nach ihnen Plätze und Straßen benannt, man gedenkt ihnen zu Ehren.
Heute jedoch verfolgt die Staatsgewalt Rentnerinnen, die in Telegramchats wahrscheinlich reichlich unverbindliche Nachrichten mit anderen ausgetauscht haben die irgendwie etwas mit Umsturz zum Gegenstand hatten. Die Staatsgewalt macht sich damit nicht nur vollkommen lächerlich, sie wiederholt damit nur das, was die Herrschenden zu jeder Zeit immer getan haben: Die Opposition gewaltsam zu eliminieren. Damit sind die skurrilen Verhaftungen nur der Auftakt zur systematischen Verfolgung jedweder Opposition.
Diese wurde schon vor geraumer Zeit vorbereitet, indem beispielsweise der Verfassungsschutz die neue Kategorie der „Delegitimierung des Staates“ eingeführt hat. Diese sehr unspezifische Kategorie lässt sich auf so ziemlich jede Kritik gegenüber der Regierung anwenden und legitimiert, zumindest scheinbar, im nächsten Schritt auch die Verfolgung dieser sogenannten Delegitimierer. Dass sich der Staat damit systematisch selbst delegitimiert, weil er seine eigenen Bürger aufgrund abweichender Meinungen und Protesten zu Feinden erklärt und sich damit von Recht und Gesetz immer weiter entfernt, wird dabei ins Gegenteil verkehrt. Auf diese Weise wird die Homogenität des Volkes mit Zwang befördert, sodass letztlich eine Regierungstreue Volksgemeinschaft williger Sklaven entsteht, die zu allem Ja und Amen sagen, was die Staatsgewalt befiehlt.
Opposition ist dabei schon in der Vergangenheit jeder gewesen, der sich kritisch äußert. Noch immer werden Ärzte und Wissenschaftler verfolgt, weil sie dem Corona-Narrativ widersprochen und auch entsprechend gehandelt haben. So sitzt Michael Ballweg rechtswidrig im Gefängnis, ohne, dass ihm auch nur ein Minimum an Rechtsstaatlichkeit zuteil wird. Ärzte, die Maskenatteste ausgestellt haben, werden bestraft, weil sie ihre Patienten vor den Übergriffen des Staates schützen wollten. Dabei zeigt sich nun, dass die bösen Querdenker von Anfang an Recht hatten, dass die Maßnahmen eine große Gesundheitsgefahr darstellten.
Das Corona-Narrativ erodiert und entlarvt den Staat als gewalttätigen Terroristen, der seine eigenen Bürger unterdrückt. In dieser Situation bedarf es einer neuen Bedrohungslage, in der er sich als Schutzmacht inszenieren kann, um von der eigenen Gewalt abzulenken. Da kommen Reichsbürger doch sehr gelegen.
Zugleich wird das Narrativ benutzt, um eine weitere Eskalationsstufe im Umgang mit Opposition zu zünden. Wohin die Reise gehen kann, könnte uns das Beispiel der Geschwister Scholl und der Weißen Rose aufzeigen. Diese haben während der Gewaltdiktatur des Nationalsozialismus nicht mehr getan, als Flugblätter zu verteilen, die auf das Unrecht und die Verbrechen aufmerksam gemacht haben. Keine Umsturzpläne, keine Verschwörung, und dennoch wurden sie hingerichtet. Auch ist die Lektüre von Solschenizyn wohl wieder dabei, aktuell zu werden. Wer nicht sieht, wohin die Kriminalisierung von Opposition führen kann, der wird ein böses Erwachen erleben. Der abschüssige Pfad in den Totalitarismus ist längst beschritten, ein „Wehret den Anfängen“ kommt bereits viel zu spät, und wurde in der Anfangszeit des Coronairrsinns auch nicht erhört. Zu viele Menschen wollten es sich bequem machen, sich zurücklehnen und hoffen, dass der Wahnsinn an ihnen vorbeigeht, dass er irgendwie endet, wenn man nur schön artig die Regeln befolgt, oder sich wegduckt. Dies jedoch verankert den Totalitarismus nur bis in die Ewigkeit.
Das soll keine Gewalt legitimieren. Ganz im Gegenteil, Gewalt ist nie eine Lösung, sondern immer das Übel an sich. Und so kann es keine Sympathie geben für Menschen, die einen ihnen nicht genehmen Zustand mit Gewalt beseitigen, und anderen ihren Willen aufzwingen wollen. Denn ein gewalttätiger Umsturz führt, das lehrt die Geschichte, immer nur zu einem neuen Schreckensregime, das mit Gewalt regiert. Dass dieser Versuch des Umsturzes im aktuellsten Fall tatsächlich geplant war, ist jedoch auch sehr zu bezweifeln. Denn in die Tat umgesetzt wurden all die finsteren Pläne nicht, obwohl die Gruppe um die AfD-Abgeordnete angeblich mehrfach geplant hatte, den Bundestag zu besuchen, vielleicht, um ihn auszuspähen. Getan hat sie es jedoch nicht. Überhaupt wurde herzlich wenig mehr getan, als Chatnachrichten auszutauschen. Und so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um wenig mehr handelt, als ein in Chatnachrichten gegossenes Frustrationsventil über den herrschenden Irrsinn.
Wenn Gewalt aber das Übel an sich ist, dann gilt das auch für staatliche Gewalt. Denn wenn der Staat seine Bürger unterdrückt, ihnen übergriffig etwas aufzwingt, was sie nicht wollen, was ihnen sogar schadet, dann ruft das überhaupt erst entsprechende Reaktionen, wie im Zweifelsfall eben auch Umsturzversuche hervor. Denn Gewalt erzeugt Gegengewalt, und wo in einem System Druck entsteht, muss dieser irgendwie entweichen, oder es kommt zur Explosion.
Auf diese Weise erschafft der Staat überhaupt erst jene Umstürzler und Revolutionäre, die er dann so hingebungsvoll bekämpfen kann. Wie wäre es also, anstatt auf Zwang und Gewalt zu setzen, diese lieber aus dem System heraus zu nehmen? Dann müssten auch nicht Zeit und Ressourcen darauf verschwendet werden, selbst herbeigeführte Gefahren zu bekämpfen. Doch genau diese braucht jede Macht immer zur eigenen Legitimation, und so kommen sie ihr sehr gelegen.
Und so kann man festhalten: Ein totalitärer Staat verwendet sehr viel Energie darauf, Probleme zu lösen, die es ohne ihn gar nicht gäbe.
+++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Lukassek / shutterstock
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