Von Hubert von Brunn.
Die Verhunzung unserer schönen deutschen Sprache greift immer mehr um sich und treibt immer seltsamere Blüten. Da ist auf der einen Seite die irrsinnige Flut von Anglizismen, gleichzeitig ist es der Genderwahn, der jeden Liebhaber und Bewunderer dieser großartigen Sprache auf die Palme bringt. Ein herausragendes Beispiel, das ich hier zum Besten geben will, ist „Vorbilder*innen“.
Dieses kranke Wort habe ich auf einer Einladungskarte des Museums für Kommunikation in Berlin gelesen. Was zum Teufel soll dieser Schwachsinn bedeuten? Im Singular ist es DAS Vorbild, im Plural sind es DIE Vorbilder. Was also soll *innen? Im MfK habe ich in den zurückliegenden Jahren durchaus sehr interessante Vorträge und Ausstellungen erlebt und ich hatte schon den Eindruck, dass die Menschen, die dort arbeiten, tatsächlich etwas von Kommunikation verstehen. Dieser verquase Mumpitz belegt leider das Gegenteil. LGBTQ interessiert mich nicht. Ich kritisiere nicht, ich verurteile nicht, ich beschimpfe nicht, ich halte es wie bei vielen anderen Themen mit dem Alten Fritz: Ein jeder möge nach seiner Façon selig werden. Als Germanist stellen sich mir bei solchem Gender-Mist allerdings die Kiemen quer. Sicher ist: Die Veranstaltung „Vorbilder*innen“ mit dem Untertitel „Feminismus in Comic und Illustration“ (noch bis zum 10.10. d.J.) werde ich mir garantiert nicht antun.
Alarm bei den Astronomen: Schwarze Löcher sind rassistisch
Diese ganze Genderitis geht mir unsäglich auf den Keks. Das Innentum ist in unserer Sprache nicht vorgesehen – wie in keiner anderen, so weit ich weiß. Aber wir müssen als Lehrmeister natürlich wieder ganz vorne weg marschieren – so wie beim Klimaschutz: Deutschland rettet die Welt. Wenn ich mir eine Reportage ansehe, bei der die Kommentatorin aus dem Off nur von Bürgerinnen, Wählerinnen, Politikerinnen etc. spricht, schalte ich ab. Mit dem generischen Maskulinum ist unsere Sprache über Jahrhunderte sehr gut zu recht gekommen und es steht den feministischen Klaferzen nicht an, den eleganten Fluss der gesprochenen Sprache zu stören.
Kommen wir zur links-grün gesteuerten Sprachpolizei. Die Geschichte mit der Mohrenstraße in Berlin hatten wir schon, aber es geht ja noch weiter. In den USA gibt es jetzt eine Woke-Initiative, die den Astronomen das Leben schwer macht. Die Sprach-Aktivisten fordern, dass „Schwarze Löcher“ im All künftig nicht mehr „Schwarze Löcher“ genannt werden. Eine Alternative haben sie noch nicht vorgeschlagen. Vielleicht sollten diese Phänomene im All, die optisch halt wirklich nichts anderes sind als schwarze Löcher, als „afroamerikanische“ oder „dunkelgefärbte“ Öffnungen im Universum bezeichnet werden. (Anmerkung von Peter Haisenko: Im Russischen hießen die galaktischen „Schwarzen Löcher“ noch nie so, denn dieser Begriff ist dort schon von einem Körperteil im Gesäßbereich besetzt.)
Schwarzfahrer sind keine Rassisten, sondern arme Leute
Ulkig ist auch die Sache mit dem „Schwarzfahren“. In Berlin, München und Nürnberg wird dieser allseits bekannte Begriff für das Schnorren von Tickets im ÖPNV nicht mehr benutzt. Dunkelhäutige Menschen könnten sich dadurch diskriminiert fühlen, heißt es. In Berlin hatte die BVG vor Jahren den griffigen Slogan: „Schwarzfahren kostet 60 Euro – wir empfehlen den Normaltarif“. Das war irgendwie witzig, passend zur Berliner Schnauze. Jetzt müsste es politisch korrekt heißen: „Fahren ohne gültigen Fahrausweis…“ Oh Mann, wer wird denn in der U-Bahn dieses Beamtendeutsch zur Kenntnis nehmen? Dabei hat der Begriff „Schwarzfahren“ nichts mit einer Farbe zu tun, schon gar nicht mit der Hautfarbe. Auch dieser Ausdruck hat – wie viele andere – seinen Ursprung im Jiddischen. Aus dieser Sprache stammt das Wort „Shvarts“. Es bedeutet arm und bezieht sich mithin auf Menschen, die sich das Bahnticket nicht leisten können.
Bei der Gelegenheit fällt mir noch ein Bereich ein, der gnadenlos mit „schwarz“ operiert: das Druckergewerbe. Jeder, der einen PC zu Hause hat, verfügt auch über einen Drucker. Die Druckerpatronen, die man braucht, um ausdrucken zu können, beinhalten die Farben Magenta, Cyan, Gelb – und Schwarz. Da beißt die Maus nun mal keinen Faden ab: Ohne „Schwarz“ geht es nicht. Diesen rassistischen Missbrauch, der in fast jedem Haushalt vorkommt, haben die Sprachpolizisten bis jetzt noch nicht identifiziert. Das wird kommen und ich bin gespannt, was dann auf der Druckerpatrone steht, die die unsägliche Farbe transportiert. Unzählige Beispiele ließen sich anführen, aber es ist der Mühe nicht wert.
Die Schere im Kopf ist das Mordinstrument für jegliche Sprachkultur
Durchaus der Mühe wert hingegen ist es, auch bei diesem Thema einen Blick auf die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zu werden. Da hat die in letzter Zeit durch die Verbreitung von Unwahrheiten mehrfach auffällig gewordene grüne Sauberfrau doch tatsächlich das N...-Wort ausgesprochen. Ja, sie hat tatsächlich „Neger“ gesagt. Es ist noch nicht lange her, da wollte sie ihren Parteigenossen Boris Palmer wegen ebendieses Vergehens aus der Partei ausschließen. Wäre sie konsequent, müsste die Annalena nun ein Parteiausschlussverfahren gegen sich selbst beantragen. – Das wird sie natürlich nicht tun, schließlich will sie Kanzlerin werden.
Warum füge ich diese Episode hier an? Weil sie zeigt, wie krank diese von links-grünen Ideologen angezettelten sprachpolizeilichen Maßnahmen sind. Bestimmte Begriffe, Redewendungen und Sprachbilder sind über Jahrhunderte Bestandteil unserer Sprache und haben sich im Sprachschatz der Muttersprachler einfach verfestigt. Davor ist selbst die Grünen-Chefin nicht gefeit. Was also tun? – Zehn Mal überlegen, ob ich dies oder das noch sagen darf, wenn ich vermeiden will, von der Sprachpolizei gemaßregelt zu werden? Wenn ich erst einen Index der verbotenen Begriffe wie Zigeuner, Neger, Mohr, Schwarzer, Schwuler, Indianerhäuptling usw. usw. durcharbeiten muss, ehe ich öffentlich eine Rede halte oder einen Text schreibe? Eine lebendige Sprache wie die unsrige ist ein dynamisches Phänomen. Sie verändert sich im Laufe der Zeit. Dagegen ist nichts einzuwenden. Wogegen ich mich wehre, ist, dass selbsternannte Sprachneuerer mir vorschreiben wollen, was ich sagen darf und was nicht. Die Schere im Kopf ist das Mordinstrument für jegliche Sprachkultur.
Seit vielen Jahren prangern wir die Verhunzung der deutschen Sprache an. Hier stellen wir weitere Beispiele vor: https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-2013/sprachverhunzung-1-zu-fuss-gehende-und-mit-dem-rad-fahrende/ https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-2013/sprachverhunzung-2-was-hat-ein-mantrailer-in-unserer-sprache-verloren/ https://www.anderweltonline.com/kultur/kultur-2013/political-correctness-meinungsterror/ https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-2013/sprachverhunzung-3-nur-noch-professorinnen-an-der-uni-leipzig/
+++Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien am 30. Juli 2021 auf dem Blog anderweltonline.com +++
Bildquelle: lassedesignen / shutterstock
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