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Der Spiegel und seine Desinformation über das Getreideabkommen | Von Thomas Röper

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Ein Kommentar von Thomas Röper.

Der türkische Präsident Erdogan hat seinen russischen Amtskollegen Putin besucht und eines der Hauptanliegen von Erdogan ist die Wiederinkraftsetzung des Getreideabkommens. Für deutsche Medien ist das wieder einmal ein Grund für Desinformation.

Vorweg sei gesagt, dass journalistische Arbeit manchmal ermüdend ist, weil man über manche Themen immer und immer wieder schreiben muss. Das gilt besonders für das Getreideabkommen, denn deutsche Medien nutzen dieses Thema immer wieder für Desinformation. Wenn man, wie ich, seinen Job unter anderem darin sieht, auf die Desinformationen der westlichen Medien hinzuweisen, muss man dann jedes Mal darauf reagieren. Für Stammleser des Anti-Spiegel mag das ermüdend sein, aber es ist nötig, um der ständig verbreiteten Desinformation entgegenzuwirken.

Ich schreibe meine Artikel auch auf Russisch und für russische Leser, die von ihren Medien besser informiert werden als Deutsche, dürfte das erst recht ermüdend sein, aber ich denke, es ist auch für russische Leser wichtig, zu verstehen, wie westliche Medien ihr Publikum desinformieren, um zu verstehen, warum die Menschen im Westen so wenig über die internationale Politik wissen.

Am Montag fand ein Treffen der Präsidenten Putin und Erdogan in Sotschi statt, bei dem eines der wichtigsten Themen das Getreideabkommen gewesen ist. Für alle, die das Thema nicht gut kennen, erkläre ich zunächst, worum es bei den Getreideabkommen geht. Wenn Sie das schon wissen, können Sie den Abschnitt überspringen.

Das Getreideabkommen

Im Sommer 2022 haben die westlichen Medien wochenlang berichtet, Russland blockiere ukrainische Getreideexporte über das Schwarze Meer und setze so den weltweiten Hunger als Waffe ein, weil das ukrainische Getreide von den ärmsten Ländern der Welt so dringend gebraucht wird. Das ukrainische Getreide sei für die Dritte Welt bestimmt und die EU setzte sich angeblich dafür ein, dass die bösen Russen endlich erlauben, dass das ukrainische Getreide an die ärmsten Länder geliefert werden kann.

In der Folge wurde im Sommer 2022 das Getreideabkommen <1> geschlossen und das ukrainische Getreide konnte über das Schwarze Meer exportiert werden. Die Medien haben dann schnell aufgehört, darüber zu berichten, denn es stellte sich heraus, dass das ukrainische Getreide gar nicht an die ärmsten Länder der Welt ging, sondern vor allem in die EU. Das kann man auf der entsprechenden Seite der UNO <2> nachlesen, aber das mussten die Menschen im Westen ja nicht erfahren.

Was die westlichen Medien ebenfalls nicht berichten, ist, dass in dem Getreideabkommen festgelegt ist, dass die anti-russischen Sanktionen aufgehoben werden sollen, die den Export von russischem Getreide und von russischen Düngemitteln behindern. Das sind Sanktionen gegen russische Banken, denn wie soll jemand russisches Getreide kaufen, wenn er kein Geld überweisen kann? Das sind Sanktionen gegen russische Logistik, also gegen russische Häfen, Transportunternehmen und so weiter.

Darüber wird im Westen nicht berichtet, denn dann müssten westliche Medien ja eingestehen, dass es der Westen ist, der in den ärmsten Ländern der Welt eine Hungersnot provoziert, indem er die russischen Exporte von Lebensmitteln und Düngemitteln behindert.

Das geht sogar so weit, dass EU-Staaten 2022 russische Schiffe mit Düngemitteln festgesetzt <3> haben. Russland hat daraufhin angeboten, diese Düngemittel an afrikanische Staaten zu verschenken, aber die EU hat die Düngemittel trotzdem nicht freigegeben. Um eine Hungersnot möglichst zu verhindern, hat der russische Präsident sogar erklärt, dass Russland – sollte der Westen den Export von russischem Getreide verhindern – sein Getreide notfalls an die notleidenden Länder verschenkt <4>.

Aber auch davon weiß im Westen niemand etwas, weil die westlichen Medien das verschweigen. Auf dieser, von den westlichen Medien organisierten Unwissenheit der Menschen im Westen baut der Spiegel, wie wir uns an dem aktuellen Beispiel wieder anschauen werden.

Was der Spiegel (nicht) berichtet

Der Spiegel bleibt seiner Linie treu und verschweigt seinen Lesern, dass das Getreideabkommen aus zwei Teilen besteht, also dem Export des ukrainischen Getreides und der Aufhebung der westlichen Sanktionen, die den Export von russischem Getreide und Düngemitteln behindern. Davon wissen Spiegel-Leser nichts, der Spiegel suggeriert ihnen stattdessen, dass Putin unverschämte Forderungen stellt und so den Hunger als Waffe einsetzt. Dass es in Wahrheit umgekehrt ist und dass der Westen den Hunger als Waffe einsetzt, indem er die russischen Exporte behindert, weiß der Spiegel-Leser nicht.

Folgerichtig lautet die Überschrift des Spiegel-Artikels „Treffen mit Erdoğan – Putin beharrt auf Bedingungen für Neustart des Getreideabkommens <5>“ und er beginnt mit folgender Einleitung:

„Der türkische Präsident Erdoğan hat in Russland für eine Neuauflage des Getreideabkommens geworben. Sein russischer Amtskollege Putin bleibt weiter hart – und erneuert seine Forderungen an den Westen.“

Der Spiegel geht dabei geschickt vor, denn indem er verschweigt, dass die Aufhebung der entsprechenden Sanktionen Teil des Getreideabkommens ist, erweckt er den Eindruck, Putin würde unangemessene Forderungen stellen. Der Spiegel lügt nicht, sondern er lässt einfach die zum Verständnis wichtigen Informationen weg. Das klingt zum Beispiel so:

„Putin knüpft eine Wiederbelebung des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides an Bedingungen. Die westlichen Sanktionen gegen russische Nahrungs- und Düngemittel müssten aufgehoben werden, dann sei Russland zur Erneuerung der Vereinbarung bereit, sagte Putin nach dem Treffen am Schwarzen Meer.“

Daher ist in Deutschland das Wort „Lückenpresse“ entstanden. Den Lesern die wichtigen Informationen zu verschweigen, ist ein sehr mächtiges Propaganda-Instrument, denn wenn der Leser etwas nicht weiß, kann er gar nicht bemerken, dass er desinformiert wird. Offene Lügen sind für die westlichen Medien riskanter, denn eine Lüge könnte der Leser erkennen.

Der Spiegel berichtet dem Leser nur über den Teil des Abkommens, der die Ukraine betrifft. Den Russland betreffenden Teil verschweigt der Spiegel. Das klingt in dem Artikel so:

„Russland hatte das von der Türkei und den Vereinten Nationen (Uno) vermittelte Abkommen für den sicheren Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer im Juli nicht mehr verlängert. Darin vorgesehen sind sichere Korridore, in denen Frachtschiffe über das Schwarze Meer fahren können. Vor allem afrikanische Länder sind auf ukrainisches Getreide zur Versorgung ihrer Bevölkerungen angewiesen. Wegen des russischen Angriffskriegs exportiert die Ukraine weniger Getreide. Das verschärft die Nahrungskrise in Afrika und dem Nahen Osten.“

Die westliche Propaganda und Nahrungsmittelkrise

Am Ende des Absatzes lügt der Spiegel sogar, denn die Weizenpreise fallen derzeit und liegen sogar unter dem Niveau vom Februar 2022 als Russland seine Militäroperation begonnen hat.

In Wahrheit, auch das verschweigt der Spiegel, hat der Anstieg der Weizenpreise Ende 2020 begonnen und er wurde vom Westen verschuldet, weil der Westen im Zuge von Corona Unmengen von Geld „gedruckt“ und wie wild weltweit Weizen aufgekauft hat. Damit begann der Anstieg des weltweiten Hungers, der in Wahrheit eine Folge der irrsinnigen Corona-Politik des Westens ist.

Auf dem Fünf-Jahreschart der Weizenpreise kann man das deutlich sehen und man sieht auch einen massiven Anstieg der Weizenpreise nach Beginn der russischen Operation, die aber eine Panikreaktion der Märkte und kein reeller Mangel an Weizen auf den Märkten war, weshalb die Preise danach auch schnell wieder gefallen sind. Aktuell liegen die Weizenpreise weit unter dem Niveau von 2022.

Und sogar der Ausstieg Russlands aus dem Getreideabkommen im Juli hat nur sehr kurz zu steigenden Preisen geführt, die danach wieder gefallen sind und heute wieder unter den Preisen von Juli liegen. Der russische Ausstieg aus dem Getreideabkommen hatte also keinen negativen Einfluss auf die Weizenpreise.

https://www.finanzen.net/rohstoffe/weizenpreis

Russland bombardiert Getreidehäfen?

Um Russland weiter zu verteufeln, schreibt der Spiegel auch noch:

„Russland fordert im Gegenzug für eine Wiederherstellung der sicheren Korridore auch die Sicherstellung eigener Getreideexporte. Nach Ablauf des Abkommens konnten nur einige wenige Schiffe etwa den Hafen in Odessa mit ihrer Fracht verlassen. Zugleich wird aber versucht, das Getreide über ukrainische Häfen an der Donau zu exportieren. Russland greift diese Häfen aber regelmäßig mit Drohnen und Raketen an, um auch das zu verhindern. Die Häfen an der Donau sind mittlerweile zur wichtigsten Exportbasis der Ukraine für Getreide geworden.“

Was der Spiegel verschweigt, ist, dass diese Häfen nicht nur für den Getreideexport, sondern auch für den Import westlicher Waffen und für den Bau von Seedrohnen, die dann russische Schiffe oder gar die Krimbrücke angreifen, genutzt werden. Die Ukraine macht die Häfen damit zu militärischen Zielen und provoziert die russischen Angriffe regelrecht. Man kann das anders sehen, wenn man möchte, aber damit die westlichen Leser über diese Frage gar nicht erst nachdenken, verschweigt der Spiegel auch diese wichtige Information.

Und die Tatsache, dass das ukrainische Getreide, das im Zuge des Getreideabkommens exportiert wurde, nicht etwa in die notleidenden Länder, sondern vor allem in die EU gegangen ist, das verschweigt der Spiegel auch dieses Mal wieder komplett.

Das ist Lückenpresse in Reinkultur.

Quellen

<1>  https://www.anti-spiegel.ru/2022/worum-es-bei-den-streit-um-das-getreideabkommen-geht/ <2> https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/vessel-movements <3> https://www.anti-spiegel.ru/2023/lettland-blockiert-transport-von-duengemittel-in-die-dritte-welt/ <4> https://www.anti-spiegel.ru/2023/russland-ist-bereit-sein-getreide-an-die-3-welt-zu-verschenken-die-ereignisse-des-20-maerz/ <5> https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-wladimir-putin-macht-erneuerung-des-getreideabkommens-von-bedingungen-abhaengig-a-06c5bc88-90e1-4cbe-9bb4-f03d86066760

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 05. September 2023 bei anti-spiegel.ru

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Bildquelle: Jens Hertel / shutterstock


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