Auszug aus dem Buch „Niemand soll hungern, ohne zu frieren“
Ein Meinungsbeitrag von Wolfgang Bittner.
Bis vor wenigen Jahren noch in der ersten Reihe der Industrienationen, treibt Deutschland unter Vormundschaft der USA in die Bedeutungslosigkeit. Wirtschaftlich geht es bergab, die Gesellschaft ist tief gespalten, chaotisiert und soll auf Kriegskurs gebracht werden. Es gibt wieder Menschen hierzulande, die Angst haben, schweigend in die Depression abrutschen oder in die „innere Emigration“ gehen. Es gibt wieder Parias – Menschen, die sich im eigenen Land fremd fühlen, manche bedroht. Wer sich den zunehmenden Zwängen entgegenstellt, muss sich vorsehen. Zensur, Hausdurchsuchung, Kontensperrung, die Entziehung der Verdienstmöglichkeit bis hin zur Kündigung sind nur einige Maßnahmen obrigkeitlicher struktureller Gewalt. Setzt sich die Entwicklung so fort, steht am Ende ein autoritärer Staatsapparat, der alles erfasst, überwacht und reglementiert. Digitalisierung und KI-Technologie eröffnen der Unterdrückung weitreichende Möglichkeiten.
Die Wahrheit stirbt zuerst
Die schon lange nicht mehr unabhängigen etablierten Medien haben sich zu Manipulations- und Desinformationsinstrumenten entwickelt und verbreiten permanent Schreckensmeldungen und Angst erzeugende Zukunftsvisionen: akute, von Russland und China ausgehende Kriegsgefahr, atomare Bedrohung, Klimakatastrophe, Corona, Viren, Terroristen, Inflation und so weiter. So lässt sich eine irregeführte und latent verängstigte Gesellschaft im Zaum halten. Da ist es kein Wunder, wenn Hunderttausende aufgehetzte Bürger auf die Straße gehen und sich für heldenhafte Verteidiger der Demokratie halten.
Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit verkündete Gesundheitsminister Karl Lauterbach Anfang März 2024, er wolle das deutsche Gesundheitswesen auf den Krieg vorbereiten: „Es braucht auch eine Zeitenwende für das Gesundheitswesen. Zumal Deutschland im Bündnisfall zur Drehscheibe bei der Versorgung von Verletzten und Verwundeten auch aus anderen Ländern werden könnte.“ Lauterbach weiß auch, wer Deutschland bedroht: „Nach dem verbrecherischen russischen Angriff auf die Ukraine hat diese Herausforderung leider an Bedeutung gewonnen.“[1]
Kein Problembewusstsein, keine Faktenanalyse, stattdessen Kriegsvorbereitungen, Aufrüstung und die verstärkte Indoktrination der Bevölkerung. Ständig finden brandgefährliche Provokationen statt, zum Beispiel das Eindringen des britischen Kriegsschiffes HMS Defender in russische Hoheitsgewässer vor der Krim im Juni 2021, die Versenkung des russischen Kreuzers Moskwa mit Seezielflugkörpern vom Typ Neptun im April 2022, die Sprengung der Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 oder die von Spezialisten durchgeführten Anschläge auf die Brücke von Kertsch im Oktober 2022 sowie im Juli 2023.
Eine ganze Reihe von Terroranschlägen konnte nicht aufgeklärt werden, weil sie sofort Russland zur Last gelegt wurden. Als in der Ostukraine der Damm des Kachowka-Stausees gesprengt wurde, was zu gewaltigen Überschwemmungen führte und besonders die russische Seite schädigte, merkten die westlichen Medien stets an, dass der Verursacher noch nicht ermittelt sei. Wenig später hieß es, dass mit ziemlicher Sicherheit Russland den Damm gesprengt habe, obwohl ihn das ukrainische Militär vorher des Öfteren beschossen hatte.
Das Gleiche geschah beim Atomkraftwerk Saporischschja, das in russischer Hand ist, aber angeblich vom russischen Militär bombardiert wurde. Auch bei dem Massaker in Butscha, bei dem 460 Ukrainer umgebracht wurden, sollen es die Russen gewesen sein, obwohl der Bürgermeister einen Tag nach Abzug der Truppen in einem Fernsehinterview gesagt hatte, alles sei in Ordnung. Dieses Vorgehen entspricht einschlägigen Propaganda- und Desinformationsstrategien: Vermutungen und Unterstellungen werden von ideologisierten Politikern und Journalisten so lange wiederholt, bis sie als Tatsachen angenommen werden.[2] Wer blickt da am Ende noch durch?
Völlig verwässert werden auch die Begriffe links und rechts. Nach der im ersten Kalten Krieg von den Spindoktoren der CIA etablierten Totalitarismustheorie entsprechen sich Sowjetkommunismus und Nationalsozialismus. Inzwischen soll links gleich rechts sein, den Inhalten wird keine Bedeutung mehr beigemessen. Auf diese Weise lässt sich der politische Diskurs im Keim ersticken.
Wir leben wieder einmal in einer Übergangszeit. Diesmal wird Deutschland systematisch ruiniert, wirtschaftlich, kulturell, sprachlich, und das mithilfe einer US-affinen Regierung, die von der Politikerin Sahra Wagenknecht als die dümmste Europas bezeichnet wurde.[3] Uns, den Bürgern, rückt dieser Staat immer näher, mittlerweile zu nahe. Wenn wir Pech haben, gehen wir in einem provozierten großen Krieg mit allem, was uns nach zwei Weltkriegen noch geblieben ist, unter.
Der grassierende Wahnsinn und die überall zunehmende Brutalität führen uns vor Augen, dass die westliche Zivilisation, die schon lange nicht mehr als Kultur bezeichnet werden kann, zu Ende geht. (…)
Die Zeichen stehen auf Krieg
Deutschland als europäischer Brückenkopf und Frontstaat der USA gegen Russland wird von Politikern regiert, die deren Aggressionspolitik nahezu uneingeschränkt folgen und dabei die elementaren deutschen Interessen verraten. Das hat sich hinsichtlich der finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine – „so lange wie nötig“[4] – gezeigt, ebenso in der von Netanjahu missbrauchten Solidarität zu Israel bei dem Genozid an den Palästinensern in Gaza.
In beiden Fällen stellt sich die Berliner Regierung nicht nur Russland und China entgegen, sondern auch den Staaten des sogenannten Globalen Südens. Damit schadet sie Deutschlands Ansehen in der Welt, ganz abgesehen von dem finanziellen Aderlass für die eigene Bevölkerung. Deutschland hat als Industriestandort, Exponent für Kultur und Wissenschaft sowie als Garant für den Frieden bis auf Weiteres ausgespielt. Die Regierenden und die Medienvertreter haben den Vasallenstatus inzwischen so weit verinnerlicht, dass für lebenswichtige Belange der eigenen Nation, die nicht mit den Interessen der USA übereinstimmen, kein Raum mehr bleibt.
Gleichzeitig mit dem Niedergang Deutschlands vollzieht sich der Untergang der Sozialdemokratie als ursprünglich einmal stabilisierender Faktor für die arbeitende Bevölkerung.[5] So lautet der Titel eines Artikels im Economist vom 4. Februar 2024, in dem auf die bedrückende Lage Deutschlands eingegangen wird: „Olaf Scholz sieht sich mit einer wachsenden Vertrauenskrise konfrontiert“.[6]
Die planmäßige Einkreisung Russlands
Dass die USA Deutschland fest im Griff haben und für ihre geopolitischen Ziele rücksichtlos benutzen, ist seit Langem bekannt, wird jedoch ignoriert. Was hinter den Kulissen abläuft, hat der Direktor des einflussreichen Washingtoner Thinktanks Stratfor, George Friedman, am 4. Februar 2015 in einer Rede am Chicago Council on Global Affairs ausgeplaudert: „Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil sie vereint die einzige Macht sind, die uns bedrohen kann. Unser Hauptziel war sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“[7]
Und Friedman konkretisierte: „Für die Vereinigten Staaten ist die Hauptsorge, dass … deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft zu einer einzigartigen Kombination verbinden, was die USA seit einem Jahrhundert zu verhindern suchen.“ Die von Wladimir Putin 2001 vorgeschlagene wirtschaftliche Kooperation Russlands mit Deutschland wurde demnach gezielt verhindert. Stattdessen haben die USA, so Friedman in seiner Rede, einen „Cordon Sanitaire“ um Russland herum aufgebaut.
Aus diesem „Sicherheitsgürtel“ ist eine massive militärische Einkreisung geworden, die sich durch US/NATO-Militärbasen in Polen, den baltischen Staaten, Rumänien und Bulgarien, den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands, die Stationierung einer deutschen Kampfbrigade von 5000 Soldaten in Estland sowie die Großmanöver der vergangenen Jahre zur akuten Bedrohung entwickelt hat. Das alles verläuft planmäßig, geschieht unter Missachtung des Völkerrechts und wird mit der angeblichen Absicht Russlands, die baltischen Staaten, Polen und womöglich ganz Westeuropa anzugreifen, begründet.
Aber warum sollte Russland Westeuropa angreifen? Für diese Behauptung gibt es keine Belege und keine irgendwie sinnvolle Begründung. Alles spricht vielmehr dafür, dass die USA planen, die Russische Föderation aus ökonomischen und strategischen Gründen anzugreifen. Solange Joseph Biden, der sämtliche Konflikte und Kriege der vergangenen Jahrzehnte mit zu verantworten hat, noch im Amt bleibt, ist Krieg angesagt, und zwar sowohl gegen Russland als auch gegen China, die den neokolonialen und monopolaren Anspruch der USA infrage stellen. (…)
Wie es um das Selbstverständnis der US-amerikanischen Regierung bestellt ist, demonstrierte Biden am 6. Juli 2024 in einem Interview mit dem US-Sender ABC, als er nach einem desaströsen Wahlkampfduell mit Donald Trump nach seiner körperlichen und mentalen Verfassung gefragt wurde. Vor laufender Kamera erklärte er: „Ich absolviere jeden Tag einen kognitiven Test. Wissen Sie, ich mache nicht nur Wahlkampf, ich regiere die Welt. Das klingt wie eine Übertreibung, aber wir sind die wichtigste Nation der Welt.“[8] Auch diese Aussage wurde von den westlichen Politikern und Journalisten nahezu kritiklos hingenommen, was wiederum Rückschlüsse auf die mentale Verfassung dieser Akteure zulässt. Eingegangen wurde hauptsächlich auf die Frage, ob Biden noch die Fähigkeit für eine zweite Amtszeit habe.
Deutschland verraten und verkauft
Die USA mit ihren Wirtschafts- und Finanzeliten verfolgen seit mehr als einem Jahrhundert eine Politik, die ausschließlich ihren eigenen wirtschaftlichen und strategischen Interessen dient. Was ihnen bei der Durchsetzung ihrer Pläne hinderlich ist, wird rigoros und gegebenenfalls unter Bruch bestehender Verträge beseitigt. Während Russland seine Besatzungstruppen 1990 aus Deutschland abzog, bauten die USA ihre Stützpunkte weiter aus. In den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien wurde die Bundeswehr einbezogen, und jahrelang versuchte Washington das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 auf kriminelle Weise zu durchkreuzen. Die deutsche Regierung fügte sich und ließ sich Schikanen und Sanktionsdrohungen gefallen.
Wie es mit dem Pipeline-Projekt weiterging, ist bekannt. Beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022 in Washington erlaubte sich US-Präsident Joseph Biden unter Missachtung der Souveränität Deutschlands ein Ende von Nordstream 2 zu bestimmen, falls Russland die Ukraine angreifen sollte. Scholz schaute wortlos zu, auch als Biden auf die Frage einer Journalistin, wie er das denn anstellen wolle, antwortete: „I promise you, we will be able to do it.“[9] – „Ich verspreche Ihnen, wir werden in der Lage sein, das zu tun.“ Zu dieser Zeit, eine Woche vor dem Einmarsch in die Ukraine, bemühte sich Wladimir Putin noch, mit Biden über berechtigte russische Sicherheitsgarantien zu verhandeln, um den Krieg zu vermeiden – vergeblich.
Im September 2022, als viele Menschen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 demonstrierten, um einer bedrohlichen Notlage zu entgehen, wurde dann die Pipeline zeitgleich mit Nord Stream 1 durch Sprengungen weitgehend unbrauchbar gemacht. Der bekannte amerikanische Investigativjournalist Seymour Hersh ist nach umfangreichen Recherchen zu dem Ergebnis gekommen, dass die USA diesen Angriff auf die deutsche Infrastruktur durchgeführt haben. Im Juli 2024 kamen Gerüchte auf, wonach ein Kommando aus der Ukraine den Anschlag durchgeführt haben soll, und stifteten Verwirrung.[10] Wie dem auch sei, ohne die USA geschieht in der Ukraine nichts von Bedeutung.
Die Berliner Regierung, die aller Wahrscheinlichkeit nach Bescheid wusste, schweigt dazu – wieder ein Zeichen für mangelnde Souveränität. Und Hersh wird, wie alle, die etwas sagen, was nicht genehm ist, scharf angegriffen und diffamiert.[11] Dabei ist Deutschland seine wichtigste Energiezufuhr abgeschnitten worden, was gravierende Folgen für die Bevölkerung und die deutsche Industrie hat. Dass für die provozierte Bedrohungslage und deren Verursachung allmählich ein Bewusstsein wächst, lässt Hoffnung aufkommen.
Kurzbeschreibung
Seit 1945 befindet sich Deutschland im Zustand eines Waffenstillstands und gilt der Charta der Vereinten Nationen zufolge noch immer als Feindstaat. Das hindert die Bundesregierung nicht daran, einen waghalsigen Kurs zu fahren: So ist wieder die Rede von deutscher Führung, von Kriegstüchtigkeit und der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Zugleich werden Milliarden für immer mehr Waffen und den Stellvertreterkrieg in der Ukraine ausgegeben. Das wird gravierende Folgen haben, zumal sich global eine tektonische Verschiebung abzeichnet: Russland, China und viele Staaten des globalen Südens wenden sich gegen die stets auf den eigenen Vorteil bedachte Außenpolitik der USA, der sich die Berliner Regierung indes weiter verpflichtet fühlt. Aufgrund der wachsenden Kriegsgefahr bleibt Aufklärung über die Hintergründe das Gebot der Stunde. Denn so wie es ist, kann und wird es nicht bleiben. Wolfgang Bittner dokumentiert, analysiert und zeigt Perspektiven auf.
Quellen und Anmerkungen
1 Zit. wie https://freedert.online/inland/198044-lauterbach-deutsches-gesundheitssystem-muss-per/, vgl. auch www.welt.de/politik/deutschland/article250367990/Zeitenwende-Lauterbach-will-Gesundheitswesen-fuer-militaerische-Konflikte-ruesten.html
2 Dazu: Johannes Menath: Moderne Propaganda. Höhr-Grenzhausen 2022, S. 15
3 Vgl. www.youtube.com/watch?v=yJm4MTBfTOc (26.2.2024)
5 Im April 2024 lag die Prognose für die SPD nur noch bei 15,4 Prozent: https://dawum.de/Bundestag/
6. Vgl. www.economist.com/europe/2024/02/04/a-mounting-crisis-of-confidence-confronts-olaf-scholz
7 Zit. wie www.youtube.com/watch?v=vln_ApfoFgw (15.4.2024)
8 www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Biden-Ich-regiere-die-Welt-article25067831.html
9 www.youtube.com/watch?v=jwnoKjgcHmA, ab 1:43 (15.4.2024 (Video nicht mehr verfügbar)) sowie www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/james-bond-nord-stream-und-die-sprengung-eines-jokers-li.272953
10 Vgl. www.tagesschau.de/ausland/europa/nord-stream-anschlag-104.html
11 Vgl. www.jungewelt.de/artikel/460055.anschlag-auf-nord-stream-ein-jahr-lügen-über-nord-stream.html
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Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Die Eroberung Europas durch die USA“, „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“, „Deutschland – verraten und verkauft“ und „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“, 2014-2023. Der vorstehende Beitrag ist ein Auszug aus dem soeben erschienene Buch„ “Niemand soll hungern, ohne zu frieren“, Verlag zeitgeist, 2024.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: SkazovD / shutterstock
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