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Deutscher General verantwortet die europäische Sicherheit an der NATO-Ostgrenze | Von Willy Wimmer

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Ein Kommentar von Willy Wimmer.

Die Dimension der Sicherheitsprobleme an der NATO-Ostgrenze wird aktuell von den Auseinandersetzungen an der polnisch-weißrussischen Grenze, den Grenzen Weißrusslands zu den baltischen Staaten, den Dauerprovokationen bestimmter NATO-Militäreinheiten im Schwarzen Meer und dem NATO-EU Kuddelmuddel in Zusammenhang mit der Ukraine bestimmt. Jetzt kommt noch die fernöstliche Krise an der Straße von Taiwan in der Auseinandersetzung zwischen Beijing und Taipeh in die gebeutelte Region.

Litauen muss nach bekanntem Muster mit der Eröffnung einer Taipeh-Vertretung den Buckel für die amerikanisch-chinesische Beziehung hinhalten. Obwohl Russland in den letzten Jahren Großmanöver in erkennbarer Distanz zu seiner Westgrenze durchführte, werden seine militärischen Aktivitäten ohne den notwendigen Kontext zu ukrainischem Vorgehen zweckgerichtet in die NATO-Dramaturgie einbezogen. Noch werden im deutschen Fernsehen jene Filme gezeigt, die gerade verhinderte Kriege aufgrund von Irrtümern oder Provokationen im Kalten Krieg zeigen.

Man muss den staatlichen Verschwörungspkraktikern, die die Öffentlichkeit nach Strich und Faden entweder belügen, im unklaren lassen oder nur auf der Klaviatur transatlantischer Netzwerke spielen, nicht auf den Leim gehen. Es ist wieder einmal brandgefährlich, auch wenn man die nuklearen Komponenten entweder in der Modernisierung oder der konzeptionellen Ausgestaltung sieht. Gerade der Zweite Weltkrieg im Osten hat nach dem Ende desselben die Ächtung des Krieges in der Charta der Vereinten Nationen in Gang gebracht. Seit 1990 unternimmt die NATO alles, diese Ächtung zu unterlaufen. Dazu zählt alles zwischen der Aushebelung der UN-Charta und dem Über-Bord-Schmeißen der Kautelen des NATO-Vertrages, um nicht in die Auseinandersetzungen Dritter einbezogen zu werden.

Es ist auch nicht die NATO alleine, die dort agiert. Es sind einzelne NATO-Staaten, die dort agieren und in der Lage sind, für die NATO als Ganzes Zwangsläufigkeiten herzustellen. Dann geht alles für uns Deutsche nur noch nach dem Motto: mitgefangen, mitgehangen. Wir sollten uns bei der Verfasstheit der bisherigen oder einer künftigen Bundesregierung nicht einbilden, dann etwas verhindern zu können, wenn andere es wollen und uns hineinziehen.

Jetzt übernimmt ein deutscher General die Verantwortung für die „Ostfront“. Es sind aber nicht alleine die aktuellen Konflikte, die atemberaubend sind. Es ist die Grundannahme für unser Verhalten dem großen russischen Nachbarn gegenüber. Ohne sowjetisches Verhalten wäre die Teilung Europas 1989/1990 und damit die Teilung Deutschlands nicht beendet worden. Dies mündete in der Zusage der Vereinigten Staaten, eine Ausdehnung der NATO nach Osten in jedem Fall zu unterlassen.

Das war nicht eine politische Aussage alleine. Diese Aussage wurde dadurch unterfüttert, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nur deutsche Truppen stationiert werden sollten, um in gewisser Weise einen Puffer nach Osten bilden zu können. Die Zusage auf Unterlassung der NATO-Osterweiterung sollte nach deutschem Willen unterfüttert werden, obwohl die westlichen Partner aus den USA, England und Frankreich alles unternommen hatten, ihre Oberherrschaft in Ostdeutschland zu sichern und ihre Truppen dort stationiert zu sehen.

Wenn ein deutscher General jetzt ab dem 19. November 2021 die Kommandogewalt an der „Ostfront“ übernimmt, muss jeder wissen, dass wir damit in Deutschland eine besondere Rolle in dem größten und folgenreichsten Wortbruch der Geschichte spielen. Dieser Wortbruch macht deutlich, dass der angelsächsisch-französische Ansatz gegen die Mittelmächte Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien aus dem Jahr 1914 gegenüber Russland fortgesetzt wird. Friede in Europa kann nur geschaffen werden, wenn die „Unheilige Allianz“, vor allem aus Washington-London bestehend, in ihrer aggressiven Ausformung beendet wird. Ist jetzt ein deutscher General für die ewigen Kriegstreiber die „smoking gun“, die ins Bild passt, das man braucht und bei dem man in NATO-Brüssel alles unternimmt, damit es geschaffen werden kann?

Dabei ist es gerade der deutsche Generalleutnant von Sandrart, der mit seiner Herkunft deutlich macht, wie sorgsam der Zustand des Friedens gerade im Osten bewahrt werden muss. Nicht nur, dass einer seiner Vorfahren in Stettin, mitten in Preußen, nach den napoleonischen Kriegen geboren und preußischer General werden konnte. Der heutige Kommandeur in Stettin kommt „nach Hause zurück“.

Es sind die polnisch-deutschen Beziehungen, die wie rohe Eier gepflegt werden müssen. Und dabei darf für uns nicht aus den Augen verloren werden, dass für unsere Sicherheit die Europäische Union im Vordergrund, vor der NATO, stehen sollte. Russland ist in Sachen Osterweiterung belogen worden. Die Kopplung: Anerkennung der Oder-Neiße als deutsch-polnische Grenze an die Mitgliedschaft Polens in der Europäischen Union war und ist evident. Die Kräfte in der EU, die Polen aus der EU rausdrängen wollen, legen die Axt an die polnisch-deutschen Beziehungen. In Stettin ist Augenmaß bei Rundumsicht geboten.

+++ Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.+++ Bildquelle: Fotophoto / shutterstock


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