Rigide Ausgangsverbote, Lieferengpässe und rasant steigende Lebensmittelpreise lassen die Anzahl der weltweit Hungernden rasant anwachsen.
Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitung Demokratischer Widerstand/Ausgabe 66, nicht wie oben beschrieben im Rubikon. Wir danken dem Autor und beiden Medienplattformen für die Möglichkeit der Übernahme.
Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.
Bis zum Jahre 2030 sollte eigentlich der Hunger auf dieser Welt ausgerottet sein. Dieses ambitionierte Ziel hatten jedenfalls die Vereinten Nationen und mit ihnen verbundene Nichtregierungsorganisationen um die Jahrtausendwende vorgegeben. Lange Zeit ging der akute Hunger tatsächlich zurück. Jetzt jedoch schlagen die UNO-Organisation FAO oder auch die deutsche Welthungerhilfe Alarm: Seit Verkündung des Corona-Notstands im letzten Jahr hat sich vor allem die Pandemie des Hungers weltweit ausgebreitet (1). So geht die UNO davon aus, dass allein im Jahre 2020 mehr als zwei Milliarden Menschen auf dieser Erde keinen Zugang zu gesunder Nahrung haben (2). Das sind 320 Millionen Menschen mehr als im Jahr 2019. Akut vom Verhungern bedroht waren demzufolge Ende des Jahres 2020 etwa 811 Millionen Menschen. Vor der Corona-Kampagne waren dies noch 650 Millionen Erdenbürger.
Und so ist es gewiss nicht übertrieben, wenn die Welthungerhilfe die Corona-Kampagne als „Brandbeschleuniger“ bezeichnet. Denn es brennt schon lange in den ärmsten Ländern dieser Welt. Exakt die Länder in Afrika südlich der Sahara und die südasiatischen Länder sind von der neuen Hungerwelle besonders betroffen. Diese Regionen werden schon lange von Kriegen, Klimakatastrophen und sozialer Destabilisierung überzogen. Und nun kommen die Einschränkungen wirtschaftlicher Aktivitäten durch Lockdown-Maßnahmen erschwerend hinzu (3). Die offiziellen Berichte der UNO und der Nichtregierungsorganisationen sprechen lieber allgemein von „Störungen durch die Corona-Epidemie“ und behaupten, dass die Menschen in den notleidenden Regionen keinen Zugang zu den vermeintlich rettenden Impfungen hätten.
Doch schaut man einmal hinter die Kulissen, dann muss man deutlich differenzieren. Zunächst einmal trifft es besonders jene Länder wie Irak, Syrien oder den Jemen, in denen schon seit langem verheerende Stellvertreterkriege der westlichen Wertegemeinschaften toben. Wo die Infrastruktur von Söldnern zertrümmert wurde. Hinzu kommen Naturkatastrophen in Gebieten, in denen die industrielle Landwirtschaft das natürliche Gleichgewicht durcheinandergebracht hat. Der im großen Maßstab durchgeführte Landraub (land grabbing) durch die Globalkonzerne vertreibt die Kleinbauern von ihrem Ackerland. Die Enteigneten ziehen entwurzelt in die Slums der Städte oder bekommen Land zugeteilt, das keinen wirklichen Ertrag bringt. So geschieht es gerade aktuell in Sambia (4).
Und während die Hilfsorganisationen diese Ursachen offen benennen, ist jedoch wenig die Rede von den Verheerungen, die der Internationale Währungsfond IWF in diesen Regionen verübt hat. Nationen wurden systematisch in die Schuldknechtschaft getrieben. Staatliche Versorgung zerstört. Es fehlt jetzt an Infrastruktur in den Ländern selber, um Hungernde zu versorgen. Die westliche Wertegemeinschaft bietet den Opfern nur Almosen. Die Bürger der reichen Länder spenden bereitwillig Millionenbeträge, was hoch einzuschätzen ist. Aber das ist leider nur Symptombehandlung, keine nachhaltige Hilfe zum Wiederaufbau von lebenswichtigen Strukturen.
Zerstörerische Kolonisierung
In dieser Situation sind die Corona-Maßnahmen in der Tat Brandbeschleuniger.
Die hinduistisch-marktradikale indische Regierung unter Premierminister Narendra Modi hatte ihre Bürger einfach zuhause eingeschlossen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass in diesem Falle nicht fünf Personen in einer Komfortwohnung eingeschlossen sind, sondern fünfzehn Personen in einer Hütte eingepfercht.
Äcker können nicht bestellt, Brunnen nicht gepflegt werden. Häusliche Gewalt nimmt exponentiell zu. Schulen bleiben geschlossen. Das führt zu drastisch gestiegenen Teenager-Schwangerschaften. Mädchen werden zwangsverheiratet, um sie nicht mehr versorgen zu müssen (5).
Der Südsudan und Irak sind abhängig von Ölexporten. Der niedrige Ölpreis im letzten Jahr führte dazu, dass die staatlichen Dienstleistungen eingestellt und Staatsbedienstete entlassen wurden (6). 5,3 Millionen Iraker leiden an Mangelernährung. Die Welthungerhilfe schätzt die Ernährungslage in Somalia als „gravierend“ ein. „Sehr ernst“ sei die Lage in der Zentralafrikanischen Republik, dem Tschad, in der Demokratischen Republik Kongo, Madagaskar und Jemen. In Burundi, den Komoren, Südsudan und Syrien sei die Lage „vorläufig sehr ernst“. Gerade im Falle von Syrien ist nur zu offenkundig, dass die westliche Wertegemeinschaft dieses einstmals vergleichsweise gut aufgestellte Land aus geopolitischem Kalkül in den Ruin getrieben hat.
Viele Länder werden aufgrund ihrer schuldenbedingten Abhängigkeit genötigt, durch Steuersubventionen zu Dumpingpreisen aus Deutschland geliefertes Fleisch aufzukaufen und auf diese Weise die eigenen Metzgerbetriebe zu zerstören (6). Fischgründe vor den Küsten Afrikas sind leer gefischt durch industriellen Raubbau ausländischer Konzerne (7). Das aus den Fugen geratene Ökosystem führt immer häufiger zu Heuschreckenplagen (8). Die Corona-Maßnahmen haben zudem zu einer massiven Unterbrechung der Lieferketten geführt. Es handelt sich beim massenhaften Hungersterben also nicht um eine gottgewollte Heimsuchung, sondern um das Ergebnis einer zerstörerischen Kolonisierung, die nie zu Ende ging und die heute skrupelloser und radikaler als je zuvor betrieben wird.
Und in diese verheerende Gemengelage schlägt die Corona-Politik ihre Pflöcke.
So sind aktuell in Äthiopien schätzungsweise 30 Prozent aller kleinen und mittelgroßen Unternehmen wegen der Corona-Maßnahmen von der Schließung bedroht. Doch im Gegensatz zu Deutschland wird kein Papiergeld gedruckt, um bereits insolvente Unternehmen noch eine Zeit lang mit Finanz-Infusionen am Leben zu halten.
Wer in diesen Ländern pleite ist, fällt ins Bodenlose. Soziale Absicherung: unbekannt. Der muss schlicht und ergreifend hungern. Kann seine Familie nicht mehr ernähren, was als persönliche Schande empfunden wird und den Selbstmord zur Folge haben kann.
In den Jahren 2014 bis 2016 waren südlich der Sahelzone 19,6 Prozent aller Kinder von Unterernährung betroffen. Nach Corona sind es jetzt schon 21,8 Prozent – Tendenz stark ansteigend. Zu den Folgen von Unterernährung gehören verlangsamtes Körperwachstum, Einschränkung der Organfunktionen und selbstverständlich ein geschwächtes Immunsystem. Und das bedeutet, dass auch moderate Infektionskrankheiten wie Corona in diesen Ländern die Gesundheit weit stärker beeinträchtigen können als in Ländern mit gesättigter Bevölkerung.
Aber da diese Länder arm sind, ist hier für die auf Profit orientierte westliche Pharmaindustrie wie Biontech/Pfizer oder Moderna nichts zu holen. Etwas zugespitzt kann man es geradezu als Glück im Unglück bezeichnen, dass die Menschen in den Hungerregionen nicht auch noch mit den genmanipulierenden mRNA-„Impf“-stoffen traktiert werden. Nur China und Russland kümmern sich um die unprofitable Gesundheitsversorgung der Ärmsten auf dieser Welt. Dort wird der chinesische Impfstoff Sinovac sehr preiswert angeboten. Es handelt sich um einen Impfstoff mit toten SARS-Cov2-Viren, mithilfe derer die körpereigene Immunabwehr das Corona-Virus frühzeitig erkennt und dann abtötet.
Schlussfolgerung:
Wenn wir wissen wollen, wer die sich zuspitzende Hungerkatastrophe in den zerrütteten Ländern beenden kann, müssen wir lediglich in den Spiegel schauen.
Wir lassen es zu, dass aus Deutschland Waffen in diese Länder exportiert werden. Wir haben es in der Hand, die mörderische Subventionierung europäischer Dumping-Agrarexporte in die Dritte Welt zu beenden. Noch genauer müssen wir hinschauen, von wo und wie unsere zum Teil obszön billigen Waren aus der Dritten Welt zu uns gekommen sind, und dann gegebenenfalls auf andere Waren umsteigen.
Das Elend der Hungergebiete haben die Globalkonzerne absichtsvoll angerichtet, es stellt eine Radikalisierung aller vorangegangenen Kolonialpolitik dar. Die Regierungen der westlichen Wertegemeinschaft und Nichtregierungsorganisationen betätigen sich hier allzu oft als willige Helfershelfer der Globalkonzerne. Wir sind am Zug. Der Hunger weltweit kann durchaus mithilfe energischer politischer Druckerzeugung durch uns, die Bürger der reichen Nationen, beendet werden.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Welthunger-Index: Hunger auf dem Vormarsch
(2) Vatican News: UNO: Welthunger wächst wegen Covid
(3) Deutsche Welle, Corona verschärft den Hunger in der Welt
https://www.dw.com/de/corona-versch%C3%A4rft-den-hunger-in-der-welt/a-55216736
(4) https://www.euractiv.de/section/entwicklungspolitik/news/land-grabbing-in-sambia-unternehmen-profitieren-auf-kosten-der-armsten/ (5) Deutsche Welle, Pandemie-Folgen in Afrika: Mehr Teenager bekommen Kinder.
https://www.dw.com/de/pandemie-folgen-in-afrika-mehr-teenager-bekommen-kinder/a-59135284
(6) Deutsche Welle: Europas Fleischreste auf afrikanischen Tellern.
https://www.dw.com/de/europas-fleischreste-auf-afrikanischen-tellern/a-17370556
(7) Greenpeace: Fremdfischen vor Afrika.
https://www.greenpeace.de/themen/meere/fischerei/fremdfischen-vor-afrika
(8) Gemeinsam für Afrika: Coronavirus beeinträchtigt Kampf gegen Heuschreckenplage.
https://www.gemeinsam-fuer-afrika.de/coronavirus-heuschreckenplage/
(9) siehe Text Anmerkung (1)
+++Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung. +++ Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitung Demokratischer Widerstand/Ausgabe 66 +++ Bildquelle: mbrand85 / shutterstock
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