Annahmen abbauen, Realitäten erkennen
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Schon im letzten Bericht hatte ich einige Vorurteile widerlegt. In diesem PodCast nun wird nicht nur über die Entwicklung des Gesundheitszustandes der Neubürger, sondern auch über die namibische Wirtschaft und Politik berichtet, wie sie sich einem Neuzugezogenen darstellen. Und es werden die wirtschaftlichen Realitäten besprochen.
Zunächst Entwarnung hinsichtlich der Erkrankung der besten aller Ehefrauen. Nach zwei Tagen keine Kopfschmerzen mehr, keine Temperaturerhöhung, nur noch etwas Husten. Stattdessen Allergiesymptome, vermutlich durch den feinen Staub, der unweigerlich mit dem Wind auch in die Wohnung gerät.
Wir sind froh, unser Haus in Rossmund, nicht direkt in Swakopmund gekauft zu haben. Dort soll es 3 Grad wärmer sein, wird uns immer wieder bestätigt. Denn in der Ferienwohnung in der Stadt sinkt die Temperatur auf 15 -16 Grad in der Nacht, falls nicht geheizt wird. Erst gegen Mittag beginnt die Temperatur durch die Sonne, die sich durch den Nebel gekämpft hat, auf 20-22 Grad zu steigen. Also braucht man pro Abend ca. einen halben Sack Holz, um im offenen Kamin ein lauschiges Feuer zu entfachen. Inzwischen stieg die Temperatur durch den Ostwind aber auf 34 °C am Nachmittag.
Einkaufen Lebensmittel
Die allermeisten Lebensmittel werden importiert. Dabei beherrschen große Konzerne den Markt. Vermutlich eine Folge der Freihandelsbestimmungen, welche dem Land durch Weltbank, IWF und WHO aufgenötigt werden. Aber auch, ähnlich wie in Russland, bedingt durch die Bequemlichkeit der Menschen. Und so wird uns erklärt, würde man sogar Milch aus Portugal importieren. Das mag ein Extrem gewesen sein, aber die Verpackungen wiesen den Abfüller in Windhuk aus, nicht den Erzeuger. Auf einer anderen Verpackung wurde als Ursprungsland Südafrika angegeben.
Die Spar und Super-Spar Geschäfte in Namibia sind, obwohl sehr gut besucht, eher weniger preisgünstig bis teuer, dort werden auch viele aus Deutschland importierte Lebensmittel angeboten. Allerdings sind durchweg die Preise teurer, manchmal doppelt bis dreifach so teuer wie in Deutschland. Checkers, ein Geschäft in der einzigen „Mall“ der Stadt, das wir in den ersten Tagen schon als relativ teuer angesehen hatten, scheint eher mit einem Discounter in Deutschland vergleichbar zu sein. In keinem der Geschäfte haben wir bisher qualitativ hochwertigen Käse oder Schinken gefunden.
Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, gezielt lokale Produkte, und sogar „Bio“-Produkte zu kaufen. Zum Beispiel gibt es Farmgarnic, auch auf Facebook vertreten, die lokales Gemüse und Obst anbietet. Dabei muss man halt kaufen, was gerade geerntet wurde. Deshalb werden wir darüber berichten, wenn wir Lagermöglichkeiten haben.
Auch eine Organisatorin des Verkaufs von Fleisch direkt von auf Farmen geschlachteten Tieren gibt es, mit der man bespricht, welches Fleisch man für die Tiefkühltruhe bestellt. Was natürlich den Nachteil hat, dass man sich nicht die „Sahnestücke“ raussuchen sollte, sondern möglichst alle, oder zumindest Teile aller Teile eines geschlachteten Tieres bestellen.
Auf diese Weise kann man eine relativ nachhaltige lokale Landwirtschaft unterstützen, wenn auch nicht viel Geld sparen. Aber zumindest kann man ein gutes Gewissen generieren, und in den meisten Fällen auch eine gute Qualität erhalten.
Andererseits gibt es auch einen „Metro“-Markt. Ähnlich wie in Deutschland, speziell für Großpackungen, aber ohne die Beschränkung auf Gewerbetreibende. Die sollen natürlich auch da einkaufen, aber alle anderen dürfen auch. Dort haben wir mangels Lagermöglichkeiten noch nicht eingekauft.
Dienstleistungen
Die offiziellen Löhne einer Haushaltshilfe, die man im Internet findet, betragen ca. 4000 bis 8000 Namibische Dollar, umgerechnet also 260 bis 520 Euro. Das entspricht aber nicht der Realität. Niemand, den wir kennen, zahlte solche Gehälter. Glaubhafte Aussagen von Insidern folgend, bezahlen burenstämmige Namibier nur ca. 1 Euro pro Stunde für Haushaltshilfen oder Gartenarbeiten. Wobei man gerne auch mal einen Monat lang arbeiten lasse, wegen „Schlechterfüllung“ dann nicht bezahle und neue Hilfen anstellt. Dagegen bezahlten inzwischen befreundete deutschsprachige Namibier und solche mit Daueraufenthaltserlaubnis ca. 1,60 Euro pro Stunde, die Transportkosten zur Arbeitsstelle, sowie eine Mahlzeit im Haus. Solche Arbeitsstellen seien beliebt, da man davon leben könne. Aber natürlich gibt es keinerlei Rücklagen für das Alter, auch keine mit Deutschland vergleichbare Sozialversicherung, aber viele staatliche Vergünstigungen für Ältere. Deshalb arbeiten die meisten Namibier, bis sie physisch wirklich nicht mehr können. Allerdings bekommt ein namibischer Rentner Vergünstigungen zum Beispiel bei den Kosten für Müllabfuhr, Wasser, Strom etc. In Geschäften gibt es an gewissen Tagen Rabatte wie bei Fruit and Veg, einem lokalen Gemüseanbieter, 10% am Donnerstag.
Bei der Bank gibt es mehr Zinsen und als Rentner braucht man nicht anstehen. Schwangere und Rentner haben Vortritt.
Die Aufgaben der Kirchen war es wohl in der Vergangenheit gewesen, die Menschen vor dem Verhungern zu bewahren, ihnen Lesen und Schreiben beizubringen, damit sie die einfachen Arbeiten erledigen konnten. Außerdem sollten sie die Menschen auf ein schöneres Leben nach dem Tod vorbereiten, damit sie die Sklavenarbeit klaglos ertrugen. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Anders als in Deutschland, wo die Kirchen auf gleicher Linie mit der Regierung liegen, und zum großen Teil aus Steuergeldern finanziert werden, sind die christlichen Gemeinden in Namibia durchaus eine kritische Begleitung der gesellschaftlichen Entwicklung. So hatten sie sich zum Beispiel deutlich gegen eine Impfpflicht positioniert, welche große Konzerne für ihre Mitarbeiter einführen wollten, teilweise eingeführt hatten. Inwieweit sie schlussendlich durchgesetzt wurde, muss noch mal separat recherchiert werden.
Fakt ist, dass ein deutscher Rentner, der nicht mehr ohne eine Haushaltshilfe auskommt, auch ohne Pflegeversicherungsansprüche sich stundenweise Hilfe leisten kann, ohne direkt zum Ausbeuter zu werden.
Ostern
Unsere liebste aller Toyota-Verkäuferinnen, Diana, entschuldigte sich, nicht über Ostern hilfreich sein zu können, habe aber alles für die Übergabe des Autos vorbereitet, berichtete sie. Sie fuhr zu den ersten internationalen Gras-Boule-Wettbewerben seit Corona nach Südafrika, lud uns ein, zu einem Ostermarkt in Swakopmund zu gehen. Die Firma habe inzwischen die erste Zahlung gutgeschrieben erhalten, sobald die zweite Zahlung eingetroffen sei, werde der junge Fahrer, den wir im letzten Bericht schon kennen gelernt hatten, uns den Wagen bringen und das Leihfahrzeug abholen.
Um ein Bankkonto zu eröffnen haben wir inzwischen, dank des Hinweises von Estelle von Pet Voyage, mit der Leiterin einer Bankfiliale in Swakopmund Kontakt aufgenommen. Die erklärte auf Deutsch, dass es etwas umständlich sei, ein Konto ohne Daueraufenthaltserlaubnis einzurichten, aber durchaus möglich. Allerdings werde es wohl nicht mehr vor Ostern klappen.
Ob wir die Versicherung für das Auto auch ohne das Konto schon bekommen können, ist noch unsicher. Die Antwort steht noch aus. Auch hier steht Ostern etwas im Weg, weil die Menschen schon halb in Urlaub sind. Auf der anderen Seite bereiten sich die Swakopmunder auf eine Invasion von ausländischen Touristen über Ostern vor.
Gründonnerstag: Der besten aller Ehefrauen ging es wieder deutlich besser. Aber wir vermissten natürlich den Luxus eines Staubsaugers. Die Hunde sind noch viel anhänglicher, seit sie die große Reise hinter sich haben. Die kleine Rita wich Frauchen nicht von der Seite und wollte ständig gestreichelt werden, knurrte, wenn die Große sich näherte, die aber auch zum Frauchen wollte.
Noch konnten wir nichts von der „Touristeninvasion“ bemerken, von der man uns erzählt hatte. Aber um 15 Uhr ein Anruf. Das Auto wurde geliefert. Zwei Männer brachten das gebrauchte Auto mit einer Laufleistung von fast 100.000 km zusammen mit Sekt und Pralinen und es war vollgetankt. Ja, alles sicher kalkuliert und im Preis enthalten, trotzdem erinnerte es eher an die 1950er Jahre in Deutschland, als an die heutigen Autoverkäufe in Kalt-Deutschland. Ganz offensichtlich hatte man nicht abgewartet, dass die zweite Zahlung gutgeschrieben war. Nun fuhren wir also mit einem unversicherten Auto durch die Gegend. Ein seltsames Gefühl für einen Deutschen.
Kritik
Auf Facebook kritisierte mich eine weiße Ärztin aus Südafrika mit folgenden Worten, die stellvertretend sind für viele Reaktionen. Deshalb will ich sie erwähnen und dazu Stellung nehmen.
„Aber leben und arbeiten Sie dort, wie wir in Südafrika seit über 12 Jahren, erst einmal eine Weile. Dann sprechen wir noch einmal. Und sehen, ob sich Ihre, für mich vermeintlich rosarote Brille, nicht auch schon etwas in die Farbe einer dunklen Sonnenbrille verändert hat. Wir haben in Kapstadt zum Glück seit einem Monat endlich unser Haus verkauft. Unerträglich die Regierung, samt ihrer Korruption und Gier, und der GatesClan, der hier wohl sein Wohnzimmer hat. Mal sehen, ob wir unser Geld noch von der Bank, und vor allem aus dem Land bekommen. Die Afrikaner lieben die weiße Hautfarbe - denn die ist vermeintlich immer reich. Und von reich ist immer was zu holen.“ (sic)
Genau die gleichen Aussagen hörte ich, als wir nach Südostasien zogen. Da waren es die Farang, die Langnasen oder auch Weißen, welche gerne als Beute angesehen wurden, von einer Bevölkerung, die sich selbst als Beute ebendieser Menschen sah. Aber natürlich gab es Unterschiede. Menschen, die hilfsbereit waren, wie jener Rechtsanwalt, der uns half, und trotz Aufforderung, nie eine Rechnung schrieb. Oder jene Angestellte in einem Supermarkt, die auf meine Hüfttasche mit viel Geld, Pass und Unterlagen aufgepasst hatte, und sie mir freudenstrahlend entgegenbrachte, als ich aufgeregt, aber erst nach einer Stunde, den Verlust bemerkt hatte, und zurückkam. Wie sie dann jede Belohnung strikt ablehnte. Aber als wir ihr einen kleinen Geschenkkorb brachten, vor Rührung in Tränen ausbrach. Aber natürlich gab es auch „Abzocker“, die alles versuchten, aus dem anscheinend Reichen auszupressen und interessanterweise fand man diese Typen insbesondere im Umfeld ausländischer Communities.
„Sollten Sie in einer ‚Gated Community‘ leben, wie fast alle Weißen - schützt Sie ohnehin viel Stacheldraht und Wachpersonal. Macheteneinsatz werden Sie dann erleben, wenn Sie versuchen, Ihre neue Heimat mal ganz alleine zu erkunden.“
In Namibia habe ich bisher keine dieser „Gated Communities“ gesehen, in denen in Südostasien nicht nur Ausländer, sondern auch der Mittelstand lebte und sich sicherer vor Raub und Mord fühlte. Hier in Namibia gibt es aber natürlich Stadtteile und Siedlungen, in denen der Mittelstand und der gehobene Mittelstand leben, und andere Teile der Stadt, in denen eher der ärmere Teil der Bevölkerung lebt. Und natürlich hat Corona die Entwicklung behindert, mit denen sich Länder wie Tansania versucht hatten, aus den letzten wirtschaftlichen Schlingen der Kolonialzeit zu befreien. Was die Morde an weißen Farmern in Südafrika angeht, hat es solche in Namibia bisher nicht gegeben. Aber natürlich nimmt die Spannung besonders in Notzeiten, wie Corona zu. Und wenn der Anführer der Herero drohte, dass man im Falle von nicht angemessenen Entschädigungen für die Kolonialverbrechen Deutschlands, die Angelegenheit „in die eigene Hand“ nehmen würde, dann spielte er darauf an, dass heute noch der größte Teil des Landbesitzes in den Händen der Nachfahren jener Kolonialisten waren, die seinerzeit durch die kolonialen Bedingungen sich das Land aneignen konnten. Und wenn es dann zu Ausschreitungen kommt, muss man einfach feststellen, dass dies die Folge westlicher Kolonialpolitik und postkolonialen Verhaltens ist.
Bisher jedoch kann man auch als Selbstfahrer mit einem gemieteten Allradfahrzeug mit Dachzelt bedenkenlos das Land erkunden. Das Forum www.namibia-forum.ch enthält hunderte von Berichten, und es ist kriminaltechnisch nicht mehr passiert als in einem beliebigen europäischen Land hätte passieren können.
„Mal sehen, ob Sie Freundschaften auch mit Einheimischen (Nichtweißen) schliessen. Wir haben es nach 12 Jahren nicht geschafft.“
Das ist weniger ein Problem der Hautfarbe als der Klassenzugehörigkeit. In Deutschland verstand ich mich hervorragend mit einem Kollegen aus Kamerun, der mir viel über den von Frankreich dominierten Teil Afrikas beibrachte. Es ist wie in Asien. Das Verständnis zwischen Teilen bestimmter Bildungs- und Berufsgruppen in Asien, Afrika oder Europa untereinander ist größer, als das zwischen ihnen und anderen Teilen der Gesellschaft. Mit anderen Worten: Ein deutscher Chefarzt oder Ingenieur in der Großstadt versteht weniger von den einfachen Menschen auf dem Land, als von Gleichgestellten auf dem anderen Kontinent. Und wenn dann noch der kulturelle und sprachliche Unterschied dazu kommt, ist es eben schwer, überhaupt in Kontakt zu kommen. Außer man organisiert sich in Wohlfahrtsorganisationen, was aber dann den Geruch des Wohltäters verströmt.
In Windhuk ist es sicher einfacher als in Swakopmund, Kontakte und Freundschaften zu schließen, und man sieht es auch, wenn man durch die Straßen und Supermärkte läuft. In Swakopmund trifft man kaum auf eines der vielen kleineren Unternehmen, welches nicht durch weiße ManagerInnen geleitet wird, von denen dann noch die meisten Deutsch sprechen, und das offensichtlich gerne tun, auch wenn sie nicht deutschstämmig sind.
Osterfeiertage
Obwohl die vielen christlichen Kirchen die Annahme zugelassen hätten, dass christliche Regeln streng eingehalten werden, waren die Geschäfte an Karfreitag geöffnet. Wie auch Ostermontag waren nur Büros und einzelne Betriebe, meist Familienbetriebe, geschlossen. Eine Apotheke sah ich, die damit warb, jeden Tag des Jahres geöffnet zu sein. Am Samstag ging es dann der bewussten Frau wieder besser und am Sonntag war die Reise überstanden. So dass wir es wagten, die Hunde mehr als 20 Minuten alleine zu lassen und zu unserem Lieblingsrestaurant zum Abendessen zu gehen.
Am ersten Tag nach Ostern ging es dann wieder los. Zuerst das Bankkonto eröffnen. Leider streikte der Bankrechner und wir haben das Konto zwar angemeldet, aber noch keine Kontonummer bestätigt erhalten. Eine solche benötigt man aber, um ein Postfach zu eröffnen und die Autoversicherung und Krankenversicherung abzuschließen.
Am Nachmittag ging es dann zum Notar, Unterschriften leisten und am Abend zum ersten Treffen mit den Hausverkäufern. Dabei erfuhren wir, dass in Swakopmund eine große Produktion von hervorragendem Olivenöl existiert, das noch besser sein soll, als das beste griechische Öl. Aber leider stellt sich ein Missverständnis heraus. Für die Sonnenschutzgardienen sollen wir nun doch extra bezahlen. Alternativ müssten wir neue kaufen. Wir hatten eine E-Mail der Maklerin ziemlich eindeutig so interpretiert, dass die Vorhänge nicht mehr diskutiert werden müssten, sondern auch beim reduzierten Preis enthalten sind. Aber wir mussten die Kröte schlucken, weil wir im Fall einer Rückabwicklung hohe Notarkosten und die Anzahlung verloren hätten.
Die Welt ist klein
Zurück sehe ich eine E-Mail von bikes4africa auf dem Computer. Das ist ein Projekt, welches E-Bikes, insbesondere Lastenräder für Namibia produzieren will. Aber auch Fahrräder für den Tourismus. Die Preise sind wesentlich günstiger als die von europäischen oder US-Markenrädern und es werden eben Lastenräder angeboten, die es sonst nicht gibt. Ich hatte das Projekt angeschrieben, weil es mir logisch erschien, eine lokale Fahrradproduktion zu starten. Denn schließlich bauen fast alle Hersteller inzwischen nur noch die Rahmen selbst, nutzen ansonsten Teilelieferanten. Und das hat sich im Bereich von e-Bikes sogar noch weiter konzentriert. Jetzt das Lustige: Die Antwort kam von einem Leser von apolut, der schon vor einigen Jahren aus Deutschland aus den gleichen Gründen weggegangen war, aus denen im Moment einige Menschen das Land verlassen.
Wenn man die Augen offen hält, findet man die Armut in Namibia. Aber noch hält der soziale Frieden. Eine junge Afrikanerin bei der Bank meinte, dass Namibia ein sehr friedliches Land sei. Dass lassen sich die Gutverdiener, mit denen ich sprach auch gerne einen für Afrika hohen Steuersatz, kosten. Wobei zumindest ein Teil der Steuern in die Arbeitskraft von Menschen fließt, die jeden Morgen in großer Zahl durch die Stadt zieht und sie aussehen lässt, als ob sie gerade frisch gebügelt wäre, und die riesigen Grünflächen bewässern, die erst am Abend spärlich besucht werden, und zu denen jeder Zugang hat.
Etwas bedrückend ist, dass immer noch die meisten Führungspositionen im mittleren Management durch Weiße wahrgenommen werden. Was aber vielleicht damit zusammenhängen mag, dass Namibier mit höherer Bildung gerne ins Ausland gehen, um Dollar oder Euro nach Hause zu schicken, und der Bildungssektor noch unzureichend ausgestattet ist.
Eine weiße namibische Freundin mit namibischen und deutschen Pass gestand mir, dass sie in der Vergangenheit immer ihren deutschen Pass als Rettungsanker angesehen hatte. Ein Land, in das man fliehen konnte, sollten die Zustände in Namibia sich so entwickeln wie in anderen Ländern des Kontinents. Aber inzwischen, so erzählte sie, glaube sie, dass es umgekehrt sei. Sie sei froh, Namibierin zu sein, und dass sie derzeit nicht mehr daran denke, in das Land der Ahnen, Deutschland, zurück zu gehen.
Nachrichten aus Deutschland
Meine Frau hatte 2020 und 2021 als Pflegefachkraft in einem deutschen Krankenhaus christlicher Ausprägung gearbeitet. Dabei wurde sie auch in der Covid-Station eingesetzt, in der sie sich vermutlich beim Gerangel mit einem aggressiven Patienten angesteckt hatte. Sie war dann mit drastischen Grippesymptomen zu Hause und mit mir zusammen in Quarantäne. Heute, nachdem sie aufhören musste zu arbeiten, weil sie auf Grund ihrer extremen Allergie von keinem Hautarzt bestätigt erhalten hatte, dass sie impffähig sei, erhielt sie eine Nachricht von ihrem früheren Arbeitgeber, dass sie 121 Euro Gehalt zurückzahlen müsste, da sie ja 2021 in Quarantäne gewesen sei. Und sie ist wohl nicht die Einzige, die ein solches Schreiben erhielt. Sie fühlt sich jetzt berechtigterweise bestraft dafür, in der COVID-Station gearbeitet zu haben, bestraft dafür, sich dummerweise anstecken zu lassen von einem Patienten. Wir sind zunehmend froh, nicht mehr direkter Teil dieses Systems zu sein.
Internetzugang
In der Gegend, in der wir das Haus gekauft haben, liegt Glasfaser. Der erste Anbieter war relativ teuer und bot 20 Mbps an. Dann machte mich der Gesprächspartner in einem Computerfachgeschäft auf eine Werbeaktion von Telecom Namibia aufmerksam, die für ca. 100 Euro 100 Mbps anbot. Aber es war der vorletzte Tag der Werbung. Also ich hin zum Büro. Von drei Schaltern waren 2 besetzt. Die eine Dame telefonierte endlos, offensichtlich privat, die andere war in ein Gespräch mit einem Kunden vertieft, das sicher über eine Stunde dauerte. Dann erfuhr ich in der leeren Schalterhalle das erste Mal, dass Namibier unfreundlich sein konnten. Sie gab mir Antragsformulare und teilte mir mit, dass sie 200 E-Mails zu beantworten habe.
In den Formularen war natürlich wieder nach einer Kontonummer gefragt, und nach einem Schreiben der Bank hinsichtlich der Kreditwürdigkeit. Zu Hause versuchte ich dann die Werbeaktion zu finden, aber ergebnislos. Es gab zwar Werbeplakate, aber nichts in der Webseite. Also rief ich den offensichtlich für Swakopmund zuständigen Verkaufsleiter an, der auch sofort ans Telefon ging. Sich tausendmal entschuldigte, sofort Unterlagen zuschickte, und versicherte, ich könne die Anmeldung auch online machen und ihm direkt schicken, und natürlich würde es noch während der Promotion-Periode bearbeitet. Da war meine verrutschte rosarote Brille doch wieder zurück auf der Nase.
Aussicht
Werden wir das Geld vom Hausverkauf in Deutschland noch in dieser Woche auf dem Konto haben, um noch rechtzeitig bis zum 27. oder 28. April den Transfer nach Namibia vornehmen zu können? Wie kommen wir mit nur einem Einkommen zurecht? Wie werden sich die Lebenshaltungskosten tatsächlich darstellen? Wann wird unsere rosafarbene Brille langsam dunkler und wir treffen auf erste ernsthafte Probleme oder Anfeindungen? Wie geht es mit der Frage der Aufenthaltserlaubnis weiter?
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Jochen Mitschka
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