Ein Standpunkt von Roberto J. De Lapuente.
Die größte Gefahr für die Demokratie, Nancy Faeser sagt es uns regelmäßig, seien Rechtsextremisten. Ohne deren demokratiefeindliche Haltung schönzureden: Es sind weniger die Braunen als die Grünen und ihre Pläne für die Wirtschaft, die diese Demokratie zersetzen.
Nicht erst seitdem wir diese Innenministerin haben, macht man uns klar: Die Demokratie steht vor einer Schicksalsprüfung. Ja, vor einem Endkampf. Denn sie kämpft gegen ihre Feinde. Und die tummeln sich, ja Sie haben es richtig erahnt oder mittlerweile bereits verinnerlicht: Am rechten Rand. Es gibt keine Bundespräsidentenrede mehr, in der diese Gefahr nicht zur Sprache kommt. Wobei in diesen Warnungen nie so richtig klar wird, wer eigentlich gemeint ist. Die NPD und ihre Restbestände? Oder Sie, als Sie damals gegen die Maßnahmenpolitik der Bundesregierung auf die Straße gingen? Womöglich auch wir, die wir in diesem Herbst klarmachen wollen, dass es eine Zeitenwende von der Zeitenwende geben muss? Diese »rechte Gefahr« ist bewusst schwammig, gezielt nach allen Seiten interpretierbar: Denn sie soll ablenken vor denen, die die Demokratie wirklich gefährden.
Sicher, es stimmt schon, dass es rechte Umtriebe gibt, das kann man ja nicht leugnen. Die Zwickauer Zelle gab es wirklich. Und der Kasseler Regierungspräsident wurde ja tatsächlich ermordet. Aber brachten diese Mörder die Demokratie je ins Wanken? Dieses Gefühl hat man eigentlich nie gehabt. Immer wenn die Demokratie gefährdet war in den letzten Jahren, dann von Leuten, die direkt an den Schalthebeln des Staates saßen, die also auch die Macht hatten, demokratische Prozesse zu unterlaufen. Im Augenblick sind das ganz besonders die Grünen. Und man hat den Eindruck, dass seit Jahrzehnten niemand mehr die Missgeschicke dieses Landes mitbestimmte, der es so ernst meinte mit der Deinstallation der demokratischen Kultur. Die Grünen sind momentan die schlimmste Gefahr für die Demokratie. Auch wenn Nancy Faeser was ganz anderes behauptet.
Die erfundene Hetzjagd: Grüne Psychosen
Kurz nachdem die grüne Außenministerin in Prag verkündete, dass es sie nicht kümmere, was ihre Wäherlinnen und Wähler denken, las man von einem grünen Lokalpolitiker, der über einen längeren Zeitraum eine Hetzjagd auf seine Person öffentlich machte. Sogar Morddrohungen musste der Mann, der seine Wurzeln in Sri Lanka hat, angeblich aushalten. »Diese Menschen bekommen mich nicht mundtot«, sagte er der Aachener Zeitung. Immer wieder zog er sich an der Hetze hoch, betonte, dass er jetzt erst recht weitermachen wolle. Die Polizei ermittelte selbstverständlich – und fand nichts. Die zuständige Staatsanwaltschaft kam zu der Ansicht, dass an den Vorwürfen einer Hetzjagd nichts dran sei. Wie es aussieht, sei alles nur vorgetäuscht gewesen.
Natürlich inszenieren nicht alle Grünen die Stimmung, mit der man ihnen begegnet. Viele bekommen ordentlich Wut ab. Gar keine Frage. Aber die kleine Anekdote aus der grünen Lokalpolitik zeigt, dass die Parteigänger sehr wohl wissen, wie förderlich eine solche Stimmung gegen sie ist. So sehr, dass jene, die eine solche Wut nicht ernten, sich regelrecht eine herbeiphantasieren. In diesem Klima, zu einer eigentlich verfolgten Gesellschaftsgruppe zu gehören, die sich aber dennoch nicht unterkriegen lässt, blühen die Grünen erst so richtig auf. Da sind sie in ihrem Element: Die Inszenierung als »politisch Verfolgte« gehört zur Folklore dieser Partei, die längst im kleinbürgerlichen Milieu angelangt ist, aber immer noch gerne so tut, als sei sie ein Stachel im Fleische des Kleinbürgertums.
Ob das einfach nur ganz ordinäre Psychosen sind oder Kalkül: Wer vermag das zu beantworten? Womöglich haben es die Grünen wirklich geschafft, ihren psychotischen Verfolgungswahn zu einer Art parteilichem Alleinstellungsmerkmal zu erheben. Darauf muss man erstmal kommen. Während andere sich psychologisch betreuen lassen, weil sie sich immer und überall verfolgt und beobachtet wähnen, rutschen Grüne einfach munter in Ämter auf, melden sich Accounts in Netzwerken an und berichten, wie grauenhaft man ihnen mitspielt – und wie hartgesotten sie sind, es für uns, die Wählerinnen und Wähler (deren Ansichten aber grundsätzlich und nach Maßgabe feministischer Außenpolitik gleichgültig sind), auszuhalten und zu ertragen.
Die Inszenierung oder wenigstens aber die Dramatisierung der Hetzjagd, lässt sie als Aufrechte dastehen, als demokratische Bollwerke: Dabei sind die vermeintlichen Hetzer oft nicht mehr als kritische Bürgerinnen und Bürger, die ihnen einfach nur lästig sind und die man aufbauscht zum Generalangriff auf alles, was grün ist.
Wirtschaft am Abgrund: Die Chance des Augenblicks
Kaum wurde es auf Deutschlands Straßen still, weil die Vorgängerregierung das soziale Leben im Frühjahr 2020 einfror, vernahm man aus dem Dunstkreis grüner Anhängerinnen, Anhänger und Anhängsel auch schon die neueste Vorstellung: Ein Klima-Lockdown wäre ganz grundsätzlich sinnvoll, hieß es. Wenn man das Leben und Treiben hienieden wegen des Virus‘ eindämmen könne, warum denn nicht auch wegen des Klimas? Während aufgeklärte Kreise damals schon über die Zerstörung von Schicksalen und Existenzen sprachen – Leute übrigens, die man nicht als aufgeklärt bezeichnete, sondern runtermachte und diskreditierte –, hatten die grünen Eiferer nichts anderes Sinn, als diesem Raubbau an der Substanz gleich noch was nachschieben zu wollen.
Wen wundert es denn nun da, dass die Grünen, kaum zum aggressivsten Bestandteil einer in sich nicht konsistenten Regierungskoalition geworden, genau in diese Richtung zielen? Klar, den Krieg haben sie bei Putin nicht bestellt. Aber wie Schock-Strategie geht, das wissen sie. Ihre Naomi Klein haben sie auf alle Fälle gelesen.
Mit Zeitenwende verbindet der politisch-mediale Betrieb insbesondere das Sondervermögen. Hinter Euphemismen versteckt man sich bekanntlich gerne. Aber für die Grünen steckt viel mehr dahinter. Zeitenwende: Das ist die Begrünung des Landes. Dabei werden keine Bäume gepflanzt, sondern man sät in den Köpfen, stilisiert sich zum Aufbruch. Die Ampelkoalition designt sich ja zur Erbin einer traurigen Altlast: Die Vorgängerregierung hätte geschlafen. Olaf Scholz selbst hat in einer Bundestagsrede darauf verwiesen. Aber er war Teil jener Vorgängerregierung, so wie Grüne immer auch Teil diverser Landesregierungen waren. Und was kam dabei heraus, wenn ein Grüner Minister wurde? Nichts, was sich zu anderen unterschieden hätte; in Hessen haben die Grünen zum Beispiel der Flughafenerweiterung zugestimmt, während sie sich synchron dazu als Veränderer und Macher bejubeln ließen.
Eine Chance wie jenen Ukraine-Krieg können sich die Grünen nicht entgehen lassen. Aber nicht, um hier die große Klimawende zu vollziehen. Die ist ihnen doch bestenfalls ein Label, mit dem sie sich erklären können. Nein, ihnen geht es um was anderes: Um Bevormundung nämlich, die Aktivierung des Kehrwochen-Kleinbürgertums, das gerne Mitmenschen bekrittelt, vermeintliche Andersdenkende, die sie als dumm erachten, schulmeistert und belehrt. Sie sind die Rückkehr des Spießers. Es geht den Grünen um die Etablierung der eigenen Deutungsmuster, eine Gesellschaft, in der sie die Herrschaft ausüben, um ihre Besserwisserei zur Verordnung mutieren zu lassen.
Demokratie zerstört man nicht am Stammtisch, sondern im Parlament
Die transportierten Inhalte, die eigenen Werte, die sind dann auch nur zweitrangig. Daher löst sich diese Partei ja in diesen Tagen auch so spielend von allen, was sie einst mal ausmachte. Diese Werte hatten schön längst keine Substanz mehr, sie waren bestenfalls ein Etikett – oder viel treffender gesagt: Ein Etikettenschwindel. Das mit dem Frieden, dem Pazifismus also – ein Schimpfwort in diesen Tagen – ist ja schon lange passé. Aber so aktiv für Waffenlieferungen zu werben, Panzer zu fordern, ukrainische Soldaten an vorderste Front schicken zu wollen: Da bekommt das Wort »Kriegsdienstverweigerung« eine ganz neue Wendung. Bis kürzlich verband man damit Leute, die das Kriegshandwerk für sich und für alle anderen ablehnten. Der Kriegsdienstverweigerer der Stunde möchte nur selbst keinen Krieg erleben, schickt andere jedoch edel wie er ist vor. Widerlicher, doppelmoralistischer geht es nun aber wirklich nicht mehr.
Ins Unglück stürzen uns aber, laut Innenministerin und laut grüner Weltanschauung, jene, die sie als Rechtspopulisten ausmachen. Selbst wenn man denen viel vorhalten kann und muss: Sie haben diese Republik weder an den Abgrund gestürzt, nicht deindustrialisiert oder stillgelegt: Das waren die, die heute am Steuer sind. Zu solch massiven Einschnitten muss man nämlich Regierungspartei sein.
Von Robert Habeck weiß man, dass er den Verfassungsschutz auf zwei Beamte seines Ministeriums angesetzt hat, weil die eine andere Meinung zum Wirtschaftskurs des Ministers hatten. Ein Klima der Angst herrsche im Ministerium, fachliche Einschätzungen könnten nicht abgegeben werden, weil die als russlandfreundlich diskreditiert würden. Das ist der demokratische Gestus der Grünen. An solchen Episoden schlägt durch, wie diese Kleinbürger ticken. Widerrede dulden sie nicht. Auch da nicht, wo sie sinnvoll, wo sie nötig, wo sie demokratisch legitimiert ist. Sie zerstören die Strukturen einer Demokratie, die schon lange in Mitleidenschaft gezogen war und sich immer schwerer tat zwischen Wirtschaftsinteressen und politischer Überheblichkeit.
Während all das geschieht, deuten die Grünen wie es Usus geworden ist in diesem Land, auf die Stammtische dieser Republik, wo ihrer Meinung nach falsche Ansichten, veraltete Meinungen zirkulieren und simplifizieren diese zu Totengräbern der freien Rede. Aber den Parlamentarismus zerstört man nicht in solchen bierseligen Runden, er ist so zäh, selbst den Mord an Politikern übersteht er. Was er jedoch nicht überlebt: Wenn Parlamentarier ihn ad absurdum führen und sukzessive abschaffen. Von innen heraus quasi. Ihr Hass auf alles, was nicht tickt wie sie, ist eine Gefahr für die Zukunft dieses Landes. Oder schlimmer noch: Führt die Zukunft einer Gesinnungsdiktatur, die mal das Land war, in dem wir lebten – und in der es jetzt nicht mehr um Wissen und Kompetenz geht, sondern um das bloße ideologische Bekenntnis.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 26. September 2022 bei neulandrebellen.de
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: BetterPhoto/ shutterstock
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