Ein Standpunkt von Felix Feistel.
Wenn Technokratie mit der Digitalisierung ins Bett steigt, entsteht eine lebensfeindliche Gesellschaft.
Die Corona-Ideologie treibt die besorgniserregende Entwicklung voran, technokratische Regierungsformen mit der Digitalisierung zu vereinen. Dieser Prozess mündet in einem totalitären System, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Es treibt Menschen in die Vereinsamung, bestimmt mehr und mehr jeden Aspekt des täglichen Lebens. Diese Entwicklung ist zwar nicht neu, sie wurde aber in den vergangenen zwei Jahren erheblich beschleunigt, und ihr Ergebnis zeichnet sich bereits am chinesischen Horizont ab. Heraus kommt eine Welt, die absolut nichts mehr mit den Menschen und mit Menschlichkeit zu tun hat.
Technokratie beschreibt nach dem Duden eine Beherrschung von Produktions- und anderen Abläufen mittels Technik und Verwaltung. Im weiteren Sinne wird darunter auch eine Form der Regierung und Verwaltung verstanden, deren Vorgaben mithilfe technischer Mittel durchgesetzt werden. Staaten können sich also in Technokratien verwandeln, indem Technik das Geschäft des Regierens vermeintlich rational und zuweilen automatisch umsetzt, während das Regieren an sich zunehmend anhand technischer, rationaler Vergleichsmaßstäbe bewertet wird.
Technokratie erscheint dabei vielen Menschen als ideologie- und interessenbefreit. Es sei ja möglich, die Notwendigkeiten einer staatlichen Gemeinschaft alleine mit Mitteln der Technik und des kühlen Verstandes zu erfüllen. Dies allerdings ist eine Fehlvorstellung, denn wer entscheidet über die Notwendigkeiten? Ein religiöser Staat wird ganz andere Erfordernisse für wichtig erachten als ein kapitalistischer. Die Regierungsprogrammatik würde dementsprechend nicht interessenbefreit ausfallen, sondern durchaus spezifische Schlagseiten aufweisen.
Technokratie ist damit vielmehr die Umsetzung einer Ideologie mittels Rationalität und Technik als ein Regieren auf der Basis von Wissenschaft.
Ein religiöser Gottesstaat mag es beispielsweise für erforderlich halten, möglichst viele Kirchen zu bauen und Prediger auszubilden. Ein technokratischer Gottesstaat wird also immer neue Zielvorstellungen ausgeben, wie viele Kirchen gebaut, wie viele Prediger ausgebildet, wie viele Bibeln gedruckt werden müssen, und dann all seine Institutionen darauf ausrichten, dieses Ziel zu erreichen. Anders hingegen eine kapitalistische Technokratie: Ihr Augenmerk wird auf Produktion, Kostensenkung, Export und Arbeitsplätzen liegen. Daher ist es nachvollziehbar, dass viele Menschen mit Technokratie die Sowjetunion verbinden, die in ihren Fünfjahresplänen regelmäßig Ziele zur Produktionssteigerung ausgegeben hat.
In seinem Roman „1984“ skizziert George Orwell solch eine technokratische Gesellschaft. Regelmäßig werden die Zahlen der Produktionssteigerung öffentlich bekannt gegeben und von der Bevölkerung beklatscht. Einen Bezug zu den realen Bedürfnissen der Menschen besteht dabei jedoch schon lange nicht mehr. Zudem wird der Leser im Unklaren darüber gelassen, ob diese Produktionsprozesse tatsächlich stattfinden oder nicht vielmehr nur propagandistisch vermeldet werden, ohne Entsprechung in der Wirklichkeit. Es ist eine klare Anspielung auf die Sowjetunion und ihre totalitäre Technokratie.
In seinem Roman beschreibt Orwell die Technokratie als perfektes Instrument totalitärer Herrschaft. Vorgeblich rational geht sie über den Einzelnen hinweg und postuliert im Sinne der herrschenden Ideologie höhere Ziele, denen alles unterzuordnen sei.
Technokratie ist eine Herrschaft der „Experten“, und letztlich nur noch eine Herrschaft der Zahlen und Werte, die von den sogenannten Experten richtig interpretiert werden müssen. Dadurch erhalten diese „Experten“ eine herausragende Stellung, denn sie geben die neu zu erreichenden Werte aus und bekommen damit ein gewisses Maß an Macht zugesprochen, die jedoch eng mit den Zahlen und Werten verknüpft ist.
Was ist eine Gesundheitstechnokratie?
Damit sind wir in der Gegenwart angekommen. Im Deutschland des Jahres 2022 finden wir uns in einer Technokratie wieder, wie Orwell sie kaum besser hätte beschreiben können. Hier bestimmen von „Experten“ interpretierte Inzidenzen, Impfquoten, Hospitalisierungs- und Infektionswerte das Handeln der Regierenden. Dabei ist auf die einmal als maßgebend benannten Zahlen und Werte kein Verlass, sondern sie ändern sich regelmäßig. Wir müssen den R-Wert senken und die Intensivbettenauslastung, die Infektionsketten zurückverfolgen und unterbrechen, die Impfquote steigern! War es zuerst wichtig, den sogenannten R-Wert auf unter 1 zu drücken, verlor er seine Bedeutung, sobald dieses Ziel erreicht war. Plötzlich waren die Inzidenzen von herausragender Wichtigkeit und wurden Monate später als „nicht aussagekräftig“ erklärt. Dann war die Impfquote das entscheidende Kriterium. Zuerst musste sie 60 Prozent betragen, dann 75, dann 80 Prozent. Wie hoch sie aktuell sein muss, wird schon gar nicht mehr ausgegeben. Am besten lassen sich einfach alle impfen.
Also kann und soll diese totalitäre Dynamik kein Ende erreichen. Die Maßstäbe werden stets in dem Moment geändert, da das Ziel erreicht ist. Dann werden neue Faktoren eingeführt, andere Maßstäbe gesetzt, und weiter geht der Maßnahmenmarathon. Der Einzelne wird dem höheren Ziel, „die Pandemie zu bekämpfen“, untergeordnet, muss Opfer in Kauf nehmen in seinen Freiheiten, seiner Gesundheit, um das über alles gestellte Ziel zu erreichen, das freilich nie erreicht werden kann und auch gar nicht erreicht werden soll. Mit technokratischen Mitteln wird hier eine totalitäre Ideologie aufrechterhalten, deren Narrativ durch den Wechsel der Parameter stetig neues Futter erhält.
Eine Fixierung auf einzelne Zahlen, die beliebig gesenkt oder erhöht werden, rechtfertigt jede noch so absurde Zwangsmaßnahme. Wenn der R-Wert gesenkt werden muss, dann ist es folgerichtig, Kontakte zu beschränken, Ausgangssperren zu verhängen und jeden Raum der Begegnung zu schließen. Wenn die Impfquote erhöht werden soll, rechtfertigt das die Einführung von Pflichten, den Ausschluss der Nicht-Gespritzten aus der Öffentlichkeit, und schließlich auch jeden Zwang zur Erreichung des Ziels.
Dass diese Maßnahmen keinen Nutzen für das eigentliche Ziel haben, ist dabei vollkommen irrelevant.
Die Maßnahmen sind entkoppelt von ihrer tatsächlichen Wirkung, sobald sie als ideologische Notwendigkeit ausgegeben werden. Auch der durch sie angerichtete Schaden ist dann nur ein „Kollateralschaden“, also im Zweifel ein Opfer, das eine Gesellschaft heroisch zu erbringen hat, selbst wenn der Schaden denjenigen, der abgewendet werden soll, um ein Vielfaches übersteigt.
„Jeder Infizierte ist einer zu viel“, tönt es allenthalben, was an sich schon eine unsinnige Behauptung ist, da sich Infektionen nicht verhindern lassen und rein gar nichts über Erkrankungen oder gar Todesfälle aussagen. Ignoriert werden dabei die ganzen Todesfälle durch Hunger, Suizide, verschobene Operationen oder schlicht aufgrund von Einsamkeit, die durch die technokratischen Mittel verursacht wurden und werden. Der Einzelne zählt nichts im Angesicht des großen Ganzen, und macht doch in der Summe einen nicht zu ignorierenden Teil des Ganzen aus. „Du bist nichts, dein Volk ist alles“, so wurde es den deutschen Soldaten zu Zeiten des Nationalsozialismus eingetrichtert. Ein Spruch, der sich ganz und gar auf heute übertragen lässt.
Digitale Technokratie
Die Orientierung an Zahlen und deren Entwicklung erfordert eine konstante Überwachung. So wurden parallel zur Etablierung der Werte und Maßstäbe die jeweiligen technischen Überwachungsmöglichkeiten eingeführt: die Corona-Warn-App, die Luca-App, das DIVI-Intensivbettenregister, der digitale Impfpass. Sie alle dienen als Instrumente, um die Erreichung der ausgegebenen Ziele zu überwachen, stellen aber auch ihre konsequente Verfolgung demonstrativ zur Schau. Die Einführung eines digitalen Überwachungstools begründet gerade die Notwendigkeit des zu erreichenden Ziels. Denn warum sollte eine Kontaktverfolgungsapp eingeführt werden, wenn die Kontaktverfolgung nicht für die Erreichung des höheren Zieles relevant ist?
Zugleich üben die Überwachungstools einen konstanten Druck auf die Menschen aus. Denn jede Steigerung der Inzidenz wird sogleich von einem Chor Panik schürender Medien als Katastrophe interpretiert, die Warn-App signalisiert dem Endgerätbenutzer sogar von ganz alleine, wann er in Angst und Schrecken zu verfallen und sich am besten gleich zum nächsten Testzentrum zu begeben hat. Doch mehr als alles andere dient der digitale Impfpass der Unterdrückung und Herstellung einer homogenen Masse. Denn letztlich bestimmt er über Zugang oder Ausschluss an gesellschaftlicher Teilhabe, an Berufen, an Bildung und so weiter. Noch gilt das Gleiche zumindest an einigen Stellen für einen aktuellen Test, aber dieser verliert bereits an Bedeutung.
Auch hier hält die Digitalisierung Einzug. Noch gibt es die Möglichkeit, Test und Impfpass in analoger Form vorzuweisen. Doch diese Option wird schrittweise abgebaut. In Zukunft entscheidet nur noch eine App über den Zugang zur Gesellschaft. Wohin das führt, lässt sich bereits heute in China beobachten. Hier entscheidet ein QR-Code darüber, welche Teile einer Stadt oder gar des Landes man betreten darf, ob man seinen Stadtteil überhaupt verlassen kann. Dutzendfach muss man sich am Tag als gesund ausweisen, indem der QR-Code gescannt wird. Menschen vertrauen einander nur nach Bestätigung des Gesundheitszustandes.
Damit gilt der Mensch im Angesicht der Maschine als generell krankes Wesen, dem der Makel der Virenanfälligkeit anhaftet, welcher erst nach einem Unschuldsbeweis temporär von ihm genommen wird.
Der Kontakt mit Mitmenschen wird also über eine App gestattet beziehungsweise verwehrt. Überall, an den Eingängen zu Geschäften, Einkaufszentren, Freizeiteinrichtungen, finden sich Geräte zum Einscannen der App. Die kühle, nüchterne, sogenannte Rationalität löst hier das Zwischenmenschliche mehr und mehr ab. Wo früher Menschen standen, begegnet man heute nur noch Apparaten und Bildschirmen. Das trifft auch mehr und mehr auf die Bildung zu, die in den vergangenen rund zwei Jahren zum großen Teil online über Bildschirme stattfand. Auch zwischenmenschliche Begegnungen, da oftmals verboten, waren nur noch über den Bildschirm möglich. Der Mensch wird in die vollständige Atomisierung getrieben und dabei konstant durchleuchtet und überwacht. Der perfektionierte Totalitarismus hält kühl-technokratisch Einzug in die ganze industrialisierte Welt.
Nicht nur das Leben der Menschen wird technokratisch organisiert, sondern auch der Umgang mit Andersdenkenden. In technokratischen Systemen ist die Beseitigung von Oppositionellen nur eine logische Folge der ideologischen Vorgaben. Sie wird als rational und vernünftig zur Erreichung der ausgegebenen Ziele betrachtet und dementsprechend ausgeführt. Die Internierung von Juden in Konzentrationslagern war in einem technokratischen Nationalsozialismus nur eine „logische Schlussfolgerung“, nachdem die Ideologie vom „kranken Volkskörper“, der angeblich an diesen Menschen litt, etabliert war. Damit vergleichbar ist das System der Gulags in der Sowjetunion, wo die „Konterrevolutionäre“ und „Kapitalisten“ interniert wurden.
Der Umgang mit jenen, die sich die Genspritze nicht haben verpassen lassen, wird mehr und mehr zu einem rein technokratischen Verwaltungsvorgang. Der Impfstatus, ausgewiesen in der App, entscheidet über Zugang zur Gesellschaft. Er entscheidet auch darüber, ob man als Freund oder Feind gesehen wird. Mit bewusst eskalierender Rhetorik bereiten Politiker und sogenannte Experten einen weiteren Ausschluss bereits vor, an deren Ende letztlich auch eine Internierung und Vernichtung gerechtfertigt erscheint.
Digitaler Terrorismus
Doch die digitalisierte Technokratie wird nicht stehen bleiben. Erst nach Beseitigung der gesamten Opposition wird das technokratische System zur vollen, totalitären Blüte gebracht. Die Maschine in Form zentralisierter Datenbanken, an die der Nutzer mittels App angeschlossen ist, entscheidet in Zukunft eigenmächtig über jeden Schritt der Menschen. Wer auf sein Bankkonto zugreifen darf, einen Beruf ausüben, reisen, sich gar nur aus dem Haus bewegen darf, all das wird an das eigene Verhalten gekoppelt. Dieses wird in einem Sozialpunktesystem erfasst, dessen Stand anhand von erlaubtem und verbotenem Verhalten variiert und letztendlich über die Möglichkeiten des Einzelnen entscheidet. So werden sich, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung analysiert, die Normen und Werte der Menschen auf Dauer einander angleichen, was auf eine komplette Fremdbestimmung hinausläuft, die durch die digitalisierte Maschinerie gesteuert wird.
Jeder Verstoß gegen die von einer selbstherrlichen Obrigkeit ersonnenen Vorschriften und Regeln kann in Zukunft ganz automatisch geahndet werden. Der Entzug des Arbeitsplatzes sowie des Zugangs zu bestimmten Einrichtungen oder auf das Bankkonto schließt sich, von einem nüchternen Algorithmus berechnet, bestimmten, unliebsamen Verhaltensweisen an. Auch Anklage, Verurteilung und Vollstreckung können durch einen KI-Automatismus ganz von selbst erfolgen. Führt man sich vor Augen, auf welchem Stand sich die künstliche Intelligenz befindet, die mit Waffensystemen wie Drohnen verbunden wird, ist auch eine sofortige Hinrichtung des Delinquenten denkbar.
In einem solchen System trägt nicht einmal mehr ein Mensch die entsprechende Verantwortung. Alles wird von Maschinen berechnet, bestimmt und umgesetzt. Ein Staatsapparat ist dann weitestgehend überflüssig. Es gibt niemanden, der Rechenschaft abzulegen oder seine Taten vor irgendjemandem, und sei es nur dem eigenen Gewissen, zu rechtfertigen hätte. Denn Maschinen haben kein Gewissen. Stattdessen könnten sich Vertreter eines solchen Systems auf die Rationalität der KI berufen und jede noch so menschenverachtende Folge damit rechtfertigen. Die digitale Technokratie ist weit entfernt von jedem Ansatz demokratischer Kontrolle oder Legitimation. Sie ist die perfektionierte, totalitäre Diktatur, die auf die Mitarbeit der Menschen nicht einmal mehr angewiesen ist.
Die Bürger werden letztlich nur noch zu einer reinen Verfügungsmasse degradiert, die gesteuert, belohnt und bestraft werden kann und muss, damit sie ein gewünschtes Verhalten an den Tag legt.
Dieses Verhalten ist die Unterwerfung unter ein totalitäres System, das jeden Aspekt des Lebens voll und ganz bestimmen soll, und den Menschen, mehr noch als heute, auf die reinen Funktionen des Arbeitens und des Konsumierens reduziert. Der Mensch wird seiner Menschlichkeit vollkommen beraubt und zu einem reinen Kosten-Nutzen-Faktor, der die ewige Maschine des Kapitalismus antreiben soll. Es ist in diesem Sinne auch ein System des perfekten, digitalen Terrorismus, ausgehend von einer Verschmelzung aus Staats-, Konzern- und Finanzmacht.
Vergangene, totalitäre Systeme hatten den großen „Fehler“, dass letztendlich immer noch Menschen die Entscheidungen trafen und umsetzten. Diese Schwäche totalitärer Herrschaft wird in einer vollkommen digitalisierten Technokratie nicht mehr bestehen. Die Maschinerie ersetzt den Menschen und trifft Entscheidungen, und wenn die Künstliche Intelligenz weit genug gediehen ist, kann sie diese auch gleich selbst umsetzen. Ob wir in eine solche Dystopie geraten – noch können wir darüber entscheiden. Wenn wir uns dem Digitalisierungswahn verweigern, die herrschende Ideologie einer todbringenden Pandemie entlarven und die Regierungen und Konzerne, die dieses System vorantreiben, entmachten, besteht die Möglichkeit, dass sie keine Wirklichkeit wird. Die Alternative wäre eine Welt, die absolut menschenfeindlich ist.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 16. Februar 2022 im Rubikon – Magazin für die kritische Masse. +++ Bildquelle: Zapp2Photo / shutterstock
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