Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
In den letzten Wochen waren Israel und Palästina wieder in den alternativen Schlagzeilen. Zum einen wegen des Jahrestages der Nakba, der ersten großen Vertreibung und Ermordungsaktion von Palästinensern während der israelischen Staatsgründung. Das zweite Ereignis war wieder mal eine Bombardierung von Gaza während der Operation „Schild und Pfeil“ bei dem 38 Menschen getötet wurden, 36 Palästinenser, eine Jüdin und ein chinesischer Staatsbürger. Was nichts Anderes als die Fortsetzung dessen ist, was 1948 begann, also auch nur Verteidigung, folgt man westlichen Medien. Dazwischen fand 1967 der angeblich „präventive“ Angriffskrieg auf Rest-Palästina statt, mit der dauerhaften Besatzung und dem heute zu sehenden Apartheidregime. Dieses unterscheidet sich von dem in Afrika dadurch, dass Israel die Eingeborenen nicht als billige Arbeitskräfte ohne Rechte behandelt, sondern sie einfach loswerden möchte. Einige der Mythen und Sagen, mit denen die umstrittene Behauptung „Israel verteidigt sich nur“ arbeitet, will ich heute einmal genauer anschauen.
Nakba, der Beginn der ethnischen Säuberung
Muhammad Shehada(1) weist in seinem Erinnerungsartikel vom 15. Mai (2) noch einmal auf die geschichtlichen Hintergründe hin, die im Westen falsch dargestellt werden. Auch im deutschen Bundestag wurde 2019 in einer Rede sinngemäß behauptet, dass unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung am 14. Mai 1948 arabische Armeen in das historische Palästina einmarschiert seien, um gemeinsam mit den Palästinensern, einen Vernichtungskrieg gegen Juden zu führen. Die zahlenmäßig unterlegenen aber tapferen Israelis hätten sich nur verteidigt und den Krieg gewonnen, während Palästinenser aus ihren Häusern flohen.(9)
Inzwischen sei aber längst, auch durch prominente israelische Historiker dokumentiert, dass die arabischen Armeen, die nach Palästina entsandt wurden, der israelischen Armee zahlenmäßig unterlegen waren und dass das Ziel der arabischen Armeen lediglich darin bestand, eine palästinensische Niederlage und eine vollständige ethnische Säuberung zu verhindern, die Flüchtlingsströme in ihre Gebiete zu stoppen und einige Teile des historischen Palästinas an ihre Staaten anzugliedern.(10)
In den 45 Tagen vor dem Krieg von 1948 hatten die zionistischen Milizen im Mandatsgebiet Palästina 13 offensive Militäroperationen durchgeführt, von denen acht außerhalb der Grenzen des Gebiets stattfanden, das dem jüdischen Staat im Teilungsplan zugewiesen worden war. Zu den zionistischen Aggressionen hat das berüchtigte Massaker von Deir Yassin am 9. April gehört, das eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Angst und Schrecken unter den Palästinensern spielte.(11) Selbst als die jordanische Armee in Palästina einmarschierte, sei es das Ziel des Königs gewesen, nur im arabischen Teil des geteilten Palästinas zu kämpfen, so der israelische Historiker Benny Morris.
Die Ägypter, die im Krieg von 1948 über die größte arabische Armee verfügten, hätten sich nicht viel anders verhalten.(12) Die ägyptischen Truppen, die er nach Palästina schickte, seien relativ symbolisch gemeint gewesen, und ihr erstes Kommuniqué aus Kairo beschrieb ihre Mission als "lediglich eine Strafexpedition gegen die zionistischen 'Banden'", wie der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser später berichtet habe.
Die libanesische Armee habe in letzter Minute aufgrund maronitischer Einwände beschlossen, nicht am Krieg teilzunehmen, nachdem sie eine geheime Vereinbarung mit David Ben-Gurion getroffen hatte, der ihr Bestechungsgelder anbot, so der israelische Historiker Yoav Gelber.
Syrien sei in erster Linie an der Eroberung Nordpalästinas interessiert gewesen, während die irakische Führung die Region des Fruchtbaren Halbmonds unter ihre Führung bringen wollte, so Karsh.(13) Außerdem, so Pappe, wuchs die Zahl israelischer Kämpfer während der Säuberungsaktion an, bis mehr als 90.000 Kämpfer nur 68.000 arabischen Kämpfern gegenüberstanden.
Die palästinensische Bevölkerung habe es abgelehnt, ihr Heimatland zu teilen und 56 % davon an eine jüdische Minderheit zu verlieren, die größtenteils als Einwanderer aus dem Ausland kam, berichtet der Autor. Wir erinnern uns, dass ganz im kolonialen Geist, die Entscheidung, Israel in Palästina siedeln zu lassen, vollkommen ohne die betroffenen Ureinwohner gefällt worden war. Die Palästinenser argumentierten, der UN-Teilungsplan verstoße gegen den Grundsatz der Selbstbestimmung, und die arabischen Führer schlossen sich dieser Forderung rhetorisch an. Die Ablehnung der Teilung bedeutete jedoch nicht die Ablehnung jeglicher jüdischer Präsenz in Palästina.(14)
Prof. Gelber, so der Artikel weiter, behauptet, dass das Ziel der arabischen Regime "nicht darin bestand und bestehen konnte, die Juden ins Meer zu treiben", und argumentiert, dass ihre "propagandistischen Slogans" und ihre Rhetorik darauf abzielten, "inländische Unterstützung für lahme Politiker zu mobilisieren". Dem gegenüber mussten 1948 Palästinenser mit Booten aus Haifa evakuiert werden, nachdem ein Offizier der Haganah (zionistische Miliz) seinen Truppen befohlen hatte, "jeden Araber zu töten, dem ihr begegnet; alle brennbaren Gegenstände abzufackeln und Türen mit Sprengstoff aufzubrechen". Aber, so der Autor des Artikels weiter, selbst wenn die arabischen Armeen den Krieg gewonnen hätten, hätte dies nicht unbedingt die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung bedeutet.(15)
Was die Ambitionen der jüdischen Milizen anbelangt, so gebe es jedoch starke Beweise für das Gegenteil. Die zionistischen Führer hatten die Absicht, so der Bericht weiter, große Teile Palästinas gewaltsam zu entvölkern, um einen jüdischen Staat zu schaffen, auch wenn es keinen Krieg gab. Bereits 1937 habe Ben-Gurion die Ausarbeitung des "Avnir-Plans" für die militärische Eroberung ganz Palästinas im Falle eines britischen Rückzugs angeordnet. Der palästinensische Historiker Rashid Khalidi vertritt die Auffassung, dass dieser Plan die Grundlage für die Ausarbeitung des "Plan Dalet" im März 1948 bildete, der darauf abzielte, die Grenzen des jüdischen Staates über den UN-Teilungsplan hinaus auszudehnen, so viel Gebiet wie möglich zu erobern, und so viele Palästinenser wie möglich zu vertreiben.(16)
Soweit der Artikel. Es ist interessant zu beobachten, welche Staaten im Jahr 2023 nicht an der von der UNO veranstalteten 75-Jahre Erinnerung an die Nakba(3) teilgenommen hatten. Es waren im Wesentlichen jene Länder, die selbst ihre Entstehung auf der Unterdrückung, Vertreibung und Ermordung der indigenen Bevölkerung bauten, und jene, welche schrecklichste Verbrechen als Kolonisten insbesondere in Afrika begingen. Diese Staaten haben bis heute ihre Vergangenheit nicht wirklich überwunden, wollen aber der Welt erklären, wie man Menschenrechte schützt.
Aber schauen wir noch auf andere Mythen, die sich um Apartheid-Israel ranken. Ilan Pappe, der wohl profilierteste jüdische Historiker veröffentlichte 2018 ein Buch mit dem Titel „Zehn Mythen über Israel“(4). Pappe schreibt, dass Desinformation über die Geschichte, auch in der jüngsten Vergangenheit viel Leid erzeugte.(17)
Mytos Unbewohntes Land
Der erste Mythos, der in Deutschland selten eine Rolle spielt, ist der über die angebliche Leere des Landes, bevor Israel gegründet wurde. Zuletzt durch von der Leyen mit „Wüste zum Blühen“ bringen genutzt. Neben einigen anderen Daten finde ich interessant, dass Pappe darauf hinweist, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Bewohner jüdischen Glaubens war, dass diese außerdem der Idee des Zionismus äußerst kritisch gegenüberstanden.(23)
Mytos Volk ohne Land
Als zweiten Mythos widerlegt Pappe die Aussage: „Die Juden waren ein Volk ohne Land.“ Er hinterfragt, ob die jüdischen Siedler, die in Palästina ankommen, als „ein Volk“ bezeichnet werden könnten und zitiert Shlomo Sands „Die Erfindung des jüdischen Volkes“ (The Invention of the Jewish People). Pappe begründet darauf aufbauend, dass der Zionismus ein Projekt christlicher Kolonialisierung war, bevor es von jüdischen Protagonisten übernommen wurde.(24)
Pappe nennt wichtige Persönlichkeiten und Ereignisse auf dem Weg und erklärt dann, dass es trotz erheblicher Bemühungen nie gelungen war nachzuweisen, dass die Zionisten, die Palästina kolonialisierten, Nachfahren der Juden seien, die von dort 2000 Jahre vorher ins Exil gegangen waren.
Inzwischen, so Pappe, wurde für Israel der Anspruch viel wichtiger, der Vertreter aller Juden in der Welt zu sein. Bis 1967 sei das eine wichtige Hilfe für die Entwicklung Israels gewesen. Juden in der ganzen Welt, besonders in den USA, wurden die wichtigsten Unterstützer Israels, egal um welche Politikfragen es ging. Teilweise sei dies in den USA auch heute noch so. Laut Pappe bestreitet die jüdische Gemeinschaft jedoch diesen Anspruch immer stärker.(25)
Mytos Zionismus ist Judaismus
Pappe stellt fest, dass der Zionismus nur eine Minderheitenmeinung innerhalb der jüdischen Gemeinschaft gewesen sei, und bis Mitte des 19. Jahrhunderts lediglich ein unwesentlicher Ausdruck jüdisch kulturellen Lebens. Größere Bedeutung hätte der Zionismus zunächst wegen der Suche nach Sicherheit in Gesellschaften, welche den Juden die Integration und Gleichbehandlung verweigerten. Dann kam der Impuls hinzu, der aus nationalen und nationalistischen Bewegungen entstand, die seinerzeit in Europa „wie Pilze aus dem Boden schossen“.
Die frühen Zionisten definierten Judaismus, also die Religion, zu einer nationalen Bewegung um, und lieferten damit den Grund für die notwendige Kolonialisierung Palästinas. Und diese Ideen wurden stärker, nachdem in Russland 1881 eine Welle von Gewalttaten gegen Juden begangen worden waren. Worauf zunächst enthusiastische jungen Juden 1882 nach Palästina geschickt wurden, um dort die ersten neuen Kolonien zu errichten.
Zu dieser Zeit entwickelte Theodor Herzel, ein Journalist und Atheist, also keineswegs ein Mensch jüdischen Glaubens, die These, dass der seinerzeit weit verbreitete Antisemitismus eine Assimilation unmöglich machen würde und der jüdische Staat in Palästina die beste Lösung für das „jüdische Problem“ sei.
Im Buch erklärt Pappe, dass die prominenten Rabbis und führenden Persönlichkeiten der jüdischen Gemeinschaft den Ansatz des Zionismus zunächst ablehnten. Sie sahen den Zionismus als Versuch der Säkularisierung des Judaismus an. Aus einem Glauben sollte Nationalismus werden. Damit, so die Befürchtung, würden die jüdischen Menschen in einen Konflikt gezwungen, der sich aus der Loyalität gegenüber dem Staat, in dem sie leben, und Israel ergeben würde. Was wiederum Antisemitismus verstärken könnte.(26)
Pappe beschreibt dann verschiedene jüdische Bewegungen, die sich ausdrücklich vom Zionismus distanziert hatten. Neben den Reform-Juden waren die orthodoxen Juden besonders harte Kritiker und Gegner des Zionismus. Und sie sind es noch heute(7). Diese Abneigung der orthodoxen Juden erklärt sich vermutlich auch aus den offensichtlichen Absichten des Zionismus, welche Pappe erklärt mit den Worten über die Führer Israels: „…obwohl sie nicht an Gott glaubten, hatte er ihnen trotzdem Palästina versprochen.“(27)
Mytos Palästina war unbewohnt
Einen weiteren Mythos, den Pappe zerstört, ist die Behauptung, dass Zionismus nichts mit Kolonialismus zu tun hätte. Einmal gibt es einen Brief von Herzl, in dem er Israel gegenüber Großbritannien ausdrücklich als koloniales Projekt bezeichnete.
Theodor Herzl: A Biography, Josef Fraenkel, Ararat Publishing Soc. Ltd., 1946.
Pappe erklärt, dass, als die ersten Siedler im Jahr 1882 eintrafen, Palästina keineswegs ein leeres Land war. Eine Delegation, welche die Situation erkundet hatte, beschrieb die Situation mit „Die Braut ist wunderschön, aber schon mit einem anderen Mann verheiratet“. Jedoch erklärte man den zuerst eintreffenden Siedlern, die Bewohner dort seien keine Eingeborenen, sondern hätten kein Recht auf das Land. Dieses Problem könne man lösen.(28)
Von Anfang an wurde der palästinensische Widerstand so dargestellt, als ob es alleine der Hass gegen Juden sei, der ihn motivierte, erklärt Pappe. Dabei sind die Tagebücher der frühen Zionisten gefüllt mit Anekdoten, wie Siedler von Palästinensern willkommen geheißen wurden, wie man ihnen Unterkunft anbot und ihnen zeigte, wie man das Land kultivieren konnte. Erst als bekannt wurde, dass die Siedler nicht gekommen waren, um sich zu integrieren, sondern die native Bevölkerung zu vertreiben, begann der palästinensische Widerstand, belegt Pappe.
Im Jahr 1928 gewährte die palästinensische Führung, ungeachtet der Wünsche der Mehrheit der Bevölkerung, den jüdischen Siedlern eine gleichberechtigte Vertretung in den zukünftigen staatlichen Organen. Die zionistische Führung befürwortete diese Idee jedoch nur so lange, wie sie glaubte, dass die Palästinenser sie zurückweisen würden. Eine gleichberechtigte Vertretung war das Gegenteil von dem, was die Zionisten wünschten. Als der Vorschlag dennoch angenommen wurde, so berichtet Pappe, wurde er dann von den Zionisten abgelehnt. Was zu den Aufständen im Jahr 1929 führte.
Auch im Jahr 1947, als die Briten sich entschlossen, die Frage vor die Vereinten Nationen zu bringen, schlugen die Palästinenser gemeinsam mit den anderen arabischen Staaten vor, einen gemeinsamen Staat zu gründen, der das Palästina-Mandat ersetzen sollte, mit gleichen Rechten für Juden und Araber. Auch dies lehnten die Zionisten ab. Dann erklärt er weiter, warum Zionismus als Siedlerbewegung gesehen werden muss.(30)
Mytos „freiwillige“ Nakba
Die israelische Regierung hatte lange das Narrativ verbreitet, die Palästinenser hätten ihre Heimat 1948 freiwillig verlassen. Dann versuchten sie zu erklären, so Pappe, die Palästinenser hätten ihre Dörfer auf Befehl anderer arabischer Armeen verlassen, weil die sie aus dem Weg haben wollten, um einen Krieg gegen die jüdischen Bewohner zu führen. Aus diesem Grund gäbe es für Israel keinen Grund, ihnen Rückkehrrecht einzuräumen, welches die UNO ausdrücklich ausgesprochen hatte. Juden, die vor 2000 Jahre das Land verließen, durften zurückkehren, Palästinenser, die vor ein paar Jahren das Land verließen jedoch nicht. Pappe erklärt, wie Palästinenser als Eindringlinge und Kriminelle behandelt wurden.(31)
Nach Pappe hätten zionistische Historiker, zum Beispiel Anita Shapira, nach vielen Jahren der Leugnung der Vertreibung der Palästinenser, akzeptiert, dass ihre Helden, die Anführer der zionistischen Bewegung, „ernsthaft über die Entfernung der Palästinenser nachgedacht“ hatten. Schon 1937, so Pappe, hatte David Ben Gurion der zionistischen Versammlung erklärt, dass es nicht möglich sei, zu siedeln, ohne die arabischen Fellachen zu entfernen. Und Ben Gurion sah es nicht als unmoralisch an, zu diesem Zweck auch Zwang auszuüben.
Mytos vom 1967er Krieg
Das übliche Narrativ über den Krieg von 1967 lautet, dass Israel gezwungen gewesen sei, die Westbank und den Gaza-Streifen zu besetzen, bis die Palästinenser bereit waren, Frieden zu schließen. Premierminister Menachem Begin hatte dagegen später selbst erklärt:
„Im Jahr 1967 hatten wir wieder eine Wahl. Die ägyptische Armee, welche sich auf der Sinai-Halbinsel konzentrierte, bewies keineswegs, dass Nasser wirklich einen Angriff vorbereitete. Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein. Wir entschlossen uns, sie anzugreifen.“(5)
Pappe schreibt, dass die Zionisten die Übernahme der Westbank mit ihren biblischen Orten schon lange vor 1948 zum Ziel erklärt hatten. Diese Logik, so Pappe, lässt sich in dem Wunsch zusammenfassen, sich so viel wie möglich von Palästina einzuverleiben, mit so wenig Palästinensern wie möglich.
Nach der Besatzung, so weist Pappe nach, waren Palästinenser weder Flüchtlinge, noch Bürger – sie waren Bewohner ohne Bürgerrechte. Sie waren Gefangene, und in vielerlei Hinsicht seien sie das heute noch, in einem gewaltigen Gefängnis, in dem weder Bürgerrechte, noch Menschenrechte gelten und in dem sie keinen Einfluss auf ihre Zukunft haben.
Mytos Einzige Demokratie der Region
Der Zustand des Militärterrors unter dem die Palästinenser lebten, so notiert Pappe, werde beispielhaft durch das Massaker von Kafr Qasim vom Oktober 1956 aufgezeigt, also im Nachgang zur Sinai-Operation, als die israelische Armee 49 Palästinenser tötete. Die Behörden behaupteten, dass diese Palästinenser zu spät von der Feldarbeit heimgekehrt seien, obwohl eine Ausgangssperre über das Dorf verhängt worden war. Dies sei aber laut Pappe nicht der wahre Grund.
Spätere Beweise hätten gezeigt, dass Israel sich entschlossen hatte, Palästinenser aus dem gesamten Gebiet zu vertreiben, welches Wadi Ara genannt wurde und aus dem Dreieck, in dem das Dorf war. Diese beiden Gebiete wurden dann durch Israel annektiert, und zwar unter den Bedingungen des Waffenstillstandsabkommens mit Jordanien. Zusätzliches Territorium sei für Israel immer willkommen gewesen, aber keine Zunahme des Anteils von Palästinensern an der Bevölkerung.
Pappe erklärt, dass die Operation unter dem Codenamen Maulwurf (Hafarfert) eine Reihe von Vorschlägen enthielt, wie die Palästinenser vertrieben werden konnten, wenn ein neuer Krieg ausbrechen sollte. Viele Historiker halten das Massaker von 1956 für einen Versuchsballon, um zu sehen, ob man die Bevölkerung einschüchtern konnte, damit sie die Gebiete verlassen. (29) Seit 1948 haben palästinensische Gemeinden wesentlich weniger Mittel erhalten als ihre jüdischen Entsprechungen. Die reichste palästinensische Kommune, das Dorf Me'ilva im oberen Galiläa erhalte weniger staatliche Mittel als die ärmste jüdische Stadt in der Negev.
Gleichzeitig gehören 90 Prozent der Bodenfläche dem Jewish National Fund (JNF). Landeigentümer dürfen keine Transaktionen mit nicht-jüdischen Bürgern eingehen, und öffentliches Land wird vorrangig für nationale Projekte eingesetzt. Das bedeutet, dass neue jüdische Siedlungen gebaut werden, aber praktisch keine neuen palästinensischen.(30) Die größte palästinensische Stadt, Nazareth, durfte sich um keinen Kilometer ausdehnen, obwohl sich die Bevölkerung seit 1948 verdreifacht hat. Dagegen, stellt Pappe fest, erhielt die neu entwickelte Stadt Upper Nazareth die Erlaubnis, sich in der Fläche zu verdreifachen, und zwar auf Land, das ursprünglich Palästinensern gehörte, die jedoch enteignet wurden.
Amnesty International kommt schon in ihrem Bericht für 2015 zu der Einsicht, wie Israel vorsätzliche ungesetzliche Tötungen durchführte, ebenso Vorbeugehaft und Folter praktizierte.(18)
Mit Blick auf die Unterzeichnung des Abkommens von Oslo am 13. September 1993 argumentiert Pappe, dass es keineswegs ein fairer Prozess auf der Suche nach einem Frieden gewesen sei, sondern ein Kompromiss, dem ein besiegtes kolonialisiertes Volk zugestimmt hatte. Als Ergebnis seien die Palästinenser gezwungen gewesen, nach Lösungen zu suchen, die gegen ihre eigenen Interessen verstießen und sogar ihre Existenz in Gefahr brachten. Mehr über Oslo wie zu anderen Themen im Anhang.(19)
Aber schauen wir uns beispielhaft den Fall von Mohammed al-Halabi an. Er ist ein von der UNO ausgezeichneter Menschenrechtsaktivist, Direktor von World Vision, der von den israelischen Behörden inzwischen mehr als einhundervierundzwanzig Male (das ist kein Tippfehler und auch kein Witz) in Gerichtsverfahren für unschuldig erklärt wurde, aber trotzdem nicht das Gefängnis verlassen durfte (8).
Mytos Zweistaatenlösung
Bei der weiteren Lektüre stellt man fest, dass die Zugeständnisse israelischer Regierungen mit jedem Jahr geringer wurden. So erklärt Pappe, dass Israel unter Ehud Barak in den Camp David-Verhandlungen im Jahr 2000 einen kleinen palästinensischen Staat mit der Hauptstadt Abu Dis vorschlug, ohne aber irgendwelche Siedlungen aufgeben zu wollen, und ohne Hoffnung der Flüchtlinge auf Rückkehr. Die Verhandlungen gingen deshalb schief. Pappes Kommentar dazu im Anhang.(20)
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Politik Israels die Zweistaatenlösung bereits im Jahr 1999 unmöglich gemacht hatte. Aber im Deutschen Bundestag vertreten die Abgeordneten immer noch die Meinung, eine Zweistaatenlösung sei die von ihnen angestrebte Lösung. Wer die Begründung davon hören will, sollte die Rede des israelischen Journalisten Gideon Levy nicht übersehen.(21)
Mytos Israel ist Judaismus
Die israelischen Regierungen bestehen darauf, dass alles was sie tun, angeblich im Namen des Judentums erfolgt. Und eine Ablehnung durch Menschen in der ganzen Welt, sei nicht nur eine Ablehnung Israels, sondern des Judaismus, also des jüdischen Glaubens. Und so würde Israel fortfahren, im Namen des Judaismus die Kolonialisierung der Westbank weiter zu vervollständigen, und den Gaza-Streifen zu belagern.
Pappe erklärt, dass Israel erlaubt wurde, ein koloniales Projekt zu starten, zu einem Zeitpunkt, als Kolonialismus durch die zivilisierte Welt bereits abgelehnt wurde. Der Grund dafür sei die Tatsache, dass ein jüdischer Staat den Ländern Europas, und besonders Westdeutschland einen einfachen Ausweg aus den schlimmsten Exzessen des Antisemitismus anbot. Der Zionismus, so Pappe, hätte sich selbst dem Antisemitismus [als Lösung] angedient, sei aber auch zum Hauptgrund für die fortwährende Existenz des Antisemitismus geworden.
Fazit:
Auch nach einem dreiviertel Jahrhundert gibt es nur eine friedliche Lösung: Einen demokratischen Staat, in dem alle Bewohner, unabhängig von Religion, Hautfarbe oder Ethnie gleiche Rechte haben, Minderheiten geschützt werden.
Anhang und Quellen:
Der Autor verfasste auch das Buch: „Deutschland, Israel, Palästina, Staatsräson statt Menschenrechte und Völkerrecht“ https://www.politikchronist.org/index.php/shop/product/87-deutschland-israel-palaestina-staatsraeson-statt-menschenrechte-und-voelkerrecht.html Auch als E-Book verfügbar. Er twittert zu aktuellen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka
(1) https://twitter.com/muhammadshehad2
(2) https://www.newarab.com/analysis/scrutinising-israels-narrative-about-nakba
(3) https://www.un.org/unispal/event/nakba75/
(4) Ilan Pappe: »Ten Myths About Israel - The myths—and reality—behind the state of Israel«, Verso, 2017, https://www.versobooks.com/books/2430-ten-myths-about-israel
(5) Allan C. Brownfeld: »Examining 'Ten Myths about Israel', by Ilan Pappe«, Mondoweiss, 24. Januar 2018, https://mondoweiss.net/2018/01/examining-myths-israel/
(6) True Torah Jews: »Ridiculous! The Jewish connection to the land of Israel was all about SPIRITUALITY. The greatest Torah scholars understood that its forbidden to politicize Israel, but Zionists claim to ‘read’ the Bible better. Modern Israel is all about Zionism and nothing to Judaism!«, Twitter, 7. Juli 2019, https://twitter.com/TorahJews/status/1147952146144530434
(7) Israels Anspruch Judaismus zu sein
Sowohl Reformer-Gruppen der jüdischen Gemeinde, als auch orthodoxe Juden wehren sich vehement gegen den Anspruch der israelischen Regierungen, Judaismus zu vertreten. Ein Beispiel für die Argumentation bietet ein Video der True Torah Jews, welche im Jahr 2018 eine Veranstaltung zum Kampf gegen den Zionismus in den USA veranstalteten, an der über 15.000 Juden aus den USA, meist Theologen, teilnahmen.
Der Kongress fand am 3. Juni 2018 statt und darüber wurde ein Video erstellt, für das eine deutsche Synchronisation zur Verfügung steht (https://youtu.be/kck27a-Y9Ko ). Hier nun das deutschsprachige Transkript zu diesem Video. Video Titel: Rabbi Yaakov Shapiro bei dem anti-zionistischen Kongress im Nassau Coliseum.
Video-Beschreibung: Rabbi Yaakov Shapiro spricht am 3. Juni 2018, beim Nassau Coliseum Kongress kurz vor dem Beginn der Veranstaltung über Thora Juden gegen den Zionismus. (…) Eine Adrenaline Video Produktion für True Torah Jews.
Rabbi Yaakov Shapiro:
„Wir stehen kurz vor dem Beginn eines historischen Ereignisses. Das Stadion, das sie hier sehen, ist nicht wirklich ein Stadion. Heute ist das Stadion ein Klassenzimmer.
Dies wird eine Weiterbildungsveranstaltung. Vorlesungen werden gehalten von Experten in Judaismus, insbesondere über die Unvereinbarkeit von Judaismus mit Zionismus. Viele Juden glauben fälschlicherweise, dass Zionismus entweder ein Teil vom Judaismus oder mit ihm im Einklang steht, oder sogar der Hauptteil des Judaismus sei. Alle diese Annahmen sind tatsächlich falsch.
Zionismus wurde erschaffen, um Judaismus zu verleugnen. Zionismus wurde erschaffen, um Judaismus zu ersetzen. Die Unterschiede zwischen Zionismus und Judaismus sind weitgehend und schwerwiegend. Die Propaganda, dass die Zionisten den die Zionisten während der letzten 100 Jahre verbreiteten, hat Verwirrung verursacht, und hat Zionismus und Judaismus in der öffentlichen Wahrnehmung verschmolzen, so dass die durchschnittlichen Menschen auf der Straße glauben, dass der Staat Israel der jüdische Staat sei, dass Zionismus eigentlich Judaismus sei, und er hat keine Ahnung von den Unterschieden.
Diese Gruppe von Juden hier, sind die Schüler der Schüler des verstorbenen Yale Teitelbaum, welcher der größte Verbreiter der Klarheit hinsichtlich der Unterschiede zwischen Judaismus und Zionismus war. Er verstand den Unterschied, und er schrieb ein sehr großartiges Buch darüber. Und er mehr als jeder andere, war in der Lage, das an seine Schüler weiter zu geben.
Es ist wichtig seine Lehren wieder neu zu prüfen, damit wir verstehen können, worum es in unserer Religion wirklich geht. Dem Zionismus zufolge ist die jüdische Identität politisch, nationalistisch. Dem Judaismus zufolge ist die jüdische Identität vollkommen auf die Religion bezogen. Die Definition für einen Juden ist ein Gläubiger, der die jüdische Religion akzeptiert, oder der durch die jüdische Religion als Jude definiert wurde. Dem Zionismus folgend, ist die jüdische Identität politisch, und sie definiert sich in der gleichen Weise, wie wir die Identität irgendeiner Nationalität wie die französische Nationalität oder die kanadische definieren. Dem Judaismus folgend, ist die jüdische Identität alleine fokussiert auf Gott und Gottes Lehren, nichts anderes.
Zionismus folgend ist die jüdische Identität auf einen Nationalstaat zentriert, den sie willkürlich festlegten und 1948 erschufen, den Staat, den sie Israel nennen.
Dem Judaismus folgend sollte ein Jude gewisse Charaktereigenschaften aufweisen. Hinsichtlich Gewalt ist er gehalten, Gewalt abzulehnen. Er sollte Abscheu gegenüber Gewalt aufweisen. Selbst in den alten Zeiten, als die Juden sich verteidigen mussten, wurde das in keiner Weise als etwas angesehen, was man glorifizierte.
Juden haben keine militärischen Helden. Wir haben religiöse Helden, unsere Helden sind die Gerechten, es sind die Lehrer. Die Helden der Zionisten sind die Kriegshelden. Die Juden haben keine nationalen Gedenkstätten, an denen Kriege stattfanden, wie Alamo in den USA. Juden sind nicht militant, sie sind religiös, Juden sind, wie die Bibel sie beschreibt, eine Nation von Priestern, und ein heiliges Volk. Wenn Menschen ihre jüdische Identität behalten wollen, wenn sie der Propaganda, die von den Zionisten und dem Zionismus jeden Tag verbreitet wird, dann ist es notwendig, dass sie Schritte unternehmen, um sich selbst dagegen zu schützen.
Die zionistische Propaganda ist allumfassend. Überall und jeden Tag den wir leben, wird diese Nachricht, bewusst verkündet: Israel, jüdischer Staat, Israels Juden, Israel der jüdische Staat, Israel beschützt die Juden, … das ist alles ein Schwindel.“
(8) Sarah Wilkinson: “My statement on the case of Israel-versus-Mohammed al-Halabi, the Palestinian humanitarian hero found innocent 124 times, yet still jailed”, Twitter, 16. Juli 2018, https://twitter.com/swilkinsonbc/status/1151199218184478721
(9) Shehada zitiert dann Dr. Yair Wallach, Historiker und Dozent für israelische Studien an der SOAS University in London mit den Worten: "Dies sind grundlegende Erzählungen für israelische Juden und auch für Juden in der Diaspora - sie werden als offensichtliche Wahrheit angesehen. (…) Pro-Israel-Befürworter haben eine alternative Version der historischen Ereignisse propagiert, die Israel als das Opfer und die ethnische Säuberung der Palästinenser als selbstverschuldet darstellt. Sie verbinden das Jahr 1948 (und Israel) mit der jüdischen Erinnerung an die Verfolgung; sie rechtfertigen das, was Israel den Palästinensern angetan hat, als 'Selbstverteidigung'; und sie vermitteln das Verständnis, dass Israels Existenz immer in Gefahr ist und dass nur Gewalt und nur Gewalt die Sicherheit Israels garantiert".
(10) Jordanien, das im Krieg von 1948 über die stärkste arabische Armee verfügt habe, hätte den UN-Teilungsplan für das historische Palästina von 1947 bei geheimen Treffen mit Golda Meir, der damaligen Leiterin der politischen Abteilung der Jewish Agency, akzeptiert. Im Gegenzug wollte der jordanische König Abdullah den arabischen Teil an Jordanien angliedern, das habe der israelische Historiker Benny Morris berichtet.
(11) Nach diesem Massaker sei der jordanische König unter Druck geraten, zu handeln. Aber selbst dann habe er sich heimlich wieder mit Golda Meir getroffen, und ihr die volle jüdische Autonomie unter seiner Herrschaft angeboten, nachdem er das historische Palästina annektiert hatte, was sie ablehnte. "Er geht nicht aus Freude oder Zuversicht in dieses Geschäft [d. h. in den Krieg], sondern als jemand, der in einer Falle sitzt und nicht mehr herauskommt", habe Golda Meir später, wohl zufrieden mit ihrer Politik, erklärt.
(12) Der ägyptische Premierminister habe gezögert, in den Krieg zu ziehen. Dem israelischen Historiker Efraim Karsh zufolge, berichtet der Artikel, wollte König Farouk vor allem verhindern, dass der jordanische König die Führung im arabischen Kampf beanspruchte und möglicherweise den Süden Palästinas für Ägypten eroberte.
(13)Irakische Truppen, die in das nördliche Westjordanland eindrangen, wurden im Dreieck von Jenin, Tulkarem und Nablus schnell "stationär", nachdem sie erfolglos versucht hatten, die israelische Siedlung Gesher anzugreifen. Karsh habe argumentiert, die Iraker seien "für ihre Untätigkeit vor dem Waffenstillstand berüchtigt".
(14) Wallach erklärte, so der Bericht weiter, dass "die offizielle palästinensische Position (in den Jahren 1946-7) darin bestand, dass die jüngsten Einwanderer (etwa ein Drittel der Juden) Palästina verlassen müssten". Er argumentiert, dass dieser Widerstand gegen die neuen jüdischen Einwanderer dennoch zu einer existenziellen Angst unter den Israelis führte.
(15) Der Leiter der arabischen Abteilung der Jewish Agency im Jahr 1948, Josh Palmon, habe berichtet, dass Fawzi Qawuqji, der Befehlshaber der arabischen Befreiungsarmee, zwar daran interessiert war, große Teile Palästinas zu übernehmen, "aber er dachte, dass [die Juden] unter ihm sehr glücklich leben könnten. Und ich bin sicher, dass einige Juden unter ihm gute Geschäfte gemacht hätten. [Einige Juden] wären in Schlüsselpositionen in seiner Verwaltung, in der Finanzverwaltung, er hätte einigen erlaubt, im Handel gut zu sein. Alles natürlich unter seiner Herrschaft".
(16) Das vorsätzliche Ziel der ethnischen Säuberung palästinensischer Dörfer habe sich in den Worten des Haganah-Einsatzleiters Yigal Allon widergespiegelt, der sagte, dass "ohne die arabische Invasion die Expansion [Israels] nicht aufzuhalten gewesen wäre". Auch nach der Gründung Israels habe das israelische Militär jahrelang fortgefahren damit, in palästinensische Dörfer einzudringen und sie gewaltsam zu entvölkern. „So wurde beispielsweise al-Majdal 1950 entvölkert, als Ben-Gurion der israelischen Armee befahl, die Einwohner auf Lastwagen zu verladen und nach Gaza zu deportieren. Auch das Dorf Huj, dessen Einwohner 1946 den zionistischen Haganah-Kämpfern Schutz vor den Briten boten, wurde zwei Wochen nach der Gründung Israels vom israelischen Militär gewaltsam entvölkert, geplündert und zerstört. An ihrer Stelle wurde die israelische Stadt Sderot errichtet, die heute den belagerten Gazastreifen überblickt.“(2)
(17) „Dieses bewusst falsche Verständnis der Geschichte kann die Unterdrückung fördern und das Regime der Kolonialisierung und Besatzung schützen. Es ist daher nicht überraschend, dass die Politik der Desinformation bis heute anhält, und eine große Rolle in dem sich in dem endlos fortsetzenden Konflikt spielt. … Die zionistische Sicht darauf, wie das umstrittene Land zum Staate Israel wurde, basiert auf einem Cluster von Mythen, die subtil Zweifel darüber erzeugen, dass die Palästinenser ein moralisches Recht auf das Land hätten. Dieses Buch widerlegt diese Mythen, welche in der Öffentlichkeit als unwiderlegbare Wahrheiten erscheinen.“(5)
(18) „In der Westbank, auch Ost-Jerusalem, begingen die israelischen Kräfte ungesetzliche Tötungen von palästinensischen Zivilisten, auch von Kindern, und inhaftierten tausende Palästinenser die demonstrierten oder auf andere Weise in Opposition zur fortwährenden militärischen Besatzung waren, hunderte wurden in Vorbeugehaft gehalten. Folter und andere Misshandlungen blieben weit verbreitet und folgenlos. Die Behörden fuhren fort darin, illegale Siedlungenauf der Westbank zu fördern und beschränkten streng die Bewegungsfreiheit von Palästinensern ein (…) Die Behörden zerstörten weiter palästinensische Häuser auf der Westbank und innerhalb Israels, besonders in Beduinendörfern in der Region Negev/Naqab, wobei die Bewohner mit Gewalt aus den Häusern vertrieben wurden."(5)
(19) Das gleiche könne über die Debatte hinsichtlich der Zweistaatenlösung gesagt werden, welche in Oslo angeboten worden war. Man müsse erkennen, was dieses Angebot in Wirklichkeit war, meint Pappe. Eine Teilung des eigenen Landes [Anmerkung: Und Aufgabe der Rechte auf den aufgegebenen Teil]. Aber selbst in diesem Szenario würde Israel nicht nur entscheiden, wie viel Territorium es [Palästinensern] zubillige, sondern auch, was in dem Gebiet passiere, welches es übrig lässt.
Danach erklärt der Autor, dass die ursprünglichen Vereinbarungen ein Versprechen Israels enthielten, dass die drei Angelegenheiten, über welche die Palästinenser am meisten besorgt waren – das Schicksal Jerusalems, die Flüchtlingsfrage und die jüdischen Siedlungen - verhandelt werden würden, sobald die Übergangsphase von fünf Jahren erfolgreich beendet worden sei.
Dieser Prozess, so erklärt Pappe im Artikel, wurde durch die Ermordung von Premierminister Jitzak Rabin im Jahr 1995 zu Fall gebracht. Denn 1996 stellte die Likud-Partei unter Benjamin Netanjahu die Regierung, und der Prozess, welcher in Oslo vereinbart worden waren, wurde beendet.
Angesichts der Nachrichten von jahrelangen Inhaftierungen ohne Anklage, von Razzien und vor allen Dingen von Misshandlungen von Kindern, womit nicht nur die Phase des Brake the Bones gemeint ist, wie ein Artikel am 10. Juli 2019 berichtet, sollte zumindest Zweifel aufkommen lassen, dass Israel ein demokratischer Staat ist.
(20) „Nach 1995 wurde schmerzlich klar, dass die Auswirkungen der Vereinbarungen von Oslo ein Faktor waren, der die palästinensische Gesellschaft ruiniert hatte, statt Frieden zu stiften. … Die Vereinbarungen wurden zu einem Diskurs über Frieden, der keine Beziehung zu den Realitäten vor Ort hatte. Während der Periode der Gespräche – zwischen 1996 und 1999 – wurden weitere Siedlungengebaut, und mehr Kollektivbestrafungen über die Palästinenser verhängt. Selbst wenn man 1999 an die Zweistaatenlösung glaubte, hätte einen eine Tour entweder durch die Westbank oder den Gaza-Streifen überzeugt, dass stimmte, was der israelische Hochschullehrer Meron Benvenisti erklärte, der schrieb, dass Israel unveränderbare Fakten vor Ort geschaffen hätte: Die Zweistaatenlösung war durch Israel getötet worden.“
(21) https://youtu.be/c4W1IWNAPgk Gideon Levy mit einer Jahrhundertrede zur Zweistaatenlösung.
(22) Pappe schreibt dann:
(23) „Es [Anmerkung: Palästina] war Teil der reichen und fruchtbaren östlichen Mittelmeerregion, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts in einem Prozess der Modernisierung und Nationalisierung befand. Es war keine Wüste, die darauf wartete, zum Blühen gebracht zu werden. Es war ein landwirtschaftlich geprägtes Land, an der Schwelle zum 20. Jahrhundert und einer modernen Gesellschaft, mit allen Vorteilen und Nachteilen einer solchen Transformation. Seine Kolonialisierung durch die zionistische Bewegung veränderte den Prozess in ein Desaster für die meisten der dort ursprünglich lebenden Menschen.“(5)
(24) In seinem Buch zeigt Pappe auf, dass die christliche Welt – in ihrem eigenen Interesse – die Idee der Juden als Nation, die eines Tages in das Heilige Land zurückkehren müssen, angenommen hatte. Diese Rückkehr sei in ihren Augen ein Teil des vorausgesagten Plans für das Ende der Welt, gemeinsam mit der Wiederauferstehung der Toten und des zweiten Auftretens des Messias. Pappe nennt einige Beispiele für religiöse christliche Förderer der Idee vom 16. bis 18. Jahrhundert. „[Es war] eine machtvolle theologische und imperiale Bewegung, die entstand und welche die Rückkehr der Juden nach Palästina in das Zentrum eines strategischen Planes stellte, um Palästina zu übernehmen und in eine christliche Einheit zu verändern. Diese gefährliche Mischung aus religiösem Eifer und reformistischer Inbrunst … sollte zur Balfour Deklaration von 1917 führen.“(5)
(25) Am 7. Juli 2019 twitterte der israelische Ministerpräsident Netanjahu: „Die Verbindung der Palästinenser zum Land Israels ist nicht, verglichen mit den 4000 Jahren Verbindung, welche die jüdischen Menschen mit dem Land habe“. Darauf antwortete die True Torah Jews Organisation:„Lächerlich! Bei der jüdischen Verbindung zum Land Israel ging es nur um Spirualität. Die größten Thora-Lehrer verstanden, dass es verboten war, Israel zu politisieren, aber die Zionisten behaupten die Bibel besser 'lesen' zu können. Beim modernen Israel dreht sich alles um Zionismusund hat nichts mit Judaismus zu tun!“(6)„Die Behauptung aufstellend, dass Juden eine Nation seien und nach Palästina gehörten, und man ihnen daher helfen sollte, zurück zu kehren, hält Pappe fest: 'Sie mussten sich auf britische Beamte stützen, später auf militärische Macht. Juden und die Welt insgesamt waren nicht überzeugt, dass die Juden ein Volk ohne Land sind. Shaftesbury, Finn, Balfour und Lloyd George liebten die Idee, weil sie half, Großbritannien mit einem Bein in Palästina zu halten. Dies wurde unwesentlicher, als die Briten Palästina mit Gewalt besetzten, und sich dann aus einer neuen Lage heraus entscheiden mussten, ob das Land jüdisch oder palästinensisch war. Eine Frage, die Großbritannien nie ordentlich beantwortete, und es daher nach dreißig Jahren frustrierender Herrschaft anderen überließ, sie zu beantworten.“(5)
(26) „Als die Reformisten begannen, auf den Zionismus zu stoßen, widersprachen sie vehement der Idee, Judaismus als Nationalismus neu zu definieren und einen jüdischen Staat in Palästina zu errichten. Jedoch veränderte sich ihre Haltung nach der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gründete die Mehrheit der Reformisten eine neue Bewegung in den USA. (…) Jedoch verließ eine große Zahl von Juden die neue Bewegung und gründete den Amerikanischen Rat für Judaismus (American Council for Judaism ACJ), der die Welt daran erinnerte, (…) dass Zionismus unter den Juden immer noch eine Minderheitenmeinung war, und die Mehrheit loyal zur Idee der alten Reformisten über den Zionismus blieb.“(5)
(27) „Er [Anmerkung: der Zionismus] hoffte die jüdischen Menschen zu säkularisieren, einen 'neuen Juden' zu erschaffen, als Antithese zu den religiösen Überzeugungen der orthodoxen Juden in Europa. … Die Zionisten machten sich über die orthodoxen Juden lustig, und sie wurden als jemand angesehen, der nur durch harte Arbeit in Palästina geheilt werden könne (…) Die Rolle der Bibel im jüdischen Leben bot eine weitere klare Unterscheidung zwischen Judaismus und Zionismus an. (…) Die Bibel stellte den 'Mythos für unser Recht auf das Land' zur Verfügung. Es war in der Bibel, wo sie Geschichten über hebräische Bauern, Schäfer, Könige und Krieg fanden, die sie übernahmen als die Beschreibung der goldenen Vergangenheit. Die Rückkehr auf ihr Land bedeutete, wieder Bauer, Schäfer und Könige zu werden. Und so fanden sie sich in einem herausfordernden Paradoxon, weil sie sowohl jüdisches Leben säkularisieren wollten, aber auch die Bibel als Beweis für die Legitimität ihres Anspruches auf eine Kolonialisierung Palästinas heranzogen. Mit anderen Worten, obwohl sie nicht an Gott glaubten, hatte er ihnen trotzdem Palästina versprochen.“(5)
(28) „Nichts davon, so argumentiert Pappe, war einmalig, denn 'Zionismus war eine koloniale Siedler-Bewegung, ähnlich den Bewegungen der Europäer, welche die zwei Amerikas kolonialisiert hatten, Südafrika, Australien und Neuseeland … Siedler-Kolonialismus wird durch den Wunsch motiviert, ein fremdes Land zu übernehmen, während klassischer Kolonialismus die natürlichen Ressourcen begehrt, welche sich in seinem neuen geographischen Besitz befinden. (…) Das Problem war, dass die neue 'Heimat' schon von anderen Menschen bewohnt wurde. Als Antwort darauf argumentierten die Siedler, dass das neue Land von Gott gewollt oder aus moralischem Recht ihres sei. Das galt auch in dem Fall, dass sie, anders als der Zionismus, nicht behaupteten, vor tausenden von Jahren bereits dort gelebt zu haben. In vielen Fällen war die akzeptierte Methode solche Probleme zu überwinden der Genozid an den Eingeborenen.“(5)
(29) In Israel existiert ein Gesetz, welches jedem Juden in der Welt automatische Bürgerrecht zuerkennt, unabhängig davon, wo er geboren wurde. Andererseits behandelt es die vertriebenen Palästinenser, welche zurückkehren wollten, als Kriminelle. Dieses Gesetz verletze die Grundsätze demokratischer Prinzipien, so Pappe. Denn dieses Gesetz über das Heimkehrrecht war begleitet von einer Verweigerung des Rückkehrrechtes der Palästinenser, obwohl dieses Rückkehrrecht ausdrücklich durch die Resolution 194 von 1948 der UNO Generalversammlung anerkannt worden war. Nicht nur die Rückkehr, sondern sogar die Familienzusammenführung wird verweigert, was zusätzlich gegen Menschenrechte verstößt.
(30) „Man kann den Zionismus als koloniale Siedler-Bewegung beschreiben und die nationale palästinensische Bewegung mit einer antikolonialen Bewegung (...) Bis zum Jahr 1945 hatte der Zionismus mehr als eine halbe Million Siedler angezogen, in ein Land dessen Bevölkerung zwei Millionen betrug. (…) Die einzige Möglichkeit für die Siedler, die Kontrolle auf Land auszuweiten (…) und die demographische exklusive Mehrheit zu erreichen, war, die Eingeborenen von ihrem Land zu entfernen. (…) Palästina ist demographisch nicht einheitlich jüdisch, und obwohl Israel das ganze Gebiet politisch durch verschiedene Maßnahmen kontrolliert, kolonialisiert der Staat Israel immer noch – durch den Bau von neuen Siedlungen in Galiläa, der Negev und der Westbank.“(5)
(31) „Jene 'Eindringlinge', die versuchten zurück zu kehren, wurden als Kriminelle behandelt. In den späten 1980er Jahren untersuchten Israels so genannten 'neue Historiker', insbesondere Benny Morris, die von Israel geöffneten Archive und fanden keinerlei Beweise dafür, dass die Flüchtlinge auf Grund von Befehlen von arabischen Führern geflohen seien, sondern vielmehr seien sie aus Angst geflohen, nachdem sie Berichte von Massakern durch israelische Soldaten gehört hatten, wie das im Dorf Deir Yassin, wo jüdische Milizen über 100 Palästinenser getötet hatten.“(5)
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
+++ Bildquelle: Anas-Mohammed / shutterstock
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