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Ein alter Mann geht vorüber …

Ein alter Mann geht vorüber …


Ein Meinungsbeitrag von Dirk C. Fleck.

Manchmal ist es nicht verkehrt, sich noch einmal in der Geschichte unserer Republik umzusehen. Und sei es nur, um bestätigt zu bekommen, dass unserem Volk ein besonderes Aroma an Dummheit und Ignoranz anhaftet, das unser gesellschaftspolitisches Leben bis heute durchdringt. Die Willfährigkeit, mit der sich die überwältigende Mehrheit der Deutschen dem Diktat der verbrecherischen Impf-Apologeten ebenso unterworfen hat wie aktuell der Kriegslüsternheit einer manipulierten, aus Dilettanten zusammengesetzten Bundesregierung, ist erschreckend. In seinem Gedicht „Ein alter Mann geht vorüber“ schreibt Erich Kästner:

Wir hatten Krieg. Wir sahen, wie er war.

Wir litten Not und sah'n, wie sie entstand.

Die großen Lügen wurden offenbar.

Ich hab' ein paar der Lügner gut gekannt.

Ja, ich sah manches Stück im Welttheater.

Ums Eintrittsgeld tut's mir noch heute leid.

Ich war ein Kind. Ein Mann. Ein Freund. Ein Vater.

Und meistens war es schade um die Zeit...

Wir hofften. Doch die Hoffnung war vermessen.

Und die Vernunft blieb wie ein Stern entfernt.

Die nach uns kamen, hatten schnell vergessen.

Die nach uns kamen, hatten nichts gelernt.

Ich stieß dieser Tage in den Weiten des Cyberspace auf eine Ausgabe der Deutschen Wochenschau vom Februar 1946, die also nicht einmal zehn Monate nach Beendigung des zweiten Weltkrieges in die Kinos kam - der größten Katastrophe, die der Menschheit bis dato passiert war und die von Deutschland aus in Szene gesetzt wurde. Das Dokument ist lediglich „abgeschrieben“, es spricht für sich. Dabei muss man sich die schneidige, noch im Nazisprech verhaftete Stimme des Nachrichtensprechers vorstellen:

POMPÖSE MUSIK. Die rege Wahlbeteiligung von durchschnittlich 87 Prozent beweist das Wiedererwachen des politischen Interesses in allen Schichten der Bevölkerung. POMPÖSE MUSIK, FORTISSIMO. In geheimer Wahl gab die Bevölkerung von Bayern, Baden, Württemberg und Großhessen ihre Stimme ab. POMPÖSE MUSIK. Die Christlich Soziale- bzw. die Christlich Demokratische Union steht im Gesamtergebnis an der Spitze. POMPÖSE MUSIK TUSCH/ POMPÖSE MUSIK ADAGIO. Als erste in der britischen Zone wurde die Landeskunstschule Hamburg eröffnet. in sechs Semestern lernen etwa dreihundert Schüler hier die Grundlagen der Bildhauerei, Malerei und verschiedener Kunsthandwerke. POMPÖSE MUSIK. Grundsatz der Schule ist, neben den künstlerischen Fähigkeiten auch die praktischen Fertigkeiten zu entwickeln. Der Wirtschaft werden aus diesen Werkstätten formschöne Gebrauchsgegenstände zugeführt. POMPÖSE MUSIK. So trägt auch die Kunstschule zum Wiederaufbau bei. POMPÖSE MUSIK TUSCH/ POMPÖSE MUSIK OUVERTÜRE. Die Beweisführung der britischen und amerikanischen Anklage gegen die einzelnen Angeklagten ist abgeschlossen. POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO. Im neuen Prozessabschnitt rief die französische Anklagevertretung eine Reihe von Zeugen vor das Gericht, die erschütternde Einzelheiten vorbrachten über die Zustände der deutschen Besatzung in Frankreich und anderen Ländern. POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO. Die französische Anklage begann mit der Feststellung, dass die Vorfälle in den Folterkammern der Gestapo in allen Ländern gleich gewesen seien. Es müssen Richtlinien der Gewalt und Niederträchtigkeit vorgelegen haben, die von höheren deutschen Stellen stammten. Am Schluss seiner Anklageverlesung erklärte der französische Ankläger: „Eigentlich besteht das Verbrechen dieser Leute darin, dass sie das deutsche Volk um zwölf Jahrhunderte zurückversetzt haben, dass sie als Regierungsmittel eine Terrorpolitik ersonnen und verwirklicht haben gegen alle unterjochten Völker und gegen ihr eigenes Volk!“ POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO/POMPÖSE MUSIK ALLEGRO CON MOTO. Nie wieder Schnupfen! Das ist die Parole dieses Badeclubs in Schweden, dessen Mitglieder unmittelbar aus dem Schwimmbad in den Schnee springen. Welcher Schnupfen sollte auch solch eine Abreibung überleben? POMPÖSE MUSIK ALLEGRO. Die Damen geht noch weiter, nämlich direkt ins Eiswasser. POMPÖSE MUSIK ALLEGRO. Die sechshundert Mitglieder dieses Clubs schwören auf diese anregenden Wechselbäder, die keine kalten Füße aufkommen lassen. POMPÖSE MUSIK ALLEGRETTO. Hier geht es etwas heiser zu. Die beiden Ringer zeigen in Paris wie man eine kleine Meinungsverschiedenheit im freien Stil austrägt. Er flüstert ihm etwas, heißt diese Kampfrichtung. POMPÖSE MUSIK ALLEGRO. Eine kleine Zugabe fürs Publikum. POMPÖSE MUSIK ALLEGRO. Und nun eine karussellartige Fahrt mit Niederwurf aus halber Höhe. POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO. Schließlich liegt einer auf den Schultern, und der Schiedsrichter, der besseren Übersicht wegen auf dem Bauch. Das Klopfen mit den Beinen besagt, ich gebe auf, mir langt`s. POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO. Diese fliegende Festung der amerikanischen Luftwaffe stellte einen neuen Weltrekord im Langstreckenflug auf. Die Maschine flog 13 000 Kilometer ohne Zwischenlandung in 35 Stunden. Damit wurde der bisherige Langstreckenweltrekord der Briten um 1500 Kilometer geschlagen. POMPÖSE MUSIK TUSCH/POMPÖSE MUSIK ADAGIO. Die Flaggen von 51 Nationen wehen vor der Central Hall in London, wo die erste Vollversammlung der Vereinten Nationen stattfand. Es liegt nun an der Völkern der Erde, durch ihre Vertretungen zwischen Tod und Leben zu wählen. POMPÖSE MUSIK FORTISSIMO UND TUSCH.

Und wie der „Zufall“ es wollte, fand ich kurz darauf noch folgende Zeugenaussagen aus dem dritten Majdanek-Prozess (1975 - 1981), in dem gegen ehemalige SS-Angehörige des Lagerpersonals des KZ Majdanek verhandelt wurde. Die ersten beiden Prozesse fanden in Lublin statt, jeweils 1944 und 1946–1948. Der dritte Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf.

„Die SS-Leute haben geteilt: links, rechts. Die Mütter sollten ihre Kinder weglegen. Aber welche Mutter will ihr Kind weglegen? Dann sind sie mit Hunden gekommen und haben die Kinder weggerissen und weggeschmissen wie Steine … „ (Zeugin im Majdanek-Prozess).

„Sehen Sie, des is so: wir haben … also morgens begann der Dienst, abends war der Dienst zu Ende und dann waren wir weg“ (SS-Aufseher in Majdanek).

Wie gesagt, es kann nicht schaden, sich noch einmal in der Geschichte unserer Republik umzusehen. Und allen, die jetzt genervt mit dem Kopf schütteln, weil das alles ja schon so lange her ist, sei gesagt, dass man in Deutschland bereits fünf Jahre nach Kriegsende ähnlich argumentierte. Wie heißt es bei Kästner?:

Die nach uns kamen, hatten schnell vergessen.

Die nach uns kamen, hatten nichts gelernt.

+++ Dirk C. Fleck ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Er wurde zweimal mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis ausgezeichnet. Sein Roman "Go! Die Ökodiktatur" ist eine beklemmend dystoptische Zukunftsvision. +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: andreiuc88 / Shutterstock.com


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