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EU-Wahl 2024 Teil 1 | Von Wolfgang Effenberger

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EU-Wahl 2024: Kein Ruf nach Frieden - fast alle Parteien sind auf Rüstung und Krieg fixiert.

Teil 1: EU-Wahl 2019 offenbarte erhebliche Defizite beim Demokratisierungsprozess

Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.

Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 (in Deutschland und Österreich nur am 9. Juni) wählen die 27 Mitgliedsstaaten der EU ein neues Europäisches Parlament. Zum ersten Mal sind auch Jugendliche ab 16 Jahren wahlberechtigt.

Für die europäischen Stimmbürger, insbesondere für die jugendlichen Wähler wird es nicht einfach sein, auf Basis der zumeist nichtssagenden Wahlkampf-Slogans eine sinnvolle Entscheidung zu treffen! Es scheint, als ob es in der EU keine Probleme gäbe. Letztgenannte Hürden sind von den parteipolitischen Werbeplakaten beinahe vollkommen verschwunden. Da der Krieg nicht wahrgenommen wird, muss der Frieden ja nicht thematisiert werden.

Hoffnungsvolle Europawahl endet 2019 im Demokratie-Defizit

Vor fünf Jahren fand vom 23. bis zum 26. Mai 2019 in den Mitgliedstaaten der EU die neunte Direktwahl zum Europäischen Parlament statt. Teilnahmeberechtigt waren rund 427 Millionen Menschen. Die damals noch in 28 EU-Staaten durchgeführte detaillierte Eurobarometer-Umfrage (bei rund 28.000 Wahlberechtigten) brachte erstaunlich positive Ergebnisse. Mehr als die Hälfte der Befragten waren der Überzeugung, dass ihre Stimme etwas zählt. Spitzenkandidaten wie Manfred Weber (CSU) oder Frans Timmermanns (GroenLinks-PvdA) waren den meisten vertraut.

Trotz erheblicher Verluste beim Urnengang wurde die "Europäische Volkspartei" (EVP) mit ihrem Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) erneut stärkste Kraft.(1)

Zwar wurde beim Wunschkandidaten das Kreuz gemacht, doch wurde - wie sich später herausstellen sollte - nicht der Mehrheitskandidat Weber gewählt, sondern eine Person, die gar nicht am Wahlkampf teilgenommen hatte, nämlich die damalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Der französische Präsident Macron hatte den Spitzenkandidaten der konservativen Parteienfamilie EVP, den CSU-Mann Manfred Weber, vehement abgelehnt. Macron soll diesen schlicht für zu „leichtgewichtig“ befunden haben, um mit Leuten wie Donald Trump oder Wladimir Putin zu verhandeln.(2)

Umgehend schlug 2018 Donald Tusk, der heutige kriegsaffine Regierungschef in Polen, der erst kürzlich den Beginn eines kriegerischen Zeitalters in Europa konstatiert hat(3), Ursula von der Leyen als neue Spitzenkandidatin der EVP vor und ergänzte diese Offerte noch mit einem „Gesamtpaket“: Die damalige Chefin des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF), die Französin Christine Lagarde, sollte in dieser Rochade zur Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) wechseln, der belgische Regierungschef Charles Michel EU-Ratspräsident werden und der spanische Außenminister Josep Borrell, ein Sozialist, als Außenbeauftragter die EU vertreten.

In diesem Quartett haben diese drei Personen besonders einflussreiche Stellungen. Sie bilden quasi ein Triumvirat, wie man so ein dreiköpfiges Leitungsgremium im imperialen Rom nannte. Was verbindet Ursula von der Leyen (EU-Kommissionschefin), Christine Lagarde (EZB-Vorsitz) und Josep Borrell (Hoher Beauftragter für Außenpolitik) miteinander? Alle können Studienaufenthalte in den USA aufweisen. Dadurch ist die Nähe zu den transatlantischen Netzwerken nicht verwunderlich, ebensowenig die "distanzierten" Äußerungen zu Russland. Zum ebenfalls nicht gerade demokratisch zustande gekommenen Personalpaket gehörte außerdem auch noch Charles Michel als Kandidat für den Posten des Ratspräsidenten — also eine Art Zeremonienmeister.

Die Damen haben auch noch ein besonderes Naheverhältnis zum Bilderberger-Forum, dessen Treffen Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin 2015, 2016, 2018 und 2019 besuchte und Christine Lagarde als IWF-Chefin 2013 und 2014. Lagarde trat nach dem Jurastudium 1981 in das Pariser Büro der US-Rechtsanwaltskanzlei Baker & McKenzie ein und stand dort von 1999 bis 2004 an deren Spitze. Von 2007 bis 2011 war sie Wirtschafts- und Finanzministerin unter dem damaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, bevor sie 2011 in die Schlagzeilen geriet. Ein Berufungsgericht hat die Verurteilung von Frankreichs früherem Präsidenten Nicolas Sarkozy wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme bestätigt. Das Gericht in Paris hielt an der Verurteilung des 68-Jährigen in erster Instanz zu drei Jahren Haft fest, wovon zwei auf Bewährung ausgesetzt wurden.(4)

Auf Antrag der Pariser Staatsanwaltschaft ließ der Gerichtshof der Republik Frankreich ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen Lagarde zu. Kurz danach eröffnete die französische Justiz formell ein Ermittlungsverfahren, in dessen Folge im März 2013 auch eine ihrer Wohnungen in Paris durchsucht wurde. Im Mai 2013 wurde sie von einem Gericht vernommen. 2014 wurde ein Anklageverfahren gegen Lagarde eingeleitet, 2016 wies das Kassationsgericht ihren Einspruch ab. Im Dezember 2016 wurde sie als damalige Präsidentin des IWF durch das Gericht des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen. Im Verfahren ging es konkret um eine Entschädigung von 400 Millionen Euro aus Staatsgeldern für den Geschäftsmann Bernard Tapie, die ihm ein Schiedsgericht zugesagt und ihm Lagarde 2008 genehmigt hatte. Damit sollten Verluste ausgeglichen werden, die ihm 1992 beim Verkauf von Adidas-Anteilen entstanden sein sollen.

Nach Tapies Ansicht wurde er vom heute nicht mehr bestehenden staatlichen "Institut Credit Lyonnais" dazu gebracht, die Anteile deutlich unter Wert zu verkaufen. Zivilgerichte haben inzwischen angeordnet, dass Tapie das Geld zurückzahlen muss. (5)

Lagarde hat demnach in ihrer Amtszeit als französische Finanzministerin fahrlässig zugelassen, dass Dritt-Personen Staatsgelder veruntreuten. Eine Strafe verhängte das Gericht allerdings nicht.

Lagarde hat zwar keine Erfahrung im Bankengeschäft, dafür ist sie im strategischen Denken bewandert. Zwischen 1995 und 2002 führte sie gemeinsam mit dem umtriebigen US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski das "Aktionskomitee USA-EU-Polen" an, wo sie sich speziell in der Arbeitsgruppe „Rüstungsindustrie USA-Polen“ (1995-2002) engagierte. 2003 gehörte sie auch der "Euro-Atlantic Action Commission" in Washington an. Wenn man die heutigen Militäraktivitäten Polens analysiert, muss man feststellen, dass Frau Lagarde großartige Vorarbeit geleistet hat, die sie auch zielstrebig weiterführte. Von ihr stammt auch der Terminus "Militärunion" und das forcierte Vorantreiben der Zusammenarbeit bis hin zu einer europäischen Armee. Lagarde steht für die Militarisierung der gesamten EU und ist eine Vertreterin des "militärisch-industriellen Komplexes".

Das Demokratie-Defizit der EU wird u.a. bei zahlreichen Antworten auf Parlamentarische Anfragen an die Europäische Kommission ersichtlich, etwa bezüglich Kontakten zwischen hohen EU-Vertretern und George Soros:

„Die ungarische Tageszeitung Magyar Idök berichtete in ihrer Ausgabe vom 12. Januar [2019] ausführlich über anhaltende und intensive Kontakte zwischen dem Großspekulanten und Philanthropen George Soros und Vertretern seiner Organisationen und führenden EU-Politikern. Demnach haben sich zwölf beim Europäischen Parlament akkreditierte Lobbyisten der Soros-Organisation ‘Open Society European Policy Institute‘ (OSEPI) 52mal mit Mitgliedern des LIBE-Ausschusses [Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments, Anm. d. Verf.] getroffen. Darüber hinaus hat sich George Soros seit dem Amtsantritt des Präsidenten der Kommission Jean-Claude Juncker (2014), mehr als 20mal offiziell mit den Mitgliedern der Kommission getroffen“.

In der EU-Parlamentsdebatte wurden u.a. nachstehende Fragen gestellt:

  1. „Inwieweit kann die Kommission die genannten Treffen wichtiger EU-Vertreter mit George Soros bzw. Vertretern seiner Organisationen bestätigen?“
  2. „Was waren Anlass und Inhalt der Gespräche? (Bitte einzeln für alle genannten Treffen aufführen!)“
  3. „Wie begründet die EU-Kommission die unterbliebene Information der Öffentlichkeit über die Vielzahl politisch brisanter Kontakte, die hohe EU-Funktionäre über Jahre hinweg mit Soros und Funktionären seines Netzwerkes pflegten?“(6)

Am 1. April 2019 antwortete Präsident Juncker:

„Die laufende öffentliche Kampagne der ungarischen Regierung verzerrt die Wahrheit und versucht ein dunkles Bild einer geheimen Verschwörung zu zeichnen, um die Migration nach Europa zu fördern. Die Kommission ist der Ansicht, dass die ungarischen Bürger Fakten statt Fiktion verdienen. Die Wahrheit ist, dass es keine Verschwörung gibt. Die Behauptungen der ungarischen Regierung sind schlimmstenfalls schlichtweg falsch und bestenfalls äußerst irreführend. Und nichts davon hat mit George Soros zu tun … Die Kommission muss allen Parteien wie auch den Bürgerinnen und Bürgern der Zivilgesellschaft und Interessenverbänden zuhören … Was Treffen des OSEPI mit anderen EU-Institutionen betrifft, so ist es Gepflogenheit der Kommission, die internen Angelegenheiten anderer EU-Institutionen nicht zu kommentieren.“(7)

Auf die konkreten Anfragen wurde also nicht näher eingegangen. Den eigenen Parlamentariern wurde nicht zugehört! Auch wenn es lästig sein könnte - eine Anfrage nach Gutsherrenart vom Tisch zu wischen ist sicherlich kein Stil, der das Vertrauen in die Repräsentanten rechtfertigt.

Dabei ist es durchaus legitim, den politischen Aktivitäten eines Multimilliardärs nachzugehen, der über keinerlei demokratische Legitimation verfügt. Ein heute 93 jähriger Mann, dessen halsbrecherische Wetten ab den frühen 1970er Jahren in der Finanzwelt als beispiellos galten.

Ab Anfang September 1992 begann sein Hedgefond damit, britische Pfund im Wert von 10 Milliarden Dollar auszuleihen und damit D-Mark zu kaufen. Die geliehene Summe entsprach dem Eineinhalbfachen der verwalteten Vermögen seines Finanzvehikels.

Das Kalkül von Soros ging auf: Am 16. Septembers 1992 versuchten die Briten noch einmal, das Pfund mit Leitzinserhöhungen zu stützen, auch die Franzosen eilten ihnen zu Hilfe. Noch am selben Tag musste die Bank of England den Austritt aus dem Währungssystem bekanntgeben. Der Wechselkurs des Pfundes gegenüber der D-Mark fiel in den Tagen danach um 15 Prozent. Soros konnte seine Schulden in der britischen Währung zu einem viel tieferen Kurs, als er sie geliehen hatte, zurückzahlen und verdiente so in wenigen Tagen über eine Milliarde Dollar. In Großbritannien spricht man heute vom «Schwarzen Donnerstag» und Soros gilt als der

„Mann, der die britische Notenbank knackte“.(8)

Allerdings liefen nicht alle Geschäfte so glatt. Am 14. Juni 2006 bestätigte Frankreichs höchstes Strafgericht, der Kassationshof in Paris, die Verurteilung des legendären US-Spekulanten George Soros wegen Insidergeschäften im Herbst 1988. Nach Überzeugung der Richter machte er Profite mit Aktiengeschäften, nachdem er in Übernahmepläne für die Société Générale (SG) eingeweiht worden war.(9)

Neben den Finanzspekulationen unterstützte Soros mehr als 50 globale und regionale Stiftungen, Organisationen und Gruppierungen  und war Dramaturg und Sponsor fast jeder Farben-Revolution seit 2000. Ziel seiner Aktivitäten ist u. a. die Destabilisierung westlicher Demokratien und ihrer Institutionen, um die Aufrechterhaltung ihrer gesellschaftlichen Ordnung und ihrer nationalen Identität zu erschweren.

Caroline Glick - leitende Redakteurin von "Jewish News Syndicate“ (JNS) und Gastgeberin der "Caroline Glick Show" - beleuchtete die Netzwerke des Spekulanten und "Philantropen" (je nach politischen Lager) Soros. Glick ist außerdem diplomatische Kommentatorin für den israelischen Sender Channel 14, Kolumnistin für Newsweek, Senior Fellow für Nahost-Angelegenheiten am "Center for Security Policy" in Washington und Dozentin am israelischen "College of Statesmanship".

Am Beispiel der Organisation "Black Lives Matter" (BLM) - Glick bekam allein im Jahr 2015 ca. 650.000 US-Dollar aus dem Soros Netzwerk - zeigt sie die BLM-Motive auf. Demnach soll die BLM-Agitation das Vertrauen in die Polizei untergraben und sie als einen Hort rassistischer Unterdrückung hinstellen. Durch die Einschüchterung der Polizei werden, abgesehen von der Demoralisierung der Polizisten, die sich ja bemühen, Verbrechen und Gewalt zu bekämpfen, Gewaltverbrechen auch noch gefördert.

Dazu würde Soros' Forderung nach "offenen Grenzen" passen. Auch illegale Einwanderung sei ein Mittel zur Unterminierung der Stabilität westlicher Gesellschaften. Soros fordere direkt eine immigrantenfreundliche journalistische Berichterstattung. Wer vor Problemen warnt, wird als Rassist dämonisiert. Sogar in Israel macht Soros Stimmung gegen die Bemühungen der Regierung um die Eindämmung illegaler Einwanderung aus Afrika über Ägypten. Gleich zu Beginn der Krise 2015 entwarf er für die EU öffentlich einen Masterplan: Die EU solle jährlich eine Million Flüchtlinge aufnehmen und pro Asylbewerber

„während der ersten zwei Jahre jährlich 15.000 Euro für Wohnen, Gesundheit und Ausbildung bereitstellen - und den Mitgliedstaaten die Aufnahme von Flüchtlingen schmackhafter machen“.(10)

Weiter müsse die EU den Frontstaaten (Türkei, Griechenland, Italien etc.) mindestens 8 bis 10 Mrd. Euro jährlich garantieren; der Rest solle von den Vereinigten Staaten und dem Rest der Welt aufgebracht werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Flüchtlingsströme in erster Linie auf das Konto der Kriegspolitik seit 2001 von USA und Saudi-Arabien gehen, ist das ein mehr als merkwürdiger Vorschlag. Wohlgemerkt: George Soros ist kein demokratisch legitimierter Politiker, er hat riesige Summen mit Spekulationen verdient, z. B. während der Finanzkrise, als ahnungslose Bürger einen Großteil ihrer Ersparnisse verloren, und steht vollkommen hinter den Zielen der Globalisierungselite. Die Ausbeutung der Ressourcen und der menschlichen Arbeitskraft wird durch seine propagandistische Vision einer grenzenlosen Welt eher verschärft als verhindert.

Gesellschaftliche Normen sind Soros ein Dorn im Auge. So unterstützt er die radikalen Forderungen des Genderismus, etwa die Auflösung sexueller Privatheit, etwa durch gemeinsame Unterbringung in einer gemischtgeschlechtlichen Armee, oder die allgemeine sexuelle Entgrenzung. Die Auflösung gesellschaftlicher Standards und das Chaos schaffen weltweit den Nährboden für die Ausbeutung von Ressourcen und für kriminelle Strukturen. Mit seinem undurchschaubaren Netzwerk an Organisationen, die vordergründig für Menschenrechte und Demokratie eintreten, unterläuft Soros die vorhandene rechtsstaatliche Infrastruktur und manipuliert die Öffentlichkeit in jene Richtung, wo er sie haben will. Caroline Glick:

„Die von Soros unterstützten Direkte-Demokratie-Bewegungen sind nichts weniger als Aufrufe zur Herrschaft des Mobs.“(11)

Glick appelliert an die Bürger der westlichen Länder, die subversiven Aktivitäten endlich zu durchschauen und für ihr Recht auf traditionelle Werte und gesellschaftliche Stabilität zu kämpfen.

Ein weiteres Beispiel ist das 1998 zur Abwehr der Amtsenthebung von Bill Clinton gegründete politische Aktionsbündnis MoveOn.org mit 7 Millionen Mitgliedern. Es wurde ab 2004 zunehmend für George Soros tätig. Im selben Jahr entstand als Ableger „Campact“ und 2007 die international agierende Tochter „Avaaz“, 2008 wurde Barack Obama, 2016 erst Bernie Sanders, dann Hillary Clinton massiv im Wahlkampf unterstützt.

Am 21. April 2017 berichtete der Brüsseler Korrespondent des britischen "Express" Nick Gutteridge vom bevorstehenden Treffen Jean-Claude Junckers mit Soros in Brüssel zwecks Planung rechtlicher Schritte gegen die ungarische Regierung.(12) Der EU-Kommissionspräsident und ein dubioser Superspekulant planen gemeinsam rechtliche Schritte gegen Ungarn! Was hat das mit demokratischen Regeln zu tun?

Zur Art und Weise, wie in Brüssel EU-Politik gemacht wird, merkte Juncker bereits in den 1990er-Jahren lapidar an:

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt“.(13)

Obwohl 2019 das Konfliktpotential allmählich stark angewachsen war, wurden diese Themen im EU-Wahlkampf weitgehend ausgespart.

Im Oktober 2017 war ein weiteres Strategiekonzept in Kraft getreten: "US Army Is Preparing For Decades Of Hybrid Wars 2025-2040" (Die US-Armee bereitet sich auf Jahrzehnte hybrider Kriege 2025-2040 vor).(14)

Während des Wahlkampfes 2019 war die Neugründung des "Committee on the Present Danger: China" ein deutliches Indiz für die klandestinen (heimlichen) Kriegsvorbereitungen.(15)

Dieses Komitee gab es schon während der McCarthy-Ära in den 1950er Jahren, nun wurde es wieder aufgelegt und richtet seine Aktivitäten allein gegen China. Die angloamerikanische Finanz-Oligarchie plante also als Ausweg aus der eigenen Misere den Krieg gegen Russland und China.

Im Hinblick auf ihre geopolitischen Ziele konnten die transatlantischen Taktgeber für ein passendes EU-Führungsgremium sorgen. Die wichtigsten Posten der EU wurden unter Deutschland und Frankreich aufgeteilt, so beerbte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Vorgänger-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Geschickt hatte sie am 18. Januar 2019 einen Kommentar in der New York Times(16) platziert und so ihre Bewerbung in den transatlantischen Ring geworfen. Pathetisch beschrieb sie darin die NATO als ein Bündnis, welches auf

„… den gemeinsamen Bestrebungen seiner Mitglieder beruhe und entschlossen sei, die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation der Völker zu schützen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der individuellen Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit basieren“. (17)

Als Gegenpol dieses hehren Weltbilds nannte sie die russische Aggression in Osteuropa, die chinesische Machtdemonstration im Südchinesischen Meer und den Terror des Islamischen Staates.

Frau von der Leyen wurde am 16. Juli 2019 auf Vorschlag des Europäischen Rates durch das Europäische Parlament gewählt, wobei der Einfluss des EU-Parlaments marginal ist. Zwar kann kein Gesetz innerhalb der EU ohne eine Stellungnahme (!) der gewählten Abgeordneten verabschiedet werden, die Kompetenzen - insbesondere in Fragen der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)“ - oder der „Polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit“ sind jedoch stark eingeschränkt. Seit dem 1. Dezember 2019 ist Ursula von der Leyen Präsidentin der Europäischen Kommission.

Seit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 behält sich die NATO das Recht vor, im Ausnahmefall und auf der Basis eines Konsensbeschlusses der Bündnispartner auch ohne UN-Mandat militärisch zu intervenieren. Die NATO als Offensivbündnis! Paul Craig Roberts brachte es bereits 2014 auf den Punkt:

„Wenn der Großteil der Menschheit nicht bald aufwacht und diesem Wahnsinn entschlossen entgegentritt, wird Washington die Welt vernichten!“ (18)

Die Warnung verpuffte ungehört und die Kriegstrommeln schlagen immer lauter. Kurz vor der Wahl von Frau von der Leyen warben die einflussreichen Denkfabriken Bloomberg und "Council on Foreign Relations" für einen Krieg gegen die chinesisch-russische Allianz. Die Urheber dieser für die Welt folgenschweren Absicht waren keine Spinner, sondern renommierte Personen aus Wissenschaft, Militär und Finanzwelt, etwa Professor Hat Brands, Experte für Geostrategie an der Johns Hopkins University und James Stavridis, der ehemalige Admiral und heutige Finanzanalyst der „Carlyle Group“.

Die „Los Alamos Study Group“, benannt nach dem international renommierten australischen Investigativ-Journalisten John Pilger, eine der angesehensten und bestinformierten Anti-Atomkriegsgruppen der Welt - sieht als Hauptursache für den aktuellen Ukrainekrieg die Wolfowitz-Doktrin von 1992. Darin wurde postuliert, das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen der USA zu verhindern, sei es auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo. Jede feindliche Macht muss daran gehindert werden, eine Region zu dominieren, deren Ressourcen ausreichen würden, um eine globale Macht hervorzubringen.(19)

Mit dem in Brüssel installierten "Triumvirat" hatte Washington einen zuverlässigen Partner und konnte die Situation weiter eskalieren lassen:

2019 hat die RAND Corporation – ein 1948 gegründeter einflussreicher Think Tank - in ihrer Studie Wege aufgezeigt, wie Russland überdehnt und aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann ("Overextending and Unbalancing Russia").(20)

Über die Vorteile verstärkter Waffenlieferungen an die Ukraine heißt es in der Studie:

Die Ausweitung der US-Hilfe für die Ukraine, einschließlich tödlicher militärischer Unterstützung, würde wahrscheinlich die Kosten, die Donbass-Region zu halten, für Russland erhöhen, sowohl in Blut als auch für den Staatshaushalt. Mehr russische Hilfe für die Separatisten und eine zusätzliche russische Truppenpräsenz würde zu höheren Kosten, Ausrüstungsverlusten und russischen Opfern führen. Letzteres könnte zu Hause ziemlich kontrovers werden, wie beim Einmarsch der Sowjets in Afghanistan“.(21)

Am 10. Januar 2022 wurde das nukleare Einsatzpapier „Die Überprüfung des nuklearen Dispositivs: Was sie ist und warum sie wichtig ist“ bekannt. Putins Erklärung vom 21. Februar 2022 dürfte eine Reaktion auf die Drohungen der USA gewesen sein, Atomwaffen präemptiv gegen Russland einzusetzen.(22)

Am 28. Februar 2022 beschloss das US-Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit (417 Pro-Stimmen zu 10 Gegenstimmen) den „Ukrainian Democracy Defense Land-Lease Act“, eine Neuauflage des „Land-Lease Acts“ vom Januar 1941 - noch im gleichen Jahr befanden sich die USA damals im Zweiten Weltkrieg. Das Gesetz war am 19. Januar 2022 eingebracht worden - just einen Monat vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine (!). Angesichts einer derart überwältigenden Mehrheit im US-Kongress für ein kriegsförderndes Gesetz ist nicht zu erwarten, dass von diesem Kongress friedensfördernde Impulse ausgehen werden, vor allem, da dieser Krieg auch wieder viel Geld in die US-Rüstungsindustrie spült. So ist es nicht auszuschließen, dass die Vereinigten Staaten darauf abzielen,

"…den russischen Präsidenten Wladimir W. Putin zu einem größeren Krieg zu provozieren“.(23)

Am 27. März 2022 gab der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in der Talkshow von Anne Will unumwunden zu, dass die ausgefeilten Sanktionen gegen Russland lange vor dem russischen Angriff auf die Ukraine beschlossen worden waren.

 Am 3. Mai 2022 stellte Papst Franziskus zum Entsetzen vieler Transatlantiker im Interview mit dem Corriere Della Sera fest:

„Es könnte das Bellen der NATO vor Russlands Toren gewesen sein, das Putin zum Einmarsch in die Ukraine veranlasst hat“.

Er wisse nicht, ob sein (Putins) Zorn provoziert worden sei, aber er vermute, die Haltung des Westens habe ihren Anteil daran.(24) Da sich dieser Krieg nicht nur in die Länge ziehen, sondern auch noch weiter eskalieren könnte, sei an die mahnenden Worte wichtiger Zeitgenossen erinnert. Der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark klagte 1991 in seinem Buch "The Fire This Time: U.S. War Crimes in the Gulf“:

„Die US-Außenpolitik ist das größte Verbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg“.(25)

Clark legte auch Beweise dafür vor, dass die USA den Krieg provoziert haben, um eine dauerhafte Vorherrschaft über den Golf zu erlangen. Er warnte die Europäer davor, zu glauben, dass die USA im Rahmen der neuen Weltordnung Skrupel haben würden, auch in Europa militärisch zu intervenieren. Die USA würden eine europäische nukleare und wirtschaftliche Großmacht nicht lange dulden.

Auch der deutsche Schriftsteller Thomas Mann hatte im US-Exil (ab 1938) die Neigung der Amerikaner erkannt:

„Europa als ökonomische Kolonie, militärische Basis, Glacis im zukünftigen Atom-Kreuzzug gegen Russland zu behandeln, als ein zwar antiquarisch interessantes und bereisenswertes Stück Erde, um dessen vollständigen Ruin man sich aber den Teufel scheren wird, wenn es den Kampf um die Weltherrschaft gilt“.(26)

Der Kampf um die Weltherrschaft ist jetzt in seine entscheidende Phase getreten. Es geht um nichts weniger als den Kampf um eine unipolare oder multipolare Welt. Der Ukraine-Konflikt muss in diesem Zusammenhang gesehen werden.

Laut Angela Merkel diente das Abkommen von Minsk lediglich dazu, Zeit zu gewinnen, um die Ukraine aufzurüsten.

„Das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben“, sagte die frühere deutsche Bundeskanzlerin der Wochenzeitung Die Zeit. „…sie hat diese Zeit auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht.“(27)

Nach einem Gipfeltreffen im Februar 2024 orakelte der französische Präsident Macron:

„Dieser Krieg bestimmt unsere Zukunft“(28), um dann zu fordern...: „…eine Niederlage Russlands sei unabdingbar für die Sicherheit und Stabilität in Europa“.(29)

2019 verdankte Ursula von der Leyen ihr Amt einem vom französischen Präsidenten Macron eingefädelten Manöver zur Schwächung des Europäischen Parlaments.

Macron, der frühere Investmentbanker und Berater von Präsident Francois Hollande hat in seiner Zeit als Präsidentenberater mehrere Pflöcke eingerammt. Dazu gehört auch der sogenannte „Pakt der Verantwortung“, mit dem den Firmen im Gegenzug für neue Jobs und Investitionen 30 Milliarden Euro an Entlastungen für Sozialabgaben winkten. Die Wirtschaft war voll des Lobes für die Arbeit Macrons als Elysee-Berater. Der einstige Partner bei der Privatbank Rothschild habe stets ein offenes Ohr für die Belange der Unternehmer:

„Er ist unsere Anlaufstelle beim Präsidenten“(30),

sagte der Chef von France Telecom, Stephane Richard, in einem Interview im September 2012. Bereits unter Hollande‘s konservativem Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte Macron in einer Reformkommission mitgemischt und sich dabei Gedanken gemacht, wie das Wachstum in Frankreich «entfesselt» werden kann. Nun, der endlose Krieg wird das Wachstum noch weiter entfesseln.

Ansonsten könnte ein Zusammenbruch des Aktienmarktes um etwa 80 % drohen, vergleichbar dem Platzen der Blase von dot.com Ende 2000. Um das logische Ergebnis eines außer Kontrolle geratenen spekulativen Risikos zu verhindern, setzen die Finanzmogule auf Krieg, denn das lenkt ab und füllt die Kassen.

Das erklärt, warum ein Technokraten-Superstar wie Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, zur Produktion von "Waffen wie Covid-Impfstoffen" aufruft - und damit ungewollt den wahren Zweck von beidem ausplaudert.(31)

Das erfolgreiche Tandem „Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen“ könnte auch die nächsten 5 Jahre bestimmen.

Deshalb wird es auch dieses Mal nicht nur auf das Wahlergebnis ankommen, sondern wieder auf die politische Gesamtwetterlage in Europa.

Quellen und Anmerkungen

 

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm „Schwarzbuch EU & NATO“ (2020) sowie "Die unterschätzte Macht" (2022)

1) Wolfgang Effenberger: Schwarzbuch EU & NATO "Warum die Welt keinen Frieden findet". Höhr-Grenzhausen 2020, S. 379f. 2) Vgl. www.tagesspiegel.de/politik/merkels-spitzenkandidatin-der-ueberrasch ende-aufstieg-von-ursula-von-der-ley en/24517570.html 3) www.diepresse.com/18319944/polen-donald-tusk-sieht-beginn-eines-kriegerischen-zeitalters-in-europa 4) www.tagesschau.de/ausland/europa/urteil-sarkozy-korruption-100.html 5) www.deutschlandfunk.de/urteil-gegen-iwf-chefin-gericht-spricht-lagarde-schuldig-100.html 6) www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-8-2019-000207_DE.html 7) In der Antwort Junckers verlinkt: https://commission.europa.eu/publications/facts-matter-european-commission-responds-hungarian-government-campaign_en 8) www.nzz.ch/finanzen/george-soros-wie-der-holocaust-ueberlebende-mit-seiner-wette-gegen-die-bank-of-england-zu-einer-legende-der-investorenwelt-wurde-ld.1742180 9) www.spiegel.de/wirtschaft/insiderhandel-us-milliardaer-soros-in-frankreich-verurteilt-a-421457.html 10) Die Welt vom 2. Okt. 2015 11) Effenberger a.a.O. 2020, S. 385 12) Vgl. www.express.co.uk/news/politics/ 794729/Jean-Claude-Juncker-EU-chief-meet-George-Soros-discuss-Hungary-legal-action 13) Zit. wie Der Spiegel vom 27. Dez. 1999 16 Vgl. www.tagesschau.de/ausland/bre-xit-austrittsdatum-101.html 14) Multi-doman Battle: Evolution of Combined Arms fort he 21st Century 15) https://presentdangerchina.org/ https://de.sputniknews.com/politik/20190703325375732-kandidaten-eu-spitzenposten/ Wolfgang Effenberger: NATO und EU teuflische Institutionen – kreiert durch US-Geheimdienste? Mit EU-Triumvirat in den NATO-Krieg gegen Russland und China: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26077&css=print 16) Ursula von der Leyen: The World Still Needs NATO, NYT am 18. Januar 2019 17) Ebda. 18) www.beoforum.rs/en/comments-belgrade-forum-for-the-world-of-equals/800-ukraine-conflict-into-the-third-world-war.html; www.paulcraigroberts.org/?s=washington+destroy+world 19) seniora.org/wunsch-nach-frieden/der-wunsch-nach-frieden/ein-loesungsvorschlag-fuer-den-ukraine-krieg 20) https://www.rand.org/pubs/research_reports/RR3063.html 21) Zitiert nach https://linkezeitung.de/2021/05/04/was-die-rand-corporation-2019-in-einer-studie-geschrieben-hat-ist-zwei-jahre-spaeter-alles-eingetreten 22) https://www.globalresearch.ca/preemptive-nuclear-war-a-third-world-war-spells-the-end-of-humanity-as-we-know-it/5772695 23) United States seeks to provoke Russia into escalation in Ukraine http://www.defenddemocracy.press/united-states-seeks-to-provoke-russia-into-escalation-in-ukraine/ 24) https://www.corriere.it/cronache/22_maggio_03/pope-francis-putin-e713a1de-cad0-11ec-84d1-341c28840c78.shtml 25) The Fire This Time: U.S. War Crimes in the Gulf von Ramsey Clark, 1992 Gestützt auf aus erster Hand gesammelte Beweise und Augenzeugenberichte beschuldigte der ehemalige US-Generalstaatsanwalt Ramsey Clark die US-Regierung und ihre Verbündeten, während ihres Angriffs auf den Irak Kriegsverbrechen begangen zu haben. 26) Thomas Mann: Deutsche Hörer! Europäische Hörer! Verlag Darmstädter Blätter 1986 27) www.wsws.org/de/articles/2022/12/20/merk-d20.html 28) www.dw.com/de/macron-bodentruppen-für-die-ukraine/a-68383733 29) www.tagesschau.de/ausland/europa/macron-bodentruppen-ukraine-100.html 30)www.handelszeitung.ch/panorama/emmanuel-macron-von-rothschild-zum-minister 31) By Fabio Vighi,  Fabio Vighi is Professor of Critical Theory and Italian at Cardiff University, UK. His recent work includes Critical Theory and the Crisis of Contemporary Capitalism (Bloomsbury 2015, with Heiko Feldner) and Crisi di valore: Lacan, Marx e il crepuscolo della società del lavoro (Mimesis 2018). https://thephilosophicalsalon.com/trust-in-institutions-and-the-war-dividend/

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle:  Daniel Jedzura / Shutterstock.com


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