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Eurasien und Afrika: Baustellen der neuen multipolaren Welt | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Wie üblich von mir, hier die Sicht der Länder, die versuchen, sich aus verbliebenen Fesseln der Kolonialzeit zu befreien. Von dort aus sieht es so aus, als ob die westlichen Neokonservative planen, mit ihrer „regelbasierten Ordnung“, die von den USA bestimmt wird, das Völkerrecht zu ersetzen, und so ihre Macht über die Nachkriegsordnung zu erhalten. Als Nebenziele nimmt man an, wird die Zerstörung des Kommunismus, und der nicht „gehorsamen“ Teile Asiens, sowie die Schwächung Europas beabsichtigt. Und so hätten diese Kreise, nach dem so genannten „Krieg gegen den Terror“, beschlossen nun an zwei Fronten gleichzeitig zu kämpfen. In Europa gegen Russland und in Asien gegen China. So die Ansicht vieler unabhängiger Intellektueller aus Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Dabei, so die These, wurde aber nicht damit gerechnet, wie schnell sich neue Allianzen gegen die alte imperiale Weltordnung entwickeln. Zu diesen Entwicklungen gehören BRICS und ihre Entwicklungsbank (New Development Bank) als Konkurrenz zur Weltbank und dem IWF, die von den USA beherrscht werden. Und natürlich die neue Seidenstraße Chinas.

Deutschlands Rolle

Zu meinem großen Bedauern gehören viele der wichtigen Politiker Deutschlands einer Art Sekte an, welche sich leider nicht „dem deutschen Volk“, sondern offensichtlich den geopolitischen Ideologien des World Economic Forum (WEF) gegenüber verpflichtet fühlen. Natürlich, weil das automatisch auch das Beste für Deutschland sei. Und da sie über Parteigrenzen und Staaten hinweg als Anhänger des WEF vernetzt sind, stützen sie sich gegenseitig und üben eine ungeheure Macht aus. Es scheint, dass nur wenige der „Young Leader“, welche durch die Indoktrination des WEF gegangen sind, sich inzwischen freigeschwommen haben. Dazu gehört zum Beispiel Ungarns Regierungschef Victor Orbàn. Was nichts über seine demokratischen Intentionen aussagen soll. Aber im Gegensatz zur Verteufelung in deutschen Medien ist interessant zu lesen, was ein erfahrener indischer Ex-Diplomat über die neue Aristokratie der Politiker und Orbàn aussagt:

„Der ungarische Premierminister Viktor Orbàn, zweifellos der klügste europäische Politiker der Gegenwart (mit einer Wirtschaft, die ein Wachstum von über 6 % verzeichnet, während der Rest des Kontinents in der Rezession steckt), sagte letzte Woche in einem Interview mit dem deutschen Magazin Tichys Einblick, dass dieser Krieg das Ende der ‚westlichen Überlegenheit‘ bedeute.“ (1)

Aber kommen wir von den Globalisten und der Sekte der Reichen und Einflussreichen aus Davos zur neuen multipolaren Weltordnung. Die nicht unbedingt im Widerspruch zu den Plänen des WEF steht, aber durch den Kampf für die eigene Souveränität innerhalb dieser Ideen, sich derzeit als Gegenpol darstellt. Der Hauptunterschied ist vielleicht die Tatsache, dass die Herausforderer derzeit die Ziele des WEF gefährlicher Weise glauben zum Vorteil der Massen einsetzen zu können. Während es bei den alten Machtstrukturen alleine um den eigenen Machterhalt geht.

Einer der wenigen verbliebenen kritischen Journalisten mit vielen Verbindungen und großer Erfahrung, aber auch „umstrittenen“ Ansichten, Pepe Escobar, hat in TheCradle einen interessanten Artikel veröffentlicht, der versucht, das eurasische „Puzzlespiel“ mit der BRI (der neuen chinesischen Seidenstraße oder Belt and Road Initiative), für normale Medienkonsumenten zu erklären. Er ist der Meinung, dass ehrgeizige Konnektivitätsprojekte, also Projekte zum Verbinden von Ländern und Gesellschaften mit ihren Märkten, welche China initiierte, die Hindernisse des Westens überwunden haben, und nun tief in Asiens Kernland vorstoßen. Vielleicht schauen Sie auf eine Karte, um auch visuell zu erkennen, was der Autor erklärt.

„Die Vernetzung von Inner-Eurasien ist eine Übung in taoistischem Gleichklang: Stück für Stück wird geduldig etwas zu einem gigantischen Puzzle zusammengefügt. (…) Ein wichtiges Puzzleteil wurde kürzlich in Usbekistan hinzugefügt, wodurch die Verbindungen zwischen der Belt and Road Initiative (BRI) und dem Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor (INSTC) (2) gestärkt wurden.“ (3)

Die Mirzoyoyev-Regierung in Taschkent sei stark damit beschäftigt, einen weiteren zentralasiatischen Verkehrskorridor voranzutreiben: eine Eisenbahnlinie China-Kirgisistan-Usbekistan-Afghanistan, erklärt der Autor. Im Hinblick auf die komplexe Verflechtung von Xinjiang mit Zentral- und Südasien sei dies ein bahnbrechender Schritt im Rahmen dessen, was Escobar den Krieg der Wirtschaftskorridore nennt.

Man solle sich vorstellen, wie in der zukünftigen Praxis Frachtcontainer mit dem Zug von Kashgar in Xinjiang nach Osh in Kirgisistan und dann nach Hairatan in Afghanistan transportiert werden. Das jährliche Volumen solle allein im ersten Jahr 60.000 Container erreichen.

Afghanische Produkte könnten endlich problemlos in die zentralasiatischen Nachbarländer und auch nach China exportiert werden. Und, so der Autor weiter, dieser stabilisierende Faktor würde die Kassen der Taliban auffüllen, deren Führung in Kabul wiederum sehr daran interessiert sei, russisches Öl, Gas und Weizen zu äußerst attraktiven Preisen zu kaufen.

Da man nicht davon ausgehen könne, dass die USA die von Afghanistan „konfiszierten“ Zentralbankguthaben jemals zurück geben werde, arbeite man inzwischen an einem Plan B um den Hunger und die Not in Afghanistan zu mildern.

Dieser bestehe darin, die - im Moment zerstörten - afghanischen Liefer- und Handelsketten zu stärken. Russland werde für die Sicherheit an der gesamten zentral- und südasiatischen Kreuzung zuständig sein. China werde den größten Teil der Finanzierung bereitstellen. Und hier komme die Eisenbahn China-Kirgisistan-Usbekistan-Afghanistan ins Spiel.

China sehe eine Straße durch den Wakhan - ein sehr kompliziertes Unterfangen - als zusätzlichen BRI-Korridor an, der an die von China sanierte Pamir-Autobahn in Tadschikistan und die ebenfalls von China wieder aufgebauten Straßen in Kirgisistan anschließt. Die Volksbefreiungsarmee (PLA) habe bereits eine 80 km lange Zufahrtsstraße vom chinesischen Abschnitt des Karakorum-Highways - bevor dieser die pakistanische Grenze erreicht – bis zu einem Bergpass im Wakhan-Gebiet gebaut, der derzeit allerdings nur für Autos und Jeeps zugänglich ist.

Der nächste Schritt der Chinesen könnte sein, auf dieser Straße 450 km weiter bis nach Fayzabad, der Provinzhauptstadt des afghanischen Badakhshan, zu fahren. Das wäre dann der Nebenkorridor zur Eisenbahnlinie China-Zentralasien-Afghanistan.

Der springende Punkt sei, dass sowohl die Chinesen als auch die Usbeken die äußerst strategische Lage Afghanistans voll und ganz verstehen: nicht nur als zentral- und südasiatischer Knotenpunkt mit Verbindungen zu wichtigen Seehäfen in Pakistan und Iran (Karatschi, Gwadar, Chabahar) und zum Kaspischen Meer über Turkmenistan, sondern auch als Hilfe für das Binnenland Usbekistan bei der Anbindung an Märkte in Südasien.

Das alles sei Teil des BRI-Korridor-Labyrinths und gleichzeitig mit dem INSTC verzahnt. Und der Iran spiele eine Schlüsselrolle. Der Iran sei seinerseits immer enger mit Russland verbunden. (Man möchte hinzufügen, dass Berichten zufolge Russland und der Iran an der Errichtung eines Gasoligopols arbeiten sollen.) Teheran habe bereits mit dem Bau einer Eisenbahnlinie nach Herat im Westen Afghanistans begonnen. Dann werde Afghanistan sowohl in die BRI (als Teil des chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridors, CPEC) als auch in den INSTC eingebunden sein, was einem weiteren Projekt Auftrieb geben werde: einer Eisenbahnlinie Turkmenistan-Afghanistan-Tadschikistan (TAT), die mit dem Iran und somit dem INSTC verbunden werden soll.

Dann fügt Escobar noch Erklärungen über die Strecke von Karakoram nach Pakafuz hinzu. Wonach er auf den Blickwinkel "Folge dem Geld" kommt. Die beiden wichtigsten chinesischen Banken, die BRI- und damit auch CPEC-Projekte finanzieren, seien die China Development Bank und die Export Import Bank. Schon vor Covid hätten sie ihre Kredite zurückgefahren müssen. Und mit Covid müssten sie nun ein Gleichgewicht zwischen ausländischen Projekten und inländischen Krediten für die chinesische Wirtschaft herstellen.

Die Priorität der Konnektivität verlagere sich nun auf die Eisenbahnstrecke Pakistan-Afghanistan-Usbekistan (Pakafuz). Die Schlüsselstrecke von Pakafuz verbindet Peshawar (die Hauptstadt der Stammesgebiete) mit Kabul. Nach ihrer Fertigstellung wird die Pakafuz-Eisenbahn direkt mit der künftigen China-Zentralasien-Afghanistan-Eisenbahn verbunden sein: ein neues BRI-Labyrinth, das direkt mit der INSTC verbunden ist.

Peking und Moskau seien sich einig, dass Afghanistan unbedingt stabilisiert und beim Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft unterstützt werden müsse. Hilfe komme durch BRI-Mitglieder - wie Usbekistan – die zwar keine Mitglieder der EAEU sind, was jedoch durch ihre Mitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (4) kompensiert werde. Gleichzeitig erleichtere das BRI-EAEU-Bündnis die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen EAEU-Mitgliedern wie Kirgisistan und China.

Peking habe von Moskau de facto die „volle Genehmigung“ erhalten, in Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Armenien, allesamt EAEU-Mitglieder, zu investieren. Eine künftige Währung oder ein Währungskorb unter Umgehung des US-Dollars werde zwischen der EAEU - unter der Leitung von Sergei Glazyev - und China diskutiert. China, so der Autor, konzentriere sich nun auf Zentral-/Westasien.

Es stehe außer Frage, dass der Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland in der Ukraine der BRI-Expansion ernste Probleme bereite. Schließlich sei der Krieg der USA gegen Russland auch ein Krieg gegen die BRI.

Die drei wichtigsten BRI-Korridore von Xinjiang nach Europa seien die neue eurasische Landbrücke, der Wirtschaftskorridor China-Zentralasien-Westasien und der Wirtschaftskorridor China-Russland-Mongolei.

Die Neue Eurasische Landbrücke nutze die Transsibirische Eisenbahn und eine zweite Verbindung durch Xinjiang-Kasachstan (über den Hafen von Khorgos) und dann Russland. Bei dem Korridor über die Mongolei handele es sich eigentlich um zwei Korridore: einen von Peking-Tianjin-Hebei in die Innere Mongolei und dann nach Russland und den anderen von Dalian und Shenyang und dann nach Tschita in Russland, nahe der chinesischen Grenze.

Gegenwärtig, so Escobar, liege der Schwerpunkt der BRI auf Zentralasien und Westasien, wobei sich ein Zweig dann in Richtung Persischer Golf und Mittelmeer aufteile.

Und so sehe man, wie sich schnell eine weitere - hochkomplexe - Überschneidungsebene entwickle: wie sich die zunehmende Bedeutung Zentralasiens und Westasiens für China mit der zunehmenden Bedeutung der INSTC sowohl für Russland als auch für den Iran in ihrem Handel mit Indien vermische.

Da diese Handelskorridore so extrem wichtig für die Entwicklung der Regionen seien, könne man, was gerade passiert, den „freundlichen Vektor des Krieges der Verkehrskorridore nennen“.

Der Hardcore-Vektor - der echte Krieg - werde bereits von den üblichen Verdächtigen eingesetzt. Sie seien darauf aus, jeden Knotenpunkt der eurasischen BRI/INSTC/EAEU/SCO-Integration mit allen Mitteln zu destabilisieren und/oder zu zerschlagen: sei es in der Ukraine, in Afghanistan, Belutschistan, den zentralasiatischen "Stans" oder Xinjiang. Soweit der Artikel.

China in Afrika

So wie China geduldig und nachhaltig Asien öffnet, so intelligent ist seine Politik in Afrika. Bisher ist das einzige afrikanische Land, das in der Organisation der G20 vertreten ist, Südafrika. Denn der Rest Afrikas wird von den Kolonialstaaten immer noch als ihre Einflussdomäne und damit ihr „Revier“ betrachtet, das keine eigene Stimme haben soll, sondern durch die Kolonialstaaten vertreten wird.

Doch inzwischen mehren sich Stimmen, die eine Vertretung der Afrikanischen Union in der Gruppe der G20-Staaten, die 80% der globalen Wirtschaft vertreten, fordern. Aber an die Spitze der Bewegung stellte sich China. Theafricareport (5) fasst die Hauptgründe zusammen, warum nun auch die „Kolonisten“ kaum Widerstand mehr leisten können.

Erstens sei es die wachsende Bedeutung der AU für die wirtschaftliche Steuerung Afrikas. Mit der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA), die seit Januar 2021 die 55 afrikanischen Volkswirtschaften zu einem gemeinsamen Markt zusammenführe, stelle die AU nun einen Wirtschaftsblock dar, der als achtgrößter der Welt gilt.

So habe der AU-Vorsitzende Macky Sall auf dem gerade zu Ende gegangenen Vierten Koordinierungstreffen der Afrikanischen Union Themen von großer Bedeutung für den Kontinent skizziert.

Zweitens werde mit der Forderung nach einer AU-Mitgliedschaft anerkannt, dass es bei der G20 nicht in erster Linie um "Wohlwollen" für Afrika geht, auch wenn so viele Afrika-bezogene Vorschläge in dieser Weise präsentiert würden, offensichtlich, möchte man hinzufügen, damit sich die Kolonialländer als Interessenvertreter darstellen können. Tatsache sei, dass die G20 die afrikanischen Länder brauche, da sie über wichtige Ressourcen zur Bewältigung der globalen Energieprobleme verfügen.

Der Artikel führt dann Bauxit aus Guinea, Kobalt und Tantal aus dem Kongo und Platin aus Südafrika auf, und erwähnt, dass die Afrikanische Union maßgeblich an der Getreidelösung im Ukraine-Konflikt mitgearbeitet hatte. Außerdem habe die AfrEximBank seit 2018 ein 42 Währungen umfassendes sehr komplexes Zahlungssystem eingeführt. Und Kenia habe als erstes Land überhaupt kontaktlose Inlandszahlungen mit dem M-Pesa-System eingeführt. (5)

Soweit der Artikel. Der noch gar nicht die zukünftige Bedeutung als weltweit dominierender Wasserstofflieferant berücksichtigt. Man erkennt, dass meine Einschätzung, Afrika stehe vor einem großen Sprung nach vorne, ähnlich den „Tigerstaaten“ vor 25 Jahren in Südostasien, immer realistischer erscheint.

Der nächste Vorsitz der G20 wird durch Indien wahrgenommen. Es wird spannend zu sehen, ob die USA es schaffen, dank „teile und herrsche“ Indien gegen den chinesischen Vorstoß motivieren zu können, oder ob aus G20 vielleicht die G21 werden. Dies würde nicht nur den Einfluss der USA weiter verringern, sondern auch die Reste kolonialer Herrschaft schwächen. Und letztlich die multipolare Welt wieder einen Schritt näher bringen.

Die Schuldenfalle

Wie schon in vorherigen Artikeln besprochen, erklärt der Westen unisono, dass Chinas Entwicklungskredite Afrika in die Abhängigkeit treiben würden. Wobei sie ganz offensichtlich von ihrer eigenen Politik der Kreditvergabe ausgehen. Die IWF, Weltbank usw gewährend nur Kredite unter der Voraussetzung, dass „die Märkte geöffnet“ werden, insbesondere für Überproduktionen des Westens. Und natürlich, dass die Gesellschaften dem westlichen „Zivilisationsmodell“ in Form der Regierungsführung, Medien und sonstigen „liberalen Errungenschaften“ nachfolgen.

Theafricareport hat dazu am 15. August eine interessante Analyse veröffentlicht (6). Der Artikel beginnt mit der Feststellung, dass die USA in Afrika von China in letzter Zeit in den Schatten gestellt wurden. Denn inzwischen habe China auch Europa als größten Handelspartner, Investor und Rohstoffausbeuter in Afrika überholt. Die EU sei zudem offiziell von kenianischen Politikern aufgefordert worden, Afrika nicht mehr als Hilfeempfänger anzusehen, sondern Afrika als Investitionspartner anzuerkennen.

Die Autorin, Sally Boyani schreibt sinngemäß, Europa setze Entwicklungshilfe in Afrika ein, um billige Rohstoffe zu erhalten, China nutze Entwicklungskredite für den Handel und „die USA verhökern Demokratieideale, die nicht mehr in ihrem Machtbereich liegen“. Jeder wolle einen Teil von Afrika, aber dabei stießen sie nun ein neues Afrika.

Dann erklärt sie „Chinas Perlenkette“. Einer US-Theorie zufolge seien die Perlen die kommerziellen und militärischen Infrastrukturen, die durch China in den Seehäfen errichtet wurden, und die Schnur sei die Kommunikationslinie zwischen diesen Perlen.

Die Schnur reiche vom chinesischen Festland bis zum Horn von Afrika und Port Sudan. Isaac Kardon, Assistenzprofessor am China Maritime Studies Institute des US Naval War College, sehe den Grund dafür darin, dass

"chinesische Firmen Afrikas Häfen rasch als Plattformen für die integrierte politische, wirtschaftliche und militärische Präsenz der Volksrepublik China (VRC) in jeder Subregion des Kontinents ausbauen, indem sie die langfristige Kontrolle über Eigentum und Betrieb von Hafenanlagen übernehmen, anstatt sie nur auf Vertragsbasis zu bauen." (6)

Der Hafen von Chittagong in Bangladesch, Gwadar in Pakistan, Hambantota in Sri Lanka, Kyaupkyu in Myanmar, Malacca in Malaysia, Mombasa in Kenia, der Hafen von Sudan und der Hafen von Dschibuti seien der Autorin zufolge nur einige von Chinas Perlen in der Region des Indischen Ozeans (IOR).

Der Hafen von Dschibuti sei demzufolge auch Chinas erste militärische Einrichtung in Übersee. Grund dafür scheine seine strategische Lage im Indischen Ozean mit Blick auf den Golf von Aden und die Bab-el-Mandeb-Straße, über die jährlich zwischen 12,5 und 20 % des Welthandels abgewickelt werden. „Bislang hält China mehr als 70 % der Schulden Dschibutis und hat den Hafen seit 2016 für zehn Jahre zum Preis von 20 Millionen Dollar jährlich gepachtet.“ (6)

Es gab Befürchtungen, berichtet die Autorin, dass Dschibuti den Weg Sri Lankas gehen würde, aber es werde für China nicht einfach sein, den Hafen von Dschibuti ganz zu übernehmen, ohne dass es zu einem richtigen Streit mit dem globalen Norden komme. Denn Dschibuti verpachte auch Land an mehrere ausländische Militärs, darunter auch die USA.

Ebenfalls in diesem Netzwerk sei Sri Lanka gezwungen gewesen, seinen Hafen Hambantota für 99 Jahre an das chinesische Unternehmen, das ihn gebaut hat, zu verpachten. Der Grund dafür sei, dass sich Sri Lanka in einer Finanzkrise befand, durch welche das Land nicht in der Lage war, Chinas Kredite zu bedienen. Die westliche Gemeinschaft meinte, dies sei die Folge der Schuldenfalle-Diplomatie.

Allerdings, so Sally Boyani, ließen sich die Führer des Südens dennoch bereitwillig auf Megaprojekte mit China ein. Der Grund sei die Tatsache der absoluten Nichteinmischungspolitik Chinas. So habe China nichts dagegen, massiv auch in angeblich korrupte Regierungen zu investieren, wie im Fall von Sri Lanka und Sambia, die beide mit ihren Auslandsschulden in Verzug geraten sind und China als einen ihrer Hauptgläubiger hatten.

Außerdem seien die afrikanischen Staaten nach wie vor nicht davon überzeugt, dass China ein neokolonialer Gegner sein könnte. Das liege daran, dass China Afrika geholfen habe in weniger als einer Generation einen großen Durchbruch bei der Entwicklung der Infrastruktur zu erreichen.

Ein Schritt, sollte man hinzufügen, den die USA und Europa in Jahrzehnten nach der Kolonialisierung offensichtlich nicht gehen wollten. China, so der Artikel weiter, sei schließlich bereit, Sambias Kredite, die sich Ende 2021 auf über 17 Mrd. USD beliefen, zu günstigeren und weniger belastenden Bedingungen umzustrukturieren, was auch nicht zu einer neuen imperialen Politik passe.

Fast 40 afrikanische Staaten haben der Autorin zufolge eine Absichtserklärung unterzeichnet, um sich Chinas Belt and Road Initiative (BRI) anzuschließen, welche die Export- und Importlieferkette auf dem Kontinent schon jetzt angekurbelt und integriert habe. Denn durch diese Initiative seien auf dem Kontinent Megaprojekte wie Eisenbahnen, Autobahnen, Megahäfen, Straßen, Staudämme und vieles mehr realisiert worden.

Neben den kommerziellen Aktivitäten etabliere sich China auch „als Wächter des Kontinents, mit seiner neuen globalen Sicherheitsinitiative“ durch militärische Ausbildung, den Austausch von Informationen und die Bereitstellung von Militär für UN-Friedensmissionen am Horn von Afrika und in der Sahelzone. Dann beantwortet Boyani die Frage, ob China die Souveränität des Kontinents untergraben würde, was ja von einigen westlichen Politikern erklärt wird.

„Afrikas Souveränität wurde bereits vor über einem Jahrhundert untergraben, aber es gibt ein neues Gerangel um Afrika, und die afrikanischen Führer und Völker müssen wachsam bleiben, um ihre Unabhängigkeit nicht für die nächsten 100 Jahre zu verpachten.“

Aussichten

Halten Sie den Atem an. Die Entstehung der multipolaren Welt nimmt Fahrt auf und steigert sich fast täglich. Immer mehr Staaten wagen, gegen die „Regeln“ des Imperiums zu verstoßen. Immer weniger Länder wollen sich ihre Politik vorschreiben lassen, um einem globalen Herrschaftsanspruch zu dienen. Am 24. August wurde eine Resolution in der UNO, welche die „Aggression Russlands“ verurteilt, nur noch von weniger als einem Drittel der UNO-Mitglieder unterstützt.  Die 54 den USA treu gebliebenen Vasallen sind entweder wirtschaftlich und militärisch vollkommen unter der Kontrolle der USA oder so kleine und abhängige Volkswirtschaften, dass sie nur wie Kolonien handeln können. Nicht nur, dass die USA den Stellvertreterkrieg in der Ukraine verlieren, sondern dieser Krieg wird auch den globalen Kontrollanspruch der USA beenden.

In der nächsten Woche berichte ich weitere Details über diese geopolitischen Verschiebungen, die nur noch durch einen großen Krieg (7, 8) verzögert werden könnten. Hoffen wir, dass dieser große Krieg im letzten Moment doch noch verhindert wird, trotz der historischen Aufrüstung und Kriegspropaganda in Deutschland, und der Bereitschaft der Mehrheit der Politiker, Deutschland als Opferanode für den imperialen Krieg zur Verfügung zu stellen.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.indianpunchline.com/us-taunts-russia-to-escalate-in-ukraine/

(2) Der INSTSC oder International North–South Transport Corridor ist eine 7.200 km lange Waren und Güter-Verbindung durch ein Netzwerk von Schifffahrtslinien, Eisenbahnen und Straßenverbindungen.

(3) https://thecradle.co/Article/columns/14439

(4) Shanghai Cooperation Organisation (SCO oder SZO in Deutsch) ist nicht nur ein Wirtschafts- sondern auch ein Sicherheitsbündnis.

(5) https://www.theafricareport.com/226417/why-the-g20-needs-african-union-as-a-member/

(6) https://www.theafricareport.com/230524/is-africa-undercutting-its-sovereignty-with-chinas-debt-trap-diplomacy/

(7) https://www.anti-spiegel.ru/2022/geht-es-um-artikel-5-die-logik-hinter-dem-beschuss-des-akw-saporischschja/

(8) https://www.anti-spiegel.ru/2022/der-aktuelle-stand-der-ermittlungen-zum-mord-an-darja-dugina/

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Sean K/ shutterstock


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