Der Wiener Verleger Hannes Hofbauer widmet sich in seinem neuen Buch „Zensur – Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte“ ausführlich dem gemeinsamen Angriff großer Konzerne und staatlicher Behörden auf das regierungskritische Portal KenFM.
Ein Auszug aus dem Buch von Hannes Hofbauer.
Verlorenes Vertrauen mit Zwangsmaßnahmen zu kompensieren, gehört zu den ältesten Herrschaftstechniken, deren sich Kirchenhäupter und Monarchen ebenso bedienten wie es Regierungen und führende Medienhäuser unserer Tage tun. Den Verlust einer gewohnten Diskurshegemonie beantworten sie dann mit Publikationsverboten. Betroffen sind Positionen, die das herrschende Narrativ in Frage stellen und gleichzeitig das Potenzial einer weiten Verbreitung besitzen. In genau einer solchen Situation befinden wir uns.
Die Wiederkehr der Zensur wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums. Im Niedergang kämpft das Establishment um seine Daseinsberechtigung. Je erfolgreicher Gegenöffentlichkeit hergestellt werden kann, desto aggressiver wird ihr von Brüssel oder Berlin begegnet. Staatliche Wahrheitswächter und kalifornische Medienmonopole haben eine neue, gemeinsame Praxis des Löschens und Sperrens von Inhalten entwickelt, für die sie einander gegenseitig die Verantwortung zuspielen; wir erleben die Zensurpraxis des post-industriellen, digital-kybernetischen Zeitalters. (…)
Die wesentlichen Zensurinstrumente der Gegenwart sind in den USA beheimatet; und sie bestimmen auch über weite Teile des Publikationsgeschehens im deutschen Sprachraum, der im Mittelpunkt unserer Analyse steht. In der Kraft von Kommunikationskonzernen wie Facebook/Meta, Twitter und YouTube/Google zeigt sich die Abhängigkeit Westeuropas von den USA.
Zensurmaßnahmen gegen oppositionelle Stimmen, wie sie vor 500 Jahren über Indizes und Exkommunikationsdrohungen der katholischen Kirche durchgesetzt und später durch staatliche Stellen verhängt wurden, haben sich in den vergangenen Jahren in den digitalen Raum verlagert. Dort werden unsere Breiten von US-amerikanischen Unternehmen beherrscht. Die Änderung eines Algorithmus im Techniklabor von Menlo Park, dem Hauptsitz von Facebook, kann die freie Meinungsäußerung in EU-Europa behindern; und sie tut es auch. Dazu kommt eine offen agierende Zensurmaschine, die Positionen rechts und links des Mainstreams im Visier hat und immer mehr von ihnen aus dem Weg räumt. Übrig bleibt ein enger werdender Meinungskorridor mit dem Ziel einer entsprechend den herrschenden Vorgaben gestreamlinten Gesellschaft. (…)
Konzertierte Aktion
Wie US-amerikanische Internet-Monopolisten und der deutsche Staat die reichweitenstärkste Stimme der Gegenöffentlichkeit, das vom Journalisten Ken Jebsen betriebene Portal KenFM, in einer konzertierten Aktion zum Verstummen gebracht haben, ist ein Lehrbeispiel von Zensurpolitik im 21. Jahrhundert. Und ich verweigere an dieser Stelle die von so manchem Kritiker dieses Skandals vorgebrachte Distanzierung zu den Inhalten des Senders, weil eine solche erstens nichts zur Sache tut und ich sie zweitens nicht teile.
Ken Jebsen ist das künstlerische Pseudonym des 1966 in Krefeld geborenen deutsch-iranischen Journalisten. Nachdem er wegen seiner harschen Israelkritik 2011 als Moderator von Radio Berlin Brandenburg (RBB) unter dem Vorwand des Antisemitismus entlassen worden war, machte sich Jebsen selbstständig und gründete im Jahr darauf das Portal KenFM. Mehrere Sendeformate gingen in kürzester Zeit viral. Ein Gutteil seines Erfolges gründete auf langen, ausführlichen Gesprächen mit den unterschiedlichsten InterviewpartnerInnen zu brisanten Themen wie Russland-Ukraine, Migration, US-Imperialismus, dem Israel-Palästina-Konflikt und EU-Politik. In oft eineinhalbstündigen Diskussionen kamen friedenspolitisch engagierte und/oder NATO- sowie EU-kritische Prominente wie Jean Ziegler, Mathias Bröckers, Daniela Dahn, Frieder Wagner, Willy Wimmer, Gaby Weber, Moshe Zuckermann und viele andere zu Wort. Ausführlichkeit und inhaltliche Tiefe setzten einen Kontrapunkt zur Kurz- und Schnelllebigkeit der Mainstream-Medien.
Mit dem von Berlin nicht ausgerufenen, aber de facto verordneten Ausnahmezustand des Corona-Regimes im März 2020 avancierte KenFM zur wichtigsten Stimme des Widerstandes. Seine 500.000 Abonnenten waren der herrschaftlichen Erzählung vom Todesvirus, der nur mit autoritären Maßnahmen eingedämmt werden könne, ein gehöriger, tiefer Stachel im Fleisch. Jebsens Anfang Mai 2020 hochgeladenes Video „Gates kapert Deutschland“ – eine Antwort auf die Ankündigung des Oligarchen in der Tagesschau, dass wohl sieben Milliarden Menschen geimpft werden müssen, um der Pandemie Herr zu werden – hatte auf seinem YouTube-Kanal in kürzester Zeit über drei Millionen Zugriffe. Damit war für das Establishment offensichtlich eine – selbst gezeichnete – rote Linie überschritten, jenseits derer die Meinungs- und Pressefreiheit ihr Ende zu finden hätte, wenn der Inhalt dem herrschenden Narrativ entgegensteht. Seit damals laufen Zensurvorbereitungen gegen KenFM, die im Oktober 2021 dazu führen, dass das Portal stillgelegt wird. (1)
Ausschluss von Werbegeldern
Die erste Attacke ritt YouTube; und das bereits im Mai 2020, als unmittelbare Reaktion auf das viral gegangene Video zu Bill Gates. Gegen ihre eigentlichen Geschäftsinteressen, aber wohl in Hinblick auf das große Ganze, sorgte das kalifornische Video-Portal dafür, dass KenFM demonetarisiert wurde. Mit anderen Worten: Die YouTube-Mutter Google ließ keine Werbung mehr schalten und damit wurde der Kanal KenFM nicht mehr weiterempfohlen, er kam vom digitalen Schaufenster in die Dunkelkammer. Damit schnitt sich zwar Google ins eigene Fleisch, verdiente der Konzern doch durch ungefragte personalisierte Inserate den Löwenanteil des Werbekuchens, während für KenFM (wie für andere Inhalte bietenden Portale) dabei nur Brösel abfielen. Die politische Entscheidung, einen unliebsamen Kanal in die Enge zu treiben, wog aber sichtlich den finanziellen Schaden auf.
Diese sogenannte De-Monetarisierung ungeliebter „Kunden“ wurde später, im Januar 2021, zu einer Forderung der Europäischen Union. Ihre Kommissarin für Werte und Transparenz, Věra Jourová, machte klar, dass „Falschmeldungen keinen prominenten Platz“ einnehmen dürfen und deswegen „Desinformation im Internet zu demonetarisieren“ sei.
Ende 2020 löschte YouTube dann den Kanal von KenFM vollständig, womit 500.000 Abonnenten verloren gingen. Dabei scheute der Riese aus dem Silicon Valley nicht davor zurück, die eigenen Spielregeln zu missachten. Die hätten zur endgültigen Sperre drei konzerninterne Abmahnungen, sogenannte Strikes, vorgesehen. Ken Jebsen ließ es dazu aber gar nicht kommen, weil er nach dem zweiten Strike seinen eigenen Kanal offline stellte, um sich aus der Schusslinie zu nehmen und keinen dritten, endgültigen Strike zu riskieren. (2) Doch schon während dieses Monats nahm YouTube KenFM vom Netz. Kurz darauf schwärzte auch das französische Videoportal „Dailymotion“ die Videos des aufmüpfigen Kanals, der Anbieter „Patreon“ folgte. Zügig zog sich die Schlinge um Ken Jebsen zu. Anfang Februar 2021 löschte die YouTube-Mutter Google die KenFM-App aus dem Play Store, was weitere finanzielle Einbußen bedeutete. Als Grund dafür nannte die Suchmaschine:
„Wir lassen keine Apps zu, die medizinische oder gesundheitsbezogene Inhalte oder Funktionalitäten aufweisen, die irreführend oder potenziell schädlich sind.“
Banken machen mit
Parallel zu den politisch motivierten Angriffen aus Kalifornien kündigte Jebsens Hausbank das Konto. Das macht insofern auf den ersten Blick hellhörig, weil es sich bei dieser Bank um ein in der Umwelt- und Friedensbewegung beliebtes „alternatives“ Geldinstitut handelte. Die Rede ist von der GLS-Bank, nach eigenen Angaben die erste Ökobank der Welt, aus dem Umfeld der Waldorfbewegung. Ken Jebsen war, wie viele andere, deshalb zur GLS-Bank gegangen, weil dort garantiert wurde, nicht in Rüstungsfirmen oder umweltschädliche Projekte zu investieren. Mit der Kontokündigung reihten sich die angeblich alternativen Banker in den Trupp jener ein, die es sich zur Aufgabe gestellt hatten, ein EU-kritisches, die Kriegshetze gegen Russland bekämpfendes, die Mobilisierung billiger migrantischer ArbeiterInnen kritisierendes und vor allem den Vormarsch von Big Pharma entgegentretendes Medium zum Schweigen zu bringen.
Zähe Verhandlungen mit den anthroposophischen Bankern verschafften Jebsen ein paar Monate Galgenfrist, in denen er die Erfahrung machte, dass von 40 angeschriebenen Bankvorständen alle eine Kontoeröffnung für das Portal KenFM ablehnten. Die meisten taten dies ohne jedes Argument, manche mit dem Hinweis auf angeblich rechtsradikales Gedankengut, das auf dem Sender verbreitet würde, auch von Verschwörungstheorie, der man seine Kontodienste nicht zur Verfügung stellen wolle, war hier und dort die Rede. Jebsens Versuch, es dann eben bei der Rechten zu probieren, führte ihn zur Hausbank der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Dort beschied man ihm, kein Konto für jemanden eröffnen zu wollen, der zu kontrovers sei. „Wenn man diese Erfahrungen gemacht hat“, so Jebsen in der Rückschau, „dann weiß man, dass man inhaltlich richtig liegt.“ Bei einer kleinen Ossi-geführten Sparkasse in Sachsen kam der Rebell als Kunde schließlich unter.
Staat will Oppositionsmedien direkt kontrollieren
Den Generalangriff auf KenFM führte dann die staatliche Seite, und zwar in Form der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Diese aus dem „Medienstaatsvertrag“ hervorgegangene Institution zur Überwachung digital verbreiteter Inhalte von sogenannten Alternativmedien nahm im November 2020 ihren Dienst auf. Bereits drei Monate später zog sie gegen den reichweitenstärksten Kanal aus dieser Szene, gegen KenFM, zu Felde. Wer Verschwörungstheorien anhängt, könnte im bundesweiten Aufbau der Medienanstalten eine „Lex KenFM“ vermuten. Wahrscheinlicher ist freilich, dass sich die Meinungswächter gleich nach Inbetriebnahme ihres Büros am Flaggschiff der maßnahmenkritischen Bewegung ihr Mütchen kühlen wollten.
Mitte Februar 2021 war es jedenfalls soweit. Die MABB stieß eine erste Verwarnung gegen die Plattform von Ken Jebsen aus, am 26. April setzte sie den zweiten Schuss vor den Bug, dem am 14. Mai die damit erzwungene Anhörung folgte. Der Kernvorwurf der Medienanstalt lautete, KenFM würde die journalistische Sorgfaltspflicht verletzen. „Wer im Netz publiziert, muss sich (…) an journalistische Standards halten“, heißt es dazu im Merkblatt der MABB auf der ersten Seite. Und weiter, zitiert aus dem Gesetzestext: „Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten (…) haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Gleiches gilt für andere geschäftsmäßig angebotene, journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien, in denen regelmäßig Nachrichten oder politische Informationen enthalten sind.“
Fragwürdiger Wahrheitskodex
Was ein „anerkannter journalistischer Grundsatz ist“, darüber werden wohl die Meinungen eines Reporters der Tageszeitung Bild und einer Kolumnistin der Wochenzeitung Die Zeit auseinander gehen. Diese Definitionsfrage einmal beiseitegelassen, ist es für das weitere Prozedere hoch interessant, dass ausdrücklich Nachrichten gemeint sind, die diesem – fragwürdigen – Wahrheitskodex zu unterwerfen sind. Dazu meinte der Vorsitzende der Direktorenkonferenz aller 16 Landesmedienanstalten, Wolfgang Kreißig, explizit: „Keine Nachrichten sind Aussagen und Meinungen, die als solche transparent gemacht sind und erkennbar nicht darauf gerichtet sind, den Nutzer zu informieren.“ Die Unterscheidung in Nachricht und Meinungsbeitrag/Kommentar kennt jeder Medienmensch. Für die Zensurmaßnahmen gegen KenFM ist sie insofern wichtig, als dass die von der Medienanstalt beanstandeten Beiträge, die ihrer Meinung nach nicht der journalistischen Sorgfaltspflicht entsprechen, allesamt ausgewiesene Kommentare sind – und keinen Nachrichtencharakter enthalten.
Ganze vier Beiträge hat die MABB angemahnt und das Jebsen-Portal aufgefordert, entsprechende Quellen für die darin geäußerten Positionen beizustellen, widrigenfalls es zu einer hohen Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro und anschließend zur Schließung des Portals kommt. Drei der vier Artikel stammen aus der Feder des Historikers und Archivars Rüdiger Lenz, einer kommt vom Internisten und langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg. Gemeinsam ist ihnen ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung.
Der MABB hat es die mangelnde journalistische Sorgfaltspflicht angetan, die zwar – laut gesetzlicher Grundlage – nur bei Nachrichten und nicht bei Kommentaren zum Tragen kommt, aber so kleinlich darf man nicht sein, wenn es um das Mundtotmachen eines kritischen Mediums geht.
„Die Impfaktion: Nutzen für wenige, Schaden für viele“ nennt sich der beanstandete Wodarg-Beitrag vom 9. November 2020. Darin kritisiert der Mediziner die Einrichtung von bundesweit 60 Impfzentren, mit denen den stationären Ärzten die Impfhoheit genommen und die ganze Aktion an große private Labore ausgelagert wird. Auch Wodargs Einschätzung, dass „eine Krankheit (Covid-19, d. A.) unter der medialen Lupe vergrößert wird“, behagt weder den Pharma-Konzernen, die daran verdienen, noch der Regierung, die dadurch ihre repressive Politik diskreditiert sieht. Im Warnschreiben der Medienanstalt wird dann noch eine Quelle zur Bemerkung von Wodarg eingefordert, wonach die Covid-19-Schutzimpfung „in Wirklichkeit eine flächendeckende Riesenbeobachtungsstudie mit neuartigen gentechnischen Manipulationen unserer Immunsysteme“ sei. Eine Einschätzung wie diese, so der Tenor der MABB, verstoße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Mit anderen Worten: solche Töne fallen in Deutschland unter das – offiziell nicht bestehende – Publikationsverbot.
Die übrigen drei beanstandeten Beiträge von Rüdiger Lenz kreisen um dieselbe Causa prima des Jahres 2021. Der MABB-Brief endet mit dem Satz: „Sollte eine Anpassung oder eine Stellungnahme innerhalb der Frist (die mit 1. März festgesetzt wird, d. A.) unterbleiben, werden wir zeitnah ein förmliches Verwaltungsverfahren einleiten.“
Im Antwortschreiben des Anwalts von Ken Jebsen stellt dieser fest, dass der beanstandete Podcast „als Kommentar von Dr. Wolfgang Wodarg gekennzeichnet“ ist, der „seine persönliche Einschätzung wiedergibt, zu der er aufgrund seiner Analyse von Studien und Dokumenten gelangt ist.“
Bereits am 26. April 2021, die Medienanstalt hat es für Beamte ungewöhnlich eilig, ergeht der „Vollzug des Medienstaatsvertrages“ an die Adresse von KenFM, wie es in der Betreffzeile heißt. Die damalige Direktorin der MABB, Eva Flecken, lässt ein förmliches Verwaltungsstrafverfahren gegen das Portal von Ken Jebsen aussprechen. Dessen Kernsatz lautet in schwer lesbarem Behördendeutsch: „Bezüglich einiger Behauptungen erhielten wir jedoch keinen Quellennachweis. Da wir hier auch keine Änderungen auf ihrem Angebot feststellen konnten und die Stellungnahme auf das Hinweisschreiben zu keiner anderen Einschätzung führte, leiten wir mit diesem Anhörungsschreiben ein förmliches Verwaltungsverfahren gegen Sie als Anbieter des Angebotes www.kenfm.de ein.“
Damit ist die Zensurmaschine angeworfen.
Vom Geheimdienst überwacht
Doch der deutsche Staat wird auch noch an anderer Front gegen Ken Jebsen aktiv. Ende Mai 2021 wissen die beiden WDR-Journalisten Florian Flade und Georg Mascolo darüber zu berichten, dass die Medienplattform KenFM vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Die Plattform würde, so der Vorwurf des Staatsschutzes, „gefährliche Verschwörungserzählungen verbreiten“ und „treibe damit die Radikalisierung der sogenannten Querdenker-Szene voran“. Mit Georg Mascolo freut sich übrigens jemand über die amtliche Bespitzelung des unbequemen Jebsen, der geradezu den Idealtypus der transatlantisch verordneten Wahrheit verkörpert. Als langjähriger Chefredakteur des Hamburger Magazins Der Spiegel gibt er im Öffentlich-Rechtlichen seit Jahren den Terrorismus-Experten; und als Mitglied des Thinktanks „Atlantik-Brücke“ weiß er um die Wichtigkeit eines medialen Bindeglieds zwischen den Interessen der USA und Deutschland Bescheid.
Von JournalistenkollegInnen aus den Mainstream-Medien, zu denen in der Frage Corona-Regime auch die beiden kleinen linken Tageszeitungen Neues Deutschland und junge Welt gehören, erhielt Ken Jebsen keine Unterstützung. Im Gegenteil. Dort diffamierte man ihn jahrelang als Antisemiten und Rechten. „Naziflüsterer des Tages: Ken Jebsen“, titelte beispielsweise die junge Welt ihre Erkenntnisse über den Konkurrenten auf der Medienbühne. Und das ehemalige SED-Zentralorgan Neues Deutschland mokiert sich Ende Mai 2021 darüber, mit welchen Kraftausdrücken KenFM seine Klickzahlen erhöht. „Merkel-Regime“, „Corona-Diktatur“ und „Pharma-Mafia“ gehören nicht zum Wortschatz der linken Berliner Tageszeitung, Autor Rainer Rutz wendet sich angewidert davon ab.
Als dann auf Spiegel-TV vom 19. Mai 2021 Haus und Adresse von Ken Jebsen – inklusive der Namensschilder an der Tür – gezeigt werden, mutiert die politische Verfolgung des Unbeliebten von der medialen Hetze zum (indirekten) Aufruf, ihn und seine Familie physisch anzugreifen. Nur wenig später tauchen tatsächlich Demonstranten vor dem Wohnsitz des Journalisten auf. Und im Bioladen um die Ecke wird Ken Jebsen, der gemeinsam mit seinen Kindern einkaufen geht, von prügelwütigen Aktivisten attackiert. Beim kurz darauf stattfindenden Hacker-Angriff auf die Website des Internetportals KenFM erbeuten die Eindringlinge Datensätze von Abonnenten und Spendern. Ob es sich bei den Angreifern um Verfassungsschützer oder Trittbrettfahrer der medialen Hetzer handelte, bleibt im Unklaren. Im Oktober 2021 geht KenFM vom Netz, die Medienanstalt Berlin-Brandenburg stellt das Verfahren ein, Ken Jebsen zieht aus Deutschland weg.
Die erzwungene Schließung ist ein Präzedenzfall
An diesem Lehrbeispiel einer postmodernen Zensurpraxis haben sich beteiligt: der kalifornische Suchmaschinen- und Videoportal-Riese Google/YouTube, die staatliche Medienanstalt Berlin-Brandenburg, der deutsche Verfassungsschutz und die Masse des medialen Mainstreams. Mit der erzwungenen Schließung des erfolgreichsten Mediums der Gegenöffentlichkeit ist ein Präzedenzfall geschaffen. Wer der herrschaftlichen Erzählung in strategisch wichtigen Bereichen – im Fall von Ken Jebsen war es letztlich die Fundamentalopposition zum Corona-Regime – entgegentritt und dies so erfolgreich tut, dass deren Diskurshoheit bedroht ist, wird mit allen Mitteln bekämpft. (...)
Zensur und Publikationsverbote, wie sie in diesem Buch besprochen wurden, sind Herrschaftsinstrumente zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen, politischer Macht und kultureller Hegemonie. Das war nach der Erfindung des Buchdrucks genauso wie heute im digitalen Zeitalter. Bloß die Herrschaft ändert sich. Ob Kirchenfürsten, Kaiser und Könige, Verfechter der Aufklärung, Blut- und Boden-Reaktionäre, das bürgerlich-parlamentarische Establishment, die kommunistische Nomenklatura oder die neue Allianz von ökonomischen Monopolen und autokratischen Staatslenkern: In dem Moment, wo sie an der Macht sind, versuchen sie, Stimmen, die ihnen wirklich gefährlich werden können, mundtot zu machen.
Die Geschichte zeigt: es gelingt ihnen nie, und schon gar nicht vollständig. Die katholische Kirche konnte die Protestanten nicht aufhalten, die weltlichen Alleinherrscher die Demokratisierung nicht stoppen, die Aufklärer die Reaktion nicht beseitigen und umgekehrt die Reaktion nicht den Widerstand dagegen brechen, die kommunistische Obrigkeit war letztlich gegen Volksbewegungen machtlos und die aktuellen Regime werden daran scheitern, ihre verlorene Glaubwürdigkeit mit Repressalien wiederherstellen zu können.
Zensur und Publikationsverbote, so einschneidend sie den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs behindern und so sehr sie ihn beschädigen – was ja ihre Absicht ist –, sind ab einem gewissen Kipppunkt nur mehr Zeichen der Schwäche. Wann dieser Punkt erreicht ist, dafür gibt es freilich kein Rezept. Er wird notgedrungen zwischen den Maßnahmen der Zensoren und den Aktivitäten der Zensurierten gefunden werden müssen.
Anmerkungen:
(1) Gleichzeitig gründet Ken Jebsen das Portal Apolut, dem er nicht mehr als leitender Redakteur, sondern als Berater zur Verfügung steht.
(2) Gespräch mit Ken Jebsen am 27. Januar 2022
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
+++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 11. April 2022 bei multipolar-magazin.de
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Bildquelle: Postmodern Studio / shutterstock
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