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Gaza, US-Wahlergebnis, Israels und UNO | Von Jochen Mitschka

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Standpunkte 21112024
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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Von meiner Mutter weiß ich, dass ein geflügelter Spruch in der Nazi-Ordnung des 3. Reiches war „Wenn der Führer das wüsste“. Der Glauben war, dass da jemand war, der nur Gutes wollte, aber seine dummen oder hinterhältigen Mitarbeiter, boykottierten seine guten Taten. Dieses Verhalten wird immer wieder von Anhängern gewisser Führer oder „Vorbilder“ als Ausweg aus einem Dilemma gewählt, das aus dem Widerspruch von Taten zu Worten resultiert. Genau so gibt es Menschen, die auch heute noch glauben, dass Trump „den Sumpf säubert“. Und wenn es Rückschläge gibt, erklären sie, Trump spiele sozusagen dreidimensionales Schach, um den Tiefen Staat auszutricksen. Ich muss all diese Menschen enttäuschen. Trump wird ein paar private Racheakte realisieren, aber letztlich eine Oligarchengruppe besser bedienen als eine andere. Die schlimmsten Folgen dürften für den Nahen Osten zu erwarten sein.

So schön seine innenpolitischen Aussagen klingen mögen, so sehr man seine angeblichen "Friedenspläne" für die Ukraine begrüßen mag, und so sehr man sich über seine NATO-kritische Meinung freuen könnte, so sehr sollte man Angst haben vor der massenmörderischen Militärwalze, die sich droht weiter über den Nahen Osten zu bewegen. Wenn ein angeblich wichtiger zukünftiger Minister der USA die Hamas als Tiere bezeichnet, wissen wir, dass der Völkermord von Gaza mit Sicherheit auf die Westbank und weiter in den Libanon hineingetragen werden soll. Das kann der Iran unmöglich hinnehmen, so sehr das Land sich auch wünscht, endlich den erwürgenden Wirtschaftskrieg mit dem Westen beenden, um die wirtschaftliche Entwicklung beginnen zu können, durch Teilnahme in SZO, BRICS und mit China. Die hochgerüsteten Golfdiktaturen werden dann vor eine Wahl gestellt werden. Natürlich versuchen Sie, neutral zu bleiben. Aber das geht nicht, wenn von ihren Ländern, aus den Basen der USA Angriffe stattfinden. Also werden diese Basen zum Ziel werden. Und dann kommen sie zum Schwur. Kämpfen werden sie müssen. Entweder um die USA aus dem Land zu jagen, oder als Vergeltung für die Bombardierung der US-Basen in ihren Ländern. China seinerseits hat schon erklärt, dass ein Angriff auf die Interessen Chinas im Iran, insbesondere die für das Land vorgesehenen Gasförderanlagen, auf Seidenstraßen-Investitionen, Angriffe gegen China sind.

Tatsächlich könnte es nur noch eine Frage von Monaten sein, bis die Voraussage eines der höchsten Generäle der USA, dass die USA 2025 einen Krieg gegen China führen werden, wahr wird. Das größte Problem für China ist, dass es ein extrem kleineres Arsenal an Kernwaffen besitzt, da diese immer nur als Abschreckung, nie zur Führung eines Krieges gedacht waren, während die Lager der USA voll sind, und dringend abgebaut werden müssten. Durch einen massiven Atomkrieg haben die USA noch eine Chance, China "einzudämmen". Konventionell ist das schon nicht mehr möglich.

Wenn Israel und die USA im Nahen und Mittleren Osten weiter eskalieren, wird das ein Doppelrumms, wie er seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr zu hören war. Dabei ist jetzt schon klar: Wenn die USA nicht nuklear gehen, werden sie wieder, wie bereits aus Vietnam, wie aus dem Libanon gejagt werden, und werden sie wieder, wie bereits einmal, aus dem Irak vertrieben werden usw. Dann fehlen noch ein paar kleine Cyber-War-Tricks, dass der Finanzmarkt kollabiert, und die USA verlieren ihren Nimbus als unbesiegbare Supermacht endgültig, werden zu einem Land unter vielen, während der Hauptkriegstreiber, Israel in einen demokratischen Staat implodiert, in dem alle Menschen, unabhängig von Religion oder was auch immer, die gleichen Rechte haben. Aber bevor es so weit ist, anschnallen. Der Ritt wird heftig.

Israels Innenpolitik

Wer die Innenpolitik Israels und die Entwicklung der gesellschaftlichen mehrheitlichen Meinung hin zu einem rechtsradikalen rassistischen und expansionistischen Siedler-Kolonialstaat beobachtet hat, erkennt, zwei Dinge:

1. Israel ist unfähig, sich von innen heraus zu reformieren, zu einem demokratischen Staat zu verändern, der in Frieden mit seinem Nachbarn lebt. 700.000 militante und bewaffnete Siedler auf palästinensischem Gebiet sorgen dafür, dass ein solches Unterfangen in einem Bürgerkrieg enden würde.

2. Die Führung des Landes durch Netanjahu ist nicht entscheidend dafür, ob der Völkermord weitergeht oder nicht, sondern nur, ob Israel es schafft, die USA in einen großen Krieg zu verwickeln, um den Nahen Osten „neu zu organisieren“.

Und so ist es auch nur marginal wichtig, wenn Netanjahu inzwischen auch durch eigene Richter im Land verfolgt wird. Die möglichen Nachfolger werden sein tödliches Handwerk weiter fortsetzen. Hatte doch 2014 der Tagesspiegel berichtet, dass nach der Bombardierung von Gaza 120.000 Menschen obdachlos geworden waren. Dass die Zerstörungen so vollständig war, dass das bombardierte Gebiet ähnlich wie Hiroshima aussah, auch heute noch aussieht. Und Fotos der verheerenden Vernichtung waren so eindrucksvoll, dass sie von Ken Roth, dem Chef von Human Rights Watch, in der Propaganda gegen die legitime Regierung Syriens benutzt wurden, was Roth dann Jahre später zugab (1). Die Bilder dienten auch auf Plakaten und Videos als Wahlwerbung vor der letzten Knesset-Wahl. Dabei übertrafen sich die Kandidaten mit rassistischen Versprechungen. Benny Gantz, der ehemalige israelische Armeechef, prahlte damit, wie viel Tod und Zerstörung er über Gaza gebracht hätte (2). Deshalb wird Netanjahu, wenn überhaupt, höchstens als Bauernopfer dienen, nicht aber sein möglicher Rücktritt die Politik maßgeblich verändern.

Aber dennoch ist es interessant zu lesen, dass der israelische Richter Menachem Mizrahi bereits fünf hochrangige Militär- und Regierungsbeamte inhaftiert hat, und zwar in Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen, die „zum Ende von Benjamin Netanjahus dritter Amtszeit als Premierminister“ führen könnte. Allerdings habe der Richter Geheimhaltung darüber angeordnet, wie Seymour Hersh berichtet. Er schreibt:

„Angesichts der Probleme, die den Fall umgeben, stellen nur wenige außerhalb der Medien Mizrahis Vorsicht in Frage. Im Wesentlichen geht es dabei um Maßnahmen Netanjahus, der verzweifelt versucht, im Amt zu bleiben. Er soll der Auslöser für Erpressungen, den Diebstahl streng geheimer Dokumente und die Fälschung von Protokollen geheimer Kabinettssitzungen gewesen sein, und all dies aufgrund seiner beiläufigen öffentlichen Verbreitung eines der sensibelsten Dokumente des israelischen Militärs über die operative Kontrolle der Hamas über die Geiseln vom 7. Oktober, die, falls sie noch am Leben sind, seit dreizehn Monaten gefangen gehalten werden.“(3)

Hersh erklärt, was Beobachter schon lange wissen, nämlich, dass Netanjahu keinen Deal mit der Hamas zur Geiselfreilassung abgeschlossen hat, als einer möglich gewesen wäre, weil dies sein Ansehen bei Israels religiös extremen Rechten gefährdet hätte. Ihr offen erklärtes Ziel sei es, die Kontrolle über Gaza und das Westjordanland zu erlangen, wie es eine fanatische Auslegung der Bibel vorschreibt.

„Und zum Teufel mit dem Schicksal der Palästinenser in Gaza und dem Westjordanland, die ständig mörderischen israelischen Militärangriffen ausgesetzt sind.“(4)

Der Autor schreibt, dass die Maßnahmen des Richters weltweit Schlagzeilen machte, während zunächst Mitarbeiter Netanjahus im Fokus standen. Was wohl eine dem Premierminister „wohlgesinnte“ Version dessen war, was der israelische Geheimdienst über die Notlage der verbleibenden Geiseln erfahren hatte, und an die britische Zeitung Jewish Chronicle durchsickern ließ. Eine noch verzerrtere Version sei der Bild-Zeitung zugespielt worden. Der britische Artikel habe darauf abgezielt, Netanjahus Behauptung zu stützen, die immer wieder unterbrochenen Gespräche mit der Hamas hätten nie zu einem Waffenstillstand geführt, weil der im letzten Monat getötete Hamas-Führer Yahya Sinwar bereit gewesen sei, aus Gaza über Ägypten in den Iran zu fliehen und die Geiseln mitzunehmen...

Derweil geht die Hungerblockadepolitik Israels gegen den Gazastreifen ohne ernsthafte internationale Gegenmaßnahmen weiter. So forderte das israelische Besatzungsregime die Medien auf, die Ankunft von Hilfslastwagen am Grenzübergang Erez im nördlichen Gazastreifen zu dokumentieren. Aber nachdem die Medien mit dem Aufnehmen von Bildern und Videos fertig waren, mussten die Hilfslieferungen dann doch umkehren und erreichten nicht die hungernden Menschen in Gaza.

„Die Besatzung verfälscht die Fakten gegenüber der schweigenden Welt, die der terroristischen zionistischen Besatzung, die in Gaza bis jetzt Völkermord und Massenhunger begeht, keine Sanktionen auferlegt hat.“(5)

Israels Krieg gegen den Libanon

Interessanterweise unternimmt die libanesische Armee mit seinen 60.000 von den USA ausgebildeten, bewaffneten und teilweise bezahlten Soldaten nicht Teil an der Verteidigung von Süd-Libanon. Sie unternehmen auch nichts gegen die Bombardierung der Hauptstadt oder die Entführung von Libanesen.

Alle Botschafter der Kolonialländer wie Großbritannien, Frankreich, USA, aber auch Deutschland, arbeiten in Beirut mit aller Macht, auch mit Geheimdiensten, gegen die Hisbollah. Die meisten Anführer der Hisbollah wurden ermordet. Und trotzdem halten die Kämpfer der Hisbollah Israel davon ab, den Südlibanon zu besetzen. Das, obwohl die größte Militärmacht der Welt, die NATO, mit allen verfügbaren Aufklärungs- und Abwehrmitteln und Waffenlieferungen, auf Seite Israels versucht, den Angriffskrieg zu unterstützen.

Als Israel den Libanon das erste Mal besetzte, brauchte die IDF ca. 6 Tage, um bis Beirut zu kommen. Beim zweiten Versuch immerhin ca. 30 Tage. Im Jahr 2024 jedoch hat die IDF jedoch nach 45 Tagen noch kein einziges Dorf dauerhaft besetzt. Sie zerstören und ziehen sich wieder zurück. Sie bombardieren, versuchen die Zivilbevölkerung so hart wie möglich zu treffen, aber sind nicht in der Lage eine Besatzung durchzusetzen. Die einzige Macht Israels ist die Macht der Zerstörung und die damit verbundene Dahiya-Doktrin. Dan Steinbock schreibt dazu in seinem neuen Buch „The Fall of Israel“, das demnächst in Deutsch erscheint:

„Dahiya, ein hauptsächlich von Schiiten bewohnter Vorort südlich von Beirut, ist ein Wohn- und Geschäftsviertel mit Einkaufszentren, Einzelhandelsgeschäften und Souks oder Marktbasaren. 2006 war es die Hochburg der Hisbollah. Im Krieg jenes Jahres konzentrierte sich Israels Militär nach den Raketenangriffen der Gruppe auf israelische Grenzstädte dann auf wichtige zivile Ziele im Libanon, darunter Infrastruktur und öffentliche Bauvorhaben, Häfen und Fabriken, Stromnetze, zivile Wohnhäuser und Industrieanlagen, sogar Krankenwagen. Die UN-Nothilfebehörden bezeichneten Israels Offensive als ‚unverhältnismäßig‘ und verwiesen auf die ‚entsetzliche‘ Zerstörung eines ‚Blocks nach dem anderen‘ von Gebäuden in Beirut. Sie betrachteten sie als ‚Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht‘. Ein Drittel der Getöteten waren Kinder, während 900.000 Libanesen vertrieben wurden. (6)

Die Militärstrategie, die sich auf die Zerstörung ziviler Infrastruktur konzentriert, wurde erstmals 2005 von Gadi Eisenkot skizziert. Sie basierte auf der Idee, dass die israelischen Streitkräfte Dahiya schwer beschädigen müssten, um eine wirksame Abschreckung gegen die Hisbollah zu schaffen.(7) Eisenkots Vorgänger musste zurücktreten, weil er ‚zu vorsichtig‘ gewesen war.(8) Man ging davon aus, dass der Einsatz unverhältnismäßiger Macht die Hisbollah für immer oder zumindest für einen längeren Zeitraum beenden würde. Daher Eisenkots neue Strategie der Unverhältnismäßigkeit. In der Dahiya-Doktrin greift die Armee absichtlich die zivile Infrastruktur an, um der Zivilbevölkerung massives Leid zuzufügen und so eine wirksame Abschreckung zu schaffen. Nach dem Libanonkrieg 2006 wurde dieselbe Doktrin im Gaza-Krieg 2008–2009 eingesetzt. So meinte Eisenkot:

Was 2006 im Beiruter Stadtteil Dahiya geschah, wird in jedem Dorf passieren, aus dem Israel beschossen wird. Wir werden dort unverhältnismäßige Gewalt anwenden und dort großen Schaden und große Zerstörung anrichten. Aus unserer Sicht handelt es sich hier nicht um zivile Dörfer, sondern um Militärstützpunkte."(9)

Trotz breiter internationaler Opposition gegen solche Doktrinen wurde Eisenkot nach dem 7. Oktober 2023 als Minister ohne Geschäftsbereich in Netanjahus Kriegskabinett ernannt.

Laut Netanjahu, sei im Libanon nun die zweite Phase der Invasion angebrochen, hörte man Anfang November in den Medien. Aber verschiedene Beobachter rieben sich verwundert die Augen, weil die Bodentruppen kaum Fortschritte machten.

So hatte Israel schon Ende Oktober die UNESCO Weltkulturerbe-Stadt Baalbek im Libanon bombardiert. Und natürlich sind auch Schulen, in der Tagesschau „Hisbollah-Ziel“ genannt, wieder, wie in Gaza, das bevorzugte Bombenziel(10). Allerdings zog jedes Massaker und Zerstörung durch die IDF auch wieder heftigere Vergeltungsschläge durch die Hisbollah nach sich. Obwohl sie doch besiegt war? So wurde am 11. November berichtet, wie ein Angriff Vororte von Haifa traf, und wieder einmal die Luftabwehr Israels versagte(11).

Während die Tagesschau sinngemäß berichtet, Israel würde nun „zurückschießen“ sieht die nicht-mediale Realität anders aus. So berichtet Fabian Goldmann:

„…Schon vor den jüngsten Angriffen gingen 81% der Angriffe (@ACLEDINFO) und 95% der Todesopfer (@Haaretz) zwischen Israel und Hisbollah seit dem 7.10. auf das Konto der israelischen Armee. Auch schon vor dem 7.10. gab es 2023 mehrere tödliche Vorfälle entlang der israelisch-libanensischen Grenze (12). Israelische Kampfjets und Drohnen verletzten seit Jahren fast täglich den libanesischen Luftraum und terrorisierten mit Überschallflügen die libanesische Bevölkerung. 22.111 solcher Vorfälle soll es in den letzten 15 Jahren gegeben haben.(13) Am 8.8.2023 drohte Israels Verteidigungsminister Gallant, Libanon zurück in die Steinzeit zu schicken (14). Die Liste lässt sich noch lange fortsetzen: Der Bau von Israels Grenzmauer zum Libanon, der teils auf libanesischem Gebiet verläuft... Die unzähligen Male, die Libanons Regierung (vergeblich) darauf hinwies, dass Israel regelmäßig UNSCR 1701 verletzt (die Resolution, die den Krieg von 2006 beendete)...Die regelmäßigen Angriffe auf Hisbollah-Ziele in Syrien...Die fortgesetzte völkerrechtswidrige Besetzung der Schebaa-Farmen...“(15)

Aber natürlich ist aus Sicht der Kolonialländer alleine die „Terrororganisation“ Hisbollah schuldig, welche das sich nur verteidigende Israel ständig willkürlich und unbegründet mit Raketen beschießt.

Derweil brüstet sich Israel mit der Ermordung von Hisbollah-Führern und erklärt, Hisbollah besiegt zu haben, während diese als Antwort Raketen schickt, die dann einen ehemaligen Kollaborateur Israels während der Besatzung des Libanons, der nach Israel geflohen war, tötete(16). Ohne die USA zu einem Krieg zu bewegen, das dürfte auch in Israel klar sein, gibt es keinen großen Krieg, der vom Völkermord ablenkt. Aber Netanjahu wird alles daran setzen, noch vor dem Amtsantritt von Trump den Nahen Osten endgültig in Flammen zu setzen.

Am 17. November wurde bekannt, dass Israel nicht nur die Hisbollah angreift, sondern auch die libanesische Armee, die sich bisher zurückgehalten hatte, da bewaffnet, trainiert und teilweise bezahlt durch die USA (17). Neben den massiven Zerstörungen ziviler Einrichtungen, ganzer Dörfer und Bombardierung von Städten, ist es der verzweifelte Versuch einer kollektiven Bestrafung mit dem Ziel einen Bürgerkrieg auszulösen.

Noch eine UNO-Organisation beschuldigt Israel des Völkermordes

Die Pressemitteilung der UN lässt keine Zweifel mehr offen. Sie titelt: „UN-Sonderausschuss stellt fest, dass Israels Methoden der Kriegsführung im Gazastreifen einem Völkermord gleichkommen, einschließlich des Einsatzes von Hunger als Kriegswaffe“. Demnach entspricht Israels Kriegsführung im Gazastreifen den „Merkmalen eines Völkermordes“ mit massenhaften Opfern unter der Zivilbevölkerung und der Erzeugung von lebensbedrohlichen Bedingungen.

Der Bericht, deckt den Zeitraum von Oktober 2023 bis Juli 2024 ab, und untersucht die Entwicklungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und auf dem besetzten syrischen Golan, fokussiert sich aber auf die katastrophalen Auswirkungen des Krieges in Gaza und auf die Rechte der Palästinenser.

„‘Seit Beginn des Krieges haben israelische Beamte öffentlich eine Politik unterstützt, die den Palästinensern das Lebensnotwendige - Nahrung, Wasser und Brennstoff – entzieht‘, so der Ausschuss. ‚Diese Äußerungen sowie die systematische und rechtswidrige Beeinträchtigung der humanitären Hilfe verdeutlichen Israels Absicht, lebensrettende Hilfsgüter für politische und militärische Zwecke zu instrumentalisieren.‘
‚Durch die Belagerung des Gazastreifens, die Behinderung humanitärer Hilfe sowie gezielte Angriffe und die Tötung von Zivilisten und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen verursacht Israel trotz wiederholter Appelle der Vereinten Nationen, verbindlicher Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs und Resolutionen des Sicherheitsrats vorsätzlich Tod, Hunger und schwere Verletzungen, setzt Hunger als Kriegsmethode ein und fügt der palästinensischen Bevölkerung kollektive Bestrafungen zu‘, so der Ausschuss.“(18)
Der Bericht dokumentiert, wie Israels ausgedehnte Bombardierung des Gazastreifens lebenswichtige Dienste dezimiert und eine Umweltkatastrophe ausgelöst hat, die dauerhafte gesundheitliche Folgen haben wird. Bis Anfang 2024 wurden über 25.000 Tonnen Sprengstoff - das entspricht zwei Atombomben - auf den Gazastreifen abgeworfen, was zu massiven Zerstörungen, zum Zusammenbruch der Wasser- und Abwassersysteme, zur Verwüstung der Landwirtschaft und zu tödlicher Verschmutzung führte, erklärt die Pressemitteilung.

Insbesondere wird die systematische Zerstörung von lebenswichtigen Wasseranlagen, Abwasser und Nahrungsmittelsystemen durch Israel angeprangert. Aber auch der Einsatz von KI-gestützten Zielsystemen wird vehement kritisiert, da er katastrophale Auswirkungen auf die Anzahl getöteter Zivilisten hat, darunter die Mehrzahl Frauen und Kinder.

Inmitten der Verwüstungen im Gazastreifen habe Israels eskalierende Medienzensur, die Unterdrückung abweichender Meinungen und die gezielte Verfolgung von Journalisten „bewusste Bemühungen gezeigt“, den weltweiten Zugang zu Informationen über die Vorgänge in Gaza zu blockieren. Der Ausschuss kritisierte außerdem, dass in den sozialen Medien unverhältnismäßig mehr Zensur gegenüber der palästinensischen Sicht ausgeübt wird als gegenüber den Aussagen der Täter.

„‘Diese absichtliche Unterdrückung der Berichterstattung in Verbindung mit Desinformation und Angriffen auf humanitäre Helfer ist eine klare Strategie, um die lebenswichtige Arbeit der Vereinten Nationen zu untergraben, die Lebensader der Hilfe, die Gaza noch erreicht, zu durchtrennen und die internationale Rechtsordnung zu demontieren‘, so der Ausschuss. Der Ausschuss forderte alle Mitgliedstaaten auf, ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, um Israels Verstöße gegen das Völkerrecht zu verhindern und zu stoppen und es zur Rechenschaft zu ziehen. ‚Es liegt in der kollektiven Verantwortung aller Staaten, die Angriffe auf den Gazastreifen und das Apartheidsystem im besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, nicht länger zu unterstützen‘.“(19)

Aber weder Israel, noch die Kolonialstaaten zeigen sich beeindruckt von den diversen Erklärungen der UN. Möglicherweise wird nur eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld den Völkermord und den „Verteidigungskrieg“ gegen den Libanon beenden.

Nun heißt es ja in westlichen Medien immer, dass Hisbollah eine Terrororganisation sei, auch wenn es völkerrechtlich falsch ist. Aber der Nahostkenner Elijah J. Magnier sieht den Konflikt zwischen Israel und dem Libanon ganz anders.

Israel kämpfe nicht gegen die Hisbollah, sondern habe dem souveränen Staat Libanon den Krieg erklärt und bombardiert Wohnhäuser, ganze Dörfer, zerstört Infrastruktur. In diesem Fall habe der libanesische Widerstand nach internationalem Recht das Recht, Israel, nicht nur Widerstand zu leisten, sondern auch Israel anzugreifen. …

Damit ist nun aber das Format des PodCasts ausgeschöpft. Bitte lesen Sie den Rest des Berichtes im Anhang.

Anhang

Magnier:

„Durch die umfassenden Angriffe auf libanesisches Territorium, die Durchführung groß angelegter Militäroperationen und die weitreichende Zerstörung von Infrastruktur, zivilen Gebieten und historischen Stätten hat Israel die Reichweite seiner Handlungen über die bloße Bekämpfung des libanesischen Widerstands hinaus ausgeweitet, was wiederum gegen internationales Recht verstößt. Darüber hinaus haben Zivilisten, lebenswichtige Infrastruktur und nicht kämpfende Regionen unter der Militäraktion gelitten, so dass die Grenzen zwischen der Bekämpfung der Hisbollah und der Führung eines Krieges gegen den libanesischen Staat als Ganzes verschwimmen. Israels Invasion missachtet die in der UN-Charta verankerten Grundsätze der Souveränität und verstößt damit gegen internationale Normen. In Artikel 2 Absatz 1 ist festgelegt, dass alle Mitgliedsstaaten vor dem Völkerrecht gleich sind und das Recht auf Souveränität über ihr eigenes Hoheitsgebiet haben. Artikel 2(4) Verbot der Anwendung von Gewalt: ‚Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates oder in jeder anderen Weise, die mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist.‘ Die Hisbollah hat gemäß Artikel 51 der UN-Charta das Recht, Israel zu bombardieren und anzugreifen. ‚Keine Bestimmung dieser Charta beeinträchtigt das inhärente Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ein Mitglied der Vereinten Nationen, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.‘“(20)

Diese Meinung ist sicher bestreitbar, aber sie erklärt zumindest, warum die Situation keineswegs so ist, wie sie minutenlang von einem IDF-Sprecher in der Tagesschau dem deutschen Publikum dargestellt wird. Vermutlich, weil man ja von „Terroristen“ keine Stellungnahme einholen darf. Letztlich ist mangels Durchsetzung des Völkerrechts wieder die Waffe, das einzige Argument, das darüber entscheidet, was die Realität wird. Schlimm für viele Menschen, die lange Zeit glaubten, dass die Menschheit etwas aus der Vergangenheit gelernt hat.

Amos Goldberg: „Ja es ist Völkermord“

Amos Goldberg ist Professor für Holocaust-Geschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem, also ein Fachmann, wenn es um Völkermord geht, sollte man annehmen. Am 14. November liest man eine Rede von ihm, in dem er den Völkermord als große Schuld Israels bestätigt.

Er beginnt damit zu erklären, dass die Täter eines Völkermordes fast immer erklären, sie hätten in Notwehr gehandelt. Und die Tatsache, dass die Verbrechen in Gaza nicht dem Holocaust in Deutschland ähneln, bedeute nicht, dass es deshalb kein Völkermord sei.

Vielmehr ist er sicher, dass es ein Genozid ist. Es sei schwierig und schmerzhaft, das zuzugeben, aber man könne sich der Schlussfolgerung nicht mehr entziehen. Die jüdische Geschichte werde von nun an mit dem Kainsmal des „Verbrechens der Verbrechen“ befleckt sein, das „nicht von der Stirn getilgt werden kann“. Wobei Goldberg einen großen Fehler macht, denn er kann sich von dem Narrativ einfach nicht lösen, dass Zionismus und Judentum identisch sind. Dabei benutzt der Zionismus das Judentum nur als Werkzeug. Und die meisten Zionisten, welche den Völkermord erst durch Lieferungen von Waffen, Munition und diplomatischer Unterstützung erst möglich machen, sind gar keine Juden. Nochmal: Zwar sind viele Zionisten auch Juden, aber die für den Völkermord entscheidenden zionistischen Protagonisten sind KEINE Juden (21).

Bereits am 26. Januar entschied (22) das Gericht mit überwältigender Mehrheit (14 zu 2), dass Israel möglicherweise einen Völkermord in Gaza begeht. Am 28. März, nach der vorsätzlichen Aushungerung des Gazastreifens durch Israel, erließ das Gericht weitere Anordnungen (23) (diesmal mit einer Mehrheit von 15 zu 1), in denen es Israel aufforderte, den Palästinensern nicht ihre durch die Völkermordkonvention geschützten Rechte zu verweigern. Goldberg dann weiter:

„Der ausführliche und begründete Bericht (24) der UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten, Francesca Albanese, kam zu einer etwas entschiedeneren Schlussfolgerung und ist ein weiterer Schritt zur Feststellung, dass Israel tatsächlich einen Völkermord begeht. Der ausführliche und aktualisierte Bericht (25) von Dr. Lee Mordechai, der Informationen über das Ausmaß der israelischen Gewalt in Gaza zusammenstellt, kommt zu demselben Schluss. Hochrangige Wissenschaftler wie Jeffrey Sachs, (26) Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Columbia University (und ein Jude mit einer positiven Einstellung zum traditionellen Zionismus), mit dem sich Staatschefs in aller Welt regelmäßig über internationale Fragen beraten, sprechen ganz selbstverständlich vom israelischen Völkermord.

Hervorragende Untersuchungen (27) wie die von Yuval Avraham und insbesondere seine jüngste Untersuchung (28) über die Systeme der künstlichen Intelligenz, die vom Militär bei der Auswahl und dem Abschuss der zur Eliminierung bestimmten Personen eingesetzt werden, vertiefen diesen Vorwurf noch weiter. Die Tatsache, dass das Militär beispielsweise die Tötung von 300 unschuldigen Menschen und die Zerstörung eines ganzen Wohnviertels zuließ, um einen Hamas-Brigadekommandeur zu treffen, zeigt, dass militärische Ziele fast zufällige Ziele für die Tötung von Zivilisten sind und dass jeder Palästinenser in Gaza faktisch dem Untergang geweiht ist. Das ist die Logik des Völkermordes.“(29)

Und so geht es weiter und weiter mit der Begründung, warum Israel einen Völkermord begeht. Nur juckt das weder koloniale Politiker, die weiterhin die Munition und Waffen dafür liefern noch die israelische Politik, und leider auch nicht die israelische Gesellschaft. Was bedeutet, dass wir in einem Zeitalter zurück sind, in dem nur die Macht des Stärkeren über die Gültigkeit oder Legalität einer Tat entscheidet. Aber das ist zerstörerisch für das Zusammenleben der Menschen. Nicht nur, weil wir sehen, wie weltweit die Rüstungsausgaben explodieren, zulasten von Sozialausgaben und Infrastruktur. Sondern auch, weil in die Enge getriebene Völker, auch eine „Samson-Doktrin“ entwickeln könnten. Mit der Samson-Doktrin droht Israel, die Welt mit einem nuklearen Feuer zu überziehen, sollte es existentiell bedroht werden. Was, wenn genau das nun die Gegner erklären, und sich entsprechende Waffen verschaffen? Und nein, es gibt keine absolute Kontrolle gegen die Verbreitung von solchen Waffen in dieser volatilen Welt mit so vielen Kräften, welche sich derzeit unterdrückt und in die Ecke getrieben fühlen.

Jeden Tag liest man in den sozialen Medien von neuen Gräueltaten Israels, von der Not und dem bitteren Schicksal der Palästinenser (30). Aber die Zionisten in den westlichen kolonialen Regierungen weigern sich, dem von ihnen selbst einmal mitgestalteten Völkerrecht zu folgen. Es ist offensichtlich, dass es nur als Waffe gegen Feinde eingesetzt werden sollte.

Der IStGH im November

Hinter der politischen Bühne fanden heftige Angriffe gegen das System des Völkerrechts durch Israel und die kolonialen Mächte, statt, was Craig Mokhiber in einem ausführlichen Artikel beschrieb. Er zeigt auf, wie sich insbesondere Israel und die USA in die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) versuchen einzumischen.

Der Autor erklärt noch einmal, dass das Verfahren für die Ausstellung von Haftbefehlen für Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, „einschließlich der Ausrottung von Menschen“, am 20. Mai 2024 begann. Außerdem erinnert er an eine Aussage des Anklägers: „Ich bestehe darauf, dass alle Versuche, die Beamten dieses Gerichtshofs zu behindern, einzuschüchtern oder in unzulässiger Weise zu beeinflussen, sofort eingestellt werden müssen. Mein Büro wird nicht zögern, gemäß Artikel 70 des Römischen Statuts zu handeln, wenn ein solches Verhalten fortgesetzt wird.“

„Der Gerichtshof wies daraufhin den Fall gemäß seinen üblichen Verfahren einer Vorverfahrenskammer mit drei Richtern unter dem Vorsitz von Richterin Iulia Motoc zu. Nur acht Tage, nachdem der Ankläger die Haftbefehlsanträge und seine Warnung vor der Einschüchterung von Gerichtsbeamten bekannt gegeben hatte, veröffentlichten der Guardian und das Magazin +972 einen Enthüllungsbericht (31), in dem ein Jahrzehnt der Einmischung, des Drucks und der Drohungen berüchtigter israelischer Geheimdienste gegen Mitarbeiter des Internationalen Strafgerichtshofs, um die Ermittlungen gegen israelische Verbrechen zu behindern, aufgedeckt wurde. Doch zu diesem Zeitpunkt war der Gerichtshof zum Palästina-Dossier bereits verstummt - ein Schweigen, das fünf Monate lang andauern sollte. Beobachter des Gerichtshofs konnten sich über die beispiellose Verzögerung (32) bei der Ausstellung der Haftbefehle nur wundern und sorgen.“ (33)

Dann, so berichtet der Artikel weiter, begannen Anfang Oktober israelfreundliche Publikationen damit, anonyme Anschuldigungen zu verbreiten, die den Ankläger des IStGH beschuldigten, eine Mitarbeiterin belästigt zu haben. Nur wenige Tage später, am 20. Oktober 2024, gab der IStGH bekannt, dass Motoc, die vorsitzende Richterin der aus drei Richtern bestehenden Vorverfahrenskammer, die über die Ausstellung von Haftbefehlen gegen den israelischen Premierminister und den Verteidigungsminister entscheiden soll, plötzlich zurückgetreten ist. Der Gerichtshof habe nicht näher bezeichnete „gesundheitliche Gründe“ angegeben. Motoc wurde durch die slowenische Richterin Beti Hohler ersetzt, und der französische Richter Nicolas Guillou führt nun den Vorsitz der Kammer.

In normalen Zeiten, so Mokhiber, würden diese Entwicklungen kaum auffallen. Aber dies seien keine gewöhnlichen Zeiten, und dies sei kein gewöhnlicher Fall. Israel, sei ein Staat, der 75 Jahre lang mit westlicher Unterstützung Straffreiheit (34) genossen hatte, und sollte nun endlich, so schien es jedenfalls, für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Die israelische Führung, die bereits vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wegen Völkermordes angeklagt und Gegenstand einer Reihe von einstweiligen Verfügungen ist, erhielt im Mai von den Klägern die Nachricht, dass die Argumentation und Beweiskette wasserdicht gemacht wird.

Der Artikel erinnert dann daran, wie der Antrag (35) des IStGH-Anklägers auf Erlass von Haftbefehlen zu wütenden Beschuldigungen, Beschimpfungen und den üblichen taktischen Verleumdungen (36) gegen den Gerichtshof und natürlich Zeugen geführt hatte. Und natürlich hatten sich die westliche Regierungen Israel angeschlossen (37), wobei US-Beamte so weit gingen, den Gerichtshof selbst (38) zu bedrohen.

Das ganze Vorgehen und die damit verbundenen Verzögerungen, das muss man einfach konstatieren, sind der Beweis für die Tatsache, dass die Kolonialländer immer noch nicht bereit sind, die von ihnen selbst aufgestellten Regeln einzuhalten, wenn sie gegen sie selbst angewandt werden. Was der Autor diplomatisch mit „Benken“ beschreibt. Zur Erinnerung: Für den Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin benötigte der Gerichtshof 3 Wochen, für andere Fälle im Schnitt 8 Wochen, um Haftbefehle (39) auszustellen.

Gegen Israel wird seit über 10 Jahren ermittelt, erklärt der Autor und der Ankläger hatte gar keine andere Wahl als einen Haftbefehl zu beantragen. Aber nun wartet man Monate auf die Entscheidung?

„In einem Fall bedrohte (40) der Chef des Mossad selbst die frühere IStGH-Anklägerin Fatou Bensouda und ihre Familie. (Es ist ihr hoch anzurechnen, dass Bensouda den Angriffen widerstand und mit beispielhaftem Mut und Prinzipien eine Untersuchung israelischer Verbrechen einleitete). Es wird erwartet, dass der Wechsel der Richter in diesem Fall die Entscheidung über die Haftbefehle in einem ohnehin schon übermäßig verzögerten Verfahren weiter hinauszögern wird. Und die beispiellosen (und nun noch größeren) Verzögerungen haben die Frage aufgeworfen, ob nicht auch Faktoren „hinter den Kulissen“ im Spiel sind.“(41)

Nachdem die USA sogar offen mit Sanktionen (42) gegen den Gerichtshof drohen, muss man befürchten, dass das ganze Konstrukt des so genannten Völkerrechts, wie es von westlichen Ländern vertreten wird, schon bald vollkommen zusammen bricht.

Substanzielle Risiken

Der Autor erklärt dann einige Äußerungen und Entscheidungen von Richtern des nun neu zusammen gesetzten Gerichtshofes. So habe z.B. die neue Richterin Hohler 2105 einen Artikel veröffentlicht, in dem sie vorschlug, dass Israel Israel „im Allgemeinen ein gut funktionierendes Rechtssystem hat, an dessen Spitze ein angesehener Oberster Gerichtshof steht.“ Weshalb der IStGH gar nicht zuständig sei. Allerdings ist ja klar genug ersichtlich, dass kein Gericht in Israel Netanjahu oder Gallant wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagen, oder überhaupt ermitteln wird. Trotzdem kann ihre frühere seltsame Sicht auf die israelische Gerichtsbarkeit Zweifel an der Unbefangenheit aufkommen lassen, meint der Autor. In dem selben Artikel, so Mokhiber, habe Richterin Hohler auch angedeutet, dass externe politische Erwägungen die Entscheidungen des Gerichtshofs beeinflussen könnten, weil „der IStGH in hohem Maße von der Unterstützung seiner Vertragsstaaten abhängig ist, sowohl für jede Art der Durchsetzung, als auch für die tatsächliche Sicherstellung der Anwesenheit mutmaßlicher Täter in Den Haag.“

Wenn ich das lese, sehe ich es als Eingeständnis dafür an, dass der Gerichtshof kein „Weltgerichtshof“ ist, sondern das Tribunal westlicher Kolonialmächte. Denn wenn Klagen nicht finanziell und durch Schutz und diplomatische Maßnahmen unterstützt werden, würden sie demnach nicht verfolgt, ist die logische Fortsetzung der Gedanken der Richterin.

Aber auch der neue Vorsitzende des Richtergremiums aus Frankreich, Richter Guillou, hat eine für den Fall Israel eine bedenkliche Vorprägung offenbart. Er sei zuvor Kabinettschef des Präsidenten des Sondertribunals für den Libanon gewesen, das ein Mitglied der Hisbollah für die Ermordung von Rafik Harri im Jahr 2005 verurteilte. Und er war ein ehemaliger Verbindungsmann zum US-Justizministerium wo er mit den USA an (unter anderem) Antiterrorismus-Strafverfolgungen auf dem Höhepunkt des US-Krieges „gegen den Terror“ gearbeitet hat. Er habe sich, so der Artikel weiter, vor seiner Entsendung zum IStGH öffentlich für die strafrechtliche Verfolgung von nichtstaatlichem „Terrorismus“ vor internationalen Gerichten eingesetzt. Dies obwohl es im Völkerrecht aus gutem Grund keine Definition von Terrorismus gibt, und oft genug Terrorismus als Freiheitskampf und umgekehrt wahrgenommen wird.

In einem weiteren Teil des Artikel wird dann berichtet, wie der Ankläger durch eine Verleumdungskampagne angegriffen wurde, die sich nach spektakulären Artikeln von israelfreundlichen Boulevardzeitungen schließlich als substanzlos erkannt werden. 

Bedenken

Was durchaus noch größere Bedenken auslösen sollte, ist die Tatsache, dass der Gerichtshof nicht rechtlich gegen die dargestellten Fälle der Beeinflussung des Gerichts vorgeht. Schließlich hätte er dazu die Befugnisse. Artikel 70 (43) des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) kodifiziert Straftaten gegen die Rechtspflege und „räumt dem Gerichtshof die Zuständigkeit für die Verfolgung dieser Straftaten ein.“ Dazu gehören unter anderem die „Behinderung, Einschüchterung oder korrupte Beeinflussung eines Bediensteten des Gerichtshofs mit dem Ziel, den Bediensteten zu zwingen oder zu veranlassen, seine Aufgaben nicht oder nicht ordnungsgemäß zu erfüllen“ und die „Vergeltung gegen einen Bediensteten des Gerichtshofs wegen der von diesem oder einem anderen Bediensteten geleisteten Arbeit“.

Der IStGH könnte dafür Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren verhängen. Was aber offensichtlich überhaupt nicht abschreckt. Tut er aber nicht

„Und die Niederlande, in denen der IStGH seinen Sitz hat, sind im Rahmen eines Gastlandabkommens (44) mit dem Gerichtshof verpflichtet, die Sicherheit der Mitarbeiter des Gerichtshofs zu gewährleisten und den IStGH vor Einmischung zu schützen. In der Tat erwägen die niederländischen Staatsanwälte derzeit rechtliche Schritte (45) gegen hochrangige israelische Geheimdienstmitarbeiter, weil sie in den Palästina-Fällen Druck auf und Drohungen gegen IStGH-Mitarbeiter ausgeübt haben.“(46)

Eines der Probleme, welche bei der Durchsetzung des Rechts gegen die USA und Kolonialstaaten auftritt, ist die Nicht- oder Falschberichterstattung in den Massenmedien und die Zensur in den sozialen Medien, wodurch die Mehrheit der Menschen gar nicht weiß, was in Den Haag passiert. Ein Beispiel dafür ist die Klage von Greig Murray auf X, dem angeblich liberalsten Teil der sozialen Medien: „655 Reposts, aber nur 21.000 Aufrufe!!! Dabei habe ich 175.000 Follower!!! Die Unterdrückung ist in diesem Fall extrem.“(47)

Hinweise und Quellen:

Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschkawsw2

[1] Kenneth Roth: »I stand corrected: this is video of Gaza destruction after last summer, not Aleppo. Telling.», Twitter, 9. Mai 2015  https://twitter.com/kenroth/status/597005125018906625?lang=de

[2] The National: «Israeli election hopeful brags about Gaza bombing in new campaign videos - Benny Gantz boasted that 'parts of Gaza were sent to the Stone Age'«, The Nation, 22. Januar 2019, https://www.thenational.ae/world/mena/israeli-election-hopeful-brags-about-gaza-bombinginnew-campaign-videos-1.816538

[3] Seymour Hersh, E-Mail vom 12. November 2024

[4] Ebd.

[5] https://x.com/sophiabroo53172/status/1856043887967551911

[6] “UN appalled by Beirut devastation.” BBC News, July 26. See also Israel/ Lebanon: Deliberate destruction or “collateral damage”? Israeli attacks on civilian infrastructure. Amnesty International, Aug. 22, 2006.

[7] Compare Eisenkot, Gadi. 2010. “A Changed Threat? The Response on the Northern Arena.” Military and Strategic Affairs 2, no. 1 ( Jun.), pp. 29–40.

[8] “Israel general quits over Lebanon.” BBC News, Sep. 13, 2006.

https://www.icc-cpi.int/news/statement-prosecutor-karim-khan-kc-issuance-arrest-warrants-against-president-vladimir-putin “Israel warns Hezbollah war would invite destruction.” Reuters, Oct. 3, 2008.

[10] https://x.com/goldi/status/1848474280360874001

[11] https://x.com/Mina7777Mina/status/1856036161720070256

[12] https://reliefweb.int/attachments/a22f7a0e-bcfc-4ee2-9838-84d94e7c61c5/UNIFIL%20is%20Needed%20More%20than%20Ever%20to%20Keep%20the%20Peace%20in%20Southern%20Lebanon%20_%20Crisis%20Group.pdf

[13] https://theguardian.com/world/2022/jun/09/huge-scale-and-impact-of-israeli-incursions-over-lebanon-skies-revealed-research-overflights

[14] https://timesofisrael.com/gallant-warns-hezbollah-against-escalation-well-return-lebanon-to-the-stone-age/

[15] https://x.com/goldi/status/1838948138624717241

[16] https://x.com/israelticker/status/1856596660077375766

[17] https://x.com/HalaJaber/status/1858189614491603260

[18] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/11/un-special-committee-finds-israels-warfare-methods-gaza-consistent-genocide

[19] Ebd. Und zum Bericht: https://www.ohchr.org/en/documents/thematic-reports/a79363-report-special-committee-investigate-israeli-practices-affecting

[20] https://x.com/ejmalrai/status/1857661264119640269

[21] https://x.com/Megatron_ron/status/1857522924066078761

[22] https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/192/192-20240126-ord-01-00-en.pdf

[23] Ebd.

[24] https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/sessions-regular/session55/advance-versions/a-hrc-55-73-auv.pdf

[25] https://www.academia.edu/112967602/Bearing_Witness_to_the_Israel_Gaza_War_updated_to_15_April_2024_

[26] https://www.youtube.com/watch?v=krznHIAgwcY

[27] https://www.972mag.com/mass-assassination-factory-israel-calculated-bombing-gaza/

[28] https://www.972mag.com/lavender-ai-israeli-army-gaza/

[29] https://www.jewishvoiceforlabour.org.uk/article/prof-amos-goldberg-yes-it-is-genocide/

[30] https://x.com/jochen_mitschka/status/1857771261885116871

[31] https://www.theguardian.com/world/article/2024/may/28/spying-hacking-intimidation-israel-war-icc-exposed

[32] https://www.middleeasteye.net/news/israel-war-gaza-icc-arrest-warrant-netanyahu-why-late-next

[33] https://mondoweiss.net/2024/11/turmoil-at-the-icc-as-fears-rise-over-israel-and-the-u-s-interference/

[34] https://mondoweiss.net/2024/08/the-world-court-has-ended-the-oslo-ruse/

[35] https://www.icc-cpi.int/news/statement-icc-prosecutor-karim-aa-khan-kc-applications-arrest-warrants-situation-state

[36] https://www.middleeasteye.net/news/israel-war-gaza-icc-arrest-warrant-netanyahu-why-late-next

[37] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/05/israelgaza-threats-against-icc-promote-culture-impunity-say-un-experts

[38] https://www.theguardian.com/us-news/article/2024/may/21/blinken-icc-court-prosecutor-warrant-netanyahu

[39] https://www.icc-cpi.int/news/statement-prosecutor-karim-khan-kc-issuance-arrest-warrants-against-president-vladimir-putin

[40] https://www.aljazeera.com/news/2024/5/28/israeli-spy-chief-threatened-icc-prosecutor-over-war-crimes-case-report

[41] https://mondoweiss.net/2024/11/turmoil-at-the-icc-as-fears-rise-over-israel-and-the-u-s-interference/

[42] https://www.theguardian.com/us-news/article/2024/may/21/blinken-icc-court-prosecutor-warrant-netanyahu

[43] https://www.icc-cpi.int/sites/default/files/2024-05/Rome-Statute-eng.pdf

[44] https://www.icc-cpi.int/sites/default/files/NR/rdonlyres/99A82721-ED93-4088-B84D-7B8ADA4DD062/280775/ICCBD040108ENG1.pdf

[45] https://www.theguardian.com/law/2024/oct/08/dutch-prosecutors-mull-criminal-case-israel-interference-icc

[46] https://mondoweiss.net/2024/11/turmoil-at-the-icc-as-fears-rise-over-israel-and-the-u-s-interference/

[47] https://x.com/CraigMurrayOrg/status/1858357993558942077

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Mohammad Bash / Shutterstock.com


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