HIStory

HIStory: Der Erfinder der modernen Massenmanipulation – Edward Bernays

audio-thumbnail
Podcast
0:00
/1260

HIStory: Der Erfinder der modernen Massenmanipulation – Edward Bernays

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von HIStory. In unserer heutigen Folge befassen wir uns mit einem Mann, der nur wenigen Menschen bekannt ist. Der aber unser aller Bewusstsein äußerst subtil beeinflusst hat wie kaum ein anderer Zeitgenosse im Zwanzigsten Jahrhundert. Ich stelle Ihnen heute Edward Bernays vor. Edward Bernays war der Neffe des großen Begründers der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Und tatsächlich hat der junge Bernays viel vom Nektar seines berühmten Onkels „Sigi“ gesaugt. Die Entdeckung des Unbewussten inspirierte Edward Bernays. Bernays verdiente viel Geld als Werbe-Berater großer Firmen, aber auch als Berater von Geheimdiensten. Bernays hat nicht geflunkert wenn er für sich in Anspruch nahm, der Erfinder der modernen Public Relations zu sein. Denn das Wort „Propaganda“ war schon nach dem Ersten Weltkrieg in Verruf geraten. Wir werden noch sehen, warum. Bernays erblickte im Jahre 1891 in Wien das Licht der Welt und verstarb im gesegneten Alter von 104 Jahren 1995 in New York.

Schauen wir uns zum Einstieg in die heutige Sendung gleich einmal ein besonders aussagekräftiges Zitat des Werbemannes Bernays an:

„Die bewusste und intelligente Manipulation der eingespielten Gewohnheiten und Meinungen der Massen stellt ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft dar. Jene Leute, die diesen wenig beachteten Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die tatsächlich herrschende Macht in unserem Lande darstellt.

Wir werden regiert; unser Verstand wird weitgehend modelliert; unser Geschmack wird geprägt; unsere Vorstellungen werden vorgegeben von Männern, von denen wir noch nie etwas gehört haben. Das ist das logische Ergebnis der Art und Weise, wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert wird. Eine gewaltige Menge von Menschen muss auf diese Weise zusammenarbeiten, wenn sie als eine reibungslos funktionierende Gesellschaft funktionieren soll.“ <1>

Starke Worte. So eröffnet Edward Bernays 1928 sein wichtigstes Buch, das den offenherzigen Titel „Propaganda“ trägt. Das ist ein sympathischer Zug an Bernays: er redet nie um den heißen Brei herum. Hier erklärt einer der erfolgreichsten Public-Relations-Unternehmer seine Erfolgsrezepte. Ganz unverblümt. Seine Berufskollegen haben ihm diese Offenherzigkeit durchaus übel genommen. Wenn er sich übrigens hier selber mit dem Wörtchen „wir“ in die Reihe der Manipulierten und klammheimlich Überrumpelten stellt, so ist das natürlich nur gekonnte Rhetorik. Lediglich eingeführt, um uns Leser mitzunehmen.

Wenn wir – jetzt meine ich tatsächlich uns, das manipulierte gemeine Volk – im Kino James Blond mit einem auffällig unauffällig in Position gebrachten Auto der Marke Aston Martin durch die Leinwand brettern sehen, dann nennt man das: Product Placement. Eine Erfindung von Edward Bernays. Wenn ganze Familien sonntags in die Verkaufshallen der örtlichen Autohändler wallfahren und voller Ehrfurcht vor einem Offroader mit vorgeschraubtem Kuhfänger innehalten: dann hat diese religiöse Verehrung vor einem unwirtschaftlichen Blechhaufen Mister Bernays auf dem Gewissen.

Und wenn wir jetzt – nach über einhundert Jahren – Rauchergesetze erleben, die endlich anerkennen, dass Nikotin ein todbringendes Gift ist, dann verdanken wir die effektvolle Hinauszögerung dieser Erkenntnis ebenfalls – Edward Bernays. Und wenn sich Kulturdezernenten nackt vorkommen, falls sie nicht mehrmals im Jahr ihre Bürger mithilfe von „Events“ auf die Fußgängermeile scheuchen, nur, damit irgendwelche Geschäftsleute ihre neuesten, gänzlich nutzlosen Kinkerlitzchen verkaufen können; dann erweisen sich die Stadtväter als gelehrige Schüler von Bernays. Ohne es zu wissen, versteht sich.

Also: ein wichtiger Mann. Ein Mann, der in seinem Leben sage und schreibe 435 Firmen PR-technisch betreut hat. Zu ihnen gehören einige der weltweit größten Konzerne.

Bernays wurde 1891 in Wien geboren. Seine Mutter ist die Schwester des Über-Vaters der Psychoanalyse, Professor Sigmund Freud. Familie Bernays wandert bald in die USA aus. Bis zum ersten Weltkrieg promotet Edward Bernays erfolgreiche Tourneen mit Startenor Enrico Caruso oder auch mit der russischen Ballettruppe von Sergej Diagilew, mit ihrem damals hochberühmten Vor-Tänzer Vaslav Nijinski. Als die USA in den Ersten Weltkrieg eintreten, heuert Bernays beim halbstaatlichen Council on Public Information an. Der Council soll die kriegsunwillige Bevölkerung der USA aus dem Stand in einen chauvinistisch-blutrünstigen Taumel versetzen. Diese Bemühungen sind nur mäßig erfolgreich. Wir berichteten bereits in einer früheren Folge von History darüber.

Im CPI soll Bernays die neue Baltenrepublik Litauen den Amerikanern sympathisch machen. Er fabriziert am laufenden Band Artikel über das Musikleben, die Literatur, den Sport und vieles mehr aus Litauen. Scheinbar beiläufig erwähnen die Artikel, dass die junge Baltenrepublik sich gerade als Bollwerk gegen den Bolschewismus positioniert und damit eine wichtige Funktion im Kampf für Freiheit und Demokratie übernehmen würde. Dankbar flicken Redakteure im ganzen Land diese kostenlosen „redaktionellen“ Beiträge in ihre Zeitungen ein. Denn sie kosten ja nichts. Das Beispiel hat Schule gemacht. Heutzutage sind Zeitungen auf der ganzen Welt angereichert mit solchen Füll-Artikeln, die von konservativen und marktradikalen Denkfabriken und Stiftungen scheinbar ganz selbstlos zur Verfügung gestellt werden.

Als der erste Weltkrieg im Herbst 1918 zu Ende geht, hat Bernays seine Sache so gut gemacht, dass er sogar im Tross von US-Präsident Woodrow Wilson als Berater mitfährt zu den Friedensverhandlungen in Paris. Und er staunt nicht schlecht, als Wilson von begeisterten Franzosen wie ein Held bejubelt wird. Bernays weiß ja schließlich aus erster Hand, dass Wilsons berühmte 14 Punkte zwar gut klingen, und vielen alles versprechen. Er weiß aber auch, dass Wilson überhaupt kein Konzept zur Verwirklichung der 14 Punkte mitgebracht hat. Wilson ist, so weiß Bernays, eigentlich nichts weiter als der Träger von emotionsbeladenen Symbolen und Ideen. Die begeisterte Masse bejubelt tatsächlich nur ihre eigenen Wünsche und Träume.

Wieder in den USA, denkt sich Edward Bernays: wenn es im Krieg gelingt, die Massen vom Gefühl und nicht vom Verstand her zu gewinnen, warum soll man das nicht auch in Friedenszeiten im Zivilleben ausschlachten? Kann man statt der irrationalen Träume von Freiheit und Demokratie nicht auch Autos und Seife nach demselben Schema verkaufen? Bernays eröffnet eines der ersten Public Relation-Büros überhaupt, und zwar mitten im Herzen von New York. Seine ersten Kunden ziehen erst mal skeptisch die Augenbrauen hoch. Bislang wurden Waren beworben, indem man herausstellte, dass die Schuhe XY besonders lange halten und doppelt genäht sind. Der Schnaps AB erzeugt im Gegensatz zum Konkurrenzschnaps CD am nächsten Morgen kein Schädelbrummen. Solch altbackene Belehrung über den Gebrauchswert einer Ware ist Bernays nicht clever genug.

Und nun ist Bernays genau der richtige Mann zur richtigen Stunde. Durch den Krieg ist die Wirtschaft derart hochgefahren worden, dass sie unweigerlich implodieren muss, wenn die Produktion nicht in irgendeiner Weise weitergeht. Also müssen die Fabriken jetzt zivile Waren herstellen. Dafür muss auf künstliche Weise Bedarf geschaffen werden. Eine Fernsehdokumentation der englischen BBC <2> zitiert einen Direktor der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers, der damals schrieb: „Wir müssen Amerika umwandeln von einer Bedarfskultur in eine Kultur der Wünsche. Die Leute müssen darin geübt werden, neue Dinge zu begehren, sogar, wenn die alten noch gar nicht richtig verbraucht sind. Wir müssen eine neue Mentalität in Amerika entwickeln. Die Wünsche müssen die Bedürfnisse der Menschen überdecken.“

Dafür müssen die kleinen Leute natürlich auch mehr Geld in die Tasche gesteckt bekommen. Das ist jetzt möglich, weil ein neuer Berufsstand von Arbeitswissenschaftlern, allen voran Frederick Winslow Taylor sowie der deutsche Psychologe Hugo Münsterberg, die Produktivität explosionsartig zu steigern wussten. Wenn also ein Arbeiter nach den Arbeitsreformen viermal so viel leistet wie zuvor, kann man ihm ruhig sechzig Prozent mehr Lohn auszahlen, meint Taylor. Henry Ford zahlt seinen Mitarbeitern – soweit sie männlich und über 22 Jahre alt sind – im Januar 1914 mal eben einen Bonus von zehn Millionen Dollar aus. Ein Großteil der US-amerikanischen Arbeiter kann sich nach dem Ersten Weltkrieg ein bisschen mehr als die karge Überlebensration genehmigen.

Hinzu kommt noch, dass sich mittlerweile gigantische Kartelle gebildet haben. Die Kartelle wollen vornehmlich Produkte mit maximaler Profitrate anbieten. Waren, die die Menschen wirklich brauchen, die aber weniger Profit abwerfen, überlässt man fortan gerne mittelständischen Betrieben und Genossenschaften. Der Konsument soll gefälligst das kaufen, was die Kartelle produzieren. Da die Konsumenten das nicht sofort einsehen werden, muss man den Weg der rationalen Überzeugungsarbeit meiden und stattdessen den Kunden ihre Kaufentscheidung über Schleichwege nahebringen. Man muss mit der Ware gedanklich etwas verbinden, was mit deren Gebrauchs- oder Tauschwert gar nichts mehr zu tun hat.

Das ist zum Beispiel die Befreiung der Frau. Ein Public-Relations-Klassiker aus dem Hause Bernays. Nach dem Ersten Weltkrieg nämlich hatten die Suffragetten das Wahlrecht für Frauen durchgesetzt. Daran erinnert sich Bernays im Jahre 1929, als ihn der Chef des Zigarettenkonzerns American Tobacco George Washington Hill fragt, wie man den schleppenden Verkauf der Marke Lucky Strike wieder in Schwung bringen kann. Bernays engagiert für die Osterparade im März 1929 in New York zehn Nachwuchsmodels. Die jungen Frauen sollen sich pressewirksam vor der Menschenmenge Zigaretten anzünden. Natürlich hat „Eddie“ Bernays vorher allen Presseleuten gesteckt, dass sich auf der Easter Parade etwas ganz Besonderes ereignen wird. Bernays lässt seine Sekretärin Bertha Hunt ein Telegramm an die Öffentlichkeit schicken: „Im Interesse der Gleichberechtigung der Geschlechter, und um ein weiteres Geschlechter-Tabu zu bekämpfen, werden ich und andere junge Frauen eine neue Fackel der Freiheit anzünden, indem wir Zigaretten rauchen, während wir am Ostersonntag die Fifth Avenue herunterspazieren.“

Glimmstengel gleichzusetzen mit der Fackel der New Yorker Freiheitsstatue: das ist starker Tobak. Bislang galt Rauchen von Frauen in der Öffentlichkeit als eher unschicklich. Aber warum sollte man die eine Hälfte aller Menschen als Konsumenten verschmähen? Der Anteil rauchender Frauen nimmt sprunghaft zu. Die Frauen kaufen sich mit der Freiheitsfackel von Lucky Strike ihre Gleichberechtigung. In den folgenden Jahren stieg Lucky Strike zum Marktführer auf. Das wurde auch möglich durch eine weitere Neuerung, die Bernays einführte. Er engagierte Ärzte, die in Fachzeitschriften und in populären Blättchen als scheinbar unabhängige Experten die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Rauchens attestierten. Diese Ärzte priesen – für ein beachtliches Honorar von Bernays, versteht sich – die schlankmachende Wirkung des Nikotinkonsums. Nach dem Essen kann es aus ärztlicher Sicht nichts Besseres geben, als eine Zigarette, findet 1928 Dr. George F. Buchan: „... die richtige Art, eine Mahlzeit abzuschließen: Obst, Kaffee und eine Zigarette ... die Zigarette desinfiziert den Mund und beruhigt die Nerven.“

Währenddessen hortet Bernays jede Menge wissenschaftliche Expertisen, die gesundheitsschädliche Wirkungen von Nikotin nachweisen – um bei deren Veröffentlichung in den USA gewappnet zu sein. Bernays ist Nichtraucher und er will seiner kettenrauchenden Frau das Rauchen mit allen Mitteln abgewöhnen.

Doch Bernays ist nicht nur ein ungewöhnlich gerissener Werbefachmann. Er will den anrüchigen Beruf des Werbefritzen aufpolieren zu einem geachteten Berufsstand mit eigenen Ausbildungsgängen und selbstauferlegten qualitativen und ethischen Standards. Er verleiht seiner Profession den Titel: Public Relations Counsel. Seit den frühen Zwanziger Jahren hält Bernays Vorlesungen und Seminare in Universitäten ab. Seine Theorie der Public Relations – das Wort „Propaganda“ haben nach seiner Meinung die Deutschen im Krieg entweiht – fasst Bernays in zahlreichen Büchern zusammen. 1923 erscheint aus seiner Feder „Crystallizing Public Opinion“. 1928 kehrt er dann doch zu dem Unwort zurück, indem er sein nächstes Buch ganz schlicht „Propaganda“ nennt.

Bernays hat keine neuen Theorien aufgestellt. Er hat lediglich bereits entwickelte Theorien auf ihre praktische Verwertbarkeit hin untersucht und dann in handfeste PR übersetzt. Grundlage der Überlegungen seiner Vorgänger ist die Frage: wie geht man mit den Massen um? Immer mehr Menschen leben in den Städten. Dort versammeln sie sich in Massen. Das macht den Privilegierten einige Angst. Der Schrecken durch den Sturm auf die Bastille 1789 sitzt auch Gustave Le Bon noch in den Knochen. In seinem Hauptwerk „Psychologie der Massen“ von 1895 entwirft er ein düsteres Bild von den Potentialen der neuen Massenöffentlichkeit <3>. Die Masse ist grundsätzlich dümmer als die Personen, die in ihr versammelt sind. Die Masse ist „weibisch“ und hat keine Grundsätze. Die Masse ist eine unberechenbare Bestie, und Le Bon ist froh, diese Bestie aus gebührender Entfernung beobachten zu können.

Auch die US-amerikanischen Massentheoretiker halten an dem pessimistischen Bild einer Masse fest, die nur Chaos, Dummheit und Verderben stiftet. Hartnäckig ignoriert man, dass es in der großen Mehrheit der Massenversammlungen der Arbeiterbewegung geradezu staatstragend feierlich und gesittet zugeht. Man braucht das Bild vom Massen-Chaos, um sich selber als große ordnende Hand einsetzen zu können. Wilfred Trotter meint, eine Menschenmasse funktioniere im Prinzip nach denselben Gesetzmäßigkeiten wie eine Herde von Tieren <4>. Gleichzeitig verfeinert sich jedoch der Blick auf die Gruppenzusammenhänge in der modernen Industriegesellschaft. William McDougall entdeckt, dass sich eine Person einer ganzen Reihe von Gruppenzusammenhängen verpflichtet fühlt, mit ganz unterschiedlichen moralischen Werten <5>. Walter Lippmann schließlich stellt fest, dass das gemeine Volk gar nicht interessiert sei an einer qualifizierten Mitsprache an gesellschaftlichen Entwicklungen. Eine handverlesene Elite von „Weisen Männern“ müsse alle schwierigen Themen in der Politik so vorkauen, dass das Volk nur noch die Option besitzt, auf vorgefertigte Fragen mit „ja“ oder „nein“ zu antworten <6>.

Ein Schlüsselwort in dieser paternalistischen Bevormundung stellt der Begriff „Öffentliche Meinung“ dar. Hatten die Eliten die Öffentliche Meinung zunächst eher gefürchtet, weil diese sich gar zu oft gegen die großen Kartelle gerichtet hatte oder gegen „warmonger“, also Kriegstreiber, so erkennt man in den oberen Etagen zunehmend, dass die Öffentliche Meinung ein Werkstoff ist, den man kneten kann. So sagt Bernays: „Wenn wir die Mechanismen und Motive des Gruppendenkens verstehen, ist es dann nicht möglich, die Massen zu steuern und zu reglementieren, entsprechend unserem Willen, und zwar ohne dass sie es wissen? (...) zumindest gehen Theorie und Praxis soweit erfolgreich zusammen (...) dass wir in gewissen Fällen einen Umschwung in der öffentlichen Meinung erreichen, und das mit einem ausreichenden Maß an Genauigkeit durch gewisse Stellschrauben. Gerade so, wie der Autofahrer die Geschwindigkeit seines Autos bestimmen kann durch die Zufuhr von Benzin.“

Es müssen Ereignisse geschaffen werden, die ein Bedürfnis beim Bürger hervorrufen. Der Bürger weiß nicht, dass sein Bedürfnis künstlich geweckt wird: „Menschen sind sich selten der tatsächlichen Gründe bewusst, die ihre Tätigkeiten antreiben.“ Ein harmloses Beispiel aus der Praxis des Dr. Bernays: man stellt fest, dass die grüne Verpackung der Lucky Strike bei Frauen nicht so gut ankommt. Also lässt Bernays im New Yorker Waldorf Astoria einen rauschenden Wohltätigkeitsball veranstalten, der als Motto die Farbe Grün hat. Die ganze High Society kommt komplett grün gewandet daher, und die geschmierte Presse verkündet: dies wird eine grüne Saison. Keiner weiß, dass hinter dem Rummel Bernays und American Tobacco stehen. Der Umsatz von Lucky Strike ging durch die Decke.

Weniger harmlos ist da schon der Trick mit der Destabilisierung missliebiger Regierungen, der bei der Bevölkerung den Wunsch nach einer harten Hand erwecken kann. 1954 übernimmt Bernays für den US-Konzern United Fruit die Öffentlichkeitsarbeit beim Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten von Guatemala, Jacobo Arbenz Guzmán. Arbenz hatte versucht, für die Arbeiter auf Bananenplantagen bessere Löhne und Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Zudem versuchte er, die einseitige Abhängigkeit des Landes von United Fruit zu brechen. Neben Zermürbungstaktiken gehört zur Destabilisierung, die Arbenz-Regierung als Satelliten der Sowjetunion hinzustellen. Bernays fährt Linguisten auf, die Gleichklängen in der Wortwahl von Guzman-Leuten und dem Kreml nachweisen sollen. An die rechtsextreme American Legion verteilt er das Traktätchen „Communism in Guatemala – 22 Facts“. Schon früher soll Bernays Agenten bestellt haben, die gerade an dem Tag, als ein Pressepulk aus den USA in Guatemala eintraf, Randale in den Straßen der Hauptstadt veranstalteten, um die entsprechende Stimmung in den USA zu stiften.

Als eine Firma, die Schinkenspeck verkauft, ihren Umsatz steigern will, besorgt Bernays die nötigen Expertisen von Ärzten. Die empfehlen, dass zum guten Frühstück herzhafte Kost gehört. Seitdem knallen sich US-Bürger morgens Kalorienbomben aus Rührei und Schinkenspeck auf den Teller. Maurice Chevalier wiederum ließ Bernays in einem Film den Schmuck der Firma Cartier lobpreisen und führte damit das Product Placement ein. Dem unendlich faden US-Präsidenten Calvin Coolidge sicherte Bernays 1924 die Wiederwahl, indem er Künstler im Weißen Haus aufmarschieren ließ. Die geschmierte Presse wusste zu berichten, das furzlangweilige Staatsoberhaupt habe beinahe gelacht. Die Wähler fanden Coolidge plötzlich sehr menschlich.

Es gab dennoch einen US-Präsidenten, der die paternalistische Fremdsteuerung durch eine ehrliche Bürgerbeteiligung ersetzen wollte: Franklin Delano Roosevelt. Die Unternehmer der USA, allen voran der Unternehmerverband NAM, schossen aus allen Propagandarohren gegen Roosevelt, der dennoch erdrutschartige Wahlsiege vorweisen konnte. Eine gigantische Machtdemonstration des kapitalistischen Paternalismus stellte die New Yorker Weltausstellung von 1939 dar. Hier wurde eine wunderbare neue Welt aus High-Tech Schnickschnack präsentiert, in der der Bürger nur als Konsument, nicht aber als Gestalter seiner Umgebung vorkam. Bernays gestaltete den Technodrom „Democracity“.

Eine pikante Pointe im hundert Jahre währenden Leben des Edward Bernays zum Schluss. Besonders fleißige Schüler von Bernays‘ menschenverachtenden Lehrsätzen waren Adolf Hitler und Joseph Goebbels. Der Europa-Korrespondent der Hearst-Presse, Karl von Wiegand, erzählte Bernays einmal, er habe im Bücherschrank von Goebbels „Crystalizing Public Opinion“ gefunden. Bernays zeigte sich betroffen. Bernays war nämlich Jude. Sein „Onkel Sigi“ Freud war vor den Nazis aus Wien geflüchtet.

Aber wenn es um erfolgreiche Politik-Vermarktung geht, sind auch den Nazis Rassenfragen egal. Hitler bekennt in „Mein Kampf“, er habe von der amerikanischen Propaganda unendlich viel gelernt. Zu den Lektionen aus den USA gehörte, die Menschen nicht rational, sondern durch das Unbewusste zu packen. Hitler sagt, Politik müsse man nach genau denselben Regeln vermarkten wie Seife. Das war neu in Deutschland. Die Destabilisierung der Weimarer Republik durch Straßenterror ließ bei vielen Bürgern den Wunsch aufkommen, endlich Ruhe zu haben, egal wie. Von Everett Dean Martin hatte Bernays die Erkenntnis, dass man die Massen in Veranstaltungen zieht, wenn Kämpfe geboten werden <7>. Bei den Nazis war immer was los. Saalschlachten, oder auch der berüchtigte Überfall auf das „linke“ Örtchen Coburg. Man war in der Presse. Hitler umgab sich nicht mit Argumenten, sondern mit kultigen Konsumartikeln. Hitler mit Auto. Hitler fliegt über Deutschland. Seine Events waren durchgestylt wie Rockkonzerte. Mit einem Wort, die Nazis eroberten Massenakzeptanz mit amerikanischen PR-Methoden.

Eine schillernde Figur, dieser Edward Bernays. Diabolisch, diskret und absolut antidemokratisch. Bernays stand Pate für alle perfiden Massenbeeinflussungen, die aktuell die Menschen in Massenimpfungen treiben.

Wir lernen aus der Vergangenheit, wie wir die Zukunft besser machen.

Quellen und Anmerkungen:

<1> Eigene Übersetzung aus der Originalquelle:

https://www.voltairenet.org/IMG/pdf/Bernays_Propaganda_in_english_.pdf

<2> BBC. The Century oft he Self, Teil 1, hier mit deutschen Untertiteln:

https://www.youtube.com/watch?v=mfVSuS7A_nA

Eine extrem aufschlussreiche Dokumentation mit ausführlicher Darlegung des Beitrags von Edward Bernays zu Massen-Manipulation.

<3> Gustave le Bon: Die Psychologie der Massen

https://docplayer.org/6117-Gustave-le-bon-psychologie-der-massen.html

<4> Wilfred Trotter: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilfred_Trotter

<5> William McDougall: https://de.wikipedia.org/wiki/William_McDougall_(Psychologe)

<6> Walter Lippmann, Die öffentliche Meinung. Kurze Zusammenfassung:

https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/die-oeffentliche-meinung/33781

<7> James Everett Martin: https://en.wikipedia.org/wiki/Everett_Dean_Martin

Bildquellen:

https://commons.wikimedia.org/ https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Neuware/isbn=9783936086355? https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Edward-L-Bernays+Crystallizing-Public-Opinion/id/A02yFCNe01ZZd https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Gustave-Le-Bon+Psychologie-der-Massen/id/A02ykxAu01ZZc


+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung

Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/

+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.

+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/

+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut

adolf hitler American Tobacco Baltenrepublik Cartier Chaos Council on Public Information Denkfabriken Destabilisierung edward bernays