Die EU bereitet sich auf einen Wirtschaftskrieg mit China vor
In Brüssel und Berlin gibt es Hardliner, die einen totalen Handelskrieg mit China planen. Dabei geht Ideologie und Vasallentreue gegenüber den USA vor Vernunft und dem Wohlstand der Menschen in Europa.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
Objektiv gesehen gibt es kaum Interessenskonflikte zwischen der EU und China, wie ich hier aufgezeigt habe. Die EU und China haben viele gemeinsame Interessen, denn China ist für die EU der größte Handelspartner und Firmen aus der EU verdienen viel Geld, indem sie Waren an China verkaufen oder in China produzieren. Und chinesische Waren sind auch aus der EU nicht mehr wegzudenken. Eigentlich müssten die EU und China also gegen Sanktionen sein, die dem eigenen und gegenseitigen Handel und der Wirtschaft beider Seiten schaden.
Leiden für die Interessen der USA
Dass es zwischen Handelspartnern auch Streit gibt, wenn es zum Beispiel um die Frage der Subventionierung bestimmter Wirtschaftszweige geht, was einer Seite einen unfairen Vorteil gegenüber der anderen Seite verschafft, ist klar. Aber über diese Dinge kann man reden und das Beispiel der USA und der wirtschaftlichen Streitpunkte, die es zwischen Brüssel und Washington immer wieder wegen Subventionen oder Schutzzöllen gibt, waren nie ein Grund dafür, den Streit politisch zu eskalieren. Warum also sollte das bei China ein Grund sein?
Der Grund ist, dass die USA in China einen Rivalen sehen, der ihrem Wunsch, die Welt zu dominieren – in den USA ist die Rede von der „worldwide dominance“, also der Weltherrschaft der USA – im Wege steht. Das ist jedoch ein Problem der USA, nicht der EU. Trotzdem opfert sich die EU zum eigenen Schaden für die Interessen der USA.
Dass die EU sich der anti-chinesischen Politik der USA angeschlossen hat, obwohl diese objektiv gesehen nicht im Interesse der EU liegt, zeigt einmal mehr, dass die EU ein Vasall der USA ist. Das ist nicht meine Behauptung, das ist auch keine „russische Propaganda“, das hat der stramm transatlantisch ausgerichtete EU-Thinktank European Council on Foreign Relations im April 2023 so formuliert, wie Sie hier nachlesen können.
Die offen anti-chinesische Politik der EU ist längst Mainstream geworden, obwohl sie noch vor wenigen Jahren sehr umstritten war. Es sei an die heftige Kritik aus Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten erinnert, als US-Präsident Trump die USA auf Konfrontationskurs gegen China gebracht hat. Diese Kritik ist in Europa fast sofort verstummt, als Joe Biden diese Politik von Trump übernommen und sogar noch massiv verschärft hat. Mehr noch: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich dieser Politik, die sie eben noch heftig kritisiert haben, sofort angeschlossen. Für die anti-chinesische Politik gibt es in Berlin und Brüssel viele Lobbyisten, unter denen Mitglieder der Grünen übrigens besonders hervorstechen.
Der totale Wirtschaftskrieg
In letzter Zeit stimmen die Medien die westliche Öffentlichkeit auf einen offenen Wirtschaftskrieg gegen China ein, der genauso ein totaler Handelskrieg werden dürfte, wie der gegen Russland. Am 14. Dezember hat der Spiegel unter der Überschrift „»Decoupling«-Folgen – Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zu China wäre wohl verkraftbar“ über eine sehr abenteuerliche Studie berichtet, die behauptet, die deutsche Wirtschaft würde einen totalen Bruch mit ihrem wichtigsten Handelspartner China relativ problemlos überstehen.
Die Studie ist sehr kurz, sie umfasst nur 17 Seiten. Ihre Ergebnisse sind mehr als fragwürdig, weil sie offenbar aus politischen Gründen angefertigt wurde, und nicht, um die tatsächlichen Folgen eines Bruches mit China zu untersuchen. Das zeigt sich beispielsweise an diesem Satz aus der Studie:
„Die Kosten einer Entkopplung sind für China und Russland immer teurer als für jedes westliche Land, sowohl kurzfristig als auch langfristig, und zwar sowohl bei einem kalten Entzug als auch bei einem schrittweisen Abbau des Risikos.“
Eine wissenschaftliche oder politische Studie?
Die „Wissenschaftler“, die diese Studie erstellt haben, scheinen noch nicht mitbekommen zu haben, dass die EU unter der „Entkopplung“ von Russland weit mehr leidet als Russland selbst. Das zeigen die ganz objektiven Wirtschaftsdaten nach knapp zwei Jahren Wirtschaftskrieg der EU gegen Russland. In Russland wächst die Wirtschaft, während sie in der EU stagniert und Deutschland immer schneller in die Deindustrialisierung geht.
Ein Wirtschaftskrieg gegen China dürfte weitaus dramatischere Folgen haben, als der Wirtschaftskrieg gegen Russland, denn erstens ist China für viele deutsche und europäische Firmen der wichtigste Markt, zweitens ist China auch einer der wichtigsten Lieferanten für bestimmte seltene Rohstoffe und drittens sind Bauteile aus China ein fast unersetzbarer Teil vieler Produkte deutscher und europäischer Firmen.
Dass die genannte Studie diese komplexen Verwicklungen nicht berücksichtigt (und das auf nur 17 Seiten auch gar nicht kann), zeigt, dass es sich bei der Studie um eine politische Arbeit handelt, die den Falken der anti-chinesischen Politik Argumente liefern soll. Ich vermute daher, dass sich die anti-chinesischen Kräfte in Deutschland und der EU in nächster Zeit öfter auf diese Studie berufen werden.
Ich habe schon öfter spekuliert, dass der US-geführte Westen sich wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich von Russland und China (und vielleicht sogar dem größten Teil der restlichen Welt) abtrennen will. Im Falle von Russland erleben wir das gerade, denn die Sanktionen haben die wirtschaftlichen Kontakte fast abgeschnitten, die politischen Beziehungen zu Russland sind bereits tot und auch gesellschaftlich wird eine neue Mauer in Europa gebaut, weil die EU die Grenzen zu Russland schließt, Visa kaum noch erteilt und das Reisen nach Russland fast unmöglich macht. Ich vermute, dass der US-geführte Westen das gleiche unter irgendeinem Vorwand demnächst auch mit China tun wird.
Für diese Behauptung wurde ich von vielen belächelt, aber die Studie spielt genau das durch. Man kann dort lesen:
„Die Studie untersucht die wirtschaftlichen Auswirkungen einer harten Entkopplung zwischen China und Deutschland mit einer Simulation eines Szenarios ähnlich einem Kalten Krieg 2.0 mit Fragmentierung der Weltwirtschaft.“
Wie wichtig der Handel mit China für Deutschland ist, zeigen einige Spiegel-Überschriften der letzten Monate: „Warnung von Experten – Die gefährliche Abhängigkeit der EU von China bei E-Auto-Batterien“, „Trotz Warnungen vor Abhängigkeit – Deutsche Konzerne investieren verstärkt in China“ oder „Günstiger Strom – Der deutsche Solarboom hängt an Chinas Tropf – kann das gut gehen?“.
Denn sie wissen (nicht?), was sie tun…
Die Sanktionen gegen Russland haben gezeigt, wie dramatisch die Folgen schon geworden sind, als die EU „nur“ auf günstige russische Energieträger verzichtet hat. Das nun viel teurere Gas hat viele Industriezweige in Gefahr gebracht und führt zur Abwanderung ganzer Branchen in die USA oder nach China. In der Folge werden wieder Lieferketten gestört und weitere Branchen bekommen Probleme.
Wie dramatisch die Folgen erst werden, wenn bei einer „Entkopplung“ von China viele Produkte und Rohstoffe fehlen oder viel teurer werden und wie die europäischen Unternehmen die finanziellen Folgen verkraften sollen, wenn sie plötzlich aus politischen Gründen gezwungen werden, den chinesischen Markt zu verlassen, ist kaum vorherzusagen.
Trotzdem steht zu befürchten, dass es sich so entwickeln wird, denn diejenigen, die derzeit in Berlin und Brüssel agieren, wissen (nicht?) was sie tun…
Quellen und Anmerkungen
Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 17. Dezember 2023 bei anti-spiegel.ru +++ Bildquelle: gopixa/ shutterstock
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