Standpunkte

Israels zweite Front gegen den Libanon | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Am 28. Juni musste man feststellen: Seit dem 8. Oktober 2023, dem Beginn des Völkermordes in Gaza, gab es 6.142 Angriffe auf den Libanon mit 564 Toten und 1.258 Angriffe auf Israel mit 21 Toten(1). An der Grenze zum Libanon war eine kleine Armee aufgefahren, die scheinbar nervös an der Grenze hin und her fuhr, als warte sie nur noch auf den Angriffsbefehl. Im Ukraine-Konflikt wird immer betont, dass die Ukraine ja das Recht habe, ihr eigenes Gebiet zu bombardieren, obwohl sich dieses in einer Sezession abgespalten hatte, und mit großer Mehrheit die Zugehörigkeit zur Russischen Föderation erklärt hatte. In Palästina wird dagegen von deutschen Medien der Eindruck erweckt, dass „Israel“ von der Hisbollah bombardiert würde, obwohl die Mehrzahl der Angriffe gegen illegale israelische Siedlungen auf besetztem Gebiet Palästinas stattfand, in Regionen, in denen sicher auch keine Referenden der ursprünglichen Einwohner durchgeführt wurden, mit denen sie sich zu Israel hätten bekennen können. Weshalb es eben oft nicht Israel war, sondern besetztes Palästina, das angegriffen wurde.

Israels zweite Front im Norden

Ende Juni kursierten verschiedene Berichte in arabischen Medien und im Internet, dass Israel die USA informiert haben soll, im Fall eines Krieges gegen den Libanon „beispiellose“ Waffen einsetzen zu wollen. Israels Fernsehkanal 12 berichtete auch innerhalb Israels darüber(2). Natürlich wurde ausführlich spekuliert, ob das taktische Kernwaffen sein könnten, da Israel angeblich über 200 Atomwaffen/Kernwaffen verfügt. Angesichts der Tatsache, dass Israel bereits einen Völkermord in Gaza problemlos ausführen kann, ebenso wie verbotene Phosphorbomben über bewohntem Gebiet einsetzt, könnte man durchaus annehmen, dass das Land auch diese rote Linie überschreitet, und „kleine“ Massenvernichtungswaffen im Libanon zum Einsatz bringt.

Damit würde aber eine Eskalation in Gang gesetzt werden, welche letztlich auch Israel vernichtet. Denn darauf müsste der Iran mit Sicherheit durch massive Bombardierungen mit konventionellen schweren und modernsten Raketen reagieren. Manche Analysten wie Scott Ritter behaupten sogar, dass in diesem Fall Pakistan dem Iran Kernwaffen für einen Gegenschlag zur Verfügung stellen würde, was ich nach dem letzten politischen US-Putsch in Pakistan aber für unwahrscheinlich halte. Was m.E. auch gar nicht notwendig ist. Die Vernichtungskapazität iranischer Raketen würde vollkommen ausreichen, nicht nur um die gesamte Energiewirtschaft Israels zu zerstören, sondern auch alle wichtigen Rüstungsfabriken und möglicherweise sogar die berüchtigte Kernwaffenbrutstätte Dimona in der Negev-Wüste. Die Hisbollah hatte bereits wiederholt Drohnen Aufnahmen über der Anlage gemacht(3).

Mit anderen Worten: Die Nutzung von solchen „beispiellosen“ Waffen, mit denen Israel droht, könnte die Existenz Israels bedrohen, und das auch in dem Fall, dass es „nur“ eine neuartige „konventionelle“ Super-Bombe ist, oder eine EMP-Bombe, eine Biowaffe oder eine der sonstigen Massenvernichtungswaffen. Hätte Israel nicht damit gedroht, wäre möglicherweise die Reaktion durch den Überraschungsfaktor nicht, oder nur gemäßigt ausgefallen. Da aber nun vom Schlimmsten ausgegangen werden muss, ist die gesamte Welt des Widerstandes in höchster Bereitschaft.

Die USA haben Ende Juni bereits 3.000 US-Soldaten nach Jordanien verlegt. Aber ob sie als Bodentruppen Israels agieren würden ist unklar. Die Rede ist bisher ausschließlich von einer Unterstützung bei der Luftabwehr. Wie bereits früher berichtet, waren ja auch schon zwei Flugzeugträgerverbände vor der Küste Israels und des Libanons angekündigt gewesen. Allerdings scheint es nun lediglich ein Verband zu werden, Eisenhower, denn der befindet sich Ende Juni im Mittelmeer.

Am 28. Juni berichtet die Financial Times, dass durch israelische Bombardierungen, auch mit weißem Phosphor, wodurch die Felder auf Jahre unfruchtbar werden, ein Bereich von ca. 5 km innerhalb des Libanon unbewohnbar wurde. Die UN habe berichtet, dass mehr als 95.000 Menschen als Binnenflüchtlinge das Gebiet verlassen mussten, dass die israelischen Angriffe 90 Zivilisten und angeblich 300 Hisbollah-Kämpfer töteten. Das seien heute schon mehr Opfer als während des Krieges von 2006. Trotzdem weigert sich die Hisbollah beharrlich, den Bereich aufzugeben. Was verständlich ist, da es nicht nur Libanon, sondern „Hisbollah-Land“ ist. Es sei, als ob man einem Fisch verbieten würde, im Wasser zu schwimmen, habe ein Kämpfer erklärt.

Die logische Folge dieses zunehmenden Drucks ist, dass die Hisbollah das Gleiche mit dem Norden Israels erreichen will. Und durch immer mehr Brände und Angriffe gibt es zumindest vorübergehend eine ähnliche Situation.

Am gleichen Tag hört man, dass die USA eine große Lieferung von 500-Pfund-Bomben nach Israel schicken, eine Lieferung, die zuletzt verzögert worden war. MintPress stellt fest, dass die Entscheidung mit dem geplanten israelischen Krieg gegen den Libanon zusammenfalle.

Wenn man sich an die vorherige Aussage der Nutzung von „beispiellosen Waffen“ Israels erinnert, drängt sich folgende historische Begebenheit auf: Die USA hatten Israel schon einmal davon abgehalten, Kernwaffen einzusetzen. Die Bomben waren während des Yom Kippur Krieges im Jahr 1973 schon an den Flugzeugen montiert worden, und sollten gegen Ägypten geflogen werden, als die USA durch das Versprechen von umfassenden Waffenlieferungen die Entscheidung der damaligen israelischen Führung revidieren konnte.

Während also die Welt von zwei Kriegen, also denen gegen Gaza und den Libanon spricht, schreibt die israelische Zeitung Haaretz(8), dass Netanjahu DREI Zermürbungskriege führt, nämlich gegen die Hamas, die Hisbollah und gegen das israelische Volk. Siehe mehr im Anhang(18).

Die USA scheinen Ende Juni nicht zu glauben, dass das Risiko eines großen Krieges vorbei ist, denn sie sollen nach Medienberichten neben dem Trägerverband ein vermutlich amphibisches Angriffsschiff ins Mittelmeer schicken, um Israel zu unterstützen, und Israel schickt Luftangriff auf Luftangriff gegen Ziele im Süd-Libanon. Von Bodenangriffen ist jedoch nichts zu sehen, möglicherweise, weil Israel an einem Mangel an Soldaten leidet. Details im Anhang(16). Mehr dazu etwas später.

Vorerst keine Haftbefehle

Eigentlich nicht überraschend, hat Großbritannien einen Schachzug gewählt, um die Entscheidung des IStGH über die Ausstellung eines Haftbefehls für Netanjahu und Co. mit juristischen Tricks zu verzögern. The New Arab berichtet, dass Gerichtsakten, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, zeigen, dass Großbritannien, Anfang des Monats beim Gericht einen Antrag auf schriftliche Stellungnahmen dazu gestellt hat, ob „der Gerichtshof die Gerichtsbarkeit über israelische Staatsangehörige ausüben kann, unter Umständen, in denen Palästina gemäß den Osloer Abkommen keine Strafgerichtsbarkeit über israelische Staatsangehörige ausüben kann“.

Daraufhin, so der Artikel, haben Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) am Donnerstag entschieden, dass das Vereinigte Königreich den Richtern, die den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant prüfen, rechtliche Argumente vorlegen kann. Die Richter sagten, der Gerichtshof werde auch Stellungnahmen anderer interessierter Parteien zu diesem Thema annehmen, setzten jedoch eine Frist für die Einreichung bis zum 12. Juli.

„Die Bewilligung des Antrags des Vereinigten Königreichs könnte die anstehende Entscheidung der Richter über Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant wegen Israels Krieg im Gazastreifen, die ICC-Ankläger Karim Khan im Mai beantragt hatte, verzögern. Der ICC führt seit 2021 eine laufende Untersuchung zu Verbrechen in Israel und palästinensischen Gebieten durch. In diesem Jahr entschieden die ICC-Richter, dass das Gericht zuständig sei, nachdem die palästinensischen Behörden sich 2015 dem Gericht angeschlossen hatten, nachdem ihnen der Beobachterstatus der Vereinten Nationen zuerkannt worden war. Die [jüngste] Entscheidung wurde jedoch durch einen Entschluss über eine Auslegung der Oslo-Abkommen von 1993 bezüglich der palästinensischen Gerichtsbarkeit über israelische Staatsangehörige auf einen späteren Zeitpunkt im Verfahren verschoben.“(5)

Das Argument des Vereinigten Königreichs sei, dass die palästinensischen Behörden gemäß den Oslo-Abkommen keine Gerichtsbarkeit über israelische Staatsangehörige haben können und diese Gerichtsbarkeit daher nicht an den IStGH übertragen könnten, um Israelis strafrechtlich zu verfolgen. Als ob es eine vertragliche Möglichkeit gäbe, Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit auszuschließen. Insbesondere wenn dies zwischen zwei ungleichen Parteien vereinbart wird, wie einem Besetzten und einem Besetzer.

Das Vorgehen des Gerichts in diesem Fall ist entlarvend. Neben Deutschland und den USA muss auch Großbritannien damit rechnen, wegen Beihilfe zum Völkermord und zu Kriegsverbrechen angeklagt zu werden. Mich würde nicht wundern, wenn nach dem Ausräumen der „Bedenken“ Großbritanniens dann Deutschland dran ist, das Verfahren zu verzögern, dann die USA usw. Findige Juristen werden Wege finden. Und die Richter des IStGH dürften dankbar sein, keinen Beschluss fassen zu müssen. Man darf gespannt sein, welche weiteren Möglichkeiten der Verzögerung der Ausstellung eines Haftbefehls sich ergeben werden, möglicherweise bis zum natürlichen Ableben von Netanjahu und Co.

Der Mossad

Ebenfalls gegen Ende Juni wurde bekannt(7), dass die Niederlande den Botschafter Israels einbestellten, um sich bei ihm über das Ausspionieren des IStGH in Den Haag durch israelische Geheimdienste zu beschweren.

Die Niederlande sind verpflichtet, die Sicherheit des Gerichtes und der Mitarbeiter desselben sicher zu stellen, und laut Vereinbarung, dass es frei von „Einmischung jeglicher Art“ bleibt. Was dann aber verwundert, warum die niederländische Regierung keine drastischeren Schritte unternahm, als in den USA ein Gesetz beschlossen wurde, welches sogar eine Invasion von Den Haag nicht ausschließt, sollte ein US-Staatsbürger dort angeklagt werden.

Nun scheint sich herauszukristallisieren, dass Israel bereits seit Jahrzehnten einen „Spionagekrieg“ gegen den IStGH führt, und in diesem Telefone, Chats, E-Mails und Dokumente des Gerichtes mitliest und hört. Dass dies im Fall der früheren Anklägerin Fatou Bensouda auch mit Drohungen verbunden war, wurde ja bereits bekannt, aber nun scheint auch Karim Khan, der eigentlich als Unterstützer und Beschützer Israels angesehen wird, im Visier der Dienste zu stehen.

Nun hatte Khan ja im letzten Monat bekannt gegeben, dass er Haftbefehle gegen israelische Beamte beantragt habe, darunter gegen Premierminister Netanyahu und Militärminister Yoav Gallant, und zwar wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen.

Langer Krieg statt großer Krieg?

Der langjährige Nahost-Journalist Elijah J. Magnier fragt am 29. Juni, ob es ein „Smart War“ Szenario gebe, durch welches die Schlacht gegen den Libanon betrieben werden soll, anstatt eines vollständigen Angriffskrieges(9). Unter „Smart War“ versteht der Autor einen „Geheimdienstkrieg“, also einen Krieg der lange aber auf niedrigem Niveau gezielt gegen, mit geheimdienstlichen Mitteln erstellte Ziele im Libanon, geführt wird. Der Grund sei offensichtlich, dass man vor einem offenen Krieg zurückschrecke, weil der eine Verwüstung von Israel nach sich ziehen könnte. Allerdings meint Magnier, dass Israel nicht unbedingt die Kontrolle darüber habe, dass es bei einem solchen bleibt. Möglicherweise wird die Hisbollah sich nicht darauf einlassen, und stattdessen auf diesen Krieg mit massiven Schlägen antworten.

Ein anderes mögliches Szenario sei, dass Israel einen Krieg mit Luftwaffen, Artillerie, einschließlich großer Raketen beginnt, mit dem Ziel, tausende von Zielen zu treffen, welche mit der Hisbollah in Verbindung gebracht werden. Mit anderen Worten, dass Israel etwas tut, was es seit vielen Jahren macht, nur diesmal wie auf Drogen, und mit noch weniger Rücksicht auf mögliche Kollateralschäden.

Alles deutet auf einen langen Krieg hin, und die Reaktion der Arabischen Liga, die Hisbollah von der Liste der Terrororganisationen innerhalb der Ländergruppe zu löschen, ist wieder eine der immer öfter vorkommenden Niederlagen Israels und seiner kolonialen Verbündeten.

Der Generalsekretär der arabischen Ländergruppe, Hossam Zaki, erklärte in einer im Fernsehen übertragenen Information, die von Al Jazeera weiter verbreitet wurde, dass die Arabische Liga erklärt, dass sie die Hisbollah nicht mehr als Terrorgruppe betrachtet(14). Das ist ein schwerer Rückschlag für den Einfluss der USA bzw. der kolonialen Länder, und nach der Fahrt aufnehmenden Ent-Dollarisierung des Handels, wieder ein Hinweis auf den langsam, sehr langsam schwindenden Einfluss des Hegemonen.

Völkermord, zweifellos

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen (UN) zum Recht auf Gesundheit, Tlaleng Mofokeng, erklärte am 28. Juni: „Wenn eine Gruppe von Menschen buchstäblich ausgerottet wurde, was gibt es sonst noch, um es als Völkermord zu bezeichnen?“ Der Middle East Monitor (10) berichtet, dass Mofokeng in einer Erklärung, die von der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu am Rande ihrer Teilnahme an der 56. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf veröffentlicht wurde, hinzufügte: „Wir wissen, dass die Menschen versuchen zu überleben, aber das ist wirklich alles, was sie tun können“. Es gebe keine Nahrung, kein sauberes Trinkwasser und keine sichere Unterkunft. Mehr in Anhang(19).

Es sei wichtig, auf globaler Ebene darüber zu diskutieren und das Vorgehen Israels als „Völkermord“ anzuerkennen, damit die Täter vor internationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden können.

Die offiziellen Opferzahlen der UNO für Gaza Ende Juni waren 37.765 Tote und 86.429 Verletzte. Nicht gerechnet die Menschen, welche unter schwerem Trauma leiden, und den unter den zerstörten Häusern vermissten Menschen. So dass man durchaus von mehr als 100.000 Todesopfern und mehreren hunderttausend lebenslang behinderten Menschen ausgehen muss. Darüber hinaus wurden ca. 1,7 Millionen Menschen vertrieben.

Mitläufer springen ab

Nun muss man sehen, dass die israelische Besatzungsarmee in erster Linie Erfahrung damit hat, nächtliche Hausdurchsuchungen bei unbewaffneten Zivilisten zu machen, auf Steine werfende Jugendliche zu schießen, oder vereinzelt Messerattacken abzuwehren, und nur in Ausnahmefällen mit Schusswaffenangriffen einzelner Angreifer zu tun hat. Ein richtiger Krieg, gegen einen motivierten, und nicht vor dem Tod zurückschreckenden Gegner ist für die meisten Soldaten etwas vollkommen Neues.

Es war bereits berichtet worden, wie viele israelische Soldaten mit psychischen Schäden während des Völkermordes in Gaza aus dem Dienst ausscheiden mussten. Aber es folgte ein Artikel am 1. Juli in israelischen Medien, dass immer mehr Soldaten den Antrag auf Ausmusterung stellen. Die Medien beschreiben das als besorgniserregende Krise des Staates, nicht nur der Armee. Die Selbstmordrate unter Soldaten steigt ebenfalls besorgniserregend(17).

Die Ausmusterungsanträge würden besonders Offiziersränge betreffen. 900 Hauptleute und Majore hätten die Entlassung beantragt. Und es zeige eine Krise der IDF auf, welche diese „Verluste“ nur schwer ersetzen könne. In den Vorjahren seien es jeweils höchstens 100 bis 120 gewesen. Diese Krise komme zu den erheblichen Verlusten der Armee, die sowohl an der Nord- als auch der Südfront auftreten, hinzu.

Ein Bericht(13) weist darauf hin, dass dies in Zusammenhang gesehen werden muss, mit einer Warnung des israelischen Sicherheits- und Militärestablishments, dass die IDF in eine Krise gerate, wenn das Alter für die Wehrpflicht im Militär für Reservesoldaten nicht ausgeweitet wird. Insgesamt haben dem Bericht zufolge 5.000 Reservisten Anspruch auf sofortige Entlassung.

„In einem ähnlichen Zusammenhang hat die israelische Zeitung Haaretz kürzlich berichtet, dass mehrere israelische Reservesoldaten sich trotz möglicher disziplinarischer Konsequenzen gegen eine Rückkehr in den Kampf in Gaza entscheiden, da das Militär in der Region mit erheblichen Verlusten konfrontiert ist. Das Sicherheits- und Militärestablishment warnte weiter, dass, wenn das Alter für die Befreiung nicht erhöht und keine Entscheidung getroffen wird, den regulären Dienst auf 36 Monate zu verlängern, das israelische Militär Schwierigkeiten haben wird, die aktuellen Sicherheits- und Kriegsmissionen zu erfüllen.‘“(13)

In den Medien des Landes wurde auch berichtet, dass das Militär an der bereits erwähnten Gründung einer neuen Reservedivision arbeite, da es dringen tausende von zusätzlichen Soldaten benötige. Anfang dieses Monats habe der israelische Generalstabschef Herzi Halevi die israelische Regierung laut dem israelischen Armeeradio über den Bedarf der Armee an 15 neuen Bataillonen informiert, da das israelische Militär unter einem schweren Mangel an Kräften leide.

Konfrontationen an der Süd- und Nordfront belasten offenbar mehrere Formationen und Einheiten der israelischen Besatzungstruppen schwer, und einige hochrangige und mittelrangige Offiziere seien getötet worden. Außerdem seien wichtige Sektoren der israelischen Wirtschaft beschädigt worden. Und durch den Bedarf an Soldaten sei die Wirtschaft, sowohl die produzierende als auch dienstleistende, in Mittleidenschaft gezogen worden. Hinzu kommt natürlich der Schaden, der durch die versuchte Blockade durch den Jemen, muss man hinzufügen.

„Sollten die Versprechen, einen groß angelegten Angriff auf den Libanon zu starten, wahr werden, könnte die Belastung der israelischen Militärverbände diese an den Rand des Zusammenbruchs bringen, da mehrere von ihnen, darunter Spezialeinheiten und wichtige Brigaden, schwere Schläge erlitten hatten. Die geforderte Erhöhung der Rekrutenzahl erfolgt trotz der Tatsache, dass das israelische Militär hunderttausende Reservisten zum Dienst mobilisiert hat, was das Ausmaß des Schadens verdeutlicht, der der Armee zugefügt wurde.“(13)

Gefangene töten

Derweil fordert einer der wichtigsten Minister im Kabinett Netanjahu, der Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir, die Gefangenen in israelischen Gefängnissen durch Kopfschuss hinzurichten.

„Ben-Gvir löste mit seinen jüngsten Aussagen über palästinensische Gefangene Kontroversen aus, als er in einem gestern veröffentlichten Video sagte: ‚Gefangenen sollten in den Kopf geschossen werden, anstatt mehr Essen zu bekommen.‘ Der Minister ging auf die Frage der Haftbedingungen ein und erklärte: ‚Es ist bedauerlich, dass ich mich in den letzten Tagen mit der Frage befassen musste, ob palästinensische Gefangene Obstkörbe erhalten sollten.‘ Er betonte seine Unterstützung für einen Gesetzentwurf seiner rechtsgerichteten Otzma-Yehudit-Partei, der die Hinrichtung palästinensischer Gefangener fordert, und erklärte: ‚Sie sollten durch einen Schuss in den Kopf getötet werden, und der Gesetzentwurf zur Hinrichtung palästinensischer Gefangener muss in der dritten Lesung in der Knesset verabschiedet werden. Bis dahin werden wir ihnen nur das Nötigste zum Überleben geben. Das ist mir egal‘, fügte Ben-Gvir hinzu.“(11)

Der Middle East Monitor berichtet auch, dass zuvor die Kommission für die Angelegenheiten von Gefangenen und ehemaligen Häftlingen und der Club der palästinensischen Gefangenen gestern bekannt gegeben hatten, dass die israelischen Besatzungstruppen seit dem Beginn des anhaltenden Vernichtungskriegs im Gazastreifen mehr als 9.450 Palästinenser aus dem Westjordanland, einschließlich Jerusalem, festgenommen hätten.

Im Internet kursierte ein Videoclip, der angeblich palästinensische Gefangene in total ausgemergelten und unterernährten Zustand zeigt, und Twitter-Nutzer verglichen diese Bilder mit denen von deutschen Konzentrationslagern während des Nazi-Regimes(12).

Fazit

Der Mangel an israelischen Soldaten, die Unfähigkeit, trotz eines laufenden Völkermordes, die Hamas endgültig zu besiegen, die Anerkennung der Hisbollah durch die arabischen Staaten-Gemeinschaft, obwohl die Hisbollah durch den Iran unterstützt wird, das ständige Zurückschlagen der Hisbollah nach Attentaten bzw. Luftangriffen Israels in Syrien oder zunehmend dem Libanon und die dadurch verursachten Schäden, lassen die Vermutung aufkommen, dass wir zwar nicht vor einem sich schnell zu einem Weltkrieg eskalierenden großen Krieg stehen, aber vor einer Art 30-jährigem Krieg. Auch darin waren Zivilisten die Hauptleidtragenden.

Der Dreißigjährige Krieg war ein Krieg in Europa von 1618 bis 1648. Der 30-jährige Krieg hatte auch einen 7. Oktober. „Am 23. Mai 1618 stürmen protestantische Adlige die Burg von Prag, Sitz des Königs von Böhmen, und werfen kurzerhand die königlichen Statthalter aus dem Fenster. In diesem Anschlag entlädt sich die aufgestaute Wut über die permanente Einschränkung der Religionsfreiheit und die Unterdrückung durch die katholischen Machthaber.“(15) Und wie damals führte die Tat zu einem langen und blutigen Krieg. Und ähnlich wie damals gab es zahlreiche Konflikte, die im Hintergrund abliefen. Heute sind es Putsche, Versuche von Farbrevolutionen und auch Kriege wegen der NATO-Erweiterung, z.B. in der Ukraine, der angebliche „Kampf gegen den Terror“ in Afrika, mit dem zunehmenden Abschütteln kolonialer Reste durch ehemalige Kolonialstaaten, oder die „Eindämmung Chinas“ mit dem Stellvertreter Taiwan. Oder eben der Völkermord in Gaza mit seinen Auswirkungen auf die ganze Region.

Aber natürlich kann sich dieser schwelende Krieg jederzeit ausweiten, wenn Israel etwas einsetzt, das es im Mittelalter nicht gab: Kernwaffen.

Quellen und Anmerkungen

  Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://x.com/jochen_mitschka

(1) https://pbs.twimg.com/media/GREdFv_WsAADaJW?format=png&name=900x900

(2) https://x.com/i/status/1806025060567879888

(3) https://x.com/amwogakhalwale/status/1804625904414621721

(4) https://www.ft.com/content/9b4c3cab-13b6-4195-a496-555c7a1db15b

(5) https://www.newarab.com/news/uk-moves-delay-icc-warrants-against-israeli-leaders

(6) https://x.com/MintPressNews/status/1806683293368127712

(7) https://www.middleeastmonitor.com/20240627-netherlands-summons-israel-ambassador-for-explanation-over-spying-on-icc/

(8) https://www.haaretz.com/israel-news/2024-06-28/ty-article/.premium/netanyahus-three-wars-of-attrition-against-hamas-hezbollah-and-the-israeli-people/00000190-5af8-d1c4-affa-5bfee2a50000

(9) https://ejmagnier.com/2024/06/29/is-there-a-smart-war-scenario-that-expands-the-battle-without-going-to-an-all-out-war-with-lebanon/

(10) https://www.middleeastmonitor.com/20240629-un-rapporteur-no-other-term-but-genocide-can-be-used-to-express-gaza-situation/

(11) https://www.middleeastmonitor.com/20240701-ben-gvir-calls-for-executing-palestinian-prisoners/

(12) https://x.com/Partisangirl/status/1806392762763444620

(13) https://english.almayadeen.net/news/politics/israeli-media-report-alarming-increase-in-soldiers-seeking-d

(14) https://en.irna.ir/news/85524362/Arab-League-removes-Hezbollah-from-list-of-terrorist-organizations

(15) https://www.planet-wissen.de/geschichte/neuzeit/der_dreissigjaehrige_krieg/index.html

(16) https://x.com/MyLordBebo/status/1803016820422582711 Die Times of India meldet, dass Israel dringend Soldaten benötige. Das israelische Armeeradio habe berichtet, dass die IDF eine neue Division mit israelischen Reservisten im Alter über 40 Jahren füllen wolle, und auch ansonsten mehr Truppen benötige. und https://x.com/SuppressedNws/status/1805584972616495174 Der ehemalige Verteidigungsminister Lieberman erklärt, dass eine ganze Brigade in der „Schlacht“ um Gaza gefallen oder kriegsuntüchtig geworden sei, und die Armee deshalb dringend Nachschub benötige, und https://x.com/DD_Geopolitics/status/1807831780759855140 Kriegsminister Gallant fordert, dass die Armee dringend 10.000 Soldaten und zwar sofort benötige.

(17) https://english.almayadeen.net/news/politics/24-hours-after-returning-from-gaza--iof-soldier-commits-suic

(18) „Der israelische Ministerpräsident will, dass sein Volk in einem Nebel der Ungewissheit verharrt und noch abhängiger von seiner dysfunktionalen Regierung wird. ■ Ein offener Krieg mit der Hisbollah scheint weniger wahrscheinlich als noch vor wenigen Tagen – aber das bedeutet nicht, dass die Feindseligkeiten vorbei sind. ■ Die israelischen Streitkräfte gewöhnen sich an die neue Routine von Kämpfen mit schwankender Intensität.“(8)

(19) Mofokeng habe festgestellt, dass sich die psychische Gesundheit der Bewohner des Gazastreifens verschlechtert habe, und erklärte, dass sie infolge der anhaltenden israelischen Bombardierung unter schweren Traumata leiden. Außerdem stammten Informationen über den aktuellen Status der Gesundheitseinrichtungen im Gazastreifen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderen Hilfsorganisationen. „Wenn sie (die Krankenhäuser) nicht mit Vorräten und lebenswichtigen Medikamenten versorgt werden können und wenn die Mitarbeiter des Gesundheitswesens selbst getötet und schikaniert werden, werden die Angriffe auf das Recht auf Gesundheit noch deutlicher“, erklärte sie. Es gebe keine Schätzung darüber, wie lange es dauern werde, die Gesundheitsinfrastruktur in Gaza wieder aufzubauen.

+++ Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: paul saad / shutterstock


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