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Kennen Sie Peter Thiel? | Von Hermann Ploppa

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Ein Kommentar von Hermann Ploppa.

Der gebürtige Frankfurter mit dem unauffälligen Namen ist zum Königsmacher in Washington aufgestiegen. Unermüdlich kämpft Thiel für eine totalitäre Diktatur der Superreichen.

Allgemeines Erstaunen. Raunen. Der Favorit für die Wahl zum Präsidenten der USA im November, Donald Trump, hat einen politischen Nobody zu seinem Vizepräsidenten-Kandidaten erkoren. Der untersetzte junge Mann mit dem trendigen Vollbart heißt James David Vance und lässt sich ganz sportlich als „JD Vance“ ansprechen. Bislang war Vance eigentlich vornehmlich als Risikokapital-Anleger bekannt geworden. Zudem hatte er ein Buch über seine Kindheit im Rostgürtel der USA geschrieben, das auch zum Bestseller avancierte. In seinem Roman „Hillbilly Elegie“ beschreibt Vance seine schwierige Kindheit in jenem Gebiet der USA, in dem früher die Schwerindustrie blühte, und wo nach dem Abzug der Industrie in billigere Länder bleierne Depression ausbrach. Früher hatte Vance Donald Trump als „neuen Hitler“ bezeichnet und wollte nichts von dem cholerischen Präsidenten wissen.

Doch jetzt findet Vance den Trump auf einmal ganz toll und will an Trumps Seite die Wahlen im November gewinnen. Hinter dieser wundersamen Wandlung steckt ein bei uns immer noch weitgehend unbekannter Milliardär mit deutschen Wurzeln, nämlich Peter Thiel. Thiel ermutigte JD Vance vor zwei Jahren, sich um den Posten des Senators für den Bundesstaat Ohio zu bewerben. Und Thiel machte Nägel mit Köpfen. Er stattete JD Vance mit zehn Millionen US-Dollar für seinen Wahlkampf aus. Vance gewann und zog 2022 als Senator für Ohio gleich in das Oberhaus des Washingtoner Kongresses ein. Als Peter Thiel dieses Wunder vollbrachte, vollbrachte er schon unzählige andere Wunder. Denn Thiel hatte nämlich schon im Jahre 2016 den Außenseiter Donald Trump so nachhaltig unterstützt, dass Letzterer den Peter Thiel in sein Transition Team holte. Da saß Peter Thiel zur Linken gleich neben dem großen Meister und konnte mitreden, wer welchen Posten in Trumps erster Regierungsmannschaft erhalten sollte. Mit Tränen in den Augen bedankte sich Trump vor laufenden Kameras bei „Peter“ und umfasste ganz ergriffen dessen rechte Hand.

Peter Andreas Thiel – von Frankfurt nach Silicon Valley

Peter Andreas Thiel wurde 1967 in Frankfurt am Main geboren. Doch seine Eltern zogen schon 1968 nach Cleveland in die USA. Bald ging es jedoch für die Thiels weiter nach Südafrika und Namibia. Und dann wieder zurück in die Vereinigten Staaten. Peter war Musterstudent in Philosophie und Juristerei. Er stieg ein bei der legendären Anwaltssozietät Sullivan und Cromwell. Dort wo bereits die Brüder John Foster und Allen Dulles die Geschäfte der Wall Street mit dem Hitler-Regime managten. Doch das war Peter Thiel zu langweilig. Er tauchte in das Silicon Valley-Milieu ein wurde bald der Mastermind der jungen Software-Tüftler mit dem Pionier-Stallgeruch.

Als erste Goldader erwies sich PayPal. 1998 gründete Thiel zusammen mit Max Levchin die Firma Confinity. Confinity wurde mit der Firma X.com von Elon Musk zum Bezahldienst PayPal verschmolzen. Der Verkauf von PayPal im Jahre 2002 an eBay spülte das bescheidene Handgeld von 55 Millionen US-Dollar in die Taschen von Peter Thiel. Das Geld wusste Thiel dann zu multiplizieren durch Hedge Fund-Geschäfte, um dann im Jahre 2003 die Spionagefirma Palantir aufzuziehen. Als Fan von Tolkiens „Herr der Ringe“, das er nach eigenen Angaben zehnmal bis jetzt gelesen hat, benannte Thiel seine Schnüffelfirma nach den „sehenden Steinen“ in Tolkiens Roman. Es soll hier nicht ganz unerwähnt bleiben, dass der Geheimdienst CIA Palantir durch seine Tarnfirma In-Q-Tel in der Gründungsphase nachhaltig finanziell unterstützt hat. Das sollte sich bald für beide Seiten auszahlen. Palantir ist längst zur Datenkrake weltweit avanciert. Die Polizei in Hessen und in Bayern arbeitet mit Palantir. Palantir wurde von deutschen Behörden eingekauft, ohne zuvor eine Ausschreibung durchzuführen <1>. Was darauf schließen lassen könnte, dass die deutschen Politiker auf mehr oder weniger sanften Druck aus den USA gar keinen Ausschreibungswettbewerb durchführen durften.

Und hier stellt sich auch ganz von selber wieder ein Zusammenhang zu Thiels inniger Beziehung mit Trump her. Denn Palantir hat mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Cambridge Analytica kooperiert. Cambridge Analytica ist mittlerweile liquidiert. Doch im Jahre 2016 verfügte Cambridge Analytica über die Persönlichkeitsprofile von 220 Millionen US-Bürgern. Dieses immense Wissen wurde genutzt, um die Wähler in den USA ganz konfektioniert auf ihre individuellen Interessen und Bedürfnisse anzusprechen und zur Wahl von Donald Trump zu bewegen. Das plauderte der damalige Chef von Cambridge Analytica, Alexander Nix, ganz ungeniert in einem Interview mit dem Kanal 4 des britischen Staatssenders BBC aus <2>. Womit dessen Karriere ein rasches Ende fand. Cambridge Analytica wurde abgewickelt, und der Trump-Chefideologe Steven Bannon, der auch im Beirat der Firma saß, verlor seinen attraktiven Nebenjob.

Diese Episode mit Cambridge Analytica macht brutal deutlich, dass private Unternehmen mittlerweile mindestens genauso lückenlose Kenntnis über die Bürger besitzen wie staatliche Geheimdienste. „Wer die Daten hat, hat die Macht!“ Und das Beunruhigende, was uns dieses Beispiel zeigt: längst ist die Brandmauer zwischen privaten Firmen und staatlich-öffentlichen Instanzen geschleift worden.

Auf dem Parteikonvent der Republikaner 2016 trat ein ungeheuer selbstbewusster Peter Thiel als damals einziger Abgesandter der Silicon-Valley-Blase ans Rednerpult und hielt eine flammende Rede für den Außenseiter Donald Trump, um dann zu bekennen: „Ich bin stolz, homosexuell zu sein. Ich bin stolz, ein Republikaner zu sein. Vor allem bin ich stolz, Amerikaner zu sein!“ Die Delegierten jubelten <3>. Trump revanchierte sich bei „Peter“. Er beglückte die Datenkrake Palantir mit einem fetten Auftrag für das Verteidigungsministerium im Umfang von 876 Millionen Dollar <4>. Diese tiefen Verstrickungen in den real existierenden Trumpismus hindern Thiel nicht, im Steering Committee der Bilderberg-Konferenzen eine große Rolle zu spielen. Wir lernen daraus, dass es zwar einen zuweilen beinharten Wettkampf zwischen dem Trump-Lager und dem demokratischen Establishment gibt. Dass aber der grundsätzliche Zusammenhalt innerhalb der Superreichen im Kampf um die Fleischtöpfe nie zur Disposition steht. Um diesen Zusammenhalt zu zementieren, gibt es ja eben genau diese fraktionsübergreifenden Gremien wie die Bilderberger oder den Council on Foreign Relations.

„Freiheit und Demokratie sind nicht miteinander vereinbar“

Ja, das hat Peter Thiel in einem Publikationsorgan des ultrakonservativen Cato-Instituts geschrieben. Wörtlich: „Vor allen Dingen glaube ich nicht mehr länger, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar sind.“ <5> Dem unternehmerischen Genie stehen die Regeln der Volksherrschaft im Wege. Überhaupt soll der Staat auf ganz minimale Funktionen wie Schutz des Eigentums und Aufstandsbekämpfung reduziert werden. Da sich die Politiker im Moment noch nicht so ganz einsichtig zeigen für die Zerschlagung des Staates, ist es am besten, jetzt schon mit aus den Wellen gestampften Plattform-Städten in exterritoriale Zonen private synthetische Städte zu bauen, in denen keine staatliche Rechtsprechung gilt. Wo alles privatwirtschaftlich betrieben wird. Also unterstützt Thiel das Seasteading-Institute mit einer halben Million Dollar. In letzter Zeit hat sich das Interesse auf Cahrtered Cities verlagert. Peter Thiel ist ein Transhumanist. Er hat vier Millionen Dollar investiert in transhumanistische Projekte, und hat da immer wieder Berührungspunkte mit dem reichsten Mann der Welt, seinem früheren PayPal-Freund Elon Musk <6>. Das Altern soll durch intensive Forschung so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören. Deshalb steckt Thiel auch hier wieder viel Geld hinein. Und da Thiel nicht sterben will, hat er sich in einer so genannten kryonischen Kühlkammer eingekauft. Sollte er wider Erwarten doch mal versterben, dann lässt er sich als futuristischer Pharao in einer Tiefkühlbox einfrieren, um dann irgendwann, wenn der Tod durch moderne Forschung überwunden ist, wieder aufgetaut und reaktiviert zu werden.

Wettbewerb mag Thiel gar nicht. Er hat erklärt, dass Wettbewerb etwas für Verlierer sei. Wettbewerb zerstört die Profite. Große Projekte wie die Suchmaschine Google oder Flugzeughersteller sind nach Thiels Meinung nur als Monopole zu betreiben <7>. Der Wettbewerb ist „eine Ideologie, die unsere Gesellschaft pervertiert und unser Denken zerstört.“ Thiel hat gut Reden. Die Kontrolle des großen Meta- und Alphabet-Konglomerats besteht darin, die Daten seiner Kunden abzusaugen und sich damit über das Daten-Monopol eine absolute Macht zu erobern. Um die politische Macht für das Google-Monopol zu sichern, finanziert das Datenkongolmerat über 200 Verbände, Denkfabriken und Nichtregierungsorganisationen <8>. Und Peter Thiel hat überall seine Tentakeln drin.

Statt Trump – jetzt JD Vance

Und so schließt sich der Kreis wieder. Denn im Jahre 2022 zog sich Thiel von seinem Rennpferd Trump zurück. Nun ließ Thiel verlauten, wenn man ihm eine Knarre an die Schläfe halte, werde er die Republikaner wählen. Aber Geld gibt es erst mal nicht mehr. Zur gleichen Zeit allerdings investierte Thiel zehn Millionen Dollar in sein neues Rennpferd JD Vance. Den hat er durch die Zielmarke gebracht. Und jetzt übt Thiel sanften Druck auf Trump aus, Vance als seinen Aufpasser in die zukünftige Regierung Trump zu schlucken. Denn Trump hat in seiner ersten Amtsperiode viel zu sehr politisch improvisiert. Von den marktradikalen Agendapunkten ist damals nicht allzu viel verwirklicht worden. Deswegen bekommt Trump bereits einen fetten Forderungskatalog mit Namen Project 2025 aufs Auge gedrückt <9>. Und Peter Thiel schickt Trump mit Hilfe von Vance einen jungen Mann ins Team, der die Zerstörung des Staates nach dem Vorbild des argentinischen Präsidenten Javier Milei energischer vorantreiben soll als Trump. Dazu soll die digitale Herrschaft noch radikaler durchgesetzt werden als bisher. Thiel ist nicht weg von der Republikanischen Partei. Er kommt wieder und diesmal bringt er seine Freunde von Silicon Valley mit, wie wir in der Zeitung lesen können: „Auf den Trump-Zug aufgesprungen sind unter anderem Palantir-Mitbegründer Joe Lonsdale, Doug Leone von Sequoia Capital sowie der Netscape-Entwickler Marc Andreessen, die Millionenbeträge an eine Lobbygruppe („Politcal Action Committee“) für den Republikaner gespendet haben. Viele von ihnen waren in der Gästeloge Trumps auf dem Krönungsparteitag der Republikaner von Milwaukee zu sehen.“ <10> Und diese diskreten Herrschaften haben schon eine erstaunliche Wandlung des Grantlers Trump bewirkt: „Dass sich Trump im Wahlkampf vom Maschinenstürmer zum Krypto-Messias und Elektroauto-Fan verwandelt, zeigt bereits die Handschrift des Thiel-Netzwerks. Kürzlich erst ließ sich Trump beim Bitcoin-Gipfel in Nashville für das Versprechen feiern, strategische Krypto-Reserven anzulegen und die USA zur Hochburg der Digitalwährung machen zu wollen.“ <11>

Wo in dieser schönen neuen transhumanistischen Thiel-Welt noch Platz für die von Trump und Vance beschworenen „christlichen Familienwerte“ übrig bleiben soll, werden wir in den nächsten vier Jahren sehen.

Quellen

<1> https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/palantir-software-polizei-hessen-kauft-bei-umstrittenem-us-unternehmen-a-1201534.html <2> https://www.theguardian.com/uk-news/2018/mar/20/cambridge-analytica-suspends-ceo-alexander-nix <3> https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/peter-thiel-ich-bin-stolz-homosexuell-zu-sein/ <4> siehe Fußnote <1> <5> https://www.cato-unbound.org/2009/04/13/peter-thiel/education-libertarian/ <6> https://www.geneticsandsociety.org/biopolitical-times/transhumanist-fantasylands-way-out-there-political-horizon <7> https://www.wsj.com/video/uncommon-knowledge-peter-thiel-on-aiming-for-monopolies/F9653B32-E048-4524-A922-0059A993DE0C <8> https://netzpolitik.org/2021/peter-thiel-ein-idol-fuers-monopol/ <9> https://staging.apolut.net/der-plan-der-eliten-von-anke-behrend/ <10> https://rp-online.de/politik/ausland/us-wahlen/us-wahl-jdvance-verbindungsmann-zu-netzwerk-um-peter-thiel_aid-117006589 <11> siehe Fußnote <10>

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: mark reinstein / shutterstock


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