Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
Seit einem Jahr hat der Euro im Verhältnis zum Dollar annähernd 20 Prozent an Wert verloren.1) Trotzdem beschloss der Bundestag in Berlin am 3. Juni 2022 mit überwältigender Mehrheit das sogenannte „Sondervermögen Bundeswehr“ mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro. Zielsetzung dieser exorbitanten Sonderverschuldung ist die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, die Optimierung der deutschen NATO-Bündnisfähigkeit und damit eine Erweiterung des Handlungsspielraums der Deutschen Bundeswehr2). Darüber hinaus wird neben einer deutlich spürbaren Gaspreiserhöhung auch noch eine Gasumlage medienwirksam ins Spiel gebracht (2,4 Cent pro Kilowattstunde (kWh)) 3) Während Viele die Urlaubsmonate nutzen, um Abstand von der Propagandafront zu gewinnen – Ukraine-Krieg, Krise um Taiwan, (mögliche neue Corona-Varianten, außergewöhnliche Hitzewellen, Wasserknappheit, Klimawandel, Kaufkraftschwund, Wirtschaftskrise) dauerte der Krieg in der Ukraine an und forderte weitere Opfer.
Wem nutzt der Krieg in der Ukraine?
Seit mehr als 100 Jahren sind die britische und die amerikanische Außenpolitik darauf ausgerichtet, jede Form einer wirtschaftlichen und politischen Annäherung zwischen Russland Deutschland im Keim zu ersticken:4) Dieses Ziel verfolgen insbesondere die USA und es hat den Anschein, dass es mit der Herabstufung Russlands vom strategischen Partner zum Erzfeind beinahe schon erreicht ist. Ein neuer „Eiserner Vorhang“ trennt inzwischen wiederum das westliche Europa von Russland. Die bekannten Kriegsprofiteure –allen voran der "amerikanische militärisch-industrielle-parlamentarische-Medien-Komplex"(mit Pentagon und der CIA 5) als Hauptantriebskräfte für die vielen US-Kriege, failed states, regime changes und Flüchtlingsströme etc.), sind wieder dabei.
Parallel zu den geopolitischen Interessen sehen multinationale Konzerne in dieser Entwicklung wieder Chancen, daraus Profite zu lukrieren. Mitte Januar 2015 stellte die LINKE-Fraktion eine parlamentarische Anfrage bezüglich des zu beobachtenden „Land-Grabbings“ in der Ukraine:
„Im Schatten der Ukraine-Krise ist hier ein besorgniserregender Transfer von Land an ukrainische Oligarchen, aber auch an westliche, börsennotierte Agrarunternehmen sowie an nichtwestliche Staaten zu beobachten“6).
In ihrem Antwortschreiben bestätigte die Bundesregierung nicht nur entsprechendes Vorgehen in der Ukraine, sondern wies auch darauf hin, dass die EU-Vereinbarung (Artikel 404)
„den Weg für eine Lockerung der gängigen Zertifizierungspraktiken, gentechnisch verändertes Saatgut und Erleichterungen für die Agrar-Industrie freimachen sollte7).Die Ukraine zählt zu den vielversprechenden Wachstumsmärkten für die Saatgutproduzenten Monsanto und DuPont. “8)
Ende Januar 2015 beschuldigte Frédéric Mousseau (Strategieexperte am ‘Oakland Institute’) die USA und die Europäische Union, gemeinsam die Übernahme der ukrainischen Landwirtschaft zu betreiben.9) Der Kampf um die Kontrolle des ukrainischen Landwirtschaftssektors sei
„ein ausschlaggebender Faktor im größten Ost-West-Konflikt seit dem Kalten Krieg“10).
Vor und im Krieg konnten mit Agrarprodukten schon immer große Spekulationsgewinne erzielt werden.
Am 27. Juli 1914, nur wenige Tage vor der gezielten Auslösung des 1. Weltkriegs nahm in den USA der Karikaturist Charles L. Bartholomew die amerikanischen Kriegsspekulanten ins Visier: Vor einem Rekrutierungsoffizier steht stramm ein riesiger Weizenmann mit der Aufschrift "U.S. Crop" (Crop: Ernte).
Ein amerikanischer Rekrut11)
Der Offizier macht sich auf einem Papier mit der Aufschrift "Recruits World War"( Rekruten für den Weltkrieg) Notizen. Auf dem am Boden liegenden Papier ist zu lesen: "Crop Failure Abroad" (Ernteausfall im Ausland). Zeitgenössische Nachrichten berichteten damals über massive Überschüsse in den USA und gestiegene Preise wegen des kommenden Weltkriegs, der den US-Konzernen riesige Gewinne bringen sollte.
Du Pont konnte im 1. Weltkrieg vor allem mit der Herstellung von Sprengstoffen die Nettogewinne um fast 1000 Prozent steigern.12)
Dupont war Hauptlieferant für Schießpulver/Sprengstoffe in folgenden Kriegen:13)
1812 U.S. gegen Britain/Canada
1846 U.S. gegen Mexico
1827-1896 Indianerkriege
1854 Krimkrieg (England and Russia)
1861-1865 US-Bürgerkrieg (Nord- gegen Südstaaten)
1898 Spanisch-amerikanischer Krieg (U.S.)
1914-1918 (U.S. und 40% der Alliierten)
Die Familie von Eleuthère Irénée du Pont de Nemours (1771-1834) landete am 1. Januar 1800 auf Rhode Island. 1801 kehrte E.I. du Pont nach Paris zurück, um sich Kapital und die neueste Ausrüstung zur Pulver-Herstellung zu beschaffen. In einem Schreiben vom 23. November 1804 bestätige US-Präsident Thomas Jefferson (1801-1809), dass Armee und Marine sein Pulver verwenden werden. Um Englands Vorherrschaft im weltweiten Schießpulverhandel zu forcieren, soll Napoleon 1802 E.I. du Pont bei der Gründung des amerikanischen Schießpulverunternehmens geholfen haben.
Ein Jahr später konnte Jefferson von Napoleon für 15 Millionen US-Dollar Louisiana kaufen (mit Hilfe von DuPont).14)
Im US-Bürgerkrieg (1861-1865) anvancierte Samuel Francis du Pont als Flagg-Admiral zum Kriegshelden.
1937 heiratete Ethel du Pont den Sohn des damaligen US-Präsidenten Franklin Delano Roosevelt (1933-1945) und Großneffen des US-Präsidenten Theodore Roosevelt (von 1901 bis 1909), Franklin Delano Roosevelt Jr. Unter US-Präsident Kennedy bekleidete er das Amt des stellvertretenden Wirtschaftsministers.
Heute ist das US-Unternehmen DuPont Pioneer einer der weltweit größten Chemischen-Konzerne und in ca. 90 Ländern präsent und ein wichtiger Hersteller von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), einschließlich gentechnisch veränderter Pflanzen mit Insekten- und Herbizidresistenz sowie Akteur beim „Land-Grabbing“ in der Ukraine.15)
DuPont: „Wir verhalten uns an höchste ethische Standards in Übereinstimmung mit allen geltenden Gesetzen und sind stets bestrebt, ein weltweit respektierter Corporate Citizen zu sein.“16)
Neben Dupont sind nach Angabe des „Australian National Review“ vom 27. Mai 2022 zwei weitere große amerikanische multinationale Konsortien beim Aufkauf von 17 Millionen Hektar der ukrainischen landwirtschaftlichen Flächen beteilig17): Cargill und Monsanto, welches offiziell ein deutsch—australisches Unternehmen mit amerikanischem Kapital ist. Ihre Hauptaktionäre sind die amerikanischen Vanguard, BlackRock und Blackstone. In den Fonds von BlackRock wird ein Vermögen von mehr als 10 Billionen Dollar18), bei Vanguard ca. 6 Billionen Dollar19) und bei Blackstone 881 Milliarden verwaltet. Alles Unternehmen, die nach eigenen Angaben die Zukunft der Zivilisation gestalten (u.a. der Übergang zum Netto-Nullenergiehaushalt).20) Einer Zukunft, die aus den Profiten von Krieg, Leid und Zerstörung aufgebaut werden soll.
Das "Nye Committee" 1934-1936
Als 1934 im Kongress die Besorgnis über einen neuen Krieg zunahm, wurde ein Untersuchungsausschuss eingerichtet, der die Hintergründe für den Kriegseintritt der USA im Jahr 1917 herausfinden sollte. Die Leitung hatte Senator Gerald P. Nye. Nach sorgfältigen zweijährigen Ermittlungen konnte das Nye-Committee überzeugend darstellen, dass Banker und Rüstungsindustrielle neben Preisabsprachen vor und während des Krieges starken Einfluss auf die US-Außenpolitik genommen und so das Land in den Krieg "getrickst" hatten. Diese Profiteure nannte man "Merchants of Death" – Händler des Todes.
Lithograph by Mabel Dwight
Als Anfang März 1917 bestürzende Meldungen im Washingtoner Oval Office einliefen – Meuterei im französischen Heer sowie allmählicher Zusammenbruch Russlands – war ein Sieg Deutschlands und damit der Totalverlust der US-Kriegsanleihen an die Entente nicht mehr auszuschließen. Das hätte den Zusammenbruch des J.P. Morgan-Imperiums und eine Implosion der Wall Street zur Folge gehabt. Die Kredite zum Vergleich: 27 Mio. US-$ hatte das deutsche Kaiserreich und 2.300 Mio. US-$ die Entente bekommen. 21)
Bei Kriegsende 1918 waren dann 2 Millionen US-Soldaten in Europa stationiert. Deutschland suchte um Waffenstillstand an und wurde dann 1919 in Versailles zum alleinigen Schuldigen (Artikel 231 des Friedensvertrags) gestempelt, der dazu verurteilt wurde, für die Kriegskosten aufzukommen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in den USA der militärisch-industrielle Komplex (MIK) zu einem elitären Netzwerk zwischen Wirtschaft, Medien, Politik und Militär mit dem Ziel, das Kriegsgeschäft zu forcieren. Darauf wies bereits 1956 Charles W.Mills in seinem erhellenden Buch „The Power Elite“22) hin.
Heute gehört zu dieser Power-Elite die Investor-Legende George Soros, der nach dem Maidan-Putsch die amerikanische Bevölkerung in Sachen EU, Ukraine und Russland aufklärte. Unter dem Titel "Europe at War" schrieb Soros, dass sich die EU de facto im Krieg gegen Russland befinde und entsprechend handeln müsse. Somit müsste die Sparpolitik aufhören und die Aufrüstung Priorität erhalten. Darin sieht Soros sogar ein gutes Konjunkturprogramm für Brüssel. Der Trommler für die Interessen von "Wall Street" und "City of London" verlangte von Brüssel, die Ukraine vorerst mit 20 Milliarden zu unterstützen. Das sei besser, als dass sich am Ende die EU selbst gegen Russland verteidigen müsse.23) So reden diejenigen Hasardeure, vor denen Dwight D. Eisenhower am 17. Januar 1961 in seiner Abschiedsrede gewarnt hat:
„Nur eine wache und aufgeklärte Bürgerschaft kann der riesigen Verflechtung der industriellen und militärischen Maschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen etwas entgegensetzen, sodass Sicherheit und Freiheit zusammen gedeihen können.“24)
Erfreulicherweise nimmt auch heutzutage eine kleine wache und aufgeklärte Bürgerschaft die Warnung von Eisenhower ernst und versucht auf ihren Spaziergängen und anderswo die noch schlafende Bürgerschaft aufzuwecken.
Quellen und Anmerkungen:
1) https://www.boerse.de/historische-kurse/Euro-Dollar/EU0009652759
2) https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw22-de-sondervermoegen-897614
3) Bei einem Jahresverbrauch von 16.000 kWh für eine Wohnfläche von 100 Quadratmetern wären das 345 Euro pro Jahr (https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Gasumlage-Wie-viel-muessen-Verbraucher-wann-zahlen,faqgasumlage100.html).
4) Briten wie US-Amerikaner sehen seit über hundert Jahren in einer möglichen Kooperation von Deutschland und Russland eine große Gefahr. Diesen Zusammenhang sprach am 4. Februar 2015 George Friedman, Gründer und Vorsitzende des führenden privaten US-amerikanischen Think Tanks »STRATFOR«, überraschend deutlich auf dem Chicago Council an.
5) Von Klaus Schreiner am 29. August 2016 veröffentlicht https://www.aktivist4you.at/wordpress/category/offener-buergerbrief/
6) https://kirsten-tackmann.de/wp-content/uploads/2015/07/150119_Landgrabbing_Ukraine_18-3774.pdf
7) Drucksache 18/3925 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode https://kleineanfragen.de/bundestag/18/3925-landgrabbing-in-der-ukraine.txt
8) Drucksache 18/3925 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode https://kleineanfragen.de/bundestag/18/3925-landgrabbing-in-der-ukraine.txt
11) American Recruit vom 27.7.1914 unter https://digitalcollections.hclib.org/digital/collection/Bart/id/7901/
12) Wolfgang Effenberger, Zahlen aus Engelbrecht, Helmut C./Hanighen, F.C.: MERCHANTS OF DEATH A Study of the International Armament Industry, Carter Lane 1934, S. 263; Alfred Dupont Chandler: Strategy and Structure: Chapters in the History of the American Industrial Enterprise, Beard Books 2003, S. 410, FN 74
13) http://coat.ncf.ca/our_magazine/links/53/dupont.html
14) Damals 15 Millionen US-Dollar: heutiger Wert von circa 251 Millionen US-Dollar oder knapp 117 Dollar pro km².
15) https://www.solidarwerkstatt.at/umwelt-energie/landraub-in-osteuropa
17) https://www.australiannationalreview.com/lifestyle/three-large-american-multinationals-bought-17-million-hectares-of-ukrainian-agricultural-land/; Zum Vergleich: In ganz Italien gibt es 16,7 Millionen Hektar Ackerfläche
18) https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/blackrock-verwaltet-jetzt-mehr-als-zehn-billionen-dollar
20) https://www.blackrock.com/corporate
21) Vgl. dazu: John Edward Wiltz, In Search of Peace: ,The Senate Munitions Inquiry, 1934-36, Baton Rouge: Louisiana UP, 1963 sowie Matthew Ware Coulter, The Senate Munitions Inquiry of the 1930s: Beyond Merchants of Death, Westport, CT, 1997.
22) Vgl. C. Wright Mills: The Power Elite, Oxford 1956
24) Eisenhower's Farewell Address to the Nation January 17, 1961 unter https://www.archives.gov/milestone-documents/president-dwight-d-eisenhowers-farewell-address
+++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Only_NewPhoto/ shutterstock
+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung
Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/
+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.
+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/
+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut