US-Militär auch als Klimakiller Nr. 1
In ihrem Streben nach Weltherrschaft geben die Vereinigten Staaten mehr für das Militär aus als jedes andere Land der Welt.
Ein Beitrag von Wolfgang Effenberger.
Erstaunlich: USA dreimal höher als China und Russland ebenbürtig zu Deutschland
Die Kriegskosten
Neta C. Crawford, Professorin für Politikwissenschaft an der Boston University und Co-Direktorin des Projekts „Costs of War“, kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Haushaltskosten der Kriege nach dem 11. September, einschließlich der Heimatschutzmaßnahmen und der künftigen Verpflichtungen zur Versorgung der Veteranen dieser Kriege, auf fast 6 Billionen (Trillionen) Dollar belaufen.1) Das entspricht ungefähr dem zehnfachen des deutschen Bundeshaushalts von 2021.2)
Im Jahr 2018 betrug das globale Militärbudget knapp zwei Billionen US-Dollar. Damit floss annähernd mehr als jeder 50. weltweit ausgegebene Dollar ins Militär.3) Damit können Bedeutung und Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes und der dahinter stehenden Plutokraten nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die größten Rüstungsunternehmen bzw. -konzerne sind in englischer bzw. US-amerikanischer Hand:
Allein der Branchenführer Lockheed Martin machte 2018 einen zwölfmal höheren Umsatz als der Rüstungskonzern Rheinmetall.
In einem 2019 veröffentlichten Bericht der Universitäten Durham und Lancaster wurde festgestellt, dass das US-Militär "einer der größten Klimasünder der Geschichte ist, der mehr flüssige Brennstoffe verbraucht und mehr CO2 (Kohlendioxidäquivalent) ausstößt als die meisten Länder"4). Bezogen auf die Emissionen aus dem Kraftstoffverbrauch stünde das US-Militär im Vergleich mit Nationalstaaten an der 47. Stelle der größten Treibhausgasemittenten der Welt.
So betrug einer Studie der Brown University zufolge der Kohlendioxidausstoß des US-Verteidigungsministeriums zwischen 2001 und 2017 1,2 Milliarden Tonnen - zweifellos ein erheblicher Beitrag zum Klimawandel.5)
Krieg und Klima
Kriege und Aufrüstung stehen im absoluten Widerspruch zu ambitionierten Klimazielen. Die Produktion von Waffen, Munition, Fahrzeugen, Jets und Schiffen erfordert gigantische Energiemengen und verursacht dementsprechend Treibhausgase – von den Umweltschäden durch Kriege ganz zu schweigen. Rüstung benötigt in großem Umfang „emissionsrelevanten“ Stahl. Diese Emissionen werden nicht beim Militär, sondern bei der Eisen- und Stahlproduktion verbucht. So fallen ebenso Kampfflugzeuge unter die Rubrik des Luft- und Raumfahrzeugbaus und Schuss- sowie Artilleriewaffen unter die Kategorie „Reparatur von Metallerzeugnissen“ oder „Installation von Maschinen und Ausrüstung“6). Im Einsatz ist der Verbrauch von Brennstoffen gigantisch: Kampfpanzer ca. 500 Liter Diesel pro 100 Kilometer, ein Tarnkappen-Kampfjet F-35 ca. 6.500 Liter Kerosin pro Stunde und ein B-52 Langstreckenbomber ca. 13.000 Liter Kerosin pro Stunde.7) Das Pentagon kaufte 2017 für seine Fahrzeuge zu Luft, zu Wasser und zu Land annähernd 43 Millionen Liter Öl pro Tag!
Neben den im Bundeshaushalt 2021 angegebenen Verteidigungsausgaben in Höhe von 46,93 Milliarden Euro dürften sich auch in anderen Haushalten versteckte Rüstungsausgaben finden. So z.B. im Auswärtigen Amt die Ausgaben für die UN-Einsätze und in der Allgemeinen Finanzverwaltung (Haushaltsumfang 92,91Milliarden Euro!) die Kosten für die Ausbildung und Aufrüstung "befreundeter" Akteure.8) Dem Bundesministerium für Bildung und Forschung stehen dagegen nur 20,8 Milliarden Euro zur Verfügung.9) Hinzu kommen noch die versteckten Ausgaben für militärische Infrastrukturmaßnahmen (unter anderem PESCO) zur schnelleren Verlegung von US-Kriegsgerät aus Antwerpen oder Bremerhaven.
Krieg und Umweltverschmutzung
Besonders traurig macht der Umstand, dass die Gräuel der vielen noch gar nicht so lange zurückliegenden Kriege schon fast vollständig vergessen sind. Wer mag sich noch an Schröders Fernsehrede vom 24. März 1999, dem Tag des Angriffs auf Serbien, erinnern: „Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen.“10) Eine Verhöhnung des Völkerrechts und der Vereinten Nationen! 78 Tage lang wurde Serbien von der NATO nach den Vorgaben des US-Generals Warden bombardiert; vor allem die Infrastruktur – Raffinerien, Umspannwerke, Kläranlagen ...-, um eine Maximum an Umweltzerstörung zu erzielen. Bei insgesamt 2.300 Luftschlägen wurden rund 50.000 Projektile abgefeuert: Grafitbomben, Lenkwaffen, Streubomben und Uranmunition (DU). Dabei gab es jede Menge Kollateralschäden.
Die Langzeitfolgen der eingesetzten panzerbrechenden Geschosse aus Depleted Uranium (DU) – die englische Bezeichnung für abgereichertes Uran (ein Abfallprodukt, das bei der Herstellung von Kernbrennstoff für Atomkraftwerke und von waffenfähigem Uran für Atombomben entsteht) - wie „Krebserkrankungen, chronische Nierenschädigungen und genetische Defekte, treten in der Regel mit einer Latenzzeit von wenigen Jahren (Säuglinge, Kinder) bis einigen Jahrzehnten (Erwachsene) auf“11). Neben der jeweiligen Wohnbevölkerung des betroffenen Kriegsgebiets sind auch die Soldaten selbst gefährdet. Depleted Uranium wurde zuerst von den USA und Großbritannien im Golfkrieg 1991 eingesetzt, später in Bosnien und Serbien 1995, im Kosovo 1999 sowie im Irak-Krieg 2003. Obwohl der Einsatz von Depleted Uranium nicht im Einklang mit dem "Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten" und den Zusatz-Protokollen von 1977 steht, gibt es bisher keine Konvention zum Verbot von Uranwaffen. In Serbien sind die vielfältigen Umweltschäden auch nach 21 Jahren immer noch sichtbar, und immer noch sterben Menschen an den Auswirkungen der DU-Munition.
Illegale Kriege
Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg ohne UN-Mandat öffnete dann die Tür für die ebenfalls illegalen Kriegseinsätze im Irak, Libyen, Syrien, Jemen usw.
Wie bei allen Kriegen waren die Anlässe entsprechend manipuliert. Angesichts des Erfolgs der antirussischen Propaganda und der unbemerkten massiven Kriegsvorbereitungen scheint die Halbwertszeit der Erinnerung sehr kurz zu sein.
Ohne Ächtung des Krieges kann es keine internationale Kooperation für Klima und Umwelt geben. Das Denken der Schlüsselfiguren einer kleinen Macht- und Finanzelite scheint von einer imperialen Machtpolitik zur Gewinnung und zum Transport von Rohstoffen beherrscht zu sein. Dazu bauen USA, die Nato und zunehmend auch die EU eine militärische Drohkulisse auf – aktuell gegen Russland und China.
Die künftige Berliner Regierungskoalition hat sich wie die Litauische Regierung darauf festgelegt, sich an der US-Politik gezielter Nadelstiche gegen China aktiv zu beteiligen.12) Nachdem vor wenigen Wochen auf dem litauischen Truppenübungsplatz Pabradė, gerade einmal 8 km von der belarussischen Grenze entfernt, ein neues Lager für die dauerhafte Stationierung eines US-amerikanischen Panzerbataillons gebaut wurde, kommt in den nächsten Wochen ein weiteres Nato-Panzerbataillon dazu.13)
Für das Militär, für Waffen, Munition, Fahrzeuge und Treibstoffe haben die Staaten der Welt 2020 rund 2 Billionen Dollar ausgegeben, so das Stockholmer Sipri-Institut. Das ist viermal so viel wie die globalen Investitionen in erneuerbare Energien und E-Mobilität.
Die militanten Ökosozialisten haben bisher die Umwelt-und Klimabedrohung durch das Militär ausgeklammert und dafür das Aus des Verbrennungsmotors (auch bei Panzern?) gefordert. Dann folgt die Reduzierung von Nutztieren, die Ächtung von Haustieren oder die Forcierung von Abtreibungen. Warum werden die Hauptverursacher der Umweltschäden, die Profiteure hinter dem militärisch-industriellen Komplex, von unseren Salon-Ökologen nicht in den Blick genommen? Wenn diesen Profiteuren nicht endlich Einhalt geboten wird, ist es nicht auszuschließen, dass künftig Kriege um knappe Güter wie Wasser, Energie oder Lebensräume geführt werden müssen.
Anmerkungen
1) Crawford, "United States Budgetary Costs of the Post-9/11 Wars Through FY2019: $5.9 Trillion Spent and Obligated," Costs of War Project, November 2018. https://watson.brown.edu/costsofwar/files/cow/imce/papers/2018/Crawford_Costs%20of%20War%20Es timates%20Through%20FY2019.pdf. 2)https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Bundeshaushalt/2020-09-23-bundeshaushalt-2021-und-finanzplan-bis-2024.html 3)https://www.welt.de/wirtschaft/article211016375/CO2-Emissionen-Krieg-und-Ruestung-die-vergessenen-Klimasuender.html 4)US Military Pollution: The World’s Biggest Climate Change Enabler https://earth.org/us-military-pollution/ 5)Felix Eick: Krieg und Rüstung – Die vergessenen Klimasünder vom 29.08.2020 |unter https://www.welt.de/wirtschaft/article211016375/CO2-Emissionen-Krieg-und-Ruestung-die-vergessenen-Klimasuender.html 6)Ebenda 7)Michael Grandt: Kommt bald der E-Panzer? NATO soll klimaneutral werden. KOPP exklusiv 46/21, S. 15 8)Jürgen Wagner: NATO-Kriterien: Versteckte Rüstungsausgaben vom 4,12,2019 unter https://www.heise.de/tp/features/NATO-Kriterien-Versteckte-Ruestungsausgaben-4603161.html?seite=all 9)https://de.statista.com/statistik/daten/studie/449433/umfrage/bundeshaushalt-ausgaben-nach-ressorts/ 10)Jan C. L. König: Über die Wirkungsmacht der Rede: Strategien politischer Eloquenz in Literatur und Alltag. Göttingen 2011, S. 422 11)Eine kurze Einführung https://www.attac-netzwerk.de/cottbus/gespraechskreis-neoliberalismus/aussenpolitik-entwicklungshilfe-krieg-und-frieden/du-abgereichertes-uran-als-waffe 12)Washingtons Prellbock https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8779/ 13)Ralph Bosshard: Beinahe katastrophale Fehlbeurteilungen https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2021/nr-2526-16-november-2021/beinahe-katastrophale-fehlbeurteilungen.html
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Wolfgang Effenberger ist ehemaliger Offizier der Bundeswehr, Politologe und Autor. Nachdem er als Pionierhauptmann Einblick in den Hauptverteidigungsplan der NATO erhalten hatte, begann er sich kritisch mit Geopolitik zu befassen, traute sich jedoch erst 2020 sein brisantes Insiderwissen in einem Buch zu veröffentlichen: Im "Schwarzbuch EU & NATO: Warum die Welt keinen Frieden findet" werden Nachweise geliefert, dass EU und NATO alles andere als friedensstiftende Organisationen sind.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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