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Leben in Namibia | Von Jochen Mitschka

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Einleben in der neuen Realität

Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Am 9. April kamen wir in Namibia an, am 9. Mai konnten wir unser Haus beziehen und am 8. Juni begannen die Renovierungsarbeiten. Wir haben viele Menschen kennengelernt und waren verwundert über die Offenheit und Freundlichkeit, mit der wir empfangen wurden. Natürlich auch darüber, wie viele Menschen deutsch sprechen wollen, sobald sie merken, dass man aus Deutschland kommt. Hier nun der Bericht über den Beginn der Renovierung und den Fortschritt hinsichtlich anderer Maßnahmen, die mit dem Beginn einer neuen Sesshaftigkeit verbunden sind.

Die meisten Deutschsprachigen leben noch in der Vorstellung eines Deutschland des Wirtschaftswunders, eines Deutschlands der 1970er und 1980er Jahre. Aber es gibt auch nachdenkliche Stimmen, die Kontakte nach Deutschland direkt pflegen, welche erklären, dass sie schon hörten, was auch wir erzählten. Aber natürlich werden deutschsprachige Zeitungen und Radiosender durch die DPA und die Konrad-Adenauer-Stiftung und andere Lobbyorganisationen der deutschen politischen Parteien maßgeblich beeinflusst. Weshalb sich die Erkenntnisse über den Zustand Deutschlands und der ganzen EU nur sehr langsam durchsetzt.

Das Haus

Wir hatten in Deutschland die Ersparnisse aus 45 Jahre Arbeit und viel Eigenleistung in ein Haus gesteckt, das wir erst 2016 gebaut hatten. Wir hatten es für den Rest des Lebens geplant. Also auch barrierefrei, mit großem Garten zur Selbstversorgung und Solarzellen mit Batterie zur Strom-Selbstversorgung. Nur damit, dass sich die gesellschaftliche Entwicklung im Laufe der Corona-Krise so schnell verschlechtern würde, hatten wir nicht für möglich gehalten. Und so verkauften wir Anfang 2022, als deutlich wurde, dass die Genbehandlungspflicht für medizinische Berufe nicht mehr verhindert würde, Hals über Kopf unser frisch gebautes Haus und viele angeschaffte Sachen mit finanziellem Verlust, um den Rest unseres Lebens nun doch in einem Exil zu verbringen.

Glücklicherweise stellte sich heraus, dass wir so ein bisschen „Hans im Glück“ zu imitieren scheinen. Denn was wir seit der Ankunft in Namibia erlebten, entschädigt uns materiell und mental für die Verluste, die wir in Deutschland erlitten. Materiell, weil wir ein wunderschönes Haus kaufen konnten, und noch Geld für Renovierung und Ausstattung übrig haben.

Zwar kostet der Strom in Namibia nur ein Drittel der Kosten in Deutschland, trotzdem hatten wir uns entschlossen, auch wieder Solarzellen zu installieren. Denn schließlich gibt es hier keine „Winterflaute“, in der kaum Strom produziert werden kann und außerdem scheint die Sonne praktische jeden Tag, denn wir sind nicht in, sondern am Rand der Nebelzone des Atlantiks. Dazu kam die Anschaffung einer Batterieeinheit aus Südafrika, die ab dem 14. Juni montiert werden soll. Und wir waren sehr gespannt auf die Unterschiede zur Performance der Tesla-Speichereinheit, die wir in Deutschland hatten.

Wir rechneten damit, so viel Strom zu produzieren, dass wir ihn gar nicht vollständig werden verbrauchen können. Deshalb erlaubten wir uns auch den Luxus einer elektrischen Heizung, quasi eine Art Durchlauferhitzer für den Swimmingpool, den wir in den nächsten Wochen renovieren werden. Außerdem erlaubten wir uns den Luxus von Heizgeräten in Form von Klimageräten. Im Prinzip also dezentrale Luft-Wärmepumpen. Wodurch der offene Kamin wohl nun endgültig nur noch als Deko dient. Somit ist die Investition in die Solaranlage im Prinzip die Vorauszahlung für Strom, Heizung und Kühlung für die nächsten 15 Jahre. Bei drohender Inflation vielleicht eine gute Idee.

Am Montag den 6. Juni begann die Hausrenovierung, allerdings mit gebremstem Schaum. Die Löcher für die Zaunpfosten wurden geschaufelt. Leider stellte sich heraus, dass einige auf dem Grundstück des Nachbarn waren. Wir haben uns geeinigt, dass man die Löcher dazu nimmt, einige Pflanzen aus dem Grenzbereich in die Löcher zu versetzen, und die Zaunposten 30 bis 50 cm daneben zu setzen. Die Büsche verdecken dann etwas den Zaun. Es war ein vollkommen entspanntes Gespräch unter Nachbarn, die sich gerade erst kennenlernten.

Dann ging ich sicherheitshalber zum anderen Nachbarn, entschuldigte mich für das Zertreten seiner Pflanzen und fragte noch einmal, ob die Pfosten falsch stehen. Täten sie nicht beruhigte mich der Nachbar, alles in Ordnung, keine Panik.

So richtig weiß wohl keiner mehr, wo die Grenze eigentlich geht, wenn nicht gerade eine Wand drauf steht, wie beim ersten Nachbarn. Das sieht man aber locker. Wesentlich strikter ist die kommunale Verwaltung. Da wird z.B. sogar die Art und Farbe des Garagentores vorgeschrieben, und dass x% der Fassade mit einem gewissen Bruchstein verschönt werden müssen.

In den folgenden Tagen der Woche wurden dann im Eingangsbereich Pflanzen (Bougainvillea) beseitigt, die unglaublich gewuchert waren, und deren Wurzeln bereits die Platten des Eingangs beschädigt und angehoben hatten. Einerseits waren die Blüten schön und spendeten die Blätter Schatten im Eingangsbereich. Andererseits war es so stark gewachsen, dass man kaum noch den Eingang sauber halten konnte.

Normale Häuser in Namibia haben nur einphasige Elektronetze. Sie besitzen auch einen „Körperschutzschalter“ wie man früher sagte. Und vor einem Verkauf muss der Verkäufer von einem vereidigten Elektriker die Bescheinigung bekommen, dass die Elektrik im Haus in Ordnung ist. Bei uns funktionierten trotzdem zwei Steckdosen nicht, und in der Nacht zum 14. Juni hatten wir das Erlebnis eines Stromausfalls. Gewohnt aus Deutschland, dass der Strom für das ganze Dorf ausfällt, stellte ich aber verwundert fest, dass er nur in unserem Haus ausgefallen war, und sah dann, dass der FI angeschlagen hatte. Es dauerte dann ca. zwei Stunden, bis ich den Fehler auf eine vermutliche Steckdose eingekreist hatte, an der eine Klimaanlage, allerdings ohne betrieben zu werden, angeschlossen war. Jedenfalls sprach der FI nun jedes Mal an, wenn man die Steckdose mit eingestecktem aber ausgeschalteter Klimaanlage ausschaltete. Ohne Stecker gab es kein Problem.

Der Heizungs- aka Klimaanlagenbauer versprach am nächsten Morgen, sofort vorbei zu kommen, um zu prüfen, ob es an dem Gerät lag. Kurz nachdem er gegangen war, klopfte der Mann an die Haustür, der die Sat-Schüssel reparieren sollte.

Zur Erklärung: Er muss klopfen, weil hier kaum jemand eine Klingel wie in Deutschland hat. Im Sommer lässt man auch oft den oberen Teil der Haustür einfach offen stehen, so wie Fenster und Türen, damit während den kühleren Zeiten des Tages das Haus schneller auskühlen kann. Oder im Winter, damit die warme Luft besser in alle Räume kommt. Aber zurück zum Sat-Anschluss.

Dafür musste ein neues Coax-Kabel in den Raum unter dem Dach und über der abgehängten Decke gelegt werden. Der Zugang ist so eng, dass ich mich jedes Mal wundere, wie sie es schaffen, da durchzukriechen. Außerdem erwarte ich jeden Augenblick, dass ein Bein durch die Gipsdecke stößt. Aber es sind auch immer kleine und sehr zierliche Männer, die dort hinauf gehen. Jedenfalls wurde ich informiert, dass ein Coax-Kabel von einer Maus angeknabbert worden war. Natürlich kam sofort der Verdacht auf, dass eine Maus Selbstmord beging und ein Stromkabel anbiss. Aber soweit der Arbeiter im Dach das sehen konnte, betraf der Schaden nur ein Coax-Kabel.

Also muss nun der Kammerjäger ran. Er hat Standardpreise: Umgerechnet 12 Euro für das Aufstellen einer Falle und ca. 5 Euro für das monatliche Kontrollieren bis keine Maus mehr gefunden wird. So meldete er schon wenige Minuten nach Erhalt unserer SMS.

Das Einleben

Wir hatten schon in vergangenen Beiträgen über die ersten Schritte, bis zu einem ersten kleinen Verkehrsunfall beschrieben. Wer nach Namibia zieht, sollte sich klar sein darüber, dass er das Schlaraffenland des Konsums, Deutschland, verlässt. Gekauft wird, was eine beschränkte Anzahl von Händlern in einem kleinen Land anbieten. Und da das naturgemäß teurer ist, als das „günstigste Angebot in Ebay“, oder einfach nicht lieferbar ist, muss man auch mal verzichten. Allerdings hat diese Art der Anschaffung einen großen Vorteil: Man kommt mit viel mehr Menschen ins direkte Gespräch als beim Raussuchen des günstigsten Angebotes in Ebay oder Amazon.

Überhaupt ist das Leben hier wieder näher an der Wirklichkeit als in den Foren des neuen gesellschaftlichen Konsenses in Deutschland. Wenn über Umweltschutz diskutiert wird, geht es nicht um CO2 Steuer, sondern darum, ob man die Natur absolut schützen muss, oder z.B. die Ölbohrungen in Naturparks beschränkt zulassen muss, um die für die Beseitigung der Armut notwendigen Mittel zu bekommen. Oder ob man riesige Solarkollektorfelder in einem Teil der Dünen montieren darf, die unter Naturschutz stehen und ein empfindliches Ökosystem beherbergen. Wenn man in Namibia über den Schutz von Minderheiten redet, geht es nicht um sexuelle Neigungen, sondern um den Schutz der Kultur, der Sprache und der Besonderheiten von Ureinwohnern.

Zum Einleben gehört auch das sich Vertraut machen mit den klimatischen Besonderheiten. Seit wir in Namibia sind, herrscht Winter. Das bedeutet aber nicht Frost und Schnee, sondern unterschiedliche Temperaturen, je nachdem, ob der Wind vom Atlantik her weht, oder aus dem Osten, aus dem „Desert“, was mit „Wüste“ nur unbefriedigend übersetzt ist.

Als wir im April ankamen, fielen die Temperaturen in den Häusern teilweise unter 15°C, weshalb viel Holz in den offenen Kaminen und Öfen verfeuert wurde. Jetzt, Anfang Juni, haben wir länger anhaltende Phasen von Ostwind. Dabei steigen die Temperaturen am Tag bis auf 33°C und fallen in der Nacht selten unter 20°C. Die Häuser, die kaum gedämmt sind, speichern die Sonnenwärme des Tages und geben sie in der Nacht wieder ab. Was natürlich bei länger anhaltenden Perioden des „Wüstenwindes“ auch in den Häusern zu höheren Temperaturen führt.

Den Ostwind empfindet man am frühen Morgen bis max. 10 Uhr noch als frisch. Aber danach steigert sich die Temperatur, bis man das Gefühl hat, vor einem riesigen Föhn zu stehen. Interessant ist dann das Fahrradfahren. Da es praktisch nie regnet, ist dieser Wind eigentlich das Einzige was jemanden abhalten kann, mit dem Mountainbike in die „Wüste“ zu fahren. Aber besser verbringt man dann seine Trainingseinheiten damit, gegen den Wind vom Einkaufen zurück zu fahren. Naja, ab und zu.

Am 12. Juni, dem ersten Tag ohne heißen und starken Ostwind, fuhr ich wieder in die so genannte „Wüste“. Nichts erdet mehr, lenkt ab von der als politischen Irrsinn empfundenen deutschen Gesellschaft als die schier endlose Weite, die Stille und die Tatsache, dass man stundenlang niemanden sieht oder hört. Ich bin dankbar, hier sein zu dürfen.

Wenn ich zurückblickend den Empfang hier in Namibia mit dem Leben in Südostasien vergleiche, dann muss ich feststellen, dass es bisher noch keinen Versuch gab, uns regelrecht „übers Ohr zu hauen“. In Südostasien ist man am meisten gefährdet durch so genannte Expats, die schon scheinbar ewig im Land leben, und die besten Ideen und Vorschläge haben. In Namibia haben wir bisher im Nachhinein festgestellt, dass alles innerhalb eines marktüblichen Preises war. Und noch nie haben wir erlebt, dass man so schnell und freundlich Auskunft erhielt, wo man denn etwas finden konnte, wenn man nicht handelseinig wurde.

Krankenversicherung

Meine private Krankenversicherung, in der ich 45 Jahre Ansparbeiträge zur Reduzierung des Altersbeitrages eingezahlt hatte, bot auch den weiteren Schutz im Ausland an. Durch den Ansparbeitrag sind die Kosten für die Basisversorgung sehr überschaubar. Allerdings müssen wir für meine Frau, die gesetzlich krankenversichert war, und diesen Schutz durch den wegen Covid bedingten Verlust ihres Arbeitsplatzes verloren hatte, nun eine neue Versicherung abschließen. Wir hatten schließlich die Wahl zwischen einer Basisabsicherung, welche nur die gesetzlichen staatlichen Leistungen Namibias abdeckt (ca. 50,- Euro umgerechnet pro Monat) und einer Versicherung, welche auch private Krankenhäuser und Ärzte mit einer Vielzahl von Leistungen, die uns nie betreffen werden, abdeckt und ca. 263,- Euro kostet.

Leider hatten wir schlimme Dinge von den staatlichen Krankenhäusern gehört. Evtl. vergleichbar mit Zuständen, wie bei uns in den 1950er Jahren. Inwieweit die Horrorbeschreibungen der Wahrheit entsprechen, können wir natürlich nicht sagen. Jedenfalls aber bissen wir in den sauren Apfel und wählten die hohen Kosten. Das hatte einen Grund. Es war die dritte und letzte Krankenversicherung, welche das Risiko meiner Frau eingehen wollte. Jedoch erst nach einer, natürlich bezahlten, Wartezeit von drei Monaten und dem Ausschluss des Risikos einer Vorerkrankung für ein Jahr.

Dazu eine Geschichte, die uns von Bekannten erzählt wurden, welche bereits einige Jahre in Namibia leben. Eine Freundin von ihnen hatte nach einiger Zeit ihre Krankenversicherung beendet. Sie bekam dann aber eine akute Blinddarmentzündung. Wurde ins staatliche Krankenhaus eingeliefert und zwar operiert, aber sozusagen als Letzte. Und sie lag dann mit dutzenden anderen Patienten vor einem Durchgang zu den Gemeinschaftstoiletten.

Mit anderen Worten: Namibia lässt niemanden ohne ärztliche Versorgung. Aber wer es sich eigentlich leisten können sollte, aber keine Krankenversicherung hat, der wird eben etwas weniger bevorzugt behandelt gegenüber Menschen, welche die staatlichen Leistungen in Anspruch nehmen müssen, weil sie sich keine private Behandlung leisten können.

Die Luxusprobleme

Naja eigentlich sind viele unserer Probleme Luxusprobleme, je nachdem aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet. So hatten wir z.B. für unserer Haushilfe ein „Dienstfahrrad“ gekauft, welches sie auch privat nutzen kann, damit sie nicht zu Fuß die ca. 4 km bis zu ihrer Wohnung gehen muss, und manchmal noch weiter, wenn sie an anderen Wochentagen im Stadtzentrum in anderen Haushalten hilft. Und eines der landesüblichen Taxis zu nehmen, wird von den „Arbeitgebern“ im Zentrum nicht finanziert, hatten wir zuletzt erfahren. Das tun anscheinend nur solche, die im Außenbereich der Stadt wohnen. Zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren scheint für manche ein Luxusproblem zu sein. Für uns gibt es ein anderes wirkliches Luxusproblem.

Wir hatten schon vor unserer Ankunft in Namibia einen Toyota bestellt, der unseren ebenfalls bestellten Campinganhänger ziehen sollte. Nun hatte es aber Anfang des Jahres ziemlich katastrophale Überschwemmungen in Südafrika gegeben, von denen auch das Toyota-Werk in Mitleidenschaft gezogen wurde. D.h. bis ca. Ende des Jahres werden dort vermutlich keine Toyotas produziert. Die Folge war ein Explodieren der Gebrauchtwagenpreise. Während Toyota jetzt wohl versucht, die in anderen Werken produzierten gleichen Modelle irgendwie nach Südafrika zu schaffen.

Aber die Möglichkeit besteht, dass es noch viele Monate dauern kann, bis wieder normale Lieferzeiten für Toyota Allradfahrzeuge gelten werden. Nun ist aber Toyota der beliebteste unter den Allradlern und die angeblich zuverlässigste Automarke überhaupt. Von der Luxusausführung, dem unglaublich teuren Landcruiser sagt man hier in Afrika, dass man ihn nicht verkauft, sondern vererbt. Dieser Typ wird inzwischen gebraucht teurer gehandelt als neu. Leider gilt Ähnliches für andere Toyotas auch.

Und so haben wir gerade den Lieferanten des Campinganhängers gebeten, mit der Lieferung etwas zu warten, bis wir ein Zugfahrzeug dafür haben. Da sich die Renovierung als sehr zäh herausstellte, und die beste aller Ehefrauen heute lakonisch bemerkte, dass sie wohl noch zwei Monate dauern dürfte, war das vielleicht keine schlechte Idee.

Bücher und mehr

Am 13. Juni erhielten wir die Mitteilung, dass unsere 36 Pakete mit Umzugsgut nun Ende des Monats auf dem Seeweg, ohne festen Ankunftstermin, verschickt werden. Wegen Krieg, Corona und Wetter sei ungewiss, wann das Schiff ankomme. Da Bücher ein hohes Gewicht haben, hatte ich mich ein zweites Mal von ihnen trennen müssen. Das erste Mal war eine teilweise Trennung  gewesen, als wir den Container für Südostasien gepackt hatten. Diesmal gab es keinen Container, also auch keine Bücher. Aber sie fehlen. Hier ist es nicht einfach Bücher zu kaufen oder zu leihen, und wenn, dann nur zu horrenden Transportkosten. Deshalb habe ich mich dazu durchgerungen einen E-Book-Reader anzuschaffen, gegen den ich mich jahrelang gewehrt hatte. Natürlich keinen Kindl von Amazon, sondern einen, mit dem man auf Online-Verleihe zugreifen kann. Ich war gespannt, wie das von Namibia aus funktionieren wird. Auch das Recherchieren für ein Buch dürfte nun viel aufwendiger werden. Ging man früher in die National- oder Landesbibliothek oder einfach in eine Uni-Bibliothek, um ein Buch einzusehen oder zu bestellen, ist das hier nicht so einfach.

Wir leben jetzt seit unserer Ankunft ohne Fernsehen und festen Internetanschluss. Da fällt das Fehlen von Büchern besonders auf. Apropos Internetanschluss. Nachdem ich dem zuständigen Verkaufsleiter von Telecom Namibia weitere Unterlagen über den Hauskauf geschickt hatte, meinte er heute, dass er nun den vor vier Wochen beantragten, und für letzte Woche schon mal zugesagten Glasfaseranschluss nun beschleunigen wolle. Was immer das auch heißen mag.

Man kommt sich ziemlich daheim vor. Aber während es die Telekom Deutschland fünf Jahre lang nicht geschafft hatte, den Anschluss auf die richtige Hausnummer zuzuordnen, hoffen wir, dass das hier zumindest nicht passieren wird. Dieses Problem in Deutschland hatte u.a. dazu geführt, dass wir bei einem Umstieg auf 1und1 einige Tage ohne Internet waren, weil der Anschluss auf die falsche Leitung gelegt worden war. Hätte ich nicht zufällig den Wagen des Entstördienstes  nach der dritten Reklamation beim Nachbarn klingeln sehen, hätte es vermutlich noch länger gedauert.

In Namibia war uns zuletzt kommuniziert worden, dass Projekte wegen Verzuges durch beauftragte Firmen ins Hintertreffen geraten seien, und man nun mit eigenen Kräften den Anschluss einrichten wolle. Allerdings hatte sich bisher niemand bei uns gemeldet.

Die Politik

Ein Thema bei den Gesprächen mit Namibiern war die Frage, was wohl aus dem Diebstahl von 4 Millionen US-Dollar in bar aus dem Anwesen „Phala Game Farm“ des südafrikanischen Präsidenten Ramaphosa in Südafrikas Provinz Lompopo noch herauskommen würde. Es wurde erklärt, dass das Geld aus dem Verkauf von Fleisch stammen würde. Allerdings soll es sich um eine Farm für Wildtiere handeln, und angeblich der Verkauf von Wildfleisch nicht erlaubt sein. Was aber so absolut kaum stimmen kann. Naja, jedenfalls gibt es eine Verbindung nach Namibia, weil die vermutlichen Täter wohl von hier stammen und durch einen plötzlich ungewöhnlich aufwendigen Lebensstil aufgefallen waren. Anfängerfehler könnte man sagen.

Delikat wird die Angelegenheit, weil angeblich der südafrikanische Präsident den Diebstahl nicht angezeigt hatte, sondern einen Sicherheitsbeamten über die Grenze schickte, um die vermutlichen Täter zu verhören, und nach dem Verbleib der Millionen zu forschen. Dieser wiederum habe mangels polizeilicher Autorität nicht den offiziellen Verfahrensweg beschritten, sondern sei angeblich über den „kleinen Dienstweg“ zwischen den beiden Präsidenten dazu ermächtigt worden, die vermutlichen Täter zu verhören.

Man kann nur hoffen, dass dies nicht die Positionen der beiden afrikanischen Regierungen gegenüber dem Druck der NATO-Staaten schwächt. Wie sieht es denn in der EU aus? Hier wird der Verantwortliche der größten legalen Steuerminderungslücke, andere reden von Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung, auch unter dem Namen LuxLeaks bekannt, zur Belohnung Chef der EU-Kommission und damit wichtigster Politiker der EU. Seine Nachfolgerin, die eigentlich nicht zur EU-Wahl stand, aber dafür dringend aus einem Ermittlungsverfahren wegen gelöschter Mobilfunkdaten gerettet werden musste, konnte sich ebenfalls auf das loyale Schweigen und schnelle Vergessen der Qualitätsmedien verlassen. Dagegen sind die Medien im südlichen Afrika brutaler. Hier wird es zu deutlicheren Artikeln und Meinungsäußerungen kommen, als in Deutschland während zum Beispiel der Entdeckung des Einflusses von Bundestagsabgeordneten auf die Beschaffung von Masken während der so genannten Pandemie, oder nach dem Verzicht von Cum Ex-Betrugs-Gelder durch einen später Bundeskanzler werdenden Politikers.

Für die Einflussnahme fremder Mächte sind natürlich solche afrikanischen Enthüllungen und mögliche Skandale Gold wert, um Afrika unisono und gewisse unangenehme Regierungen im Besonderen unter Druck zu setzen. Und über den Einfluss auf Satelliten-TV-Anbieter und gesponserte Zeitungen gibt es reichlich Druckmittel.

Wie es weitergeht

Bald wird der Moment kommen, wo wir eine Verlängerung oder Veränderung des bisherigen Touristen-Visums benötigen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob man, wie in asiatischen Ländern, dann z.B. einmal ausreisen muss, um wieder einreisen zu dürfen, oder ob es hier pragmatischer oder eben strikter gehandhabt wird. Denn über unsere Daueraufenthaltserlaubnis wird bis zu dem Termin sicher noch nicht entschieden worden sein.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: kavram / shutterstock


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