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Meinungsfreiheit nur noch mit Klage durchsetzbar | Von Markus Fiedler

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Was ist aus der Demokratie in der Bundesrepublik geworden?

Ein Standpunkt von Markus Fiedler.

Inzwischen ist gerichtlich in zweiter Instanz am Oberverwaltungsgericht Münster geklärt, dass der Historiker Dr. Daniele Ganser einen Vortrag in der Westfalenhalle Dortmund heute am 27.3.2023 halten darf. Alleine dieser Satz liest sich wie eine Meldung aus Absurdistan. Wieso muss man im besten Deutschland aller Zeiten gerichtlich einklagen, dass man einen öffentlichen Vortrag halten kann? Die Anwort ist einfach: Weil in Deutschland inzwischen antidemokratische Bildungsverweigerer diktieren, was gesagt werden darf und was nicht. Und die Presse unterstützt diese Verfassungsfeinde nach Kräften.

Beim DLF liest man dazu beispielsweise:

„Umstrittener Historiker Daniele Ganser darf in Westfalenhalle sprechen. Die Stadt Dortmund kann dem umstrittenen Schweizer Historiker Daniele Ganser einen Vortrag in der Westfalenhalle nicht verwehren.“[1]

Achten Sie auf die Formulierungen. Umstritten heißt übersetzt: Böse, böse! Und die Stadt kann leider diesem bösen Historiker nicht verwehren, einen Vortrag zu halten. Dort steht nicht: Gericht urteilte, dass das Gebaren der Stadtoberen nicht mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung vereinbar ist. Das wäre eine neutrale Formulierung und von einen öffentlich rechtlichen Sender erwartbar.

Der WDR positioniert sich auch klar gegen Ganser.

„Das Dortmunder Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus bezeichnet Ganser als einen "'Star' der verschwörungsideologischen Szene". Der umstrittene Historiker sei in den vergangenen Jahren immer wieder mit Verschwörungserzählungen aufgefallen – zum Beispiel auch zu den Anschlägen vom 11. September oder zur Corona-Pandemie.“[2]

Wir erkennen zwischen den Zeilen, dass Verschwörungsideologien angeblich irgend etwas mit Antisemitismus zu tun haben sollen und auf jeden Fall gefährlich seien.

Wir lesen weiter:

„Ähnlicher Meinung war auch Uwe Waßmann, der für die CDU im Dortmunder Stadtrat sitzt und Aufsichtsratschef der Westfalenhallen ist. ‚Die Stadt Dortmund hat sich ganz klar bekannt gegen Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus. Solche Leute haben in unserer Stadt keinen Platz.‘[3]

Es handelt sich also ausweislich des WDR Artikels bei Herrn Ganser angeblich um einen rechtsradikalen, antisemitischen Verschwörungstheoretiker. Steht da auch nicht direkt, aber zwischen den Zeilen.

Und die angebliche Begründung für diese Bewertung liefert man gleich mit:

„In einem niederländischen Dokumentarfilm setzt Ganser die von ihm wahrgenommene "Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft" mit der Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Dritten Reich gleich. "Damit relativiert er den mörderischen Antisemitismus des NS-Regimes und verharmlost die Schoah", sagt Micha Neumann von der Beratungsstelle gegen Antisemitismus ADIRA in Dortmund.“[4]

Der CDU Politiker Uwe Waßmann versteigert sich in einer Rede im Stadtrat Dortmund am 9.2.23 sogar zu der Aussage, dieses Zitat von Ganser sei von „sekundärem Antisemitismus“ geprägt und man dürfe diesem keinen Raum geben.[5] Die Äußerungen von Uwe Waßmann sind dabei mindestens eine grobe Irreführung der Leser und in jedem Fall ein Rufmord an Daniele Ganser.

Daniele Ganser hat in der Dokumentation nämlich exakt folgendes gesagt:

„Also es gab natürlich lokal, also z.B in Europa, den Kampf zwischen Protestanten und Katholiken, und da hat jeder gedacht: Ich habe Recht und hat den anderen umgebracht. Ja, das gab es immer wieder. Oder im Dritten Reich, Juden und Nazis, da haben die Nazis gesagt, Juden, das sind Tiere und haben sie vergast. Oder in Kambodscha hat Pol Pot eine Revolution gemacht und hat gesagt, alle die Brille tragen, das sind die klugen Menschen, das ist die Oberschicht, die müssen wir umbringen: Killing Fields. Das heißt, es gab immer lokal, in einzelnen Ländern, gab es Wahnsinn. Das ist ja Wahnsinn. Aber jetzt ist es weltweit Wahnsinn. Also das ist neu, dass eigentlich jetzt in der ganzen Welt, diese Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft ist, und dass die zwei Gruppen wie Armeen gegeneinander ziehen.“[6]

Zum Einen sind die Inhalte dieses Zitats historisch vollkommen korrekt, und zum Anderen finden man hierin nichts ehrenrühriges, was man Ganser anlasten könnte. Dass diese Passagen nicht im Entferntesten etwas mit Antisemitismus zu tun haben wird jedem Leser sofort klar. Rüdiger Lenz kommentiert die Interpretation von Gansers Aussage durch den Herrn Uwe Waßmann wie folgt:

„Es ist schon eine ungeheure Groteske, Dr. Daniele Ganser sekundären Antisemitismus, also Holocaust-Relativierung vorzuwerfen. Denn das ist mit dem Begriff des sekundären Antisemitismus gemeint. Aber so läuft das immer und jetzt haben all die politischen und medialen Hetzer und Blockwarte ihre rhetorischen Formulierungen parat und können ohne ihren Antisemitismus-Faustkeil zu hinterfragen, draufhauen und wieder einen Friedensaktivisten sozial abrasieren. Übrigens nennt man so ein Vorgehen, gegen Dr. Daniele Ganser so zu agieren, auch institutionellen Rassismus, auch struktureller oder systemischer Rassismus genannt.“[7]

Beweise gibt es also nicht gegen Dr. Ganser, aber man kann das ja einfach mal behaupten. Dieses schon justiziable Vorgehen, das der WDR hier medial unterstützt, zeigt deutliche Parallelen zur Rufmordkampagne in der Wikipedia, die dort nunmehr seit 2014 in zunehmendem Maße zu boebachten ist. Daniele Ganser muss erdulden, dass dort sein Name in einem einzigen Artikel über 63 mal im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien, Rechtsextremismus, Antiamerikanismus oder Antisemitismus in Verbindung gebracht wird.[8] Und warum? Es hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass er öffentlich Zweifel an der offiziellen Geschichte zum Hergang der Ereignisse von 9/11 geäußert hat. Das reicht für so eine Schmierenkampagne. Wenn Sie erfahren wollen, wie genau diese Kampagne abläuft, schauen Sie meine Dokumentation „Die dunkle Seite der Wikipedia.“[9] auf www.wikihausen.de.

Kurzum, Vertreter der Stadt Dortmund versuchten Gansers Vortrag mit den gleichen schäbigen Mitteln zu verhindern und scheiterte vor Gericht.

Die Rechtsanwältin Dr. Kirsten König, die die Veranstaltungsagentur NEMA Entertainment GmbH in der Sache von Dr. Gansers Vorträgen vertritt, begrüßte das Urteil und lobte dessen klare Aussagen zum Grundgesetz (GG):

„Insbesondere spricht das Oberverwaltungsgericht NRW sehr deutlich aus, dass die in Artikel 5 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes statuierte Meinungsfreiheit nicht den staatlichen Zugriff auf die Gesinnung erlaubt. Erst wenn Meinungsäußerungen konkret eine Gefährdungslage darstellen, also die Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährden und in Aggression oder Rechtsbruch umschlagen, darf der Staat in die Meinungsfreiheit zugunsten anderer geschützter Rechtsgüter eingreifen. Für eine solche Gefährdungslage gab es nach Überzeugung des Gerichts im Falle von Dr. Daniele Ganser nicht die geringsten Anhaltspunkte.“

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Bürgermeister der Stadt Dortmund vor Gericht nach verlorener erster Instanz folgender Maßen argumentierte:

„Infolge dieser Ausführungen lässt es das Verwaltungsgericht dann ausdrücklich offen, ob die Passage aus der in Bezug genommen Grundsatzerklärung, nach der Organisationen, Vereine und Personen, die etwa den Holocaust leugnen oder relativieren, die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren, zu antijüdischen oder antiisraelischen Boykotten aufrufen, diese unterstützen oder entsprechende Propaganda verbreiten (z.B. die Kampagne „Boycott – Divestment – Sanctions [BDS]“) oder die anderweitig antisemitisch agieren, keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt werden, hinreichend bestimmt genug wäre, um die Widmungszwecke öffentlicher Einrichtungen im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin einzuschränken. Des weiteren sei nicht zu entscheiden, ob die von der Antragsgegnerin herangezogene Definition „Organisationen, Vereine und Personen, die den Holocaust leugnen (…)“ in ihrer Gesamtheit am Maßstab des geltenden Verfassungsrechts, insbesondere im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, eine verfassungskonforme Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellen könnte [...].“[10]

Zusammenfassen kann man dieses Juristendeutsch in etwa so, dass alle, die irgendetwas kritisches zum Staat Israel sagen und gar Boykottaufrufe verfassen, nicht auftreten sollen, besonders nicht Vertreter der Kampagne BDS. Und allen, denen man irgendwie eine Holocaustleugnung andichten kann, ebenfalls nicht. Man habe das in einer Grundsatzerklärung so festgelegt.

Hierzu gibt es eine bemerkenswerte Stellungnahme im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in zweiter Instanz. Ein Ausschluss solcher Gruppen von der Nutzung der städtischen Räumlichkeiten verstoße nämlich gegen den Artikel 5 des Grundgesetzes. Das Gericht schreibt dazu:

 „Eine - im Weiteren unterstellte - Widmungsbeschränkung mit dem Inhalt der wiedergegebenen Passage der Grundsatzerklärung ist in dieser Allgemeinheit, soweit sie über einen (deklaratorischen) Ausschluss strafbaren Verhaltens hinausgeht, unwirksam. Sie verstößt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung gegen die grundrechtlichen Gewährleistungen der Meinungsfreiheit. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen sind durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Für sie ist das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend. Insofern lassen sie sich auch nicht als wahr oder unwahr erweisen. Sie genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird. Die Bürgerinnen und Bürger sind dabei rechtlich auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürgerinnen und Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht. Es vertraut auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien.“[11]

Das OVG untermauert diesen Beschluss an dieser Stelle gleich mit mehreren Verweisen, darunter ein Verfassungsgerichtbeschluss zu Thema BDS und Ergebnisse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.[12] Offenbar wird darin eine ganz andere Linie als in Dortmund vertreten.

Man kann das Urteil auch so zusammenfassen: Euren tollen Beschluss könnt Ihr Euch an die Backe kleben. Ein Ausschluss von politisch unliebsamen Gruppen von öffentlichen Räumlichkeiten und damit das Unterbinden oder Behindern von freier Meinungsäußerung ist verfassungswidrig!

Weil die AfD-Fraktion im Stadtrat Dortmund bezüglich der Beschlussvorlage in der Sache Ganser deutlichst Verfassungsbedenken äußerte und die Meinungsfreiheit beschnitten sah, behauptete  Norbert Schilff von der SPD in der bereits genannten Ratssitzung vom 9.2.2023 allen Ernstes:

„Mit diesem heutigen Antrag wird an keiner Stelle die Meinungsfreiheit in Frage gestellt.“[13]

Nachfolgende Äußerungen von Politikern der Spaßpartei „die Partei“, der Grünen, und der Linken gingen in die gleiche Richtung.

Da reibt sich der Wähler verwundert die Augen. Die angeblich rechtsextremen Politiker verteidigen das Grundgesetz und die angeblichen Demokraten, wie der beispielhaft genannte Genosse Schilff, erkennen noch nicht einmal einen eindeutigen Verfassungsbruch, wo er unübersehbar ist.

Die angeblichen Demokraten sollten sich noch einmal das Urteil des Oberverwaltungsgerichts durchlesen, denn darin ist für sie eine klare Ansage: Setzen – Sechs!

Die Politiker der Stadt Dortmund beschließen verfassungsrechtlich nicht zulässige Beschränkungen der Meinungsäußerung und erkennen noch nicht einmal diesen verfassungsfeindlichen Akt.

Und da muss man dann ein ganz ungutes Gefühl haben, denn dieses Verhalten wurde gegen Ende der Weimarer Republik von einigen Politikern auch genau so praktiziert. Man wollte sich damals auch nicht an die Verfassung halten. Es stellt sich also die unschöne Frage: Wo soll es hingehen? In welches Deutschland wollen uns die Damen und Herren vom Stadtrat Dortmund führen?

Quellen und Anmerkungen:

[1] Deutschlandfunk 24.3.23, https://www.deutschlandfunk.de/umstrittener-historiker-daniele-ganser-darf-in-westfalenhalle-sprechen-102.html [2] https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/aerger-auftritt-daniele-ganser-dortmund-100.html [3] Ebd. [4] Ebd. [5] Vgl. mit https://www.youtube.com/watch?v=PODQBX7uhSQ&t=10455s (Laufzeit 2:54:15) [6] Vgl. mit https://staging.apolut.net/alles-leben-ist-heilig-sagt-daniele-ganser-von-ruediger-lenz/ und "PANDAMNED" von Marijn Poels und Milosz Matuschek. https://youtu.be/Utv-TYMGKWk?t=5045 (Laufzeit 1:24:05) [7] Vgl. mit https://staging.apolut.net/alles-leben-ist-heilig-sagt-daniele-ganser-von-ruediger-lenz/ [8] Vgl. mit https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Daniele_Ganser&oldid=229204745 und „Der mündige Bürger zwischen Indoktrination und Falschinformation in Schule und Wikipedia - M.Fiedler“ https://youtu.be/NmN78gNKPfQ?t=2571 (Laufzeit 0:42:51) [9] https://wikihausen.de/dokumentarfilm-die-dunkle-seite-der-wikipedia/ [10] Antrag der Stadt Dortmund an das OVG Münster in der Sache – 15 B 244/23 – vom 13.3.23 [11] OVG Münster  15 B 244/23 bzw. 15 L 230/23 Gelsenkirchen. Beschluss vom 22.3.2023 [12] Nämlich„ Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 -, juris Rn. 49 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2022 - 8 C 35.20 -, juris Rn. 18; ferner Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, Gutachten zum BDS-Beschluss des Deutschen Bundestages, WD 3 - 3000 - 288/20, S. 6.“ [13] https://www.youtube.com/live/PODQBX7uhSQ?feature=share&t=10800 (Laufzeit 3:00:00) +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags. +++ Bildquelle: Dirk Wächter 


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