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"Moderne Propaganda" – Handbuch beschreibt 80 Methoden der gezielten Beeinflussung

"Moderne Propaganda" – Handbuch beschreibt 80 Methoden der gezielten Beeinflussung


Eine Rezension von Eugen Zentner.

Propaganda ist kein Phänomen aus scheinbar überwundenen Zeiten. Sie kommt ständig zum Einsatz, nicht nur in totalitären Staaten, sondern auch in liberalen Demokratien. Dass man sie oftmals nicht bemerkt, beweist lediglich, wie ausgefeilt die modernen Propaganda-Methoden sind. Der Werkzeugkasten hat sich im Laufe der Jahre ausgeweitet, und am besten funktionieren Techniken, bei denen die Beeinflussten gar nicht mitbekommen, dass sie manipuliert werden. Die wichtigsten von ihnen stellt nun der Publizist Johannes Menath in einem gut lesbaren Bändchen vor, das alle Voraussetzungen für ein Handbuch erfüllt.

In nummerierter Reihenfolge beschreibt der Autor insgesamt 80 Methoden der modernen Propaganda, teilt sie jedoch in drei Gruppen ein. Während der ersten solche angehören, die bestimmte Meinungen erzeugen, beschäftigt sich die zweite mit Techniken für die Zerstörung unerwünschter Ansichten. Die dritte Kategorie bildet hingegen Maßnahmen zur Etablierung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ab, die eine Beeinflussung erleichtern. Wer die gesellschaftspolitischen Ereignisse der letzten Jahre verfolgt hat, wird beim Lesen einen Aha-Effekt erleben. Viele Techniken kommen bekannt vor, sodass die Lektüre von zahlreichen Assoziationen begleitet wird.

Ein gutes Beispiel stellt eine Methode dar, die Menath als „Verschweigen“ bezeichnet. „Um einen politischen Gegner zu diskreditieren“, schreibt er, „werden etwa dessen Hauptargumente ignoriert, dafür wird eine nebensächliche negative Eigenschaft betont, mit Kampfbegriffen versehen und so lange wiederholt, bis jeder ein Zerrbild vor Augen hat. Dieses führt dann dazu, dass niemand mehr das Original zur Kenntnis nimmt.“ Diese Definition weckt Erinnerungen an die ungeheuer vielen Faktenchecks, mit denen bis heute die unerwünschten Ansichten der Maßnahmenkritiker zerstört werden.

Während diese Technik aus der zweiten Kategorie stammt, stellt die Rattengiftmethode eine dar, die eine bestimmte Meinung erzeugen soll. „Rattengift“, so der Autor, „wird mit einem Stoff versetzt, der für die Tiere äußerst wohlschmeckend ist, so sehr, dass sie sich dafür in Gefahr begeben. Im übertragenden Sinn bedeutet das, dass man großen Einfluss ausüben kann, wenn man eine propagandistische Botschaft in ein Medium verpackt, das den Menschen Spaß macht.“ Als Beispiele nennt er Fernsehserien, Videospiele oder Musik. Sie würden freiwillig und in großem Umfang konsumiert, wobei niemand dabei politische Beeinflussung erwarte, sondern Unterhaltung.

Wer diese Beschreibung als Folie für diverse Hollywoodfilme verwendet, merkt schnell, dass die Methode sehr oft zum Einsatz kommt. Auf sie griffen die Propagandisten auch während der Corona-Krise zurück, wenn man sich an Computerspiele erinnert, in denen „Corona-Leugner“ bzw. „Gefährder“ bekämpft werden mussten. Wer hingegen die Heute-show mit Oliver Welke oder Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale schaut, wird sicherlich eine Methode erkennen, die bei Menath den Namen „Eingebettete Satire“ trägt: „Humor ist ein effektiver Träger politischer Ansichten. Er versetzt in einen heiteren Geisteszustand und führt zur freiwilligen Übernahme der Inhalte. Während bei der klassischen Satire das Kritisieren des Herrschers im Vordergrund stand, dient eine eingebettete Satire dazu, die Ideologie des herrschenden Systems unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit zu propagieren und Regierungskritiker lächerlich zu machen. Eine solche Systemsatire ist also ein zusätzliches Herrschaftsinstrument, das den Meinungspluralismus untergräbt, statt ihn zu fördern.“

Die „Eingebettete Satire“ gehört in die zweite Kategorie, genauso wie die „Wolfsrudeltaktik“, die aufmerksame Fernsehzuschauer aus den gängigen Talkshows kennen. Dort trifft ein Oppositioneller meistens auf eine Überzahl an regierungstreuen Akteuren. Sie bilden das „Wolfsrudel“, das das Opfer einkreist. So werde es möglich, den Oppositionellen zu übertönen und ihn zum Außenseiter zu erklären, schreibt Menath. Wer dagegen die Passage zu der Technik der „Kanalisierung“ durchliest, wird vielleicht gleich an den derzeit medial aufgebauschten „Reichsbürger-Putsch“ denken. „Durch Kanalisierung werden politische Gegner in eine Richtung gelenkt, in der sie keine Gefahr mehr darstellen“, heißt es in dem Buch. „Man kann sie zum Beispiel mithilfe von Provokateuren dazu bringen, gewalttätig zu werden, was sie vor der breiten Masse diskreditiert und zu Außenseitern macht. Oppositionelle können so leicht zu Staatsfeinden erklärt und mit harten Maßnahmen unschädlich gemacht werden.“

Bei diesen Zeilen werden Erinnerungen an die Zeit deutschlandweiter Proteste gegen die Maßnahmenpolitik wach, als politische Entscheidungsträger vor einer angeblichen „Corona-RAF“ warnten. Ähnliche Assoziationen weckt eine Form der Desinformation, die darauf abzielt, falsche Hoffnungen zu erzeugen, damit die Opposition passiv bleibt. Die Methode soll auf die sowjetische Geheimpolizei zurückgehen, die in den 1920er-Jahren unter dem Decknamen „Operation Vertrauen“ verlautbaren ließ, dass eine geheime Organisation im Untergrund gegen die Kommunisten kämpfe und kurz vor dem Sieg stünde.

Menath zieht hier Parallelen zu der gegenwärtigen QAnon-Bewegung: „Ihre Anhänger, unzufrieden mit der politischen Situation in den Vereinigten Staaten, werden mit Parolen wie ‚Trust the plan‘ oder ‚Enjoy the show‘ dazu verleitet, nichts gegen die empfundenen Missstände zu unternehmen.“ Die gleiche Strategie lässt sich hinter den vielen versprochenen Gerichtsverfahren vermuten, mit denen beispielsweise der Corona-Ausschuss Hoffnungen bei den Maßnahmen-Kritiker schürt, ohne nennenswerte Ergebnisse zu präsentieren.

In die dritte Kategorie fällt hingegen eine Methode, die der Autor als „Erzeugung von Schuldgefühlen“ einführt. Dadurch ließen sich Rahmenbedingungen schaffen, die eine Beeinflussung erleichtern. Über Schuldkomplexe könne starker emotionaler Druck aufgebaut werden, so Menath. Er veranschaulicht das an gegenwärtigen Beispielen wie der Schuld an der Umweltzerstörung oder an der Verbreitung von Krankheiten: „Brennt sich das tief ins Bewusstsein, macht man einzelne Gruppen oder die ganze Bevölkerung unterwürfig und folgsam.“

Menath beschreibt die 80 Methoden kurz und knapp, verständlich und anschaulich, was die Lektüre zu einem Genuss macht, der noch einmal dadurch gesteigert wird, dass das Buch in vielerlei Hinsicht die Augen öffnet. Nach den knapp 100 Seiten dürften die Leser sensibilisiert genug sein, um in Zukunft zumindest Ansätze moderner Propaganda zu erkennen. Darin besteht gerade das Anliegen des Autors, der einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung leistet. Das gezielte Durchschauen versuchter Manipulation, schreibt er im Vorwort, sei von fundamentaler Bedeutung für jeden Einzelnen: „Jede Demokratie ist nur so stark wie das souveräne Bewusstsein der Wähler. Bildung, gerade auch in Hinblick auf Faktoren, die unsere Psyche beeinflussen, steht also am Beginn der Entwicklung zum mündigen Bürger.“

Dass auch sein Buch das Ergebnis langjähriger Auseinandersetzung mit diesem Thema darstellt, beweisen die vielen Zitate, mit denen Menath genauso wie mit plausiblen Beispielen aus der Praxis arbeitet, um die jeweilige Methode begreiflich zu machen. Er lässt Edward Bernays zu Wort kommen und Walter Lippmann, Niccoló Machiavelli und Gustave Le Bon, George Orwell und Jacques Ellul, allesamt wichtige Persönlichkeiten, die sich intensiv mit Methoden zum Machterhalt beschäftigt haben. Am Ende des Buches werden sie und ihre Werke sogar in einem kurzen Absatz gesondert vorgestellt.

Dieser quasi als Bonusmaterial daherkommende Abschnitt bietet den Lesern die Möglichkeit, tiefer in die Thematik einzutauschen, zumal sich unter den erwähnten Persönlichkeiten auch solche befinden, die allgemein weniger bekannt sind. Allerdings haben sie, so viel lassen die kurzen Beschreibungen erkennen, gerade in der gegenwärtigen Phase sozialer Verwerfungen eine größere Aufmerksamkeit verdient. Denn nur wer Propaganda durchschaut, kann sich ihrer Wirkmacht entziehen. Menaths Handbuch stellt dafür die ersten Weichen, so leichtfüßig wie eingängig, dass es Lust auf mehr macht.

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Hier der Link zum Interview mit Johannes Menath bei "Im Gespräch": https://staging.apolut.net/im-gespraech-johannes-menath/ +++ Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: zeitgeist-online


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