Die „unsichtbare Hand“ hinter den Kulissen der Geschichte gehört einer gar nicht mal so geheimen Berufsgruppe: Bankern und ihren Financiers. Teil 1 von 2.
Regierungen schützen uns nicht vor Gewalt. Sie üben sie aus. Regierungen schützen uns auch nicht vor Kriegen. Sie führen sie. Aber initiieren sie diese auch? Profitieren sie davon? Nein. Denn Regierungen sind so tonangebend wie vergänglich. Persistent dagegen ist der transgenerational wirkende, letale Machthunger einer Kaste skrupelloser Schreibtischtäter — der Kaste der Bankster. Ein Standpunkt von Tom-Oliver Regenauer.
Sie alle wollen ihn. Sie alle führen ihn. Unabhängig davon, welcher zeitgeistig opportuneismus ihn rechtfertigt. Ob linkes politisches Spektrum oder das rechte. Jedes autoritäre Machtkonstrukt sieht ihn als probates Mittel zur Durchsetzung seiner individuellen und doch schablonesken Weltrettungsfantasien: Den Krieg. Den betrüblicherweise regelmäßig wiederkehrenden Kulminationspunkt staatlicher Gewaltherrschaft. Er wird nach innen und außen geführt. Gegen Konkurrenten, Klassenfeinde, Häretiker und Oppositionelle.
Legitimiert durch die widersprüchliche Annahme, eine Regierung habe Rechte, die der Einzelne nicht hat — ohne sich dabei an Pflichten halten zu müssen, die der Einzelne aufgrund seiner Natur als selbstverständlich betrachtet —, zwingt eine Minorität von Tyrannen ihren Willen der Mehrheit auf. Seit Jahrtausenden.
Nur, weil besagte Mehrheit glaubt, jemand hätte das Recht, sie zu beherrschen. Doch dieses Recht gab und gibt es nicht.
Das System macht uns lediglich glauben, dass es existiere. Von Kindesbeinen an. Es lehrt, dass es moralisch richtig sei, wenn eine kleine Gruppe „Auserwählter“ über das Leben der Masse bestimmt. Doch wenn ich selbst auf Basis simpler Naturrechte, Logik und Moral nicht das Recht habe, einen anderen Menschen aus einem Akt der Aggression heraus zu erschießen, kann ich dieses Recht auch niemandem durch Wahl verleihen. Fühlt sich ein politischer Repräsentant kraft seines Amtes dazu bemächtigt, Gewalt auszuüben oder ausüben zu lassen — sei es im Namen des Volkes, der Demokratie, des Friedens oder der Liebe — handelt er nicht nur amoralisch, sondern kriminell. Bedauerlicherweise wohnt dem Gewaltmonopol des Staates eine düstere Logik inne. Denn nähme sich eine Regierung keine Sonderrechte heraus, erhöbe sie sich nicht über Recht und Moral, hätte sie keine Autorität, ihre Herrschaft keine Legitimation. Niemand sähe sie als übergeordnete Instanz. In einem solchen Szenario wäre jeder Normalbürger genauso viel Regierung wie die Regierung selbst. Folglich muss eine Regierung amoralisch handeln und Gewalt ausüben, um als solche anerkannt zu werden.
Auf Basis dieser von Etatisten konsequent ignorierten Tatsache ist die bewaffnete Auseinandersetzung verlässlicher Begleiter jedweder Herrschafts- oder Staatsform. Denn Regierungen schützen uns nicht vor Gewalt. Sie üben sie aus. Regierungen schützen uns auch nicht vor Kriegen. Sie führen sie. Und „der Krieg ist“, speziell in den Dämmerstunden der Postmoderne,
„nicht dazu bestimmt, gewonnen zu werden, er ist dazu bestimmt, andauernd zu sein“,
wie George Orwell korrekt konstatierte. Obwohl
„Friede der Naturzustand des unbedrängten menschlichen Geschlechtes ist“ (Johann Gottfried von Herder).
Fragt sich demnach: Wer profitiert in einer vermeintlich aufgeklärten Welt vom permanenten Krieg? Oder von einem Weltkrieg? Sind es machtversessene Politiker, Ideologen und Despoten? Ist es die Rüstungsindustrie? Sind es mit dem militärisch-industriellen Komplex verwobene Konzerne wie Bechtel, mit einem Jahresumsatz von 31,4 Milliarden US-Dollar eines der größten Privatunternehmen der Vereinigten Staaten, die Milliarden an Zerstörung und Wiederaufbau verdienen? Ist es das leitmediale Konsenskonglomerat, das bei seinen querfinanzierenden Herrschern um Pfründe, Prestige und Positionen buhlt?
Nein. Zwar profitieren alle genannten Parteien von ihrer Nähe zur Macht, dennoch sind auch sie nur Schachfiguren im geopolitischen Stratego der Kriegsführung.
Die wahren Profiteure von Krisen und Kriegen sind Banken. Genauer gesagt: Zentralbanken. Oder noch präziser: Die privaten Financiers der Zentralbanken.
Wie ich in meinem zweiteiligen Text „Trio Infernale“ anhand einer Vielzahl von Belegen aufgezeigt habe, zeichnen angelsächsische und angloamerikanische Finanzeliten nicht nur verantwortlich für die Ursprünge der Eugenik, der Apartheid oder die Erfindung des Konzentrationslagers — sondern auch für beide Weltkriege. Ohne diese blutgetränkten Zäsuren gäbe es heute weder die UN noch das seit Bretton Woods herrschende Weltfinanzsystem. Ein System, von dem niemand außer besagter Finanzeliten profitiert.
Doch nicht nur die großen Kriege des 20. Jahrhunderts gehen auf das Konto der transgenerational operierenden Bankster. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass diesen Zirkeln praktisch alle Kriege der jüngeren Geschichte anzulasten sind. Man könnte bei der britischen East India Company beginnen, die am 31. Dezember 1600 gegründet wurde, um anschließend in Südostasien und Indien ihr monopolistisches Unwesen zu treiben. Oder bei den von düsteren Entwicklungen begleiteten Opium-Kriegen zwischen Großbritannien und China, die von 1839 bis 1860 eine Unmenge von Menschen das Leben kosteten. Wohin man schaut, stets waren es einflussreiche Finanzkartelle, die sich Staat, Industrie und Gesellschaft gefügig machten, um ihre verwerflichen Ziele zu verfolgen.
Cambridge University Press publizierte am 26. November 2013 ein Dokument mit dem Titel: „Die Bank von England, Montagu Norman und die Internationalisierung der Anglo-Irischen Finanzbeziehungen 1922 bis 1943“. Die Autoren beschreiben darin den Transformationsprozess des „Empire“ hin zum „Commonwealth“, das bis heute 56 Länder und zweieinhalb Milliarden Menschen an die britische Krone bindet — sprich, den Strategiewechsel von der Unterwerfung durch militärische Eroberung hin zur Unterjochung durch Verordnungskonstrukte und finanzielle Abhängigkeiten. Montagu Norman war von 1920 bis 1944 Gouverneur der Bank of England. Seine im Archiv der Zentralbank abrufbaren Terminkalender geben einen Einblick in das Wirken des Mannes. Nach einer kontrovers diskutierten Rede vor Bankierskollegen im Jahr 1924 blieb der einflussreiche Finanzmagnat der Nachwelt unter anderem mit folgenden Zeilen in Erinnerung:
„Das Kapital muss sich auf jede erdenkliche Weise schützen, sowohl durch Zusammenschlüsse als auch durch Gesetze. Schulden müssen so schnell wie möglich eingetrieben und Hypotheken zwangsversteigert werden. (…) Wenn die einfachen Leute auf Basis rechtlicher Prozesse ihre Häuser verlieren, werden sie gefügiger und durch den starken Arm der Regierung, der von einer zentralen Macht des Wohlstands unter führenden Financiers geleitet wird, leichter regierbar.“
Wie das internationale Zentralbankenkartell sich und sein Kapital schützt, veranschaulicht ein Absatz aus den im hauseigenen Archiv schlummernden Gründungsstatuten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). In Artikel zehn soll demzufolge stehen:
„Die Bank, ihr Eigentum und ihre Vermögenswerte sowie alle ihr anvertrauten Einlagen und sonstigen Gelder sind in Friedens- und Kriegszeiten immun gegen jegliche Maßnahmen wie Enteignung, Beschlagnahme, Konfiszierung, Verbot oder Einschränkung der Ausfuhr oder Einfuhr von Gold oder Devisen sowie gegen jegliche andere Maßnahme.“
Sprich: Man steht über dem Gesetz. Und tatsächlich verfügt das mächtigste Finanzinstitut der Welt über allerlei Sonderrechte. Es hat einen eigenen Sicherheitsdienst, steht auf exterritorialem Gebiet mitten in Basel und kann seinen Mitarbeitern Immunität vor Strafverfolgung bieten. Zeitungsarchive dokumentieren die zentrale Rolle, die die BIZ seit ihrer Gründung im Jahr 1930 für das Weltfinanzsystem einnimmt. Die jährliche Generalversammlung der BIZ, an der Repräsentanten aller 63 angeschlossenen Zentralbanken teilnehmen, dürfte das wichtigste Meeting eines jeden Jahres sein. Auch wenn kaum jemals darüber berichtet wird. Der YouTube-Kanal der Bank zeigt überdies, wohin die Reise in punkto digitalem Zentralbankgeld geht. Denn die BIS arbeitet fieberhaft an entsprechenden Transaktionsprozessen, Softwarelösungen und einem zentralen Ledger (Hauptbuch, fin.), das die Schaltstelle zentralbankregulierter Währungskonversion werden dürfte. Außerdem: Wo Yuval Noah Harari als hofierter Gastredner empfangen wird, passiert selten etwas Gutes.
Vielsagend in Bezug auf das Selbstverständnis der Bankeneliten ist auch ein Zitat von EZB-Chefin Christine Lagarde vom April 2012:
„Das ist eine sehr faszinierende Institution, weil sie völlig antizyklisch ist. Wenn es um den Internationalen Währungsfonds (IWF) herum bergab geht, florieren wir. Wir werden extrem aktiv, weil wir Geld verleihen, Zinsen und Gebühren verdienen und all das, und der Institution geht es gut. Wenn es der Welt gut geht und wir Jahre des Wachstums hinter uns haben, wie das 2006 und 2007 der Fall war, geht es dem IWF finanziell und anderweitig nicht so gut.“
Wem Krisenkapitalismus, Kolonialismus, Eugenik, zwei Weltkriege und der Knotenpunkt des CBDC-Systems von morgen noch nicht genügen, um Motivation, Ziele und Skrupellosigkeit der Bankenkartelle erfassen zu können, dem sei ein vertiefter Blick auf die amerikanische Geschichte empfohlen.
Ein knapp 70 Seiten umfassendes Essay des US-Friedensaktivisten Michael Rivero aus dem Jahr 2014 veranschaulicht das Ausmaß des Einflusses, den Spitzenbankiers auf den Lauf der Welt nahmen und nehmen. Titel des Papiers:
„All Wars are Bankers Wars.“
Leider sind eine Vielzahl der im Dokument angeführten Zitate nicht belegbar. Riveros Interpretation der historischen Abläufe jedoch ist nachvollziehbar und weitestgehend korrekt. Er beginnt seine Abhandlung mit einer Beschreibung der Umstände, die zur amerikanischen Revolution führten, die 1765 begann und 1783 in der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten mündete. Der Aufstand gegen die britische Kolonialmacht begann in den dreizehn Kolonien, die das britische Imperium ab 1607 an der nordamerikanischen Atlantikküste etablierte. Dreh- und Angelpunkt der schwelenden Konflikte zwischen Kolonien und Krone war die von London diktierte Fiskalpolitik. Denn während die Kolonien bemüht waren, finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen und eigene Währungen herauszugeben, bestand König Georg III. darauf, die Kontrolle über das koloniale Währungssystem zu behalten. Dazu erließ er verschiedene Gesetze, die sowohl die Gründung lokaler Banken als auch die Herausgabe eigener Banknoten einschränkte. Siehe „Currency Act“ von 1751 und 1764.
Ziel des britischen Parlamentes war stets, seinen amerikanischen Kolonien ein Währungssystem auf Grundlage des Pfund Sterling zu oktroyieren. Da man in London die Ansicht vertrat, die Kontrolle kolonialer Währungen sei zu komplex, erklärte man diese schlicht für wertlos — was in der Konsequenz bedeutete, dass die Kolonien ihre Schulden gegenüber Großbritannien nicht mit eigenem, zinsfreien Geld abtragen konnten, sondern gezwungen waren, Kredite bei der Bank of England aufzunehmen. Angesichts eines signifikanten Handelsdefizits gegenüber Großbritannien regte sich infolgedessen zusehends Unmut in den Kolonien.
Am 4. Juli 1776 erklärten die Vereinigten Staaten offiziell ihre Unabhängigkeit von Großbritannien. Das hielt die angelsächsische Bankierskaste allerdings nicht davon ab, im Jahr 1791 die erste Zentralbank der USA zu gründen — die „First Bank of the United States“. Offiziell wird die Gründung dieses Finanzinstituts einer Initiative des US-Gründervaters Alexander Hamilton zugeschrieben, dessen Antlitz bis heute die 10-Dollar-Note ziert. Tatsächlich gehörten jedoch mindestens 70 Prozent der Zentralbank britischen Investoren. Namentlich zum Beispiel dem Haus Rothschild, das zu dieser Zeit nicht nur die Finanzwelt Großbritanniens dominierte. Für geordnete Verhältnisse auf dem Finanzmarkt sorgte die Gründung der First Bank of the United States jedenfalls nicht. Im Gegenteil.
Bereits im Gründungsjahr der Bank lancierte Alexander Hamilton als amtierender Finanzminister den ersten „Bailout“ der US-Geschichte. Dies, weil der Kurs der Zentralbankaktien (BUS) von 25 Dollar am 4. Juli sprunghaft auf 312 Dollar am 11. August angestiegen war. Die so entstandene Finanzblase platzte zuerst in New York. Panik breitete sich aus. Die BUS-Papiere verloren binnen 48 Stunden die Hälfte ihres Wertes. Ein Zusammenbruch des Finanzmarktes zeichnete sich ab. Um einen Kollaps abzuwenden, stützte Hamiltons Finanzministerium das System. Über Frontorganisationen in New York und Philadelphia ließ er 560.000 US-Dollar in den Markt pumpen. Nach heutigen Maßstäben bis zu 80 Milliarden. Das Credo damals wie heute: Gewinne privatisieren — Verluste sozialisieren.
Nur gut sechs Monate später, im Frühjahr 1792, drohte der Finanzmarkt erneut zusammenzubrechen — und wieder stützte Hamiltons Behörde den Finanzmarkt mit staatlichen Mitteln. Als die Lizenz der in Missgunst geratenen First Bank of the USA anno 1811 zur Erneuerung anstand, stimmte der US-Kongress dagegen. Das angelsächsische Bankenkartell schäumte vor Wut, während einflussreiche US-Politiker wie Thomas Jefferson und Andrew Jackson nach dem initialen Zentralbankdesaster dafür plädierten, das amerikanische Volk selbst über seine Zahlungsmittel entscheiden zu lassen — nicht die Vertreter von Partikularinteressen aus London. Die aufgrund territorialer Anspruchshaltung ohnehin angespannte Lage zwischen den Vereinigten Staaten und ihrer einstigen Kolonialmacht verschärfte das nur. Nicht wenige Amerikaner halten die Absage an eine von britischem Kapital dominierte Zentralbank gar für den ausschlaggebenden Grund des Zweiten Unabhängigkeitskrieges, der zwischen 1812 und 1815 weitere 17.000 Soldaten das Leben kostete und den Imperialisten von der Insel vor Augen führte, dass die USA militärisch nicht mehr zu bezwingen waren.
Nathan Mayer Rothschild, seinerzeit einflussreichster Bankier des Empire, soll den Vereinigten Staaten für den Fall, dass die Lizenzverlängerung für die Zentralbank nicht genehmigt werde, offen gedroht und einen vernichtenden Krieg angekündigt haben. Entsprechende Zitate, die dem in Deutschland geborenen Finanzmagnaten zugeschrieben werden und sich im Internet ohne Quellenangabe munter replizieren, sind derweil aber nicht verifizierbar. Obwohl man sich gut vorstellen kann, dass die Entwicklungen in der ehemaligen Kolonie einen Rädelsführer der Bankenmafia nicht wirklich verzückten. Interessant ist in diesem Kontext, was sich zu Nathans Wirken im offiziellen Familienarchiv der Rothschilds findet:
„Durch seinen Erfolg ermutigt, ließ sich Nathan wahrscheinlich 1804 in London als Kaufmann registrieren und zog nach London, um sich als Bankier niederzulassen. 1809 gründete er N M Rothschild in New Court, St Swithin's Lane in der City of London. Das Geschäft in Manchester wurde von einem von Nathans Angestellten, Joseph Barber, übernommen, und das Unternehmen stellte 1811 endgültig den Handel unter dem Namen Rothschild ein. Der vorübergehende Zugang zu Geldern, die das Haus Rothschild in Frankfurt für Wilhelm IX. von Hessen-Kassel anlegte, erweiterte den Umfang von Nathans Londoner Geschäften erheblich. Diese basierten auf profitablen Spekulationen mit britischen und ausländischen Wertpapieren und erfolgreichem Handel mit Devisen und Goldbarren. 1814 war es Nathan, der den prestigeträchtigen Auftrag der britischen Regierung zum Kauf und Transport von Goldmünzen zur Finanzierung von Wellingtons Armee auf dem Kontinent erhielt. Nach dem Sieg Wellingtons bei Waterloo erhielt das Londoner Haus einen weiteren Auftrag zur Abwicklung englischer Subsidienzzahlungen an die europäischen Verbündeten. Die Position von Nathan Rothschild als führendem Handelsbankier der City wurde 1826 gefestigt, als die Firma mit einer sofortigen Goldspritze eingriff, um die Bank of England zu retten. Nathans London House gab zwischen 1818 und 1835 26 britische und ausländische Staatsanleihen aus und brachte 1824 die Alliance Assurance Company (heute RSA Insurance Group) an die Börse.“
Der kurze Auszug aus der Vita des Bankiers verdeutlicht, welche Rolle die Finanzeliten im System Staat seit jeher einnehmen. Sie missbrauchen ihn für die Verfolgung ihrer übergeordneten Interessen. Die 1450 beginnende Timeline der Familienchronik festigt diesen Eindruck nur. Gleiches gilt für das Wirken von „Räuber-Baronen“ wie John Pierpont Morgan, der schon in jungen Jahren über mehr Geld verfügte als die US-Regierung und zwei Mal im Alleingang das amerikanische Finanzsystem vor dem Kollaps bewahrte. Oder für die Rockefeller Familie, die den ersten Milliardär der Welt aufzubieten hat und auch 2024 noch Platz 42 auf der Forbes-Liste einnimmt — und die mit David Rockefeller wohl einen der umtriebigsten „Philanthropen“ aller Zeiten hervorbrachte. Wobei Philanthropie an dieser Stelle als organisierte Kriminalität verstanden werden muss.
Obwohl die Lizenz der ersten US-Zentralbank 1811 nicht verlängert wurde und die Vereinigten Staaten 1815 den Krieg gegen Großbritannien gewannen, ging das Kalkül des britischen Kapitals schlussendlich auf. Londons Banker hatten nämlich unverhohlen darauf spekuliert, dass ein weiterer Krieg entweder darauf hinauslaufe, die Abtrünnigen zu rekolonialisieren oder sie endgültig in die Schuldknechtschaft zu treiben.
Sodass der US-Kongress gezwungen wäre, eine neue Zentralbanklizenz auszustellen, um Liquidität über teure Kredite herzustellen — und genau so kam es. Schon 1816 genehmigte die US-Regierung aufgrund der prekären finanziellen Lage des Landes eine neue Zentralbanklizenz. Die „Second Bank of the United States“ entstand. Zum zweiten Mal hatte das mafiös operierende Kapital der City of London Kontrolle über die fiskalischen Belange der USA erlangt.
4.000 Privatinvestoren hielten circa 80 Prozent des Kapitals der neuen Zentralbank. Davon 3.000 Europäer. Der größte Teil des Kapitals befand sich in Händen einer Handvoll superreicher Financiers. Doch auch dieses Mal sollte das räuberische Modell nicht lange funktionieren. 13 Jahre lang schaffte es die neue Zentralbank, die Fassade einer nützlichen Institution aufrecht zu erhalten. Dann wurde Andrew Jackson als siebter Präsident der USA vereidigt. Er sah in der von britischem Geld dominierten Zentralbank eine korrupte Institution und Gefahr für die freiheitliche Gesellschaftsordnung Amerikas.
„Sofern das korrupte Monster nicht in seiner unrechtmäßig erworbenen Macht beschnitten werden sollte, werde ich ihm mit meinem Veto offen und furchtlos begegnen.“ (Andrew Jackson, 19. Februar 1832)
Davon rückte er trotz massiver Beschwichtigungsversuche seitens Bankenlobby und Empire-Sympathisanten nicht ab. Eine Verlängerung der auf 20 Jahre geltenden Zentralbanklizenz stand für Jackson nicht zur Debatte. Der infolgedessen entstandene Konflikt zwischen Zentralbankgegnern und -befürwortern ging als „Bank War“ in die Annalen ein und dominierte den Präsidentschaftswahlkampf 1832. Jackson gewann. Wie angekündigt entmachtete er die Zentralbank, indem er 1833 alle Bundeseinlagen abzog und diese per Exekutivorder auf eine Handvoll Privatbanken verteilte — was der regulativen Rolle der zweiten Zentralbank Amerikas ein abruptes Ende setzte. Drei Jahre vor Auslaufen der 1816 erteilten Lizenz.
„Ich glaube nicht, dass der Verstand des Menschen ein System entwickeln könnte, mit dem unserem Land noch mehr Unglück, Unmoral, Ungerechtigkeit und Betrug zugefügt werden könnte, und das die Täter so wirksam vor Entdeckung und Bestrafung schützt wie unser Papiergeld-Kreditsystem.“ (Rep. John Harmanson, Louisiana, 1. April 1846)
Jacksons Triumph über die angelsächsische Bankenmafia folgte die „Free banking“-Ära. Im Zeitraum von 1837 bis 1862 existierten ausschließlich Geschäftsbanken, keine Zentralbank. Texas, Arkansas, Iowa und Kalifornien verboten Bankdienstleistungen sogar generell. Banking war dort de facto illegal. In den meisten Bundesstaaten bedurfte es weiterhin einer Lizenz, um eine Bank zu gründen. Da diese Restriktion die Monopolbildung begünstigte, erließ der Bundesstaat Michigan kurz nach seiner Gründung im Jahr 1837 den „Free Banking Act“. Ein Jahr später folgte New York diesem Beispiel.
Der Finanzmarkt der USA veränderte sich drastisch. Deregulierung machte es in vielen Bundesstaaten einfacher, eine Bank zu gründen. Sie schossen wie Pilze aus dem Boden. Dafür sank ihre Halbwertszeit auf durchschnittlich fünf Jahre. Viele gingen schlicht an ihren maladen Geschäftspraktiken zugrunde. In anderen Regionen war Banking verboten. Man zahlte mit Gold und Silber. Texas versuchte es mit einer eigenen, bundesstaatlichen Währung. Da es jedoch keine Infrastruktur gab, um die neuen Banknoten unters Volk zu bringen, blieben diese wertlos. In den „Free banking“-Staaten kam eine Vielzahl neuer Währungen in Umlauf. Denn nun konnte praktisch jedes Unternehmen seine eigene anbieten. Das sorgte zeitweilen für Chaos — dafür verschuldete sich die Nation nicht heillos bei einem von Finanzmafiosi kontrollierten Zentralbanksystem, das sich systematisch am Besitz der Bevölkerung bereichert. Selbst Alan Greenspan, von 1987 bis 2006 Chef der heutigen US-Zentralbank, räumte bei einer Rede am 2. Mai 1998 ein:
„Obwohl das freie Bankwesen nicht so frei war wie allgemein angenommen, war es auch nicht annähernd so instabil. Die Wahrnehmung der Ära des freien Bankwesens als eine Ära des wilden Bankwesens, das von finanzieller Instabilität und insbesondere von weitverbreiteten, erheblichen Verlusten für Anleihegläubiger geprägt war, erweist sich ebenfalls als übertrieben. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass Pleiten freier Banken nicht so häufig vorkamen und die daraus resultierenden Verluste für Anleihegläubiger nicht so schwerwiegend waren, wie frühere Historiker behauptet hatten.“
Dann kam der Sezessionskrieg. Der „Civil War“. Die US-Regierung in Form der „Union“ war mit Kriegsbeginn 1861 auf ein einheitliches Zahlungsmittel angewiesen, um landesweit Munition bezahlen zu können. Wieder bot sich das Bankenkartell dem amtierenden Präsidenten an — dieses Mal Abraham Lincoln —, um den Krieg gegen die abgespalteten „Konföderierten“, die Verteidiger der Sklavenhaltung zu finanzieren. Zu einem völlig überzogenen Zinssatz. Doch auch Lincoln war kein Freund des Zentralbankensystems. Er lehnte ab und beschloss, von seiner Regierung eine landesweit gültige Währung auflegen zu lassen. Den Greenback. In den Jahren 1863 und 1864 verabschiedete der US-Kongress zusätzlich zwei neue Gesetze — die National Banking Acts —, mit denen die neue Landeswährung der Vereinigten Staaten als solche zementiert, einheitliche Regeln für den Finanzmarkt geschaffen und die schuldentreibende Kreditaufnahme bei einer Zentralbank künftig vermieden werden sollten. Das erklärte Ziel: Finanzielle Autonomie.
Im Frühjahr 1863 verzeichnete der Greenback einen Kurs von 152 zu 100 Gramm Gold. Der Tiefpunkt seines Wertes war im Juli 1864 erreicht. Für 100 Gramm Gold musste man 258 Greenbacks auf den Tisch legen. 1865 stoppte die US-Regierung das Drucken von Greenbacks und beschränkte die Umlaufmenge des Geldes. Danach stieg der Kurs des Greenback, bis er im Dezember 1878 Parität mit Gold erreichte und eins zu eins umgetauscht werden konnte. 1878 waren seine Tage trotz allem gezählt. Und 1879 wurden die letzten Scheine aus dem Verkehr gezogen.
Frankreich und Großbritannien unterstützten derweil eifrig die Konföderation, erwogen während des Sezessionskrieges gar einen gemeinsamen Angriff auf die USA, um Lincolns bankenfeindliche Union in die Schranken zu weisen. Dies wurde lediglich durch die Präsenz der mit Lincoln kooperierenden russischen Marine verhindert. Russland hatte kurz zuvor ebenfalls das Zentralbankensystem abgeschafft und seine Währungsangelegenheiten selbst in die Hand genommen. Die Union gewann den „Civil War“. Doch Widerstand hat seinen Preis. Kurz nach Ende des Krieges, am 14. April 1865, wurde Abraham Lincoln erschossen. Es war das erste Attentat auf einen US-Präsidenten. Und auf der Suche nach den Schuldigen denken bis heute nicht wenige Amerikaner zuvorderst an die gewissenlose Bankenmafia. Wenig verwunderlich. War der Zeitraum zwischen 1781 und 1878 doch geprägt von einem erbitterten Ringen der jungen Nation um finanzielle Selbstbestimmung.
Auch auf Lincoln folgende US-Präsidenten wie Andrew Johnson (1865 bis 1869), James Garfield (März 1881 bis September 1881) und William McKinley (1897 bis 1899) sprachen sich gegen ein Zentralbanksystem aus. Doch Garfield und McKinley fielen ebenfalls einem Attentat zum Opfer. Und das Wirtschaftswachstum der sich aufschwingenden Supermacht implizierte bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert, dass der US-Finanzmarkt in absehbarer Zeit stärker reguliert werden müsse. Das Bankenkartell kam unter Zugzwang. Es musste verhindern, dass besagte Regulierung sie und ihr räuberisches Zentralbankmodell negierte. Denn kämen die Vereinigten Staaten ohne Zentralbank aus, könnte das Signalwirkung für den Rest der Welt haben.
Einer solchen Entwicklung planten die Banker mit dem Aldrich Plan zuvorzukommen. Den Anfang vom Ende finanzieller Autonomie markierte ein geheimes Treffen auf Jekyll Island, einer 23 Quadratkilometer großen Insel vor der Küste des US-Bundesstaates Georgia. Das Eiland ist Sitz des unter anderem von J.P. Morgan, William K. Vanderbilt und Joseph Pulitzer frequentierten Jekyll Island Club. Dort trafen sich am 22. November 1910 US-Senator Nelson Aldrich — Schwiegervater des Erben der Rockefeller-Dynastie, John D. Rockefeller Jr. und eine zentrale Figur im Finanzausschuss des Senats, wo er die Geldpolitik der USA verantwortete — sowie eine illustre Delegation einflussreicher Bankiers: A. Piatt Andrew, stellvertretender Finanzminister, Frank Vanderlip, Präsident der National City Bank of New York, Henry P. Davison, Seniorpartner bei J.P. Morgan, Benjamin Strong Jr., Partner von J.P. Morgan und Präsident des Bankers Trust sowie Paul Warburg, Erbe der Bankiersfamilie Warburg und Schwiegersohn von Solomon Loeb, der sich mit seiner New Yorker Investmentfirma Kuhn, Loeb & Company über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hatte. Ziel des Bankenkartells war es, mit dem servilen Aldrich eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten, die zur Installation einer Zentralbank führen und die unabhängige Kontrolle dieser Institution verunmöglichen würde.
„Herr Vorsitzender, wir haben in diesem Land eine der korruptesten Institutionen, die die Welt je gesehen hat. Ich meine das Federal Reserve Board und die Federal Reserve Bank. Das Federal Reserve Board, ein Regierungsgremium, hat die Regierung der Vereinigten Staaten um genug Geld betrogen, um die Staatsschulden zu bezahlen. Die Plünderungen und Ungerechtigkeiten des Federal Reserve Board und der Federal Reserve Bank haben dieses Land zusammen genug Geld gekostet, um die Staatsschulden mehrfach zu bezahlen. Diese böse Institution hat das Volk der Vereinigten Staaten verarmt und ruiniert; sie hat sich selbst bankrott gemacht und hat unsere Regierung praktisch bankrott gemacht. Sie hat dies durch Mängel des Gesetzes erreicht, unter dem sie operiert, durch die Misswirtschaft dieses Gesetzes durch das Federal Reserve Board und durch die korrupten Praktiken der geldgierigen Geier, die sie kontrollieren.“
Als man den binnen neun Verhandlungstagen entwickelten Aldrich Plan 1912 der Öffentlichkeit präsentierte, stieß dieser auf massiven Widerstand. Karikaturen, Zeichnungen und Anzeigen, die nach der Publikation der Gesetzesvorlage kursierten, stellten die von der angloamerikanischen Hochfinanz geplante Zentralbank als furchteinflößende Krake dar, die sich Regierung und Wirtschaft bemächtigt. Als „privates Syndikat“. In Anbetracht des Gegenwinds aus der Bevölkerung sah sich auch das US-Repräsentantenhaus dazu gezwungen, die Vorlage abzulehnen.
Die Diskussion um eine Finanzmarkt- und Bankenreform bestimmte daraufhin die Präsidentschaftswahlen von 1912, bei denen sich die Demokraten unter Führung von Woodrow Wilson durchsetzen konnten — weil sie den Aldrich Plan ablehnten und sich gegen die Schaffung einer Zentralbank aussprachen. Ungeachtet dieser feurigen Wahlversprechen unterschrieb der neu gewählte US-Präsident Wilson noch am Tag seines Amtsantritts und nur gut ein Jahr nach dem Meeting auf Jekyll Island die „Banking Bill“ — besser bekannt als Federal Reserve Act — ein Gesetz, das nahezu alle Elemente des Aldrich Plans enthält. Durch den Kongress brachte man das Gesetz übrigens nur, weil es am Weihnachtsfeiertag 1913 vorgelegt wurde, an dem viele Zentralbankkritiker zu Hause geblieben oder verreist waren.
Das transatlantische Bankenkartell war am Ziel. Die USA unterstanden endlich wieder seiner absoluten Kontrolle. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Denn die Gründung der Federal Reserve markiert den Anfang vom Ende der freiheitlich organisierten Weltordnung, den Beginn eines „Jahrhunderts der Versklavung“ (James Corbett).
Quellen und Anmerkungen
Tom-Oliver Regenauer, Jahrgang 1978, war nach betriebswirtschaftlicher Ausbildung in verschiedenen Branchen und Rollen tätig, unter anderem als Betriebsleiter, Unternehmens- und Management-Berater sowie internationaler Projektmanager mit Einsätzen in über 20 Ländern. Seit Mitte der 90er-Jahre ist er zudem als Musikproduzent und Texter aktiv und betreibt ein unabhängiges Plattenlabel. Der in Deutschland geborene Autor lebt seit 2009 in der Schweiz. Zuletzt erschien von ihm „Homo Demens — Texte zu Zeitenwende, Technokratie und Korporatismus“. Weitere Informationen unter regenauer.press.
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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 04. Juli 2024 auf manova.news.
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Bildquelle: Olya94 / Shutterstock.com
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