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NATO-Kampfjets für die Ukraine? Georgien lässt grüßen! | Von Peter Haisenko

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Ein Kommentar von Peter Haisenko (Betreiber des Portals anderweltonline.com).

Ein direktes Kräftemessen zwischen NATO-Waffensystemen und sowjetisch/russischen hat es kaum gegeben. Wenn diese aufeinander trafen, dann spielte sich das in Drittländern ab, zumeist mit örtlichem Personal. Aber selbst dann konnten die Sowjetwaffen den westlichen große Probleme bereiten. Ist diese Erkenntnis maßgeblich für die Weigerung des US-Präsidenten, F 16-Jets an die Ukraine zu liefern?

Der Georgien-Krieg 2008 hat die Kriegsherren der NATO zutiefst erschreckt. Ich weise in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass der EuGH nach diesem Krieg festgestellt hat, dass es nicht Russland war, das diesen Krieg angezettelt oder Schuld daran zu tragen hat. Die CIA hatte ihre schmutzigen Finger drin. Georgien hatte damals seit einiger Zeit F 16 Kampfflugzeuge aus US-Produktion. Die kamen in diesem Krieg zum Einsatz. Das Ergebnis war, dass russische Kampfpiloten mit russischen Jets die amerikanischen F 16 vom Himmel putzten, ohne einen eigenen Verlust. Nun könnte man meinen, die georgischen Piloten wären nicht professionell genug gewesen. Könnte man, wenn ich nicht aus sicherer Quelle wüsste, dass in diesen georgischen F 16 auch amerikanische Elitepiloten saßen. Auch die waren nicht in der Lage, die russischen Kampfjets zu besiegen. Nicht einen einzigen.

Die Westmedien schwiegen sich darüber aus, aber in den NATO-Zentralen brannte die Hütte. Es konnte doch nicht sein, dass die hochgelobten NATO-Jets den russischen derart unterlegen sind. Während Russland seine Kampfflugzeuge in den folgenden 15 Jahren weiter entwickelt hat, haben die USA an neuem Gerät fast nur die F 35 in die Luft gebracht. Die ist aber derart technik-überladen, dass sie ganz offen als Problemfall bezeichnet wird, der über keine zuverlässige Einsetzbarkeit verfügt. Als die sowjetische MiG 29 1990 zur Luftwaffe kam, sagte mir ein Luftwaffenoffizier, der von der Phantom kam, dass er keinen westlichen Kampfjet kenne, der diesem Flugzeug ernsthaft Paroli bieten könnte. Die MiG 29 zählt nach wie vor zu den favorisierten Jets der Länder des ehemaligen Ostblocks. Die MiG 31 ist das schnellste Kampfflugzeug, das sich im Einsatz befindet.

Die überlegenen Flugabwehrsysteme Russlands

Das russische Flugabwehrsystem S 400 ist das leistungsfähigste System, das es aktuell gibt. Kein Angreifer, der in seine Reichweite kommt, kann das überleben. Obwohl das S 400 im Ukraine-Konflikt noch gar nicht zum Einsatz gekommen ist, meldet Russland, dass man bereits mehr als 200 ukrainische Kampfflugzeuge abgeschossen hat. Darunter eben auch die MiG 29. Das liegt nicht etwa daran, dass die ukrainischen Piloten unprofessionell wären, aber Russland kann das einfach besser. Zum Teil auch, weil die russischen Versionen kontinuierlich weiter entwickelt worden sind. Damit bin ich bei einem wesentlichen Vorteil der russischen Flugzeugindustrie gegenüber der westlichen.

Wenn im Westen ein Flugzeug die Zulassung erhalten hat, militärisch oder zivil, dann wird daran nichts mehr verändert. Das liegt daran, dass, je nach Umfang der Veränderung, eine komplette Neuzulassung verlangt wird. Russland hat da eine andere Philosophie. Was spricht dagegen, in ein älteres Modell ein verbessertes Triebwerk einzubauen und den Rest unverändert zu lassen? Muss man da tatsächlich ein komplettes Zulassungsverfahren anordnen? Im Westen schon, in Russland nicht. So kann Russland seine Flugzeuge ohne großen Aufwand modernisieren. Aber die Unterschiede gehen weiter.

Probleme bei der Umschulung

Jeder Flugzeughersteller hat seine eigene „Philosophie“. Douglas baut anders als Boeing oder Lockheed oder Airbus. Der entscheidende Unterschied zwischen sowjetischen und westlichen Flugzeugen bestand aber im „künstlichen Horizont“. Die liefen genau anders herum. Während die unseren den Horizont immer parallel zum realen darstellen, sah es in den russischen so aus, als ob man sein eigenes Flugzeug von hinten gegenüber dem Horizont sieht. Das heißt, dass die elementaren Reflexe der Piloten beim Blindflug genau gegensätzlich konditioniert waren. Nach 1990, als in Russland auch zivile westliche Flugzeuge Einzug hielten, gab es auch deswegen riesige Probleme. Neben all den anderen, die unterschiedliche technische Ansätze verursachten. Ganz zu schweigen von der Besatzung. Die Sowjetflugzeuge waren im Cockpit zumeist mit vier bis fünf Mann besetzt. Kapitän, Copilot, Ingenieur, Navigator und Funker. Es war für diese ansonsten hervorragenden Piloten eine schwer zu leistende Umstellung, wenn plötzlich nur noch zwei Mann diese Aufgaben bewältigen sollten.

Alle ukrainischen Militärpiloten sind geschult auf und vertraut mit Sowjettechnik mit den Horizonten, die „verkehrt“ herum anzeigen. Jetzt glauben fachfremde Schwachköpfe, sie könnten diese Piloten innerhalb weniger Monate in die Cockpits westlicher Kampfjets setzen. Dabei bin ich noch nicht einmal auf elementare Unterschiede eingegangen, was Technikdesign und deren allgemeine Philosophie betrifft. Sie sollen plötzlich „amerikanisch“ fliegen, auch was Taktik und Manöver betrifft. In der Zivilluftfahrt dauert der Umstieg auf ein anderes Modell etwa drei Monate. Technische Details lernen, Simulator- und Flugtraining. Und das, selbst wenn man nur von einem Boeing-Modell zum anderen wechselt. In derselben Zeit soll sich also ein Ukrainer umstellen, von Sowjettechnik auf die F 16? Werden also NATO-Piloten die F 16 in der Ukraine fliegen müssen? Aber es wird noch prekärer.

Urreflexe sind schwer zu überwinden

Allgemein gilt, nicht nur für Piloten, dass man in Stresssituationen zurückfällt auf die Verhaltensmuster, die man als erstes gelernt hat. Je größer der Stress, desto weiter greift man auf rudimentär gelerntes zurück. Piloten von Kampfflugzeugen sind im Einsatz höchsten Stressmomenten ausgesetzt. Was geschieht dann mit dem Pilot, wenn auch noch der Horizont verkehrt herum anzeigt? Fatale Fehler sind da geradezu programmiert. Selbst noch nach Jahren auf dem neuen Gerät. Da können einem die ukrainischen Umschüler fast leid tun. Sie sollen sich mit einem neuen Gerät mit fremder Technik erfahrenen russischen Piloten stellen, deren Reflexe nicht gestört sind. Da können sie sich gleich die Kugel geben.

Diese Problematik trifft auch auf westliche Panzer zu, wenn auch nicht so krass. Aber was können diese wirklich? Man weiß es kaum. Leopard-Panzer sind noch nie im Kriegszustand gegen russische angetreten. In Syrien hat sich allerdings gezeigt, dass selbst kaum militärisch ausgebildete Kämpfer die deutschen Leos abschießen konnten, mit billigen Panzerfäusten. Der Leo ist also keineswegs die unzerstörbare Festung auf Raupen. Was wird also mit den Leos geschehen, wenn sie auf hochqualifizierte Technik Russlands treffen? Man weiß es nicht, weil es noch nie ausprobiert worden ist. Soviel zu den Panzerlieferungen, die angesichts der Stückzahlen sowieso nur als lächerliches Feigenblatt bezeichnet werden können. Sie werden keinen entscheidenden Einfluss auf das Geschehen in der Ukraine haben.

Georgien als Muster für die Ukraine?

Blicken wir nochmals auf den Georgien-Krieg vor 15 Jahren. Man kann Parallelen zum jetzigen Ukraine-Konflikt erkennen. Die USA haben Georgien aktiv unterstützt, auch mit Ausbildung, Mannschaftstransporten und Material. Außer dass unnötig viele Menschen den Tod gefunden haben, war das nicht zielführend. Entscheidend ist aber, dass sich die georgisch-amerikanischen F 16 nicht einmal als ebenbürtig gegenüber den russischen Kampfflugzeugen beweisen konnten, obwohl Georgien diese schon seit etwa fünf Jahren hatte. Alle anderen Kampfflugzeuge der NATO-Armeen sind noch nie im direkten Schlagabtausch mit russischen getestet worden. Sollten diese also jetzt tatsächlich an die Ukraine übergeben werden, mit all den beschriebenen Problemen, auch bezüglich Wartung und Reparatur, laufen die westlichen Spitzenprodukte Gefahr, ihres Nimbus verlustig zu gehen. Ebenso wie die Panzer. Die deutsche Panzerhaubitze 2000 hat sich schon als unzuverlässig und reparaturanfällig disqualifiziert.

Die Erfahrungen im Syrien-Krieg haben noch etwas anderes gezeigt. Zum Beispiel benötigen die deutschen Tornado-Jets pro Flugstunde etwa acht Stunden Wartung. Sie können folglich gerade mal zwei Einsätze pro Tag absolvieren. Die russischen Jets hingegen konnten fast wie zivile Linienflugzeuge operiert werden. Sie flogen fünf bis sechs Einsätze pro Tag. Landen, auftanken, Waffen laden und schon ging es wieder los. Dieser Umstand lässt alle Zahlenspiele über die Anzahl von Kampfflugzeugen Makulatur werden. Wieviele der westlichen Waffen sind aktuell überhaupt einsatzfähig?

Mehr Abschreckung als praktischer Nutzen

Die NATO wird den Krieg in der Ukraine verlieren. Jeder bei Verstand weiß das. Mit der Lieferung von Panzern und dann möglicherweise Flugzeugen wird aber noch etwas wesentlich schlimmeres zutage kommen. Die NATO-Waffensysteme sind eher Schaufenstersysteme. Sie wirken abschreckend, solange sie nicht entmystifiziert worden sind. Und das werden sie sein, sobald sie in der Ukraine angekommen sind.

So kann man die Entscheidung von US-Präsident Biden, keine F 16 zu liefern, eher nicht als kluge Zurückhaltung bezeichnen, sondern vielmehr als den Versuch zu verhindern, dass offensichtlich wird, dass diese hochgelobten Produkte nur dazu taugen, wehrlose Staaten zu überfallen. Der Ukraine-Konflikt dient dem Westen zur Erprobung, was seine Waffensysteme wirklich taugen. Auf Kosten zahlloser ukrainischer und russischer Leben. Aber sobald die NATO diesen Krieg verloren hat, sind die Karten im großen Pokerspiel des Westens neu gemischt und das neue Blatt wird für die NATO alles andere als erfreulich sein. Das macht die Situation so gefährlich, denn was werden die Psychopathen in den Führungsgremien der NATO anstellen, sobald sie sich ihrer Niederlage bewusst werden. Etwa nach dem Motto Englands vor dem Ersten Weltkrieg: Wenn wir schon untergehen, dann bitte der Rest der Welt auch!

Nachtrag: 

Soeben habe ich eine Nachricht von einem ehemaligen Luftwaffenoffizier erhalten, die ich Ihnen nicht vorenthalten will:

Sehr geehrter Herr Haisenko,

nach meiner Pensionierung als Flugzeugtechnischer Stabsoffizier der Luftwaffe war ich an der Übersetzung der russischsprachigen Technischen Vorschriften ins Deutsche beteiligt. Diese Übersetzung war nach Übernahme der 24 MIG-29 von der NVA-Luftwaffe in die (West-) Luftwaffe erforderlich geworden.

Damals wurde gemunkelt, dass für den TORNADO ein Triebwerkswechsel alle 600 Flugstunden vorgeschrieben war. Die russischen bzw. NVA-Flugzeugmechaniker haben angeblich gar nicht gewusst „wie das geht“, weil der Fall nicht vorkam.

Mit freundlichen Grüßen,

OTL a.D. Dipl.-Ing. Hannes Xxxx

Anmerkung von Peter Haisenko:

Die Triebwerke von Passagierjets halten 20.000 Stunden und länger, bevor eine Grundüberholung notwendig wird.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 02. Februar 2023 bei anderweltonline.com

+++ Der Autor Peter Haisenko betreibt auch einen Buchverlag. Hier der Link zum Anderwelt Verlag: https://anderweltverlag.com/

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Bildquelle: perfect-picture-hunter/ shutterstock


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