Standpunkte

Österreich: Breite Allianz gegen die Impfpflicht | Von Hannes Hofbauer

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Ein Standpunkt von Hannes Hofbauer.

Am 3. Februar 2022 stimmte die zweite Kammer des österreichischen Parlaments, der aus Ländervertretern zusammengesetzte Bundesrat, dem Gesetz zur allgemeinen Impfpflicht zu. Jede in Österreich gemeldete Person über 18 muss demnach in Zukunft ihren gesundheitlichen Status betreffend Covid-19 als „geimpft“ oder „genesen“ mit sich führen. Wer dies nicht kann, dem wird eine Strafe in der Höhe von 600.- Euro aufgebrummt. Ein hartes polizeiliches Durchgreifen soll ab Mitte März erfolgen, bis dahin gilt eine Galgenfrist.

Damit hat Österreich als einziges Land in Europa (wenn man den Vatikan mal beiseitelässt) die wohl repressivste Maßnahme im Zuge der Pandemiebekämpfung ergriffen. Die Proteste dagegen sind dementsprechend heftig.

Schon im Begutachtungsverfahren zum Gesetzestext kam es mit 180.000 Eingaben von Bürgern und Organisationen zu einem Rekord an Gegendarstellungen, die allerdings allesamt von der Regierung abgeschmettert wurden. Bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament fand sich aus den Reihen der türkis-grünen Koalitionsregierung keine einzige mutige Stimme, die sich gegen das Impfpflichtgesetz aussprach. Nur eine Grüne erklärte ihr Fernbleiben als Boykott. Die rechte Oppositionspartei FPÖ votierte geschlossen gegen den Impfzwang. Aus den Abgeordnetenreihen der oppositionellen Sozialdemokraten, die in der Corona-Frage systematisch alle Regierungsmaßnahmen mitträgt, scherte der Chef der Bau- und Holzarbeitergewerkschaft, Josef Muchitsch, als Dreifach-Geimpfter aus, weil er das „Durchpeitschen der Gesetzesvorlage“ nicht vertreten konnte. Von der kleinen liberalen Oppositionsgruppe „Neos“ verweigerten vier Abgeordnete ihre Zustimmung.

Auf Straßen und Plätzen herrscht weiterhin Hochbetrieb. Jeden Samstag versammeln sich Zig-Tausende rund um die Wiener Ringstraße, um ihrem Protest gegen die Zwangsmaßnahme Ausdruck zu verleihen. Auch in vielen kleineren Städten finden laufend Demonstrationen statt, wie beispielsweise im 5000 Einwohner zählenden Gmünd, wo knapp vor Weihnachten 1600 Impfzwang-Gegner den Hauptplatz einnahmen.

„Geimpft oder ungeimpft. Wir sind ein Volk“, lautet eine der Losungen.

Wie groß die Unzufriedenheit mit der beschlossenen Impfpflicht ist, zeigt die Gemeinderatswahl vom 30. Januar 2022 in der Bezirkshauptstadt Waidhofen an der Ybbs. Sie folgt als Statutarstadt einem eigenen Wahlkalender und hat somit als Stimmungsbarometer zur aktuellen Lage große Bedeutung. Die erst vor wenigen Monaten gegründete impfkritische Partei „Mensch-Freiheit-Grundrechte“ (MFG) erreichte dort auf Anhieb 17%, während die seit Ewigkeiten regierende ÖVP 20% Verluste hinnehmen musste. Die MFG ist eine von Rechtsanwälten und Ärzten gegründete Initiative, die den Regierungsmaßnahmen zur Bekämpfung des Virus von Anfang an skeptisch bis ablehnend gegenüberstand. Ihre politische Verortung ist mittig, wobei sich bei ihr sowohl ehemalige ÖVP- als auch SPÖ-Mitglieder engagieren und so mancher Grüne dort seine neue Heimat gefunden hat.

Die gesellschaftliche Breite der Bewegung gegen den Impfzwang ist beeindruckend. Da sind zum einen die politisch rechts stehende FPÖ mit ihrem Bundesparteiobmann (und früherem Innenminister) Herbert Kickl sowie radikale Splittergruppen aus den Reihen der Identitären. Sie versammeln sich in großer Menge jeden Samstag auf dem Wiener Heldenplatz. Die neue Partei „Mensch-Freiheit-Grundrechte“ hält ihre Kundgebungen meistens unter dem wachsamen Auge des sowjetischen Befreiungssoldaten am Schwarzenbergplatz ab. Auch ihre Anhängerschaft übersteigt die 10.000er-Marke. Daneben haben sich in den vergangenen Wochen zunehmen auch Menschen aus dem gesellschaftlich linken Milieu zusammengeschlossen. Sie rufen am Platz der Menschenrechte unter der Überschrift „Demokratie und Grundrechte“ zum Protest auf. Zuletzt sprach dort die frühere Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic, die einen Aufruf der grünen Basis lancierte, den in wenigen Tagen 25.000 Menschen, darunter viele Funktionäre der Umweltpartei, unterzeichnet haben. Auch Bundesheer-General a.D., Günther Greindl, richtete das Wort an die knapp 1000 KundgebungsteilnehmerInnen. Der langjähre österreichische Berufsoffizier war unter anderem Befehlshaber der UN-Friedenstruppen (UNFICYP) auf Zypern und Verteidigungsattaché in der Schweiz. Dass es auch in Gruppen wie der globalisierungskritischen „Attac“ rumort, zeigte der Auftritt des österreichischen Urgesteins Christian Felber, der – wie der vor kurzem seines Postens enthobene Professor an der Medizinuniversität Wien Andreas Sönnichen – vehement die Rücknahme des Impfpflicht-Gesetzes forderte.

Auf den samstägigen Kundgebungen stehen radikale Feministinnen Seite an Seite mit Vertretern der Initiative „Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“, Krankenschwestern und Altenpflegern, Rechtsanwälten der Gruppe „Anwälte für Aufklärung“, Künstlerinnen und Künstlern, Männer und Frauen der landesweit etwa 1000 Aktivisten zählenden überparteilichen Initiative „Respekt“ und viele andere.

Die österreichische Regierung hat die Heftigkeit und die Beharrlichkeit der Proteste gegen die Impfpflicht unterschätzt. Ihr von den führenden Medien aufgegriffenes Narrativ, bei den Maßnahmengegnern handle es sich um Rechtsradikale, Staatsverweigerer und Aluhutträger hält der Wirklichkeit einer breiten, alle Gesellschaftsschichten umfassenden Allianz nicht Stand. Dazu kommt auf internationaler Ebene, dass mehrere Länder in der Europäischen Union sowie die Schweiz mit einer Kehrtwendung ihrer Corona-Politik begonnen haben. Gesellschaftliche Öffnung und das Aus für den Grünen Pass stehen nicht nur in Dänemark auf der Tagesordnung.

Da mutet der österreichische repressive Weg zunehmend irregeleitet und irrational an. Und wenn man sich die seit der Omikron-Welle konstant niedrig bleibende Zahl der Bettenbelegung durch Covid-19-Erkrankte ansieht, dann ist er es auch. Die Durchsetzung der Impfpflicht könnte also an der Vernunft noch scheitern. Die Frage bleibt, wer dazu in der österreichischen Regierung den Vernünftigen gibt.

Hannes Hofbauer, Publizist und Verleger. Zuletzt ist unter seiner Co-Herausgeberschaft erschienen: „Herrschaft der Angst. Von der Bedrohung zum Ausnahmezustand“.

+++Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Dietmar Rauscher / shutterstock


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