Ein Standpunkt von Thomas Röper.
Russische Meldungen über die US-Biowaffenprogramme wurden bisher als unwahr bezeichnet. Nun hat das Pentagon die Finanzierung von "46 friedlichen Laboren in der Ukraine" eingeräumt.
Das Pentagon hat, offenbar wegen der nicht abreißenden Meldungen über die geheimen US-Biowaffenprogramme in der Ukraine, am 9. Juni ein Dokument mit dem Titel „Factsheet über die Bemühungen zur Reduzierung der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen mit der Ukraine, Russland und anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion“ veröffentlicht. Dort erfährt der interessierte Leser, dass das Pentagon sogar 46 Biolabore in der Ukraine finanziert hat, was bisher weitgehend bestritten wurde, obwohl die Informationen über die Finanzierung jedes einzelnen Labors in der Ukraine vor Beginn der russischen Intervention auf der Seite des Pentagon zu finden waren. Sie wurden nach Beginn der russischen Veröffentlichungen jedoch gelöscht. Die Chronologie und die Details der russischen Veröffentlichungen finden Sie am Ende dieses Artikels.
Die wahren Ziele der USA
In dem nun veröffentlichten Factsheet erklärt das Pentagon, dass es nur in bester Absicht gehandelt habe. Es sei nur um die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen aus ehemals sowjetischen Beständen gegangen, die sich nach dem Zerfall der Sowjetunion in den Ex-Sowjetrepubliken befanden.
Das wäre sehr ehrenhaft gewesen, nur dauert das keine 30 Jahre. Aber das Pentagon finanziert diese Arbeit bis heute und lässt keine internationalen Kontrollen der Biolabore zu, die es in ehemaligen Sowjetrepubliken unterhält. Daher stellt sich logischerweise die Frage, ob die Ziele des Pentagon wirklich so edel sind, wie es offiziell verkündet. Wenn alles ganz harmlos und dem guten Zweck dient, wozu dann die Geheimniskrämerei?
Die Kritiker der US-Biolabore werfen den USA daher vor, dass sie ganz andere Ziele verfolgen. Demnach ging es nie um die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, sondern darum, sich das strenggeheime Wissen der Sowjetunion anzueignen. Das vom US-Kongress 1991 eröffnete „Nunn-Lugar Cooperative Threat Reduction (CTR) Program“ zur „Gefahrenreduzierung“ („Threat Reduction“) war demnach nichts anderes, als Spionage.
Aber auch die hätte man schnell abschließen können, denn als die US-Experten erst einmal Zugang zu den ehemals geheimen sowjetischen Labors hatten, konnten sie sich die gewünschten Informationen schnell aneignen. Seitdem forschen US-Spezialisten aber im Geheimen weiterhin in den Labors, wobei sie oft sogar diplomatische Immunität genießen und den Forschern der Länder, in denen sie forschen, keinen Zugang zu den Forschungen gewähren.
Da das Pentagon auch selbst immer wieder stolz gemeldet hat, dass große Mengen an Proben aus den Ländern in die USA gebracht worden sind, gehen die Kritiker der USA davon aus, dass das Pentagon eine große Datenbank mit Genproben möglichst aller Ethnien der Welt anlegen. Diese Daten würden die Entwicklung von Krankheitserregern erlauben, die für bestimmte Ethnien sehr gefährlich sind, für andere hingegen kaum eine Gefahr darstellen. Natürlich bestreiten die USA, solche Forschungen durchzuführen.
In den USA verboten, im Ausland erlaubt
Die USA sind der Biowaffenkonvention zwar beigetreten, haben sich in ihrer Gesetzgebung aber Lücken geschaffen. Forschungen an Krankheitserregern, die zur Entwicklung von Biowaffen führen können, sind in den USA gesetzlich verboten. Aber die US-Gesetze sehen ausdrücklich vor, dass dieses Verbot nicht für US-Amerikaner gilt, die derartige Forschungen im Auftrag von US-Behörden im Ausland betreiben.
Der Grund ist klar, denn erstens besteht die Gefahr, dass ein Erreger, der zu einer Waffe umfunktioniert wurde, aus dem Labor ausbrechen kann. Das Risiko verlagern die USA mit ihren Gesetzen bequem ins Ausland. Außerdem kann man im Ausland die nötigen Genproben der potenziellen Gegner sammeln und Krankheitserreger an sie anpassen.
Der Stolz der USA
In dem Factsheet des Pentagon erfahren wir über die Erfolge der Pentagon-Programme zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen aus ehemals sowjetischen Beständen unter anderem:
„Zerstörung von 2.531 Raketen, Stilllegung von mehr als 1.300 Trägersystemen für Massenvernichtungswaffen (Silos, mobile Abschussvorrichtungen, U-Boote und strategische Bomber), Verbesserung der Sicherheitsvorkehrungen in 24 Kernwaffenlagern und sichere Verbringung von mehr als 600 Atomsprengköpfen aus weniger sicheren Lagern in sicherere Lager oder zur Vernichtung (fast alle diese Arbeiten in Russland).“
Das ist genau die Spionage, von der ich gesprochen habe, denn um diese Arbeiten durchzuführen, hatten die amerikanischen Pentagon-Experten in den 1990er Jahren vollen Zugang zu allen Informationen und Standorten der russischen Atomstreitkräfte. Der Öffentlichkeit wurden diese Programme zur atomaren Abrüstung als auf Gegenseitigkeit beruhend beschrieben. Tatsächlich haben die USA russischen Experten den Zugang zu den Informationen und Standorten der amerikanischen Atomstreitkräfte jedoch verwehrt.
Unter den Jelzin-Regierungen saßen amerikanische Experten und Berater in allen russischen Ministerien und haben buchstäblich alles ausspioniert. Russische Polit-Veteranen erzählen heute in Reportagen davon, wie schwierig es war, dieses offene Spionagenetzwerk der USA wieder aus russischen Behörden herauszubekommen. Putin war nicht Jelzin und er war von den Zuständen ganz und gar nicht begeistert. Da er der dagegen vorgegangen ist, hatte er fast sofort eine wesentlich schlechtere Presse im Westen, als Jelzin.
Das Factsheet
Ich habe behauptet, dass das Pentagon sein aktuelles Factsheet nur wegen der russischen Enthüllungen über die US-Biowaffenprogramme veröffentlicht hat. Während die westlichen Medien die Details der russischen Enthüllungen verschweigen und sie lediglich als „russische Propaganda“ abtun, hört der Rest der Welt den russischen Meldungen sehr aufmerksam zu.
In Indonesien haben die russischen Enthüllungen zu Recherchen über die Bio-Aktivitäten der USA in dem Land geführt und eine ehemalige Gesundheitsministerin des Landes hat dann noch einmal nachgelegt und geäußert, sie halte es für wahrscheinlich, dass kostenlose Behandlungen auf einem Schiff der US-Marine im Jahr 2016 ein Vorwand waren, um an Proben aus Indonesien zu kommen. Genaugenommen lautet der Vorwurf, es seien über dreißig Patienten illegal Proben entnommen worden und zudem habe das US-Militär ohne Genehmigung indonesischer Behörden mehrere tollwutkranke Hunde auf einer indonesischen Inseln erworben. Russische Medien wie RT-DE berichten darüber inklusive aller Quellen auch auf Deutsch, während die deutschen „Qualitätsmedien“ das komplett verschweigen. Die Zensur russischer Medien im Westen kommt den USA bei der Verheimlichung ihrer Biowaffenforschung sehr entgegen.
Auch China fordert vom Pentagon nachdrücklich, Informationen über ihre Biolabore und deren Forschungen in aller Welt offenzulegen. In der UNO wird darüber diskutiert und immer mehr Staaten der Welt beginnen die Tätigkeiten der US-Labore in ihren Ländern kritisch zu hinterfragen.
Daher hat sich das Pentagon nun genötigt gefühlt, eine Erklärung in Form des Factsheets zu veröffentlichen. Dass es damit auf die russischen Enthüllungen reagiert, sieht man auch daran, dass das Pentagon in der Einleitung über alle ehemaligen Sowjetrepubliken spricht, dann aber nur über die Ukraine berichtet.
„Die Ukraine hat kein Biowaffenprogramm“
Eine der Überschriften im Factsheet lautet „Die Ukraine hat kein Biowaffenprogramm“ und dort wird dieser Standpunkt wortreich erklärt. Ein Absatz lautet:
„Die Vereinigten Staaten haben auch gemeinsam an der Verbesserung der biologischen Sicherheit und der Krankheitsüberwachung für die Gesundheit von Mensch und Tier in der Ukraine gearbeitet und in den letzten zwei Jahrzehnten 46 friedliche ukrainische Labors, Gesundheitseinrichtungen und Diagnosestellen für Krankheiten unterstützt. Die Kooperationsprogramme konzentrierten sich auf die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und der landwirtschaftlichen Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen.“
Das klingt toll, vor allem gefällt mir die Formulierung über „46 friedliche ukrainische Labors“ („46 peaceful Ukrainian laboratories“). Wenn das alles so friedlich war, warum wurden dann in einigen der Labore keine internationalen Kontrollen zugelassen? Und warum hat sich die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland, die viele Jahre lang für diese Programme in der Ukraine zuständig war, in einer Kongressanhörung unter Eid so sehr gewunden, als sie danach gefragt wurde?
In der Anhörung am 8. März 2022 wurde sie direkt gefragt, ob die Ukraine über biologische Waffen verfügt. Ihre sehr ausweichende Antwort war:
„Die Ukraine verfügt über biologische Forschungseinrichtungen, von denen wir in der Tat befürchten, dass russische Truppen, russische Streitkräfte versuchen könnten, die Kontrolle darüber zu erlangen.“
Nuland stand dabei unter Eid, sie konnte also nicht einfach sagen, dass die Ukraine nicht über Biowaffen verfügt, wenn das nicht der Wahrheit entspricht. Daher hat sie ausweichend geantwortet und der Senator, der sie befragt hat, war von ihrer Antwort, in der sie nicht einfach mit „nein“ geantwortet hat, offenbar sehr überrascht. Und er hat sofort verstanden, dass die Beantwortung derartiger Fragen für die USA peinlich werden könnte, weshalb er nicht nachgehakt, sondern schnell das Thema gewechselt hat.
Wenn das alles ganz harmlos und „friedlich“ war, warum war Nuland dann besorgt, dass die Russen „die Kontrolle darüber zu erlangen“ könnten? Und wenn alles ganz harmlos und „friedlich“ war, warum hat die WHO der Ukraine am 11. März, also nur drei Tage später, „nachdrücklich empfohlen, hochgefährliche Krankheitserreger zu vernichten, um eine mögliche Freisetzung zu verhindern„?
Die Chronologie der russischen Veröffentlichungen
Schon Anfang März hat das russische Verteidigungsministerium Dokumente veröffentlicht, die belegt haben, dass die Ukraine nach Beginn der russischen Militäroperation in aller Eile gefährliche Krankheitserreger vernichtet hat. Im Westen wurde derweil bestritten, dass es dieser Krankheitserreger in der Ukraine überhaupt gegeben hätte. Und ebenfalls Anfang März hat das russische Verteidigungsministerium Details über die Krankheitserreger veröffentlicht, an denen geforscht wurde und auch mitgeteilt, welche amerikanischen Organisationen daran geforscht haben.
Was Anfang März noch „russische Propaganda“ war, hat die stellvertretende US-Außenministerin Nuland ein paar Tage später bei einer Anhörung im US-Parlament unter Eid indirekt bestätigt, aber die westlichen Medien hielten das nicht für berichtenswert. Auch dass die WHO Kiew wiederum nur ein paar Tage später aufgefordert hat, „hochgefährliche Krankheitserreger“ zu vernichten, die Kiew laut westlichen Medien und Politikern angeblich gar nicht hatte, fanden die westlichen Medien nicht interessant genug, um darüber zu berichten. Daher weiß davon im Westen auch kaum jemand, während russische Medien im Detail darüber berichtet haben.
Ende März hat das russische Verteidigungsministerium weitere Details und Dokumente zu dem US-Biowaffenprogramm in der Ukraine veröffentlicht, aus denen unter anderem hervorging, dass unter anderem eine New Yorker Firma namens Rosemont Seneca an der Finanzierung beteiligt war. Stammlesern des Anti-Spiegel ist die Firma ein Begriff, denn sie hat in einem anderen Zusammenhang eine wichtige Rolle in der Ukraine gespielt. Die Firma gehört übrigens Hunter Biden, dem Sohn des US-Präsidenten.
Wie kurz danach öffentlich wurde, haben die US-Spezialisten in der Ukraine auch Tests an Menschen durchgeführt. Weitere Details wurden Mitte April und Anfang Mai veröffentlicht. Außerdem hat der ehemalige US-Präsident Bush Junior Mitte Mai die Existenz der unter ihm in der Ukraine begonnenen US-Biowaffenprogramme, wenn auch unfreiwillig, zugegeben.
Anfang Juni fand in Moskau eine Konferenz über die Biowaffenprogramme des Pentagon in der Ukraine statt, in der die der Öffentlichkeit bekannten Fakten zusammengetragen wurden und an der auch ich teilgenommen habe. Darüber habe ich in zwei Artikeln (hier und hier) berichtet.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 11. Juni 2022 bei www.anti-spiegel.ru
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Gorodenkoff/ shutterstock
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