Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Ab und zu bekomme ich E-Mails von Lesern bzw. Hörern, die mir erklären, keinen Sinn mehr in irgendeiner Form von Widerstand oder Teilnahme zu sehen, weil sie seit vielen Jahren das Gefühl haben, dass Veränderungen zugunsten einer Verbesserung der Verhältnisse für die normalen Menschen in Deutschland nicht möglich seien. Und ich versuche dann immer einen Funken der Hoffnung am Leben zu erhalten, der offensichtlich doch noch vorhanden ist, sonst hätten sie ja nicht geschrieben. Ähnlich geht es Palästinensern, die seit 75 Jahren unter einem kolonialen Siedlerstaat leiden, mit dessen Gründung die Nakba, die palästinensische katastrophale Vertreibung, untrennbar verbunden ist. Und die unter einem Apartheid-Regime leiden, spätestens deutlich zu sehen seit dem präventiven Angriffskrieg 1967, mit dem der Rest Palästinas besetzt wurde. Eine Region, die nun, nicht zuletzt durch den Bau von Siedlungen für Menschen aus der ganzen Welt, die dann als bewaffnete Kombattanten die Einheimischen vertreiben, leidet. Das ist die Sicht der Palästinenser, während die meisten Israelis von einem Groß-Israel träumen und erklären, dass sie ihr von Gott gegebenes Recht und sich nur verteidigen, was von der deutschen Politik lebhaft unterstützt wird. Es ist verständlich, wenn Menschen in Depression verfallen. Aber ich möchte helfen, das zu verhindern. Beispiele aufzeigen, warum sich Geduld lohnt. So auch mit diesem PodCast.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Regime abgelöst wird. Ob zum Besseren oder Schlechteren sei dahingestellt. Aber eine Generation ist nur eine Millisekunde im Zeitablauf der menschlichen Zivilisation, oder gemessen an der Entwicklung von intelligentem Leben. Und letztlich werden all die Protagonisten der Unterdrückung und des Missbrauchs den Weg allen irdischen gehen, und werden nichts ins Jenseits mitnehmen können. So sehr alte Zivilisationen das auch versuchten. Deshalb lohnt es sich, von zukünftigen Entwicklungen nicht nur zu träumen, sondern sie auch vorzubereiten.
Die Befreiung Palästinas und das Schicksal der Israelis
So lautet die Überschrift eines Artikels, der in Mondoweiss.net erschien(1). Der Artikel gibt die Rede von Eitan Bronstein Aparicio wieder, die auf der Konferenz „Vom Fluss bis zum Meer, Visionen der palästinensischen Befreiung“ am 11. Februar gehalten wurde. Da in dieser Rede die Gedanken der Mehrheit der Palästinenser und einer Minderheit der Israelis ausgedrückt werden, und sie einige Vorurteile beseitigen, die auch in den deutschen Medien verbreitet werden, möchte ich darüber berichten.
Der Titel dieser Konferenz, mag für einige nicht angenehm sein, meint Aparicio, und erklärt, dass dies selbst für Sympathisanten des palästinensischen Kampfes gelte. Damit greift er die Behauptung der Medien auf, dass damit angeblich die Vernichtung alles jüdischen Lebens in Palästina gemeint sei.
Er beantwortet dann aber, was wirklich damit gemeint ist, indem er erklärt, WOVON befreit werden soll. Die Antwort sei einfach: Befreiung vom Zionismus. Befreiung von der rassistischen und kolonialen Vorstellung und Realität, die mit der nationalen jüdischen Bewegung, die im 19. Jahrhundert in Europa entstand, aufkam und ihr politisches Projekt verwirklichte: ein rein jüdischer Staat im Nahen Osten.
In den Anfängen habe es verschiedene zionistische Auffassungen gegeben. Zum Beispiel die Idee, eine jüdische Gemeinschaft und Kultur in "Zion", Eretz Israel auf Hebräisch, zu haben, ohne eine jüdische Souveränität zu schaffen. Doch schließlich sei daraus ein politisches Gebilde jüdischer Exklusivität entstanden, sowohl im Staat Israel als auch auf dem gesamten Gebiet des historischen Palästina. Die einheimische palästinensische Bevölkerung sei während der Nakba größtenteils vertrieben worden, und heute sei ihr Aufenthalt, sowohl als Bürger als auch als besetzte Subjekte, stets an Bedingungen geknüpft.
Natürlich sollten die Palästinenser vom Zionismus befreit werden, da sie dessen ständige Opfer sind, meint der Autor, aber auch die Israelis würden einen Preis dafür bezahlen, dass sie Kolonisatoren sind, vor allem auf mentaler Ebene. Darüber hinaus müssten die Juden weltweit einen Preis für die gewalttätige und rassistische Politik Israels bezahlen, da letztere den Hass und Antisemitismus verstärkt.
Der Autor sagt, er wisse, dass einige den obigen Titel als "Befreiung von den Juden in Palästina" interpretieren und darunter eine judenfreie Zone verstehen könnten. Er führt aus, dass die Anmaßung, sich als Vertreter aller Juden zu bezeichnen, von immer mehr jüdischen Menschen außerhalb Israels abgelehnt wird. Nicht zuletzt dies habe zu dem zunehmenden Hass gegenüber Juden in der Welt geführt. Übrigens sind das nicht nur religiöse Juden, welche den Zionismus als Todfeind des Judaismus bezeichnen, sondern auch liberale jüdische Menschen, die sich als Staatsangehörige des Staates fühlen, in dem sie leben.
Der Autor erklärt, er sei Israeli und spreche auch als Israeli, auch wenn er seit drei Jahren nicht mehr in Israel lebe.
„Ich bin ein Israeli nicht nur im formalen und rechtlichen Sinne und nicht nur, weil ich ein Jude bin, der 55 Jahre lang in Israel gelebt hat, sondern weil Israel meine Heimat ist. Ich trage seine Sprache und Kultur mit mir; meine gesamte politische Tätigkeit findet in und für Israel statt, und meine Kinder und Enkelkinder leben dort. In Europa bin ich ein Fremder. Ich fühle auch mit den Israelis, ich sorge mich um sie, und deshalb tue ich, was ich kann, damit sie nicht mehr die Besatzer sind, die sie seit 1948 sind.“(1)
Um also auf den Titel der heutigen Veranstaltung zurückzukommen, schlägt er vor darüber nachdenken, was mit den Israelis in Palästina geschehen werde, wenn die Befreiung komme und Gerechtigkeit und Gleichheit herrschen werden. In dieser Situation werde es keinen Kompromiss mit dem Zionismus geben, nicht nur, weil er keine moralische Ideologie sei, sondern einfach, weil es keine Möglichkeit gebe, einen Kompromiss über Macht und Land mit denen zu schließen, die dies als ihr ausschließliches Eigentum betrachten.
„Aber Israelis als Menschen könnten sich ändern und sich dafür entscheiden, keine Zionisten zu sein, wie es bei vielen von uns, mich eingeschlossen, der Fall war.“(1)
Wie könne dieser ideologische Wandel stattfinden? Fragt Aparicio und verweist auf das Buch, „Nakba: The Struggle to Decolonize Israel“, dass gerade auf Englisch veröffentlicht wurde (nach den hebräischen und französischen Versionen) und als Handbuch für die Dekolonisierung Israels gelesen werden könne. Im Grunde sei die Entkolonialisierung des Selbst ein Bildungsprozess. In Israel sollte dies bedeuten, die Geschichte des Landes zu verlernen, Arabisch zu lernen, den Dienst in der Armee zu verweigern, sich die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge vorzustellen und vieles mehr.
Aus der Geschichte müsse man lernen, dass keine Kolonialmacht ihre Herrschaft aufgegeben habe, nur weil sie eingesehen hat, dass es keine gute Idee ist, ein Kolonisator zu sein. Kolonisatoren müssten besiegt werden, was hoffentlich bald mit Israel geschehen werde. Hoffentlich werde die Niederlage durch wirtschaftliche, politische und kulturelle Boykotte herbeigeführt, wie im Fall der südafrikanischen Apartheid, aber vielleicht müsse die Welt auch physische Gewalt anwenden oder zumindest Israel an der Nutzung seiner massiven tödlichen Waffen hindern.
Und wenn der Tag der Befreiung Palästinas komme, würden die Israelis vor einer ähnlichen Entscheidung stehen wie die französischen "Pied-Noirs" in Algerien 1962, als das Friedensabkommen mit Frankreich unterzeichnet wurde: zu bleiben und als Gleichberechtigte zu leben oder zu gehen und in die französische Metropole zurückzukehren. Algerien sei ihre Heimat gewesen, da es 132 Jahre zuvor kolonisiert worden war, so dass die meisten europäischen Siedler mehrere Generationen lang dort gelebt hatten, fast doppelt so lange wie die israelische Kolonisation in Palästina. Viele der Juden in Algerien hätten dort seit mehr als 1.000 Jahren gelebt.
Die meisten von ihnen haben sich entschieden, Algerien zu verlassen, berichtet der Autor. Sie rannten in Panik weg, aus Angst vor dem Tag, an dem ihre Herrschaft zu Ende sein würde. Aber in Wirklichkeit habe es keine wirkliche existenzielle Bedrohung für sie gegeben. Sie seien gegangen, weil sie in ihrer eigenen kolonialen Identität gefangen waren. Mit anderen Worten: Sie konnten sich keine Situation vorstellen, in der sie gleichberechtigt mit den Algeriern leben würden. Und sie hätten einen hohen Preis dafür bezahlt, dass sie aufgrund ihrer eigenen Besatzermentalität aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Fast eine Million Franzosen haben innerhalb weniger Monate ihre Heimat verlassen, aber 200.000 Franzosen sich entschieden, im befreiten Algerien zu bleiben und dort zu leben. Aus ihren Berichten könne man erfahren, dass sie Algerien als ihre Heimat ansahen und keinen Grund hatten, sie zu verlassen. Die koloniale Identität habe sie nicht vereinnahmt.
Hoffentlich werde dies auch bei den Israelis der Fall sein, und viele von ihnen werden sich entschließen, hier zu bleiben und in Gleichheit und Gerechtigkeit mit den Palästinensern in einem Staat zu leben und versuchen, die Beziehungen zwischen Juden, Muslimen und Christen in der arabischen Welt wiederherzustellen.
„Abschließend möchte ich eine konkrete spekulative Hypothese aufstellen, die sich auch auf die Geschichte des französischen Kolonialismus in Algerien stützt. Vielleicht läutet die heutige rechtsextreme Regierung in Israel sein Ende ein. 1961, gegen Ende des französischen Kolonialismus, tauchte eine gewalttätige Terrororganisation namens OAS (Organisation Armée Secrète oder "Geheime Armeeorganisation") auf und forderte viele Opfer, hauptsächlich Algerier, aber auch antikoloniale Franzosen, um die Befreiung Algeriens zu verhindern. Vielleicht ist die äußerst gewalttätige israelische Regierung, deren Mitglieder zum Teil sogar nach israelischem Recht kriminell sind, ein Zeichen für das letzte Aufbäumen des Zionismus? Hoffen wir es.“(1)
Soweit der Artikel. Ich habe mit einigen Nachkommen von Kolonisatoren in Südafrika und Namibia gesprochen. Niemand hatte sich vorstellen können, dass die Apartheid in Südafrika einmal enden würde. Und dann kam doch die Befreiung, und entgegen ihren Erwartungen gab es keine wilde Vertreibung oder Verfolgung. Von einigen rassistischen Ausfällen in Südafrika abgesehen, die aber auch noch auf der Seite der weißen Bevölkerung immer noch beobachtet werden können.
Die Namibier, die ich hier kennenlernte und die mehrere Pässe besitzen, fühlen sich inzwischen alle als Namibier, und sind stolz darauf. Warum sollte das nicht auch in Israel möglich werden?
Wird aus Machtlosigkeit zwangsläufig Hoffnungslosigkeit?
David Boos beschreibt in Tichys Einblick(2), wie die Twitter-Files die zunehmende Machtlosigkeit gegenüber dem Staat im Staat offenbaren. Wobei die meisten Deutschen vermutlich gar nicht wissen, dass es sie gibt.
Dabei schreibt der Autor, dass die Twitter-Files sich zunehmend von der Berichterstattung über greifbare und relativ einfach lösbare Skandale innerhalb der Firmenstruktur von Twitter hin zur bislang vielleicht deutlichsten Dokumentation der weitreichenden Netzwerke des Staats im Staat entwickelt haben. Es sei allerdings bedauerlich, dass diese damit auch automatisch an ihre Grenzen stoßen, denn die Antworten auf die darin aufgeworfenen Fragen seien nicht einfach zu geben, ohne die gesamte Ordnung unserer Gesellschaft zu hinterfragen.
Womit der Artikel gegen den Rahmen der erlaubten Diskussion stößt und hart an der Delegitimation vorbei schrammt. Trotzdem geht er im nächsten Absatz noch weiter und erklärt, wie die Twitter-Files und das Project Veritas (dessen Gründer vor kurzem nach der Veröffentlichung eines entlarvenden Videos zur Impfindustrie gefeuert worden war), zeigen, dass es unmöglich ist, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, da sie zu stark vernetzt sind.
„Niemand mit tatsächlicher Macht sorgt für die Aufklärung der ‚Brettspiel Übung‘ des Hunter-Biden-Skandals, die wenige Monate später fast punktgenau eintrat, ebenso wenig wie irgendjemand jemals die Hintergründe aufdecken wird, warum nur wenige Monate vor dem offiziellen Ausbruch von Covid-19 die ‚Event 201 Pandemie Übung‘ von der Bill und Melinda Gates Stiftung durchgeführt wurde.“(2)
Der Autor greift dann gegen Ende des Artikels mein eingangs erwähntes Thema auf, indem er befürchtet, dass diese deprimierende Einsicht der Machtlosigkeit des Bürgers dazu führen wird, dass die Menschen das Interesse an Enthüllungen verlieren, weil Enthüllungen sowieso nichts ändern. Und er sieht die Wahrscheinlichkeit am Horizont, dass Menschen sich in der Lüge einrichten und wohl fühlen, ähnlich der Wahl zwischen der Roten und Blauen Pille in dem Film Matrix.
Nun hoffe ich aber, dass es anders kommen wird. Denn auch die Protagonisten der Aufklärung standen vor unüberwindbaren, scheinbar undurchdringlichen Mauern, und es brauchte Jahrhunderte und gravierender Ereignisse, bevor sie als kulturelle Errungenschaften der westlichen Gesellschaft angesehen wurden. Wie jedenfalls Deutschland in einer Ausstellung in China behauptete. Nur um kurz darauf in Deutschland selbst zu zeigen, dass die Grundlagen der Philosophie der Aufklärung praktisch keine Rolle mehr spielen, wie ich meine, und in einem Essay „Quo vadis Germania“ schon 2019 thematisierte. Nur um dann 2020 überrascht zu werden, wie schnell die geäußerten Befürchtungen wahr wurden.
Wir stehen also vor einer neuen Phase der Aufklärung. Wir müssen versuchen, dass mehr und mehr Menschen die Rote Pille nehmen, sich selbst informieren, eigene Meinung bilden, nicht mehr die Interpretation von Nachrichten akzeptieren, sondern an die Quellen gehen. Und durch den Stand der Technik haben wir noch die Chance. Sind aber natürlich auch Risiken ausgesetzt, die mit dieser Technik und den damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten einhergehen.
Und wenn wir den Funken der Hoffnung nicht erlöschen lassen, immer wieder ein bisschen anblasen, und das an kommende Generationen weiter geben, haben wir die Chance, dass es irgendwann mal eine Veränderung geben wird. Vielleicht erst nach einer Katastrophe, oder einem langsamen Siechtum der gesellschaftlichen Verhältnisse, bis die Zeit reif ist.
Die Rolle der Multipolarität
Je stärker die Multipolarität sich in der Welt verbreitet, je mehr Länder positive Erfahrungen damit verbinden, desto schwerer wird es werden, diese neue Aufklärung in Deutschland und Europa zu unterbinden. Denn die Multipolarität ermöglicht jedem Land, jeder Region, jeder Staatengemeinschaft, sich entsprechend den eigenen Wünschen, den kulturellen Gegebenheiten und historischen Voraussetzungen zu entwickeln. Das Land muss nur bereit sein, mit anderen Partnern auf einer Basis zusammen zu arbeiten, die für beide Seiten Vorteile bringt. Während das in einem System: „Einer bestimmt, alle gehorchen“, selten realisiert wird.
Damit will ich auch den Verdacht entkräften, dass ich glaube, dass Chinas Modell der kulturellen und gesellschaftlichen Kontrolle für Deutschland oder Europa toll wäre. Nein, im Gegenteil. Ich hoffe nicht, dass dieses Modell umgesetzt wird, denn es passt überhaupt nicht auf unsere geschichtlichen Erfahrungen. Es ist das chinesische(!) Modell, und dort sehr erfolgreich und von der überragenden Mehrheit der chinesischen Gesellschaft akzeptiert, solange es von den Menschen als im Interesse derselben agierend angesehen wird.
Auch das russische Modell des Konservatismus und Religiosität ist nur für einen Teil Europas ein geeignetes Modell. Und zu leicht könnten aus der Akzeptanz einer starken Staatsführung wieder falsche Entwicklungen entstehen. Deutschland muss einen eigenen Weg finden, das geht aber nur, wenn wir das „Primat der Politik“ überwinden, welches uns mit Alternativlosigkeit überzeugen will. Was innenpolitisch nichts anderes ist als ein imperiales Befehlsregime.
Geduld schützt vor Enttäuschungen
Ich muss zugeben, dass ich 2015 bloggte, eine Entwicklung fände statt, welche das BRICS Wachstum, aber auch das der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) drastisch beschleunigen würde. Und dann passierte nichts. Ich war frustriert, enttäuscht, mich so geirrt zu haben.
BRICS war doch der Versuch, die Reste der Kolonialzeit endlich abzuschütteln. Der Versuch, sich von ökonomischen, politischen und finanztechnischen Abhängigkeiten und Zwängen zu befreien, die es vielen Staaten nicht erlaubten, sich wirklich zu entwickeln, verschärft durch eine ständige militärische Bedrohung. Warum geschah nicht, was ich erwartete?
Dann kam 2022 und die Ukraine Krise nahm Fahrt auf. Und heute passiert, was ich viel früher erwartet hatte. BRICS und SCO explodieren förmlich. Die neue entstehende Karte ist beeindruckend(4).
Insgesamt 19 Länder hätten ihr Interesse bekundet, dem Block der aufsteigenden Mächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika beizutreten, erklärte Medienberichten zufolge Anil Sooklal, Südafrikas Botschafter bei der Gruppe. Diskutiert werden müsse, wie die Erweiterung von BRICS organisiert wird. Angeblich träfen jeden Tag Beitrittsanträge ein(3).
Der Krieg der NATO in der Ukraine gegen Russland, und noch wichtiger, der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland und China haben eine lange erwartete Entwicklung losgetreten. Wer Geduld hatte, und den glimmenden Funken der Hoffnung erhalten hatte, beginnt nun Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Wie im Kampf gegen den direkten Kolonialismus stehen heute erstaunlicherweise wieder Russland als Nachfolger der Sowjetunion und China als Haupttreiber der Befreiung von postkolonialen Zwängen an vorderster Front. Hatten sie früher Waffen und sogar Soldaten geschickt, damit die Freiheitskämpfer sich vom kolonialen Joch und Apartheid befreien konnten, sind es heute Kredite ohne unmenschliche (z.B. Verzicht auf Subventionen für Arme) oder entwicklungsschädliche Auflagen (zollfreie Einfuhr für westliche Güter) und drastische Hilfen zur Verbesserung der Infrastruktur (China), oder Sicherheitskräfte, welche nicht in erster Linie als Machtprojektion des Landes gedacht sind, sondern effektiv die Sicherheit stärken (Russland) und erst durch den Erfolg dieser Politik den politischen Einfluss stärken. So die Sicht in Afrika.
Deutschland spielt eine Sonderrolle. Die politische Führung der Ex-Kolonialmacht, fühlt sich als Quasi-Kolonie der USA so wohl, dass keine Absicht zu erkennen ist, die Abhängigkeit bzw. Postbesatzung loszuwerden. Und es ist ja auch anscheinend wirklich schön kuschelig, wenn sich alle darin einig sind.
Geduld schützt nicht vor Krieg
Leider ist Geduld nicht immer hilfreich, und der Funken der Hoffnung auf Frieden nicht immer imstande, dem Feuer des Krieges etwas entgegen zu setzen. So hatten Menschen seit 2014, vom ersten Tag der so genannten Anti-Terror-Aktion Kiews(5) gegen die östlichen Provinzen, Verhandlungen statt Bomben gefordert, aber über 8 Jahre war das vergeblich gewesen. Über acht Jahre hatten jene Kräfte, die nach eindeutigen wissenschaftlichen Untersuchungen(6) für die Ermordung der Menschen auf dem Maidan verantwortlich waren, die Menschen im Donbas und anderen Regionen mit Massakern(7) und Bomben terrorisiert. Aber die Rufe nach Ende des Krieges verhallten ohne Resonanz. Und heute fordern die gleichen Menschen einen sofortigen Waffenstillstand, nachdem Russland einmarschierte, um das Morden zu beenden, nur um miterleben zu müssen, wie ein Krieg sich entfaltet und hunderttausende von Opfern fordert.
Der Funke der Hoffnung auf Frieden ist für viele erloschen, denn deprimiert und frustriert erkennen sie, dass die Massen nach mehr Krieg, mehr Toten schreien, wie so oft in der Vergangenheit, wenn Kriege entbrannten. Der Feind muss zerstört werden, egal was es kostet, scheint der alles übertönende Ruf zu sein. Und da hilft auch kein sich die Ohren zuhalten.
Aber es gibt immer einen Funken der Hoffnung, auch im Krieg. Ein Beispiel ist die für viele unerwartete drastische Veränderung der Politik Saudi-Arabiens, die zu einem Frieden mit dem Iran führte, und hoffentlich schon bald auch zu einem mit dem Jemen. Sicher ist der Widerstand gewisser Kreise gegen einen Frieden in dieser Region geringer als der Widerstand gegen Frieden in der Ukraine. Aber der Funke der Hoffnung sollte wieder ein bisschen glimmen.
Je schlimmer die Krise, desto wahrscheinlicher die Besserung
Was für persönliche Krisen gilt, sollte auch für Geopolitik gelten. Je näher der absolute Tiefpunkt einer Krise rückt, desto wahrscheinlich ist das Ende der Krise in Sicht. Man muss nur nüchtern sein, um seine geistigen Fähigkeiten im entscheidenden Moment unbeschränkt einsetzen zu können, bzw. übersetzt auf die Geopolitik, es müssen diejenigen gestärkt werden, die pragmatisch für Frieden kämpfen, statt wie betrunken ideologisch für den Sieg. Und dabei darf es keine ideologischen Grenzen geben.
Quellen und Hinweise:
Der Autor twittert zu aktuellen politischen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka
(1) https://mondoweiss.net/2023/04/the-liberation-of-palestine-and-the-fate-of-the-israelis/
(4) https://twitter.com/nafortsa/status/1652680707737518083
(5) https://twitter.com/J_M_Jacoby/status/1647162260941574145
(6) https://www.academia.edu/8776021/The_Snipers_Massacre_on_the_Maidan_in_Ukraine
(7) https://twitter.com/IvanRodionov_/status/1123950885091061761
+++
Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
+++ Bildquelle: Prostock-studio / shutterstock
+++
Ihnen gefällt unser Programm? Machen wir uns gemeinsam im Rahmen einer "digitalen finanziellen Selbstverteidigung" unabhängig vom Bankensystem und unterstützen Sie uns bitte mit Bitcoin: https://apolut.net/unterstuetzen#bitcoinzahlung
Informationen zu weiteren Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie hier: https://apolut.net/unterstuetzen/
+++
Bitte empfehlen Sie uns weiter und teilen Sie gerne unsere Inhalte in den Sozialen Medien. Sie haben hiermit unser Einverständnis, unsere Beiträge in Ihren eigenen Kanälen auf Social-Media- und Video-Plattformen zu teilen bzw. hochzuladen und zu veröffentlichen.
+++
Abonnieren Sie jetzt den apolut-Newsletter: https://apolut.net/newsletter/
+++
Unterstützung für apolut kann auch als Kleidung getragen werden! Hier der Link zu unserem Fan-Shop: https://harlekinshop.com/pages/apolut