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Putin und die Realität: Rüstung bringt Krieg

Putin und die Realität: Rüstung bringt Krieg


Von Rob Kenius.

Alle schimpfen auf Putin. Er sei verrückt, sei blutrünstig und wie Hitler, man müsse ihn vor das Haager Gericht stellen. Sie tun so, als gäbe es eine höhere Macht, welche aus moralischen Gründen den Teufel zur Rechenschaft zieht und bestraft. Die Realität aber ist: Diese Macht gibt es nicht. Und es gibt auch keinen Teufel Putin.

Die stärkste Macht in dieser Welt müsste das US-amerikanische Militär sein. Und wenn nicht, dann ist es die US-amerikanische Finanzmacht. Mit beiden höheren Mächten haben wir schon seit mehr als 50 Jahren schlechte Erfahrungen gemacht. Das ist unsere Realität und Wladimir Putin ist auch unsere Realität. Man sollte versuchen, das realistisch und wertfrei zu sehen.

Die Politiker und die Medien in der freien westlichen Welt haben sich von der Realität immer weiter entfernt. Die Erfahrung lehrt, wer sich von der Realität entfernt, wird irgendwann von den Ereignissen überrollt. Das ist jetzt geschehen und wir können nur wünschen und hoffen, dass die falschen Wege als falsch erkannt werden und dass wir uns nicht zu lange damit aufhalten, den Weg Russlands und Putins anzuprangern, zu verurteilen oder zu verfluchen und zu sanktionieren.

Sanctus, sanctus, Sanktionen

Das Wort Sanktionieren muss irgendetwas mit dem Begriff Sankt zu tun haben, was Heilige oder Heiliger bedeutet. Das lenkt die Gedanken direkt auf die heilige katholische Kirche, die sich der Realität verweigert hat, dass Sexualität keine Sünde sein kann und sich von der Vermehrung der Menschen gelöst hat. Den Priestern wurde das Heiraten verboten, damit sie keine legalen Nachkommen haben und Bistümer nicht vererbt werden. Jetzt ist die Kirche von der Realität überwältigt worden: Männliche Priester, vergehen sich sexuell an Jugendlichen und die Kirche hat versucht es zu vertuschen.

Die katholische Kirche ist die älteste Medienorganisation der Welt. Medien sind eigentlich dazu da, die Realität abzubilden und als Information wiederzugeben. Heute ist man in der Lage, mit technischen Mitteln der Realität sehr nahe zu kommen, sowohl bei der Beobachtung als auch bei der Vermittlung.

Realität und Rhetorik

Nur Rhetorik kann von der Realität ablenken und das geschieht in Politik und Medien in der selbsternannten Feien Westlichen Welt ausgiebig und äußerst krass. In den letzten beiden Jahren hat es sich zur Psychose gesteigert: Die Corona-Krise.

Die Realität von Covid ist: Es handelt sich um eine Art Grippe, die sich schneller verbreitet als andere und im Einzelfall etwas länger hinzieht, und, wie andere Grippewellen unter alten und schwachen Menschen Todesfälle verursacht, besonders in der kalten Jahreszeit. Das ist nicht dramatisch, aber die Virologen zuerst, dann die Medien und schließlich die Politiker haben daraus eine weltbewegende Krise gemacht, die jetzt erst langsam abklingt, weil ein anderes Thema angesagt ist: Ukraine.

Völlig vergessen wurde dabei folgende Realität: Die Menschheit ist dabei, durch Klimaveränderung den eigenen Lebensraum zu vernichten und es ist allerhöchste Zeit, massiv dagegen vorzugehen. Doch Corona hat das alles vergessen gemacht. Allein Deutschland und die EU haben 1,789 Billionen Euro gegen die Verbreitung von Viren, für Tests und schwach wirkende Impfstoffe vergeudet. Die Klimapolitik musste warten und selbst die Demonstrationen der Kinder, deren Zukunft verraten wird, haben nichts mehr bewirkt.

Finanzmacht + Rüstung = NATO

Politik und Medien können das Denken steuern, ohne Zweifel, das ist beachtlich. Sie steuern dahin, wo die Interessen der US-Finanzmacht und der US-Militärmacht liegen und wenn beide Mächte in die gleiche Richtung streben, wird die Realität Nebensache, eine Spinnerei von Querdenkern. Die Macht bestimmt über die Medien das Denken der Mehrheit.

Das Vehikel der Expansion US-amerikanischer Macht in Europa ist die NATO. Längst ist vergessen, was NATO bedeutet. N bedeutet Nord und A bedeutet Atlantik. Der Nord-Atlantik befindet sich zwischen Kanada, Norwegen und den britischen Inseln, gemeint ist vor allem der östliche Teil um Norwegen herum. Man wollte verhindern, dass die Sowjetunion mit Schiffen um das Nordkap manövriert und seine Machtsphäre bis in die Nordsee erweitert. Weil Norwegen das allein nicht garantieren konnte, wurde die NATO gegründet.

Die Norweger sind Nachkommen der Wikinger, ebenso die Russen, deren Großreich Sowjetunion man fürchtete. Das war zur Zeit Stalins. Nachdem die Sowjetunion und der Warschauer Pakt sich aufgelöst hatten und die kommunistische Ideologie in Russland aufgegeben wurde, war die NATO überflüssig für die Verteidigung im Nordatlantik und für die europäische Sicherheit, nicht aber für den Militärisch-Industriellen Komplex der USA und für die Finanzmacht der Wallstreet, repräsentiert durch die US-Notenbank FED.

Mehr Rüstung, mehr Gewinn

Die FED finanziert das Militär der USA jedes Jahr mit einem Kredit von 500 bis 700 Milliarden US-Dollar, der nie zurückgezahlt wird. Das ist etwa zwölf mal soviel wie der Etat der zweitstärksten Militärmacht Russland. Hinzu kommt, dass die Waffensysteme das wichtigste Exportgut der US-amerikanischen Industrie sind. Abgesehen von der IT-Branche, sind Waffen der einzige Industriesektor, auf dem die USA noch konkurrieren können. Der Druck zur Rüstung ist enorm und Friede oder gar Abrüstung würde einen Zusammenbruch dieses real existierenden Systems bewirken, das bisher nicht zu stoppen ist.

Die NATO-Länder sind die besten Kunden, Stammkunden sozusagen. Das einzige Problem ist: Die NATO hat keinen Feind mehr, 90% der Rüstung sind total überflüssig. Länder wie Italien, Portugal und auch UK können sich die Kosten für die NATO gar nicht mehr leisten. Darum soll Deutschland viel mehr Waffen kaufen, doch Deutschland hat genug vom Krieg. Und Rüstung bringt Krieg. Das ist die Realität, die mit viel Rhetorik umgangen wird. Jeder kennt die Sprüche: Verteidigen, Sicherheit garantieren, Verantwortung zeigen, Schulterschluss. Gegen wen?

Feindschaft muss sein

Gegen wen? Das ist das Problem. Es kann nur gegen Russland sein, denn das ist das größte Land der Welt und die einzige Militärmacht, die mit genügend Atomwaffen ausgestattet ist, um die USA auch im Gegenschlag noch zu vernichten. Russland ist so groß, dass immer noch eine Basis übrig bleibt, Raketen nach New York und Washington zu schicken.

Nach der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes hat die NATO, anstatt sich ebenfalls in Wohlgefallen aufzulösen, beschlossen, Russland auf die Pelle zu rücken. Immer näher am Moskau heran mit Raketen, Jagdflugzeugen, Bomben, Panzern und Drohnen. Alles zur friedlichen Verteidigung, für Sicherheit und westliche Werte. Russland hat nichts derartiges unternommen. Moskau hat andere Probleme, mit all den Nachbarn auszukommen, die teils islamisch regiert werden und recht aggressiv sein können.

Nach Polen, Lettland, Estland, Litauen, Slowakei, Rumänien, Slowenien, Bulgarien usw. strebt die Ukraine in die NATO. Das alles, obwohl man 1994 den Russen versichert hat, die NATO nicht nach Osten auszudehnen. Ukraine wäre von all diesen europäischen NATO-Ländern das allergrößte, fast so groß wie Deutschland und Frankreich zusammen, und am nächsten bei Moskau. Ein großer Teil der Bevölkerung sind Russen, sie sprechen russisch und Russisch war die zweite Amtssprache. Man hat die zweite Amtssprache abgeschafft, weil Nationalisten zur Macht gekommen sind.

Ukraine - njet

Solange die Ukraine existiert, ist dieses große Land instabil, korrupt und schlecht regiert. Zwei Provinzen sind abtrünnig, im Osten herrschte Bürgerkrieg. Der jetzige Präsident Selenskyj hat kürzlich vor der Weltöffentlichkeit auf der Münchener Sicherheitskonferenz den Ruf nach Atomwaffen erhoben und sogar behauptet, dass sein Land Atomraketen produzieren könne, wenn es Hilfe bekommt.

Putin hat sich irgendwann entschlossen, wenn der Westen nicht offiziell davon Abstand nimmt, die Ukraine weiter aufzurüsten und der NATO beitreten zu lassen, wenn der Westen das nicht schriftlich garantiert und wenn die Entwicklung in der Ukraine zum größten Feind Russlands nicht gestoppt wird, dann dort militärisch einzugreifen.

Die westlichen Staatenlenker haben nichts unternommen, diesen Standpunkt ernsthaft zu berücksichtigen. Unser Bundeskanzler Olaf Scholz ist stolz darauf, Putin entgegnet zu haben, das stehe nicht auf der Tagesordnung.

Diese Aussage ist Realitätsverweigerung. Ein nicht vorhandener Tagesordnungspunkt ist keine ernstzunehmende Antwort auf die russische Forderung, die Umzingelungstaktik der NATO zu beenden und den NATO-Beitritt der Ukraine offiziell auch in Zukunft auszuschließen, wenn die Tagesordnung von Scholz erledigt ist. Und das, während die russischen Truppen bereits an der Grenze stehen und dokumentieren, dass Russland es ernst meint mit der Forderung: Ukraine nein. Bis hier und nicht weiter.

Die letzte Chance

Jetzt hat der Krieg, den vornehmlich die USA herbei-gerüstet haben, begonnen. Das ist Realität 2022. Putin ist offiziell der Aggressor, auch das ist Realität. Man hat ihn so provoziert, wie die Geheimdienste das ausgetüftelt haben. Aber man kann sich nicht wie gegenüber Irak, Libyen, Afghanistan und Serbien verhalten. Dazu ist Russland zu stark. Die Chance, allein durch eine schriftliche Garantie die Sicherheitsinteressen Russlands endlich zu berücksichtigen, ist jetzt vertan.

Es gibt nur eine Möglichkeit, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden: Schnelle Kapitulation, Anerkennung der Realität, und Verhandlung unter Realisten über den zukünftigen Status der Ukraine. Nur damit kann man verhindern, dass es zu einem großen Krieg in Europa kommt oder dass Russland sich die Ukraine ganz einfach wieder einverleibt.

Wer ist der erste unter den Mächtigen im westlichen Bündnis, der sich entscheidet, Realpolitik zu machen und den Frieden mit Russland wiederherzustellen? Mit Staatenlenkern und Außenpolitikern sind wir nicht gut bestückt. Realismus ist angesagt, Rhetorik und Medientheater helfen nicht. Schimpfen, Zetern und Schuldzuweisungen erst recht nicht.

Rob Kenius betreibt die systemkritische Webseite kritilit.de

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

+++ Bildquelle: Marco Iacobucci Epp / shutterstock


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