Der Weg zu einer friedlichen Weltordnung
Ein Meinungsbeitrag von Antje Lüth.
Der russische Präsident Wladimir Putin stellte 5. Oktober 2023 bei seiner jährlichen Grundsatzrede vor dem Valdai-Club seine Vision einer zukünftigen Weltordnung vor. Er ging dabei auf die weltweite Gefahr zerstörerischer Krieg ein, in deren Folge die Menschheit in eine immer gefährlicher werdende Eskalationsspirale gerate. Um aus dieser alten Dynamik eskalierender Gewalt herauszukommen, so Putin, sei es notwendig, international umzudenken. Vor diesem Hintergrund benannte Putin in Ergänzung zur international anerkannten UN-Charta 6 Grundprinzipien des internationalen Zusammenlebens als Voraussetzung einer friedlichen Weltordnung.
Im Teil 1 dieses zweiteiligen Artikels wurden zunächst diese 6 Grundprinzipien und deren Hintergrund erläutert. Im Teil 2 wird dann im historischen Rückblick gezeigt, warum eine friedliche Weltordnung nur dann möglich ist, wenn sich die traditionellen, hegemonialen und kolonialen Denkmuster verändern.
Scheitern bisheriger Konzepte einer friedlichen Weltordnung
Im historischen Rückblick zeigt sich, dass in der Vergangenheit eine Vielzahl von Friedenskonzepten erstellt wurden, die jedoch alle scheiterten. Auch die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Vereinten Nationen konzipierte Weltordnung scheiterte.
Jedes der inzwischen 193 Mitgliedsländer der heutigen UN hat sich zu den universellen Zielen und Grundsätzen der UN und deren zentralem Ziel einer internationalen Friedenssicherung bekannt. Nichtsdestotrotz haben die Kriege nie aufgehört und bis heute wird das international anerkannte Völkerrecht gebrochen und gegen die Prinzipien der UN-Charta verstoßen. Putin wies in seiner Grundsatzrede vom 5. Oktober 2023 genau auf die Hauptursache hin. Er verwies auf das Handeln des „Westens“, welches noch immer von einer hegemonialen und kolonialen Denkweise geprägt sei. Diese Denkweise und die damit verbundene, treibende Energie, so Putin, mache Kriege unvermeidlich.
Historischer Rückblick
Verschiedene konkrete Friedensmodelle bzw. Konzepte universeller Friedensordnung hatte es schon seit der frühen Neuzeit gegeben, sie alle blieben jedoch ohne Einfluss auf die praktizierte Politik. So konzipierte beispielsweise der Abbé de Saint-Pierre Anfang des 18. Jahrhunderts Pläne zur Neuordnung Europas durch Gründung von Staatenbündnissen (1). Als notwendige Voraussetzung für das Funktionieren eines solchen Staatenbundes sah Saint-Pierre den Willen und die Fähigkeit aller Mitglieder, auch die Interessen aller Mitglieder zu vertreten. Allerdings erkannte er zugleich auch, dass die einzelnen Fürstenhäuser nur an der Erweiterung ihrer Herrschaft interessiert waren. (2).
Das bekannteste Friedenskonzept erarbeitete Immanuel Kant Ende des 18. Jahrhunderts in seiner Schrift „Zum ewigen Frieden“. Auch Kant sah einen Staatenbund als geeignetes Instrument zur internationalen Friedenssicherung. Dieser übergeordnete Staatenbund sollte auf der Basis eines Gesellschaftsvertrags des vernünftigen und gerechten Miteinander-Lebens, in dessen Zentrum die Freiheit des Menschen steht, gestaltet werden. Die Schrift Kants enthielt zudem konkrete realpolitische Maßnahmen zur Minimierung der Kriegsgefahr (3). Aber auch Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ blieb zunächst ohne Wirkung. Nach wie vor wurden zahlreiche Kriege geführt und die kolonialen Großmächte teilten die Welt immer weiter rücksichtslos unter sich auf.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden mit der „Interparlamentarischen Union für internationale Schiedsgerichtsbarkeit“ (1889) und den „Haager Friedenskonferenzen“ (1899, 1907) die ersten internationalen Friedensorganisationen gegründet. Mit deren Hilfe wurde der Versuch unternommen, eine internationale Ordnung auszuarbeiten, um zwischenstaatliche Konflikte friedlich zu lösen (4). Dass auch diese Versuche scheiterten, zeigte sich in der verheerenden Katastrophe des Ersten Weltkriegs.
Bei den Friedensverhandlungen am Ende des Ersten Weltkriegs in Paris 1919 wurde dann die Idee eines Friedensbundes wieder aufgegriffen. Am 10. Januar 1920 wurde der sog. Völkerbund gegründet. Der Völkerbund stellte den ersten Versuch dar, ein den Staaten übergeordnetes System der kollektiven Sicherheit in die internationale, politische Praxis umzusetzen.
Die Friedensverhandlungen und die Regelungen des Völkerbundes wurden von den weltbeherrschenden Großmächten USA, Großbritannien und Frankreich mehr oder weniger im Alleingang diktiert und konzipiert. Deren Ziel war es in erster Linie, die etablierte Ordnung zu erhalten und zu stabilisieren. Deutschland war die alleinige Kriegsschuld zugeschrieben worden und es hatte zudem alle Kosten zu tragen. Damit war Deutschland von den Großmächten als Konkurrent ausgeschaltet, zugleich wurde damit jedoch auch der Grundstein für den nächsten Krieg gelegt. Somit hatte sich der offiziell benannte Anspruch einer internationalen Friedenssicherung nicht erfüllt. Denn kurze Zeit später schon kam es mit dem Zweiten Weltkrieg zur nächsten Kriegskatastrophe. Genau diese Gefahr hatte Kant erkannt, als er im Präliminarartikel 1 seiner Schrift „Zum ewigen Frieden“ forderte:
„Es soll kein Friedensschluss für einen solchen gelten, der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege gemacht worden.“ (5).
Hinzu kam, dass die Versailler Verhandlungen in der Hochphase der kolonialen Weltordnung stattfanden, als das koloniale Denken integraler Bestandteil der internationalen Ordnung war. Der anfängliche Ansatz, eine internationale Friedenssicherung u.a. durch die Anerkennung staatlicher Souveränität gewährleisten zu können, wurde schnell ad acta gelegt. Vielmehr stellte man fest, dass die koloniale Bevölkerung noch gar nicht bereit sei für eine eigene, souveräne Staatsbildung. Deshalb übergab man den zivilisierten Kolonialmächten die Aufgabe, den Kolonien behilflich zu sein auf ihrem Weg in die Zivilisation und Souveränität. Letztlich änderte sich am Status der unterdrückten Völker nichts, außer dem Namen. In der Völkerbundsatzung wurde es Mandatssystem genannt und war nichts weiter als die offizielle Legitimation der Unterdrückung.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde erneut versucht, die Welt durch ein Staatenbündnis, die UN, zu befrieden. Dieses Mal gab es jedoch einen entscheidenden Unterschied. Bis dahin waren es hauptsächlich die dominierenden westlichen Großmächte, welche die Regeln der jeweiligen Weltordnung aufstellten. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand diesen Großmächten mit den sozialistischen Staaten ein starker Block (sog. Ostblock) gegenüber. Dies prägte den Entstehungsprozess und den Inhalt der UN-Charta und der nachfolgenden Resolutionen wesentlich. In der international vereinbarten UN-Charta wurden Regeln des internationalen Umgangs, wie beispielsweise das Recht auf staatliche Souveränität und Selbstbestimmung, schriftlich als weltweite Regel fixiert.
Allerdings wurde die Arbeit der UN von Beginn an sehr stark von den alten Großmächten, allen voran den USA, und ihren Interessen bestimmt. Der libysche Präsident Muammar al-Gaddafi brachte dies in seiner Rede am 23. September 2009 vor der UNO sehr deutlich auf den Punkt und forderte entsprechende Veränderungen (6). Statt einer sachlichen Auseinandersetzung mit Gaddafis Aussagen folgte jedoch ein Strom von Diskreditierungen sowohl der Person Gaddafi als auch des Inhalts seiner Rede von Seiten westlicher Medien. Wenig später, 2011, wurde Gaddafi ermordet und Politiker der westlichen Demokratien jubelten (7). Die Regeln der UN-Charta werden von den Westmächten bis heute je nach Interessenlage, interpretiert bzw. ignoriert.
Verschiebungen der Machtverhältnisse
In den vergangenen 500 Jahren wurde das internationale System von einer kleinen Gruppe von Ländern geprägt. Das von ihnen konzipierte Ordnungsprinzip beruhte auf ihrer Macht über die Kolonialreiche im globalen Süden und diente einzig dem Zweck, die eigenen wirtschaftlichen und politischen Privilegien zu bewahren und zu stärken. Auch nach dem Ende der Kolonialzeit konnte der Westen seine Beherrschung des globalen Südens und dessen Ausbeutung noch lange Zeit absichern. Denn der Westen hatte bzw. hat noch immer die Macht, die Möglichkeit des Zugangs zu Wohlstand und Wachstum abhängig zu machen von der ideologischen, militärischen und politischen Unterwerfung des jeweiligen Staates. Ein gutes Beispiel zeigt die Entwicklung von Südkorea und Japan.
Staaten, die sich dem verweigerten, wurden und werden nicht nur finanzielle Mittel vorenthalten, sondern je nach Interessenlage mischt man sich bis heute offen oder verdeckt in deren inneren Angelegenheiten ein, droht ihnen oder greift gegebenenfalls auch militärisch ein. An der Spitze dieses neokolonialen Systems stehen seit Mitte des 20. Jahrhunderts die USA. Diese haben sich ein Netz treuer Vasallen aufgebaut, allen voran ehemalige koloniale Großmächte (8).
Die Welt ist jedoch in den letzten Jahrzehnten deutlich in Bewegung geraten und dabei verändern sich auch die Machtverhältnisse.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklärten die USA ihren Sieg im Kalten Krieg. Sie sahen nun den Beginn einer neuen unipolaren Weltordnung, angeführt von den USA als der einzigen und verbleibenden Weltmacht. Allerdings verschoben sich die Machtverhältnisse seitdem und die seit Jahrhunderten weltbeherrschenden imperialen Großmächte verlieren zusehends ihre Machtposition.
China und Russland entwickelten sich zu international ernstzunehmenden wirtschaftlichen und politischen Kräften. Beide Staaten bemühten sich über lange Zeit um einen Dialog mit den westlichen Mächten. Sie waren jedoch nicht bereit, sich einer von den USA angeführten unipolaren Weltordnung unterzuordnen, sondern forderten von Beginn an eine gleichberechtigte Zusammenarbeit. Hinzu kam, dass mit der SOZ (9), den BRICS-Staaten (10) und der CELAG (11) neue globale Netze entstanden, die sich gegenseitig in ihrer Entwicklung unterstützen. Damit bietet sich insgesamt für die Länder des globalen Südens die Möglichkeit, sich unabhängig von der US-dominierten Weltordnung zu entwickeln.
Der Prozess ist nicht mehr aufzuhalten. Und damit bietet sich nun tatsächlich die Chance, eine neue Weltordnung zu konzipieren, mit Grundprinzipien, die im Interesse aller Nationen/Staaten liegen und mit einem Friedenskonzept, welches tatsächlich Kriege verhindern kann.
Der Kampf um die zukünftige Weltordnung
Am 5. Oktober 2023 stellte der russische Präsident Wladimir Putin seine Vision einer neuen Weltordnung vor. Wenig später, am 21. Oktober 2023 folgte dann die Erklärung Joe Bidens, dass die Welt eine neue, von den USA gestaltete Weltordnung brauche (12). An dieser Stelle stellt sich die Frage nach der international anerkannten UN-Charta, wo Regeln des internationalen Umgangs, wie beispielsweise das Recht auf staatliche Souveränität und Selbstbestimmung, schriftlich als weltweite Regel fixiert sind. Warum ist dieses Instrument nicht ausreichend, um eine stabile, friedliche Weltordnung zu gewährleisten? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, soll der Blick auf die unterschiedlichen Vorstellungen einer Weltordnung gehen.
Die Vorstellungen der USA über die zukünftige Weltordnung
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und in der Folge des gesamten sozialistischen Blocks verkündeten die USA ihren Sieg im Kalten Krieg.
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sprach vom „Ende der Geschichte“, weil sich die amerikanischen Werte von Demokratie und Kapitalismus durchgesetzt hätten. Diesen Faden nahm der damalige US-Präsident Bush sen. in seiner Rede vor dem Kongress im September 1990 auf. Bush rief, entgegen den Regeln der UN-Charta, eine neue Weltordnung aus, in der die USA nun die Vorherrschaft erhalten habe und diese weiter ausbauen werde. Der Anspruch einer alleinigen Weltherrschaft wurde nachfolgend in zahlreichen richtungsweisenden Dokumenten festgehalten. Ein Beispiel dafür sind die 1992 beschlossenen „Defense Policy Guidance“, in denen festgelegt wurde, dass die USA ihre militärische Führung in der Welt behaupten müsse und diese von niemandem in Frage zu stellen sei. Rivalen habe es nicht zu geben und ebenso keine Verbündeten, sondern nur Vasallen (13). Ihren alleinigen Machtanspruch und die dahinter stehenden politischen und wirtschaftlichen Interessen versuchen die USA unter dem Deckmantel der Durchsetzung edler Werte durchzusetzen. So legitimiert man die z.T. auch gewaltsame Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Interessen mit dem weltweiten Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte (14).
Diese neokonservative Strategie konnte sich über längere Zeit durchsetzen, vor allem aufgrund der wirtschaftlichen Kraft des gesamten Westens. Allerdings begannen sich die globalen Machtverhältnisse seit Anfang der 2000er Jahre deutlich zu verschieben und die Macht der USA und ihrer Vasallen gingen immer weiter zurück. In Anbetracht dieser Tatsache stellte US-Präsident Joe Biden in einer Wahlkampfrede im Oktober 2023 fest, dass die derzeitige, von den USA angeführte Weltordnung ausgedient habe. Die Menschheit, so Biden, brauche eine neue Weltordnung und die USA seien in der Lage, diese aufzubauen bzw. neu zu gestalten (15).
Die USA und ihre Vasallen halten an ihrem alleinigen Machtanspruch fest und versuchen diesen, wenn notwendig auch militärisch, aufrechtzuerhalten. Um den zunehmenden Machtverlust aufzuhalten, hat der Westen zwei Hauptstrategien entwickelt: Zum einen stiften sie im Inneren von Staaten oder zwischen Staaten Unruhe und stellen sich dann als Retter dar. Zum anderen greifen man auf die altbewährte Strategie zurück, sich im Namen der Menschenrechte und der Demokratie in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten einzumischen (16).
Diese Strategien sind völkerrechtswidrig und ziehen immer wieder Kriege nach sich. Um dies zu legalisieren, wird die Öffentlichkeit in großem Maß manipuliert und belogen. Und nicht nur das. Es geht soweit, dass die UN und seine Mitgliedsländer bzw. seine Mitarbeiter bestochen bzw. erpresst werden, um Ziele zu erreichen. Zudem werden die Regeln der UN-Charta vom Westen argumentativ ersetzt durch die sog. Regelbasierte Ordnung, deren Regeln niemand genau kennt.
Wikipedia definiert die Regelbasierte Ordnung (RBO) wie folgt:
„RBO […] steht seit 2008 vor allem in Staaten der westlichen Welt als […] mehr als politischer Begriff für Konzepte teils entgegengesetzter Auffassungen ohne klare Definition. […] Die Regeln selbst, wie ihre Entstehung sind unklar und scheinen den Interessen und Werten der Staaten zu dienen, die sie postulieren. […]“
Die deutsche Regierung sieht die regelbasierte Ordnung als
„[…] rechtlich nicht bindende Normen, Standards und Verhaltensregeln zusätzlich zur UNO-Charta, der 'Verfassung' der Vereinten Nationen (UN). Das Auswärtige Amt benennt neben den Vereinten Nationen und dem Völkerrecht ausdrücklich die […] G7 und G20, NATO […] und den Europarat als Bestandteile der regelbasierten Ordnung […]. In Deutschland wurde der Begriff durch dessen Außenpolitiker ab 2017 etabliert und seit 2018 immer häufiger statt des Begriffs 'internationales Recht' verwendet, um dieses durch ein eigenes Verständnis weiterer internationaler Regeln zu ergänzen und zu ersetzen.“
„In den USA und Australien beinhaltet die regelbasierte Ordnung eine seit den 1960er Jahren postulierte globale Vorrangstellung der USA und ihrer Militärbündnisse im asiatisch-pazifischen Raum. […] In den USA wurde der Begriff erstmals 2015 in der Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) verwendet, mit der Vormachtstellung der USA sei danach eine starke und dauerhafte amerikanische Führung für die RBO unverzichtbar […] Sowohl Russland als auch China seien eine Bedrohung für die RBO […].
Problematisch bei der Verwendung des Begriffs der regelbasierten Ordnung gegenüber dem etablierten internationalen Recht ist, dass er letzteres begrifflich ablöst und damit dessen Inhalte entwertet und bedroht. Bei der RBO handelt es sich wohl um stillschweigende Vereinbarungen zwischen einigen westlichen Staaten, zu denen keine ausdrückliche Zustimmung vorliegt, obwohl eine solche notwendige Grundlage des verbindlichen Völkerrechts ist. Man kann die RBO als Instrument der westlichen Welt zur Durchsetzung eigener Interessen zur Sicherung ihrer Vorherrschaft betrachten, insbesondere durch die USA.
China und Russland lehnen den Begriff der regelbasierten Ordnung ab, da er für eine Weltordnung unter der Führung der USA stehe.“ (17)
Die Vorstellungen Russlands einer zukünftige Weltordnung
Russland und China lehnen nicht nur eine regelbasierte, unipolare Weltordnung ab, sondern haben auch klare Vorstellungen einer gerechten Weltordnung. So verwiesen die Staatspräsidenten beider Länder in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 4. Februar 2022 zunächst auf die grundlegende Bedeutung der UN-Charta und forderten deren Einhaltung von Seiten aller Staaten. Des Weiteren forderten sie die Achtung der Souveränität eines jeden Staates sowie die Einhaltung des festgeschriebenen Rechts eines jeden Volkes, so zu leben, wie es leben möchte (18).
Als Antwort auf die Aussage des US-Präsidenten Joe Biden, dass die Menschheit eine neue Weltordnung brauche, sagte der Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass er damit absolut einverstanden sei. Er bezeichnete dies als einen „[…] seltenen Fall der Übereinstimmung mit dem US-Staatoberhaupt […].“(19) In Anspielung auf Bidens Vorstellung, dass die USA diese neue Weltordnung gestalten würden grenzte Peskow jedoch ein, dass er Biden nicht vollständig zustimme, denn:
„Auf jeden Fall, über welche Weltordnung sie auch sprechen mögen, meinen sie eine US-basierte Weltordnung. Das heißt, eine Welt, die sich um die USA dreht. So wird es nie mehr sein.“ (20)
Viel mehr, so Peskow, unterstütze man den Aufbau eines neuen globalen Systems, welches auf ganz anderen Prinzipien beruhe. Wichtige Prinzipien seien das internationale Recht, gegenseitiger Respekt und Nutzen sowie die Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten. Zudem solle eine neue Weltordnung frei sein von Versuchen, alle Verwaltungsmechanismen in den Händen eines Staates zu konzentrieren, wenn dieser dann anderen Ländern seinen Willen und seine Entscheidungen aufzwinge (21).
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die hegemoniale und koloniale bzw. neokoloniale Denkweise des Westens Kriege unvermeidlich macht. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin ging in seiner Valdai-Rede vom 5. Oktober 2023 ganz konkret auf die permanente Kriegsgefahr ein, von der die Welt nach wie vor bedroht ist. Als den einzigen realistischen Ausweg aus dieser Gewaltspirale sieht er ein internationales Umdenken und dabei, als Ergänzung zu den Regeln der UN-Charta, die Einhaltung der von ihm benannten 6 Grundprinzipien. Diese Regeln lassen sich als „Welt-Knigge“-Regeln verstehen. Sie bilden die zivilisatorische Grundlage friedlichen Zusammenlebens, denn nur mit gegenseitiger Achtung, der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts und der Gleichberechtigung eines jeden Landes lassen sich Konflikte vermeiden. Sie können nicht nur eine entscheidende Ergänzung zum UNO-Regelwerk sein, sondern sollten zugleich auch zum Standardausbildungsprogramm eines jeden angehenden Politikers oder Diplomaten gehören.
Quellen und Anmerkungen
(1) Winfried Baumgart: Vom europäischen Konzert zum Völkerbund, S. 137, Darmstadt 1974
(2) https://www.projekt-gutenberg.org/castel/traktat/chap001.html
(3) Karl Vorländer: Kant und der Gedanke des Völkerbundes, S. 37, Leipzig 1919
(4) o.V. bpb, Vor 100 Jahren: Gründung des Völkerbundes, 17.12.2019 in: https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/302479/100-jahre-voelkerbund 2019 Zugriff 11.Oktober 2023
(5) Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden, S. 3, Stuttgart 2008 [1795]
(6) Rede von Muammar Al Gaddafi bei der Generalversammlung der UNO 2009, in: https://www.youtube.com/watch?v=1MdYfNc-pD8, Zugriff 11.Oktober 2023
(7) Gaddafi wurde am 20. Oktober 2011 ermordet, dem folgte Jubel in der westlichen Welt. Besonders hob sich dabei die damalige US-amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hervor. In einem Interview unmittelbar nach der Ermordnung lachte sie und sagte: „Wir kamen, wir sahen, er starb!“in: https://www.youtube.com/watch?v=6DXDU48RHLU, Zugriff 11.Oktober 2023 Das Land, in dem zuvor Wohlstand für alle herrschte, versank anschließend in einen Bürgerkrieg.
(8) Timur Fomenko, Die chinesische Alternative: Peking enthüllt seine eigene Vision für die Weltordnung, 16. Oktober 2023, https://freedert.online/international/183847-chinesische-alternative-peking-enthuellt-seine-vision-weltordnung/, Zugriff 26.10.2023
(9) SOZ: Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, Verbund Asiatischer Staaten
(10) BRICS-Staaten: Vereinigung der Staaten Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, 8/2023 traten der BRICS zusätzlich 5 Staaten bei: Saudi-Arabien, Iran, Ägypten, Äthiopien, Vereinigte Arabische Emirate
(11) CELAG: Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten außer USA und Kanada
(12) Joe Biden: USA werden eine "neue Weltordnung" aufbauen, 22. Oktober 2023, in: https://freeassange.rtde.life/nordamerika/184607-joe-biden-usa-werden-neue/, Zugriff 26.Oktober 2023
(13) Wendelin Ettmayer: Die neue Weltordnung und der Krieg in der Ukraine,VI/2022, in: https://austria-forum.org/attach/User/Diem%20Peter/International_6_2022%20Ettmayer.pdf
(14) ebda., Zugriff21.10.2023
(15) Joe Biden: USA werden eine "neue Weltordnung" aufbauen, 22. Oktober 2023, in: https://freeassange.rtde.life/nordamerika/184607-joe-biden-usa-werden-neue/, Zugriff 26.Oktober 2023
(16) Timur Fomenko, Die chinesische Alternative: Peking enthüllt seine eigene Vision für die Weltordnung, 16. Oktober 2023, https://freedert.online/international/183847-chinesische-alternative-peking-enthuellt-seine-vision-weltordnung/, Zugriff 26.10.2023
(17) Regelbasierte Ordnung, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Regelbasierte_Ordnung, Zugriff 14.11.2023
(18) Совместное заявление Российской Федерации и Китайской Народной Республики о международных отношениях, вступающих в новую эпоху, и глобальном устойчивом развитии (Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China zu den internationalen Beziehungen auf dem Weg in die neue Ära und zur globalen nachhaltigen Entwicklung (deutsche Übersetzung des Verfassers, Original in Russisch), Peking, 4. Februar 2022, Seite 2 bis 3, in: http://kremlin.ru/supplement/5770, Zugriff 24. Juni 2023
(19) Peskow antwortet Biden: Welt wird sich nie mehr um die USA drehen, 23. Oktober 2023, in: https://freedert.online/international/184687-peskow-welt-wird-nie-mehr/, Zugriff 26. Oktober 2023
(20) Peskow antwortet Biden: Welt wird sich nie mehr um die USA drehen, 23. Oktober 2023, in: https://freedert.online/international/184687-peskow-welt-wird-nie-mehr/, Zugriff 26. Oktober 2023
(21) Peskow antwortet Biden: Welt wird sich nie mehr um die USA drehen, 23. Oktober 2023, in: https://freedert.online/international/184687-peskow-welt-wird-nie-mehr/, Zugriff 26. Oktober 2023
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