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Ramstein und Kaiserslautern: zentrale Orte der Militarisierung und Kriegsführung

Ramstein und Kaiserslautern: zentrale Orte der Militarisierung und Kriegsführung


Fünf alte und neue Gründe, warum die konzentrierte US-Militärpräsenz in der Großregion Kaiserslautern seit 2015 andauernd ein zentraler Ort des Widerstandes gegen Militarisierung und Kriegsführung ist und warum die diesjährige Aktionswoche vom 16. bis 23. Juni wichtiger denn je ist.

Ein Meinungsbeitrag von Karl-Heinz Peil.

Kaiserslautern: Wichtigste „U.S. Military Community“ außerhalb der USA

In Deutschland sind derzeit ca. 38.000 US-Soldaten stationiert, davon die Hälfte mit ca. 19.000 in Rheinland-Pfalz. Hiervon ist wiederum die Hälfte in der Großregion Kaiserslautern konzentriert, mit der Air Base Ramstein als Zentrum. Schätzungen gehen von über 40.000 US-Amerikanern aus, die insgesamt mit Familienangehörigen und zivilen US-Dienstleistern in der „Kaiserslautern Military Community“ leben.

Ramstein ist die derzeit wichtigste Air Base der USA außerhalb ihres Territoriums. Gemessen an der flächenmäßigen Größe gilt dieses aber nicht für die nächste Zukunft. Denn derzeit laufen Planungen, den Militärstützpunkt Mihail Kogqlniceanu in Constanta im Südosten Rumäniens an der Schwarzmeerküste zum größten NATO-Militärstützpunkt in Europa auszubauen. Dieser würde eine Fläche von fast 3.000 Hektar belegen, gegenüber ca. 2.000 Hektar für Ramstein. Bis 2030 sollen dort 10.000 Soldaten und Zivilisten stationiert werden, die größtenteils aus Deutschland abgezogen würden. Insgesamt sind dafür 2.7 Mrd. US-Dollar veranschlagt.

Zur kompletten Infrastruktur gehört dort auch ein Krankenhaus. Aber auch direkt an der Air Base Ramstein in der Gemarkung Weilerbach entsteht derzeit ein neues Krankenhaus. Dieses soll das bisher größte US-Hospital außerhalb der USA in Landstuhl ersetzen, wenn es Ende 2027 fertig gestellt wird. Die Kosten werden inzwischen aktualisiert auf fast 1,5 Mrd. Euro geschätzt, von denen 15% als Planungskosten aus dem deutschen Bundes­haushalt bezahlt werden. Gründe für diesen Neubau sind die angeblich zu große Entfernung von der Air Base für eine schnelle Versorgung von Kriegsverletzten und eine nicht mehr zeitgemäße Ausstattung des US-Hospitals in Landstuhl. Beide Argumente sind jedoch nicht stichhaltig, da die Straßenentfernung nach Landstuhl nur 6 km beträgt und das dortige Krankenhaus in der Vergangenheit kontinuierlich modernisiert wurde. Ein Krankenhaus in Rumänien dürfte zudem potenziell näher an einem möglichen Kriegsschauplatz liegen.

Die Rolle von Ramstein muss in Verbindung mit den damit eng verbundenen Standorten des US-Militärs gesehen werden. Nach eigenen Recherchen des Autors verteilen sich diese auf derzeit 74 Standorte in Deutschland (bei offiziell 373 einzelnen Liegenschaften). Davon befinden sich 36 in Rheinland-Pfalz und anteilig 17 in der Großregion Kaiserslautern. Diese Konzentration des US-Militärs außerhalb der USA ist weltweit einmalig und – abgesehen von Übersee-Territorien der USA wie Guam – nur mit der japanischen Insel Okinawa und der Metropolregion Pyeongtaek in Südkorea vergleichbar.

Völkerrechtswidriger Drohnenkrieg: Kontinuität auch im Widerstand

Ausgangspunkt der seit 2015 kontinuierlich stattfindenden Aktionen der Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ gegen die US Air Base war die zentrale Rolle Ramsteins im illegalen Drohnenkrieg der USA. Dass das „Distributed Command Ground System“ (Drohnen-Relaisstation) für den weltweiten Einsatz von Kampfdrohnen eine zentrale Rolle spielt, hatten der ehemaligen Drohnenpiloten Brandon Bryant und der Whisteblower Edward Snowden enthüllt.

Nach jahrelangem Leugnen musste auch die Bundesregierung im August 2016 diese Funktion eingestehen, allerdings ohne Konsequenzen. Diese hätten darin bestanden, diese völkerrechtswidrigen Aktivitäten gemäß Verpflichtungen aus Art. 20 und 25 des deutschen Grundgesetzes zu unterbinden. Vorsorglich wurde aber in den vergangenen Jahren in Sizilien auf der Sigonella Air Base ein „Backup“-System für Ramstein aufgebaut.

Unabhängig davon wurde der illegale Drohnenkrieg der USA in den letzten Jahren mit Drohnenbasen in Westafrika weiter ausgebaut, basierend auf einer logistischen Versorgung mit Transportflügen über Ramstein.

Ramstein: Logistik-Drehscheibe für den Ukrainekrieg

Nachdem über lange Jahre die Versorgung von US-Militärbasen in Westasien über Ramstein im Vordergrund stand, dominiert inzwischen der Nachschub von Munition an die Ukraine die Transportflüge. Knapp 15 km südwestlich von Ramstein befindet sich mit dem Miesau Army Depot das größte Munitionsdepot außerhalb der USA. Damit konnte auch die jüngste Freigabe neuer Waffenlieferungen an die Ukraine von deutschem Boden aus „sofort“ wieder aufgenommen werden, wie es in verschiedenen Presseberichten hieß.

Relevant ist Ramstein seit Beginn des Ukrainekrieges aber durch die aus 50 verbündeten Staaten bestehende „Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine“, auch Ramstein-Format genannt. Pikant daran ist, dass die Air Base Ramstein (ebenso wie alle ausländischen Militärliegenschaften in Deutschland) kein „exterritoriales“ Gebiet ist, wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages bereits 2017 feststellte. Die regelmäßigen Treffen im Ramstein-Format finden aber auf Einladung des US-Verteidigungsministers statt. Dazu schrieb Albrecht Müller in den Nachdenkseiten:

„Das ,Ramstein-Format’ ist eine für Russland bedrohliche Einrichtung. In Ramstein werden militärische Planungen besprochen und Entscheidungen über die militärische Ausrüstung und Aufrüstung der Ukraine gefällt. Das geschieht nicht irgendwo, es geschieht in Deutschland. Wir sind also nicht nur mit unseren Waffenlieferungen, sondern auch noch als Ort der Koordination und Planung militärischer Aktionen im Krieg mit Russland beteiligt.“

Umweltbelastungen: spürbar aber teilweise unsichtbar

Die ca. 30.000 Flugbewegungen pro Jahr auf der Air Base Ramstein verlärmen die Großregion Kaiserslautern rund um die Uhr. Dabei ist der Lärmpegel der älteren Transportflugzeuge im Vergleich zu den zivilen Flugzeugen erheblich. Dazu trägt auch die auf der Air Base stationierte Luftbetankungsflotte bei.

Der Flugverkehr verursacht auch erhebliche Bodenbelastungen durch Kerosinablass. Diese sind mit Sicherheit nur zum Teil auf das genehmigte und von der Flugsicherung dokumentierte „Fuel Dumping“ vor Landeanflügen zurückzuführen. Pfützen im Waldboden und Schlieren an Fenstern von Wohngebäuden mit deutlichen Kerosinspuren dokumentieren eine erhebliche Grauzone, die sich letztlich auch in gesundheitlichen Langzeitbelastungen der Bevölkerung niederschlägt. Wesentlich daran beteiligt sind auch Altlasten im Boden, die sich über Jahrzehnte angehäuft haben und eine Langzeitbelastung für die Trinkwasserversorgung haben. Dieses gilt insbesondere für die PFAS-Schadstoffgruppe, die durch früheren exzessiven Umgang mit Löschschäumen bei Feuerwehrübungen auch im Boden und Grundwasser unter der Air Base mittlerweile das Hauptproblem darstellt.

Über die Großregion Kaiserslautern hinaus sind große Teile der Westpfalz von Kampfjet-Übungszonen betroffen. Kampfjets von der US Air Base Spangdahlem, dem Bundeswehr Fliegerhorst Nörvenich (teilweise temporär von Büchel ausgelagert) und anderen NATO-Ländern verlärmen regelmäßig die Großregion in einem Umfang, der seit langen Jahren von einer Bürgerinitiative dokumentiert wird. Ein Grund für diese Fokussierung auf die Westpfalz liegt in der speziellen Infrastruktur mit mehreren, regional verteilt liegenden Telekommunikationsstationen, mit denen z.B. feindliches Radar bei Kampfeinsätzen simuliert wird.

Wirtschaftliche Entwicklung: Kein Segen, sondern Fluch für die Region

Medial unterstützt gibt es immer wieder Versuche, die Präsenz des US-Militärs als Wirtschaftsfaktor schönzurechnen. Bei genauerem Blick zeigt sich aber, dass dieses nur mit monetären Taschenspielertricks möglich ist, die von den eigentlich relevanten Kennzahlen und den nirgendwo aufgeführten externen Kosten der US-Militärpräsenz ablenken. Dazu genügt ein Blick auf den Kaufkraftindex pro Kopf, der jedes Jahr für alle Stadt- und Landkreise erhoben wird. Kaiserslautern liegt dabei auf den hintersten Plätzen deutschlandweit.

Besonders gravierend ist hierbei die hohe Flächenbelegung des US-Militärs in der Großregion mit über 4.000 ha. Eine Rückgabe von Flächen mit erfolgreicher ziviler Nachnutzung erfolgte bisher nur in Einzelfällen. Um dringend benötigte neue Industrie- und Gewerbeflächen auszuweisen, müssten aber bereits versiegelte Flächen aus vorangegangener militärischer Nutzung übergeben werden, statt wertvolle Acker- und Wiesenflächen in Randbereichen zu zerstören.

Ramstein als Auftrieb für die Friedensbewegung

Seit 2015 finden jährlich an der Air Base Aktionen der Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ statt, begleitet von Veranstaltungen in Kaiserslautern. Hinzu kam 2016 (mit Unterbrechung im Corona-Jahr 2020) das Friedenscamp auf einer Wiese am Waldrand in der Nähe von Ramstein, das jährlich über die Woche verteilt 500 bis 1000 Teilnehmende verzeichnen kann. Dieses Camp genießt ein Alleinstellungsmerkmal in der Friedensbewegung. Die Atmosphäre im Friedenscamp ist geprägt von einer offenen Debattenkultur ohne Ausgrenzungen sowie einer Mischung aus politischen Veranstaltungen und Kultur. Das eigene Selbstverständnis wird auf der Homepage wie folgt umschrieben:

„Viele von uns sind bereits langjährig in der Friedensbewegung tätig. Immer mehr Aktive in unseren Reihen haben sich aber erst in den letzten Jahren politisiert und sind als Neulinge zu uns gestoßen. Damit sind wir altersmäßig sehr gemischt, aber als junge Bewegung zugleich in der Tradition der Friedensbewegung verwurzelt. Damit stehen wir zu folgenden Grund­prinzipien: Pazifismusinternationale SolidaritätAntimilitarismusAntifaschismus 

Unsere Aktivitäten planen wir mit einem größeren Orga-Team, in dem wir in familiärer Atmosphäre kreative Ideen entwickeln, um den wachsenden Anforderungen im Kampf für Frieden, Abrüstung und der Schließung fremder Militärbasen wie der Kriegsdrehscheibe Ramstein gerecht zu werden.“

Neu ist in diesem Jahr, dass die zentrale Demo nicht an der Air Base, sondern am Samstag, den 22. Juni in Kaiserslautern stattfindet. Damit sollen die Menschen erreicht werden, die von den negativen Wirkungen der US-Militärpräsenz in der gesamten Großregion betroffen sind.

Doch wie sieht es mit Erfolgen aus, die man als Friedensbewegte sehen möchte? Zahlreiche Beispiele aus den letzten Jahren zeigen, dass auch die Schließung von Ramstein eine reale Perspektive ist. Nicht nur die Afghanistan-Präsenz war ein herber Verlust für die USA, auch deren illegale Präsenz in Irak und Syrien steht unter starkem Druck.

Ermutigend ist vor allem ein aktuelles Beispiel. In Niger hat das US-Militär in den letzten Jahren viel Geld investiert, um dort zwei Drohnenbasen aufzubauen. Über Ramstein erfolgte dazu der Nachschub durch Lufttransporte und die Nutzung der dortigen Satelliten-Relaisstation. Nun hat die seit einem Jahr dort regierende Militärregierung die USA dazu gezwungen, ihre beiden Militärbasen aufzugeben und ihre fast 1000 Soldaten abzuziehen.

Doch wozu eines der ärmsten Länder der Welt in der Lage ist, dürfte bei uns als einem der (noch) reichsten Länder der Welt noch ein weiter Weg sein. Im unaufhaltsamen Niedergang des US-Imperiums wird die Schließung der Air Base Ramstein aber sicherlich als Meilenstein eingehen.

Friedenscamp 2024 der Stopp Air Base Ramstein Kampagne Vom 16. bis 23. Juni 2024 findet das jährliche Friedenscamp in Steinwenden, nahe der U.S. Air Base Ramstein, statt. Diese Veranstaltung bietet eine einzigartige Plattform für den Austausch und das Engagement von Menschen, die sich für eine friedliche und gerechte Welt einsetzen. Das Camp umfasst inspirierende Workshops im Rahmen der Friedenswerkstatt, kulturelle Veranstaltungen und Diskussionsrunden, die darauf abzielen, Lösungen für aktuelle friedenspolitische Herausforderungen zu finden. Täglich Mahnwachen und kleine Demos direkt vor der Air Base. Hier gibt es weitere Informationen zu der Veranstaltungswoche: https://ticket.stoppramstein.de/

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Dieser Beitrag erschien zuerst auf visualbases.org.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: ThaKlein / shutterstock


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