Ein Kommentar von Thomas Eisinger.
Wir Menschen neigen dazu, Unerwünschtes so lange wie möglich auszublenden, uns eine Erklärung dafür zu suchen, dass es eigentlich doch gar nicht so schlimm wäre, und wenn es irgendwie geht, in einem Zustand der Verweigerung zu verharren. Doch früher oder später kommt der Punkt, an dem die Realität heftig klopfend vor der Tür steht und uns nichts anderes mehr übrig bleibt, als das Geschehen so zu akzeptieren, wie es um uns herum längst zu beobachten war.
Was es heute zu akzeptieren gilt ist erstens: Das Leben, so wie es sich bis Februar 2020 abspielte, wird es nie wieder geben. Und zweitens: Unsere Gesellschaft ist fundamental gespalten, es gibt in naher Zukunft keine Möglichkeit, diese Spaltung aufzulösen.
Der erste Punkt wird inzwischen von vielen akzeptiert, beim zweiten Punkt jedoch wird sich vermutlich Widerstand regen. Diese Spaltung wird von vielen als dringend zu lösendes Problem angesehen, nach dem Motto ‚wir müssen die Spaltung überwinden‘. Doch realistisch betrachtet ist dies ein fataler Irrglaube. Die Spaltung kann und wird nicht überwunden werden. Es ist vollkommen ausgeschlossen. Je früher und umfassender Akzeptanz für das Unüberwindliche, das Fundamentale dieser Trennung entsteht, desto schneller können Energien und Kräfte in kreative und produktive Richtungen gelenkt werden, anstatt in sinnlose Überzeugungsversuche, die meist in völligem Unverständnis, Zerbrechen von Freundschaften und Anfeindungen enden.
Verschiedene Versionen von Wirklichkeit
Der unumstößliche Beweis, weshalb diese Spaltung nicht überwunden werden kann, besteht in der nun lange genug beobachtbaren Fakten-Resistenz derer, die noch immer der Politik und den großen Medien Glauben schenken. Mittlerweile liegen unzählige Beweise auf dem Tisch, die zeigen, dass die von Politik, Regierungs-Experten und Medien verbreiteten Aussagen in dieser ‚Pandemie‘ genannten Informationskatastrophe, falsch und oft sogar böswillig erlogen waren. Dennoch hält die Mehrheit der Bevölkerung an diesem Konstrukt fest. So entstanden zwei vollkommen getrennte Versionen von Wirklichkeit, von Weltbildern, deren auffälligste Eigenschaft es ist, kaum noch eine gemeinsame Schnittmenge zu haben.
Wie konnte es so weit kommen? In einem kleinen Exkurs betrachten wir das ‚Wie‘, ohne nach dem ‚Warum‘ zu fragen. Es ist überraschenderweise recht einfach, das Ganze zu erklären. Primär sind es zwei Gründe, die dafür sorgen, dass die Menschen an dieser Weggabelung der Geschichte nicht alle in dieselbe Richtung abbiegen. Der erste Grund ist Angst. Der zweite ebenfalls. Allerdings nicht vor dem Virus. Es sind zwei getrennte Ängste, die den meisten nicht einmal bewusst sind. Zunächst ist es der Wunsch nach Sicherheit, der in einer Bedrohungssituation zur Furcht vor Verletzlichkeit und Schutzlosigkeit wird. Unter diesen Umständen wird jeder, der glaubwürdig Schutz verspricht, als Retter akzeptiert: Virologen, Minister, die Kanzlerin, ‚Experten‘. Nicht ihre Qualifikation ist dabei der Maßstab des Vertrauens, sondern die ihnen von den Medien verliehene Bedeutung. Wer bis heute seiner gewohnten Zeitung oder der „Tagesschau“ vertraut, der wird gerade in einer solchen Krise damit nicht aufhören, denn wem sollte er sonst vertrauen? Schwurblern, Querdenkern, Verschwörungstheoretikern? In einer solch bedrohlichen Situation? Niemals! Deshalb führt die Angst vor dem schutzlosem Ausgesetztsein zuverlässig zu einer Aufwertung von Regierung und etablierten Medien.
Im Schutz der Meinungskorridore
Die zweite Angst betrifft diejenigen, die mehr zu verlieren haben als ihr Leben: ihren Ruf. Es sind die beruflich Erfolgreichen, die zu Amt-und-Würde-Gekommenen, auch die ‚Bildungsbürger‘. Durchaus intelligente und oft sympathische Menschen, die durch das Lesen von SZ, FAZ oder ZEIT ihren kulturellen Status sich selbst gegenüber täglich bestätigen. All diese Menschen haben etwas, das der oder die Angestellte bei Aldi oder Karstadt an der Kasse nicht haben: soziale Fallhöhe. Sie haben einen Ruf zu verlieren. Im Job, beim geplanten Karriereschritt, im Kreis ihrer wohlmeinenden und gutsituierten Freunde, in der Presse und den sozialen Medien. Die Vernichtung des in Jahrzehnten aufgebauten sozialen Status war seit Beginn der ‚Pandemie‘ eine wöchentlich zu beobachtende Katastrophe. Ärzte, Wissenschaftler, Journalisten, Unternehmer oder Professoren erlebten ein persönliches Drama, das sie niemals für möglich gehalten hätten. Einige haben fluchtartig das Land verlassen, nicht wenigen wurde gekündigt, ihre Häuser wurden von bewaffneten Polizisten durchsucht, ihre Reputation wurde medial in den Dreck getreten. Bestrafe einen, erziehe Tausende. Die Angst vor Ausschluss aus der eigenen Gruppe ist eine der tiefsten Ängste im Menschen überhaupt. Sie stammt aus uralten Tagen, Millionen Jahren vor unserer Zeit, als der Ausschluss aus der Horde noch tödlich war. Deshalb ist die Furcht davor in den tiefsten und ältesten Strukturen unseres Hirns verwurzelt. Diese Angst wird fast jeden davon abhalten, sich abweichend vom vorgegebenen Meinungskorridor zu äußern. Je mehr man zu verlieren hat, desto größer die Gefahr.
Es existieren heute zu den gesellschaftlich relevanten Themen klar umrissene Meinungskorridore von Gut und Böse, richtig und falsch, die einfach übernommen werden können. Mit der Übernahme der umrissenen Zuweisung lässt sich risikolos bei jedem dieser komplexen Themen mitdiskutieren und die Zugehörigkeit zur „richtigen“ Gruppe demonstrieren. Dies gilt für die Haltung zum Virus ebenso wie zu den Themen Klimawandel, der Flüchtlingsfrage oder den „neuen Rechten“. Diese ‚Wahrheiten‘ haben zudem den entscheidenden Vorteil, dass sie in jeder Diskussion höchstmögliche Sicherheit und moralische Unangreifbarkeit bieten.
Neugier und Sinnfindung
Zurück zur Weggabelung, an der wir uns alle befinden, ganz egal, ob wir wollen oder nicht. Die spannende Frage ist, weshalb begeben sich dennoch Millionen von Menschen in die Gefahr, von ihren Freunden, Arbeitskollegen – sogar Partner und Familie – ausgeschlossen zu werden? Woher dieser Mut, dieser Wunsch nach Erkenntnis gegen allen Druck und alle Risiken? Weshalb setzen sie sich Anfeindungen aus, gehen nicht den Weg des geringsten Widerstandes und nehmen einen hohen persönlichen Preis für ihre Überzeugung in Kauf? Es handelt sich um Menschen, bei denen die Gewichtung der fundamentalen Bedürfnisse Sicherheit versus Neugier und Sinnfindung stärker in letztere Richtung verschoben ist. Vergleichbar den ersten Siedlern, die sich auf den Weg ins unbekannte Amerika aufmachten, nicht wissend, was sie dort erwarten würde. Es waren sicher nicht die ängstlichen, sondern die wagemutigen Zeitgenossen. Damals hat die Not in der äußeren Welt zu einer Selektion geführt, die Bevölkerung in den USA wurde dadurch überdurchschnittlich freiheitsliebend und setzte auf ein hohes Maß an Selbstverantwortung.
Die heutige Spaltung führt auch wieder zu einer Selektion: in die Gruppe derer, die Sicherheit bevorzugen und jene, die nach Selbstverantwortung und Erkenntnis streben. Für diese Gruppe der Propaganda-Resistenten gibt es keinen Weg mehr zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Menschen Angeboten wie Tagesschau, Spiegel, Süddeutsche, Zeit u.a. wieder vertrauen könnten, tendiert gegen Null. Heute werden diese Medien konsumiert, um zu erfahren, welches die „offiziellen“ Narrative sind, auf die sich dann künftige Maßnahmen stützen lassen. Die Reaktion ist regelmäßig Empörung und das Teilen von Perspektiven und Fakten in den Netzwerken, die diesen medialen Darstellungen sehr häufig die Grundlage entziehen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass die beschriebenen 10 bis 20 Millionen Menschen diesen Medien in den nächsten Jahren je wieder Vertrauen entgegenbringen werden.
Aufbruch in eine neue Gesellschaft
Und das ist auch gut so. Denn erstens verliert die Propaganda damit an dringend benötigter Reichweite. Und zweitens ist es gut so, weil die ganze Empörungsenergie, die Wut und Fassungslosigkeit, das ungläubige Nicht-Verstehen-Können für das Entstehen des Neuen benötigt werden. Das Neue, das noch keine Gestalt hat, was das Ganze so schwierig macht. Gerne würde man die Vision am Horizont erkennen können, einen markanten Punkt in der Zukunft, für den es sich zu kämpfen lohnte. Doch so einfach ist es diesmal nicht. Es gibt keinen Führer, keine Ideologie, keine in Büchern festgeschriebene Religion, die den Weg weisen könnten. Doch es gibt etwas anderes: Millionen von Menschen, die durch die gesellschaftlichen Spaltkräfte gerade zusammengeführt werden. Und erstmals in der Geschichte der Menschheit gibt es technische Möglichkeiten, um sich auf allen Ebenen zu finden, auszutauschen, zu vernetzen und Erfolge zu teilen. Vor allem auch: reales Kennenlernen von neuen Mitstreitern zu ermöglichen.
Wie immer wird es etwa 10 bis 20 Prozent Aktive geben und 80 bis 90 Prozent wohlwollende Befürworter. Was vollkommen ausreicht, um Neues zu erschaffen: Neues Vertrauen, neue Formen von Begegnung, neue Medien, neue Schulen, neues Wirtschaften, neue Gesundheitskultur, neue Kultur überhaupt. Und all das wird nicht geprägt sein vom Abwehrkampf gegen böse Viren, tödlichem CO2 oder gegen unfähige und korrupte Politiker und Medien. Nein, es wird geprägt sein von Kreativität, Verbindung und Schaffenslust. Nennen wir diese Menschen ‚Possibilistas‘. Jene, die die Möglichkeiten sehen!
Und wer weiß, wenn irgendwann die Scheinrealität in sich zusammenbricht, dann kann es auch wieder eine gemeinsame Realität geben. Vielleicht sogar innerhalb ganz kurzer Zeit. Ganz so, wie in diesem Land, als es in der Stunde der Kapitulation, plötzlich keine Anhänger einer gewissen Ideologie mehr zu geben schien. Dann kann die Zeit der Vergebung anbrechen.
+++Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Beitrag erschien zuerst am 30.11.2021 bei 1bis19.de+++ Bildquelle: Photobank.kiev.ua / shutterstock
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