Ein Meinungsbeitrag von Johannes Menath.
Wolfgang Bittner hat sich in nun fast einer Dekade zu einem wahren Chronisten des Ukraine-Konflikts entwickelt. Er protokollierte und analysierte die Stufen der Eskalation, welche seit dem Regimewechsel 2014 nun ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Sein jüngst erschienenes Werk „Ausnahmezustand“ behandelt die Hintergründe des Krieges, der heute alle großen Sender und Zeitungen des Westens dominiert und in diesem Bezug sogar das Coronavirus als Thema fast wie beiläufig verdrängte. Ein Ausnahmezustand löst den nächsten ab. Gemeinsam ist allen eines:
eine radikale Polarisierung unserer Gesellschaft, die Scheidung zwischen Freund und Feind, eine immer harscher werdende Stigmatisierung und Kriminalisierung von Kritik. Als promovierter Jurist verkörpert Wolfgang Bittner in seinen Werken das Kredo: „Audiatur et altera pars“ – „Die Gegenseite ist anzuhören.“ Besonders bei Themen, die in der medialen Debatte nur im Schwarz-Weiß-Schema auftreten, zwischen orthodoxer Regierungtreue und sozial ausgegrenztem Pariadasein, muss nach den Graubereichen geforscht und nach dem Nutznießer eines solchen Haltungszwangs gefragt werden. Auf beide Punkte geht Bittner minutiös ein und beschreibt die Vorgeschichten, Rahmenbedingungen und Interessenskonflikte, ohne welche das Verständnis des jetzigen Krieges nicht möglich ist.
Die Herzlandtheorie Mackinders, die USA als gewinnender Dritter jedes Konflikts zwischen Westeuropa und Russland seit dem Ersten Weltkrieg, die von Zbigniew Brzezinski 1997 aufgezeigten Schlüsselstaaten für die Ausweitung des US-amerikanischen Einflusses, die transatlantischen Netzwerke, in welche ein Großteil der führenden europäischen Politikerschicht eingebunden ist, die NATO-Osterweiterung, die Durchführung des Machtwechsels in Kiew 2014, die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien, die Hintergründe zur Sprengung von Nord Stream. Hinter diesen Stichworten stehen Informationen, die dem durchschnittlichen deutschen Medienkonsumenten vollkommen fremd sind, weshalb sich Bittner um das Zusammentragen dieser ausgeblendeten Realitätsbereiche bemüht.
Wenn vom Politik- und Medienapparat eine gesellschaftliche Haltung eingefordert wird, die das Anschüren eines Konflikts zwischen Atommächten zur Folge hat, dann sollte man vor der Verhärtung seiner Meinung drei Punkte berücksichtigen: die Faktenlage, die Motivation der Gegenseite und den eigenen Standpunkt. Diese Stützpfeiler versucht Bittner dem Leser in Kontrast zum überemotionalen Zeitgeist an die Hand zu geben: „Was ist wahr?“, „Wer ist der andere?“ und „Wer bin ich?“. Wer die Fakten, das Gegenüber und die eigenen Interessen nicht kennt, der kann leicht für fremde Interessen in blutige Kriege geschickt werden. Da eine weitere Eskalation zwischen dem alten Hegemon USA und den Großmächten Russland und China durchaus im Bereich des Möglichen liegt und Deutschland wirtschaftlich und militärisch in jedem Fall nur das Bauernopfer abgeben wird, ist eine flächendeckende Aufklärung der Bevölkerung und ein Hinterfragen der Loyalitäten unserer Regierenden zwingend notwendig.
„Ausnahmezustand“ ist in diesem Kontext sowohl aus politisch aufklärende Schrift als auch als historisches Werk zu sehen, das bedeutende Reden, Zitate und Quellen bündelt und festhält. Es ist eine geistige Stütze der Friedensbewegung und wird hoffentlich noch für lange Zeit als Basis vieler Diskussionen dienen.
Quellen und Anmerkungen:
Der vollständige Name des rezensierten Buches lautet: „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung der Ukraine-Krise“ und erschien zu Beginn 2023 im Verlag zeitgeist.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.
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Bildquelle: Svet foto / Shutterstock.com
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