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„Russland droht mit Atomkrieg“ | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

So lautet die Behauptung von Politik und Medien im Einflussbereich der NATO. Die Gefahr eines Atomkrieges wird außerhalb von NATO-Medien jedoch eindeutig der aggressiven Doktrin der USA zugeschrieben, während diejenige Russlands im „globalen Süden“ lediglich als Antwort darauf gesehen wird. Und so wundert es nicht, dass Indien, im Westen gerne als „größte Demokratie der Welt“ apostrophiert, jedenfalls, so lange es als Gegner Chinas benutzt werden konnte, sich immer enger mit Russland verbindet. Werfen wir einen Blick auf die Details, Quellen und zusätzliche Hinweise wie üblich in den zitierten Originalen oder am Ende.

Russland – Indien – China

Die Akzeptanz Indiens als Atommacht und sogar die Unterstützung der nuklearen Aufrüstung durch die USA hatte natürlich die Aufgabe, einen Gegenpol gegen China aufzubauen. Und auf Grund von Grenzstreitigkeiten gibt es jede Menge Konfliktpotential. Das Gleiche gilt für die Grenzstreitigkeiten mit Pakistan, wegen Grenzen, die willkürlich durch Kolonialmächte gezogen wurden. Vielleicht nicht mit dem Ziel ständige „teile und herrsche“ Konflikte zu erzeugen, aber zumindest mit der Folge. Jahrzehnte hatte es gut funktioniert. Aber nun scheint sich das Blatt zu wenden. Sowohl hinsichtlich der Grenzkonflikte mit China als auch den Sanktionen gegen Russland, lässt sich Indien nicht mehr davon abbringen, die neue Multipolarität voran zu treiben.

Am 17. Dezember schrieb der indische Ex-Diplomat und politische Analyst M.K. Bhadrakumar (1), dass der indische Präsident Modi die Sanktionen des Westens gegen Russland ignoriert. Im Gegenteil, so meint er, markiere ein Telefonat von Premierminister Narendra Modi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine neue Etappe in den bilateralen Beziehungen zwischen den beiden bewährten Freunden, sowohl inhaltlich als auch in langfristiger Hinsicht.

Die Medien, so fügt er hinzu, mögen es verlockend finden, Modis Telefonat mit den Entwicklungen in der Ukraine in Verbindung zu bringen, obwohl aus den indischen und russischen Verlautbarungen (das belegt er mit Links) klar hervorgehe, dass die bilateralen Beziehungen zwischen Russland und Indien im Mittelpunkt des Gesprächs standen.

Modi ließe sich nicht von der Tatsache abschrecken, dass der Ukraine-Konflikt aller Wahrscheinlichkeit nach eskalieren wird, auch wenn jetzt keine Zeit für Kriege sei, und dass es wahrscheinlicher ist als je zuvor ist, dass Russland gezwungen sein könnte, einen totalen militärischen Sieg anzustreben, da die USA dem Land keine andere Wahl lassen, indem sie hartnäckig alle Wege für eine realistische Lösung blockieren und heimlich die Eskalationsleiter bemühen.

Zweifelsohne stelle die gemeldete Entscheidung der Biden-Regierung, Patriot-Raketen in der Ukraine zu stationieren, eine weitere Eskalation dar. Moskau habe vor „Konsequenzen" gewarnt und erneut bestätigt, dass die USA die Ukraine geplant, gesteuert und mit der militärischen Fähigkeit ausgestattet haben, tief in russisches Territorium einzudringen - und zwar über Hunderte von Kilometern - einschließlich bis zum Stützpunkt Engels, auf dem Russlands nuklearfähige strategische Bomber stationiert seien. Die beiden Supermächte hätten noch nie zuvor die nuklearen Anlagen des jeweils anderen angegriffen.

Es stehe deshalb außer Frage, dass Modis Initiative zum jetzigen Zeitpunkt eine wichtige Botschaft vermittle. Es gehe darum, "das hohe Niveau der bilateralen Zusammenarbeit zu erörtern, das sich auf der Grundlage der privilegierten strategischen Partnerschaft zwischen Russland und Indien entwickelt hat". Dazu gehörten der Schlüsselbereiche Energie, Handel und Investitionen, sowie der Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit.

Die Wirtschaftsbeziehungen

Diese Initiative, so Bhadrakumar weiter, zeige eine mittel- und langfristige Perspektive für die russisch-indischen Beziehungen auf, die weit über die Wechselfälle des Ukraine-Konflikts hinausgeht. Anders ausgedrückt: Indien werde nicht zulassen, dass seine langjährigen Beziehungen zu Russland durch westliche Sanktionen in Geiselhaft genommen werden.

Für Indien biete die Neuausrichtung der russischen Wirtschaftsdiplomatie auf die asiatische Region enorme Geschäftsmöglichkeiten. Wer hätte vor neun Monaten gedacht, dass Russland der größte Öllieferant Indiens sein würde und damit den Irak, Saudi-Arabien und die USA überholen würde? Laut Reuters kaufte Indien im November etwa 40 % aller auf dem Seeweg beförderten Exportmengen an russischem Öl der Sorte Ural, während auf die europäischen Länder 25 %, die Türkei 15 % und China 5 % entfielen.

Es genüge zu sagen, dass die Tatsache, dass Modi im Vorfeld Energie als Gesprächsthema bei seinen Gesprächen mit Putin nannte, bestätigt, dass Indien um den verrückten Plan der G7, eine Preisobergrenze für russische Ölexporte einzuführen, einen großen Bogen mache.

Aber alle guten Dinge, so der indische Ex-Diplomat mit Blick auf Indiens Wirtschaft, haben eine Kehrseite. Während das Volumen des indisch-russischen Handels in die Höhe schieße - Russland sei von Platz 25 auf Platz sieben der größten Handelspartner Indiens aufgestiegen - vergrößere sich auch das Ungleichgewicht im bilateralen Handel, da Moskau Indien (und China) als bevorzugte Handelspartner sehe und inzwischen viel mehr verkaufe als beziehe.

Im Mittelpunkt des jüngsten Moskau-Besuchs  des indischen Außenministers Jaishankar habe nun eine Liste von 500 Artikeln gestanden, die Russland gerne von Indien beziehen würde. Wichtig sei, dass es dabei auch um eine Lieferkette für die russische Industrie/Wirtschaft gehe. Berichten zufolge gab Jaishankar eine vorläufige Antwort, dass Indien bereit sei, mit der Lieferung von Ersatzteilen für Flugzeuge, Autos und Züge zu beginnen.

Einige russische Experten, so der Autor, hätten Indien als potenziell bedeutenden "Umschlagplatz" für Russlands "Parallelimporte" bezeichnet, d.h. Russland könne nicht nur indische Waren von Indien, sondern auch Produkte aus Drittländern kaufen. In der Zwischenzeit wende sich Russland vom europäischen Markt ab, und suche nach Geschäftsmöglichkeiten für seinen Exportkorb, der mineralische Produkte, Edelmetalle und daraus hergestellte Produkte, Aluminium und andere Nichteisenmetalle, elektrische Maschinen, Fahrzeuge, pharmazeutische, chemische und Gummiprodukte usw. umfasst.

Natürlich gebe es systemische Fragen zu klären, wie z.B. die Transportlogistik, die Zahlungsmechanismen und die Sanktionen für Sicherheiten. Kurzfristig richteten sich jedoch alle Augen auf die russischen Ölexporte nach Indien in der Zeit der G7-Preisobergrenze.

Der Artikel berichtet, dass die staatliche russische Tageszeitung Rossyiskaya Gazeta am Dienstag verbreitete:

"Es wird erwartet, dass Russland als Reaktion auf die Preisobergrenze ein offizielles Verbot für den Verkauf von Öl im Rahmen von Verträgen erlassen wird, in denen die ‚Obergrenze‘ erwähnt oder der Grenzpreis für unser Öl angegeben wird."

Das heißt, Moskau werde auf einem Embargo für Lieferungen bestehen, die im Wesentlichen auf die G7 und Australien beschränkt sind.

China und Indien seien nicht betroffen, da sie sich der Preisobergrenze nicht angeschlossen haben. Die folgenden Auszüge aus der Moskauer Tageszeitung skizzieren den Stand der Dinge:

"Es gibt keine wirklichen Mechanismen, die diese [G7-]Beschränkungen durchsetzen könnten... Schon jetzt verlässt etwa ein Drittel der russischen Ölexporte russische Häfen ohne Angabe des endgültigen Bestimmungsortes. Das heißt, vor unseren Augen wächst eine so genannte ‚graue Handelszone‘, die es Händlern ermöglicht, russische Rohstoffe zu kaufen, ohne Gefahr zu laufen, unter Sekundärsanktionen zu fallen... Rabatte [d.h. faire Preise] ermöglichen es den asiatisch-pazifischen Ländern, vor allem China und Indien, ihre Käufe russischer Rohstoffe zu erhöhen." (1)

Das Faszinierende daran sei, dass sich nicht nur die so genannte "Grauzone" stetig ausweite, sondern auch andere Lieferanten begonnen hätten, sich an die Preise für russisches Öl im asiatisch-pazifischen Raum anzupassen - d. h. an die realen Gleichgewichtspreise oder die ermäßigten Preise. Kurioserweise sind sogar westliche Länder in der Lage, über Dritte relativ preisgünstiges russisches Öl zu beziehen.

Dann bestätigt der Autor, was auch von westlichen Analysten gesagt wurde. Unterm Strich sei es nicht das Ziel der Biden-Administration gewesen, das Volumen der russischen Ölexporte zu begrenzen, sondern sie konzentrierte sich auf die Einnahmen des russischen Haushalts aus der Ölproduktion und dem Weltölmarkt. Die Rissjiskaja Gaseta kommt zu dem Schluss: "In der Tat widerspricht das, was bisher geschieht, weder unseren Bestrebungen noch den Wünschen der Vereinigten Staaten." (2).

Dieser neu entdeckte Pragmatismus im US-Kalkül bezüglich der Grenzen von Sanktionen habe am Donnerstag eine merkwürdige Wendung genommen, als die USA den russischen Milliardär und Oligarchen Wladimir Potanin auf die schwarze Liste setzten, aber zwei seiner größten Vermögenswerte - MMC Norilsk Nickel und Tinkoff Bank - von den Sanktionen ausnahmen, mit der, wie Bhadrakumar meint,  fadenscheinigen Begründung, dass seine Beteiligungen an diesen beiden Unternehmen weniger als 50 % betragen.

Warum sei das so, fragt der Autor? Weil der Anteil von MMC am Weltmarkt für hochwertiges Nickel 17 %, für Palladium 38 %, für Platin 10 %, für Rhodium 7 %, für Kupfer und Kobalt jeweils 2 % betrage; und eine Sanktionierung des russischen Unternehmens hätte den Weltmarkt für Nichteisenmetalle möglicherweise stark beeinträchtigt und den amerikanischen Herstellern geschadet.

Es sei klar, dass das „Gesetz des abnehmenden Ertrags“ bei den fortgesetzten Angriffen durch Sanktionen gegen Russland zum Tragen komme.

„Die indische Wirtschaft und Industrie sollte Modis weitsichtige Initiative am Freitag aufmerksam verfolgen.“ (1)

Die Atomkeule

Bhadrakumar weist aber auf eine weitere Reaktion der multipolaren Welt als Antwort auf die nukleare Bedrohung durch die NATO hin. (3)

Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Begleitung von Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu am 12. Dezember in Minsk, Weißrussland, so der Autor, habe sich als immens folgenreich für die europäische Sicherheit gezeigt. Putin machte demnach auf seiner Pressekonferenz mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko am Ende seiner ersten Erklärung eher beiläufig darauf aufmerksam, als er in einem Nebensatz die dramatische Entscheidung bekannt gab, dass Russland Belarus de facto einen "nuklearen Schutzschirm" zur Verfügung stellen werde. Putin habe diese historische Entscheidung wie folgt formuliert:

"Ich glaube, dass es auch möglich ist, den Vorschlag von Präsident Lukaschenko zur Ausbildung der Kampfflugzeugbesatzungen der belarussischen Armee, die für den potenziellen Einsatz von luftgestützter Munition mit Spezialsprengköpfen umgerüstet wurden, weiter umzusetzen. Ich möchte betonen, dass diese Form der Zusammenarbeit nicht unsere Erfindung ist. Die Vereinigten Staaten beispielsweise führen seit Jahrzehnten ähnliche Aktivitäten mit ihren NATO-Verbündeten durch. Diese koordinierten Maßnahmen sind angesichts der Spannungen an den Außengrenzen des Unionsstaates [Russland und Weißrussland] äußerst wichtig." (1)

Moskau sei seit langem besorgt darüber, dass die USA Atomwaffen in Europa aufbewahren und den NATO-Verbündeten die technischen Möglichkeiten bieten, mit nuklear zertifizierten Kampfflugzeugen nukleare Sprengköpfe abzusetzen. Luftstreitkräfte aus allen NATO-Ländern üben regelmäßig die Fähigkeit zur nuklearen Abschreckung.

Ungeachtet der derzeit erhöhten Spannungen habe die NATO in den zwei Wochen vom 17. bis 30. Oktober eine "routinemäßige, wiederkehrende Trainingsaktivität" in einer Übung über Nordwesteuropa abgehalten, an der 14 Länder und bis zu 60 Flugzeuge verschiedener Typen beteiligt waren, darunter Kampfjets der vierten und fünften Generation sowie Überwachungs- und Tankflugzeuge und, wie in den vergangenen Jahren, US-Langstreckenbomber vom Typ B-52, die von der Barksdale Air Base in Louisiana aus flogen.

Russland protestierte immer wieder gegen solche, wie der Autor meint, dreisten Aktionen der USA und der NATO, die gegen den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen von 1970 verstoßen, der die Verbreitung von Kernwaffen und Waffentechnologie verhindern soll. Offenbar habe sich der Kreml nun entschlossen, „auf die Kriegstreiberei der USA zu reagieren, wenn auch in bescheidener und etwas entschuldigender Weise“. (1)

Vor dem Hintergrund der direkten Einmischung der NATO in den Ukraine-Konflikt und der neuen Politik der Biden-Administration, die den "Ersteinsatz" von Atomwaffen erlaubt, habe Moskau allerdings keine andere Wahl.

Dann beklagt der Autor, dass sich in den letzten zwei Jahrzehnten die Verbreitung von Atomwaffen auf der ganzen Welt stetig fortgesetzt habe, und die Atomwaffenbestände rund um den Globus angewachsen seien, während sich die internationalen Beziehungen, die die Verbreitung von Atomwaffen begrenzen könnten, verschlechtert haben. Und in den letzten Monaten und Wochen sei die von diesen Waffen ausgehende Bedrohung größer geworden als je zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges. 

Am 28. März, mehr als einen Monat nach Ausbruch des Konflikts in der Ukraine, habe das Weiße Haus bekannt gegeben, dass Präsident Joe Biden eine monatelange, vom Pentagon geleitete Überprüfung der US-Verteidigungsstrategie und der Atomwaffenpolitik abgesegnet, und dem Kongress die als Verschlusssache eingestufte Fassung der Nationalen Verteidigungsstrategie übermittelt habe, die als Anhänge die Nuclear Posture Review (NPR) und die Missile Defense Review (MDR) enthält.

Die NPR spiegele Bidens Überlegung wider, sein Wahlversprechen aus dem Jahr 2020 nicht einzulösen und zu erklären, dass der einzige Zweck von Atomwaffen die Abschreckung eines nuklearen Angriffs sei. Kurz gesagt, Bidens neues Denken lasse die Option offen, Atomwaffen nicht nur als Vergeltung für einen nuklearen Angriff einzusetzen, sondern auch als Reaktion auf nichtnukleare Bedrohungen.

Bidens Politik erkläre, dass die grundlegende Rolle des US-Atomwaffenarsenals in der Abschreckung eines nuklearen Angriffs bestehe, lasse aber weiterhin die Option offen, dass Atomwaffen unter extremen Umständen zur Verteidigung der lebenswichtigen Interessen der USA oder ihrer Verbündeten und Partner eingesetzt werden könnten. Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf US-Beamte berichtet habe, könnte unter diesen extremen Umständen auch der Einsatz von Atomwaffen zur Abschreckung gegen konventionelle, biologische und chemische Angriffe des Gegners sowie möglicherweise gegen Cyberangriffe erfolgen.

Obwohl der Kalte Krieg beendet sei und die nuklearen Kriegspläne seit Mitte der 1990er Jahre reduziert wurden, hätten die USA und Russland ihre strategischen Streitkräfte in einer "Start-unter-Angriff"-Stellung behalten. Möglicherweise sei Bidens jüngste Entscheidung von der sich abzeichnenden Konfrontation mit Russland über die Ukraine beeinflusst gewesen.

Für Moskau, so die Meinung des Autors, wäre es ein großes Risiko, die Möglichkeit außer Acht zu lassen, dass die USA im Ukraine-Konflikt auf einen Atomschlag gegen eine nicht-nukleare Bedrohung zurückgreifen, wie z. B. im Fall von Russlands Einsatz von Hyperschallwaffen, gegen welche die NATO einfach nicht gewappnet ist.

Mit anderen Worten. In Indien sieht man die Möglichkeit, dass die USA zur Verteidigung Kiews auch Atomwaffen einsetzen, da sie keine Möglichkeit haben, anders auf die nicht-nuklearen Hyperschallwaffen des Kremls zu reagieren. Was das Gegenteil dessen ist, was in deutschen Medien immer wieder behauptet wird, nämlich dass Russland mit „der Atombombe“ drohe.

Es genüge zu sagen, so der Artikel weiter, dass Moskau durch die Bereitstellung eines nuklearen Schutzschirms für Belarus sowohl seine Abschreckungsfähigkeit gegenüber einem westlichen Angriff als auch seine Zweitschlagskapazität stärke. Dies sei keineswegs eine Entscheidung aus dem Stegreif gewesen.

Der unangekündigte Besuch von Verteidigungsminister Schoigu in Weißrussland am 3. Dezember erscheine rückblickend logisch. Während des Besuchs hätten Schoigu und sein belarussischer Amtskollege Viktor Khrenin ein Protokoll über Änderungen des gemeinsamen regionalen Sicherheitsabkommens der beiden Länder von 1997 unterzeichnet.

Beide Seiten hätten den Inhalt des geheimen Protokolls nicht bekanntgegeben. Es habe jedoch einen kleinen Hinweis gegeben: Die Unterzeichnungszeremonie fand auf dem Luftwaffenstützpunkt Machulischtschy außerhalb von Minsk statt, was eher ungewöhnlich sei. Der Luftwaffenstützpunkt Machulischtschy in der Oblast Minsk habe früher als strategischer Bomberstützpunkt und Abfangjägerbasis der Sowjetunion gedient. Mitte der 1960er Jahre sei er einer von neun wichtigen Einsatzorten für die Tupolew Tu-22 Blinder gewesen, also für den ersten Überschallbomber, der in der Sowjetunion in Produktion ging.

Nach der Unterzeichnungszeremonie sei Schoigu nach Minsk gereist und habe sich mit Lukaschenko getroffen. Dann fügt der Autor hinzu, dass Gerüchte kursierten, wonach ein russischer Angriff auf die westliche Region der Ukraine und Kiew (100 km von der weißrussischen Grenze entfernt) im Rahmen einer bevorstehenden Winteroffensive nicht auszuschließen sei.

Wie dem auch sei, so habe Putin vor dem Besuch in Minsk per Videokonferenz ein Treffen mit den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats abgehalten, um "aktuelle Fragen der Gewährleistung der nationalen Sicherheit in verschiedenen Bereichen zu erörtern... [und] auch unsere Interaktion mit den Nachbarn in Bezug auf bestimmte äußerst wichtige Aspekte zu besprechen."

Und am 10. Dezember habe Putin den gemeinsamen Stab aller an der russischen Militäroperation in der Ukraine beteiligten Truppengattungen besucht, um sich von den Befehlshabern über die kurz- und mittelfristigen künftigen Operationen unterrichten zu lassen. Bhadrakumar  meint, dass sich die Dinge wie erwartet entwickeln.

Bereits am 3. Juli habe Lukaschenko in einer Rede bei der Kranzniederlegung anlässlich des weißrussischen Unabhängigkeitstages gesagt:

"Wir sind das einzige Land, das die Russen in diesem Kampf unterstützt. Diejenigen, die uns Vorwürfe machen, wussten Sie nicht, dass wir das engste Bündnis mit der Russischen Föderation haben? Mit einem Staat, mit dem wir einen einzigen, mächtigen, unabhängigen Staat aufbauen - einen Unionsstaat. Wo es zwei unabhängige Nationen in der Union gibt. Und dass sie [Washington] nicht wussten, dass wir in der Union von Belarus und Russland seit langem eine einzige Gruppe von Streitkräften geschaffen haben? In der Tat, eine einheitliche Armee. Sie wussten das alles, warum werfen Sie uns dann heute etwas vor? Wir waren und werden auch in Zukunft mit dem brüderlichen Russland zusammen sein. Unsere Teilnahme an der 'Sonderoperation' wurde von mir schon vor langer Zeit beschlossen."

Ebenfalls am Montag habe Lukaschenko die Stationierung der Raketensysteme S-400 und Iskander angekündigt. Alles in allem könne man Putins Minsk-Besuch, den ersten seit drei Jahren, unter dem Blickwinkel der erwarteten russischen Winteroffensive betrachten. Die NATO wurde über die Abschreckungsfähigkeit Weißrusslands in Kenntnis gesetzt.

Nun möchte man hinzufügen: Wenn die mit Sicherheit vernichtende Winteroffensive Russlands begonnen hat, wird den USA und der NATO nur übrigbleiben, die Ukraine aufzugeben, oder mit eigenen Kräften einzugreifen und damit den nächsten großen Krieg zu beginnen. Das sind nicht nur meine Gedanken, sondern die viel wichtigerer Analysten.

Feststellung

Die ganze Entwicklung wurde und wird vorausgesagt. Es wurde vor „Anschlägen“ auf NordStream gewarnt, es wurde erklärt, dass die Sanktionen die EU stärker treffen werden als Russland, es wurde davor gewarnt, den Stellvertreterkrieg in der Ukraine zu führen, und stattdessen die Vereinbarungen von Minsk2 umzusetzen, weil sonst ein neuer großer Krieg drohen würde. Aber was nicht in das Narrativ imperialer Wunschvorstellungen passte, wurde und wird verleumdet, verfolgt, bekämpft.

Und wieder einmal werden die wenigsten Deutschen begreifen was passiert und warum es passierte. Denn obwohl heute alle Informationen über das Internet verfügbar sind, wollen die meisten Menschen einfach nicht ihren Glauben verlieren. Denn nachdem die Religion nur noch eine geringe Rolle spielt, hat die Politik die Herrschaft über den Glauben erworben. Wie früher die Kirchen, sind es nun die offiziellen Medien, welche diese Herrschaft verteidigen. Es wird vermutlich wieder ein böses Erwachen geben.

Und so stellt sich erneut die Frage danach, ob Demokratie, angesichts der Tatsache, dass die meisten Kriege durch solche verursacht wurden, eine geeignete Regierungsform ist, um endlich Frieden zwischen den Völkern aufblühen zu lassen. Ich glaube nach wie vor daran. Aber nicht unter den Bedingungen der derzeitigen Medienlandschaft, der dominierenden Rolle der politischen Parteien und von Berufspolitikern, geschützt durch eine nicht realisierte Gewaltenteilung. Eine angebliche Gewaltenteilung, in der der Konsens der sich an der Regierung abwechselnden politischen Parteien alle Säulen beherrschen, und sogar höchste Richter sicherheitshalber aus den eigenen Reihen ernennen. Ich hoffe sehr, dass die Antwort auf den zu erwartenden Niedergang Deutschlands nicht ein autoritärer Staat sein wird, sondern eine Gesellschaft, die sich auf die Ideen der Aufklärung besinnt, und eine Renaissance des Geistes des Grundgesetzes umsetzt.

Vorschau

Nächste Woche werde ich noch einmal tiefer in die deutsch-chinesisch-russische Beziehung eingehen, die sich derzeit möglicherweise entwickelt, und wie die USA versuchen, eine solche zu unterbinden. Und schließlich, als Beispiel für die Verlogenheit „humanitärer Politik“, mit der gegen Russland agitiert wird, die Beziehung deutscher Politik zu Israel beleuchten.

Quellen:

(1) https://www.indianpunchline.com/modi-ignores-wests-sanctions-on-russia/ Siehe auch Quellen und Links im Originalartikel.

(2) Siehe Artikel des Autors “Race for Russian oil begins”, The Tribune, 28. November 2022

(3) https://www.indianpunchline.com/nato-nuclear-compass-rendered-unavailing/

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: shutterstock / SERSOLL


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