Ein Kommentar von Rob Kenius.
Alle Parteien, die regieren, enttäuschen ihre Anhänger. Am wenigsten werden diejenigen Wählerinnen und Wähler enttäuscht, die nicht Anhänger einer Partei sind. Das sind die sogenannten Wechselwähler. Das Gesamtergebnis ist Parteienverdruss und deshalb hält man sich immer mehr an einzelne Personen. Das ist ein Rückfall in vordemokratische Zeiten.
Da war Angela Merkel 16 Jahre lang der Anker und jetzt ist es Olaf Scholz, der behutsam aus ihrem Schatten getreten ist. Die SPD ist out, Olaf Scholz ist in. Die CDU/CSU ist jetzt endlich ebenfalls out.
Besser nicht regieren
Wer eine Partei gewählt hat, die später nicht regiert, ist nicht enttäuscht worden. Das erklärt uns das gute Abschneiden der FDP. Weil sie sich 2017 verweigert hat, hat sie ihre Wählerschaft nicht enttäuscht und konnte den Erfolg 2021 ausbauen. Ähnliches gilt für die AfD. Weil sie nirgendwo regiert, bleibt sie stark und wird im Osten immer stärker. Im Osten fühlt man sich schon lange von allen regierenden Parteien, besonders von der CDU/CSU, verraten und verkauft und das zu Recht. Also wählt man Parteien, die nicht regieren: AfD und bisher auch die Linke. Welche der beiden, ist dann fast egal, es kommt auch da auf die Personen an. Die AfD und Linke holen im Osten Wahlkreise direkt, aber ihre Kandidaten bleiben im Aus. Für die Linke ist dieser nicht-Regierungs-Bonus jetzt abgelaufen, sie regieren in Berlin und haben gezeigt, was sie, einmal in der Regierung, von Demokratie halten, nämlich nichts. Was im Sommer 2021 in Berlin präsentiert wurde, ist schon krass:
Polizeistaat gegen Demokratiebewegung.
Denn das, was wir eine "Demokratiebewegung in Weißrussland" nennen, gibt es in Deutschland ja auch. Die Bewegung, die "Friede, Freiheit, Demokratie" skandierte, wurde in Berlin von der Regierung mit Polizei, Sirenen, Hubschraubern, Wasserwerfern, Straßensperren und Festnahmen harmloser Spaziergängerinnen massiv unterdrückt, begleitet von Propaganda der staatlichen Medien auf allen Kanälen. Der eigentliche Hammer dabei ist: Genau das geschieht im Jahre 2021 ausgerechnet in Berlin, wo Rot-Rot-Grün regiert, nicht in Bayern. Wer das erlebt hat, vergisst es so schnell nicht wieder.
Fehler im System
Parteipolitiker gewinnen ihre Zustimmung nicht mit dem, was sie machen, nachdem sie gewählt wurden, sondern mit dem, was sie versprechen, ehe sie gewählt werden. Sie leben von Versprechungen, nicht von Handlungen. Das ist nicht einfach nur Verlogenheit und auch nicht nur böser Wille, sonder es ist ein Fehler im System. Das System ist die repräsentative Parteiendemokratie, unter den Bedingungen von 2021.
In den letzten 70 Jahren haben sich die gewählten Volksvertreter immer mehr vom Volk nach oben abgesetzt. Sie haben sich und ihren Parteien immer größere Privilegien verschafft. Das war möglich, weil sie alle großen Medien auf ihrer Seite haben. Die Medien haben es aufgegeben, die Regierenden zu kritisieren und ihre Fehler heraus zu stellen, wie das früher DER SPIEGEL getan hat. Die Medien haben, neben der Finanzwelt und in Verbund mit der Finanzwelt, die Meinungsmacht. Das ist ein Ergebnis von 100 Jahren Entwicklung in der Kommunikationstechnik. Als die Repräsentative Demokratie vor mehr als 200 Jahren installiert wurde, gab es all diese Technik noch nicht und sie wird seither nur auf Seite der Regierenden eingesetzt, sogar und ganz besonders von regierenden Verbrechern. Deutschland ist das historische Beispiel.
Wahlen ändern nur die Sitzverteilung
Erst die SPD-Wähler, und jetzt auch die Anhänger von CDU/CSU haben erkannt, dass sie von ihren Parteien verraten, verkauft und betrogen wurden. Die SPD hat Millionen Werktätige verraten, die hart arbeiten und dann vom wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands nichts abbekommen. Die CDU/CSU hat den Mittelstand verraten, der sie traditionell wählt und die Leistung bringt, deren Ertrag die Finanzwelt und die Konzerne abschöpfen, fast ohne ernsthaft Steuern zu zahlen. Die Grünen werden, obwohl sie schon überall mitregieren, jetzt überwiegend von der Jugend gewählt, weil die jungen Wählerinnen und Wähler, mangels Erfahrung, an ihre Versprechungen glauben. Jetzt glauben sie an die Klima-Rettung ohne Einschränkung von Konsum und Wirtschaft. An Friedenspolitik und Basis-Demokratie, wie sie die Grüne Partei anfangs einmal verkündet hat, glaubt keiner mehr, es wird nicht einmal mehr davon geredet. Erst, wer ein paar Wahlperioden lang mitgewählt hat und vom Ergebnis enttäuscht wurde, kommt dahinter, dass diese Enttäuschung im Wesen der politischen Partei und im System der repräsentativen Demokratie liegt. Aber bis dahin sind schnell mal 16 oder 20 Jahre vergangen, ehe der Groschen fällt. Wir haben nur alle 4 Jahre die Möglichkeit, den Effekt einer Wahl auf die nachfolgende Politik zu testen. Dieser Effekt ist erfahrungsgemäß gleich Null.
Das Wahlspektakel ist vorbei
Nur der Wahlabend ist ein Fest für die Wählerinnen und Wähler, da stehen sie einen ganzen Abend lang im Mittelpunkt. Man dankt ihnen, man interpretiert ihr Verhalten, stellt mit raffinierter Statistik Wählerwanderungen fest, aber am Tag danach zählt nur noch die Sitzverteilung im Parlament und jede Partei behauptet, dass sie die gewonnen Mandate mit all den Privilegien ihrer eigenen "Arbeit" verdankt. Die Demokratie wird schon bei den Koalitionsverhandlungen zu einer geschlossenen Veranstaltung von Parteistrategen degradiert, meist hinter verschlossenen Türen. Die Medien aber verkünden weiterhin: Das ist Demokratie. Und die Medien werden wohl bald auch das Wort "Volk" (griechisch Demos im Begriff Demokratie) ganz aus dem erlaubten Sprachschatz streichen und zum Unwort erklären, weil es von einer Partei schändlich missbraucht wird und jetzt wieder mit Nazi-Gedankengut kontaminiert ist. Das Volk hat gewählt, aber es hat vier Jahre lang nichts mehr zu sagen, weder im Parlament noch in den Medien. Aus Versprechungen der Parteien und Politiker werden keine Taten. Etwas Neues, ein echter Aufbruch, ein Wandel muss von unten ausgehen, von der Straße und aus dem Internet. Das System der repräsentativen Parteiendemokratie ist am Ende. +++ Rob Kenius betreibt die systemkritische Website kritlit.de +++ Dieser Artikel wurde am 27.09.2021 vorab auf kritlit.de veröffentlicht. +++ Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Bildquelle: Bihlmayer Fotografie / shutterstock.com
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