Große Schulden vergrößern die Geldmenge und schaufeln Geld auf (schwarze) Konten der Großgeldbesitzer. Das gilt an erster Stelle für Staatsschulden, auch dann, wenn linke Parteien sie verantworten.
Ein Standpunkt von Rob Kenius.
Die SPD und die Grünen sind seit Schröder-Fischer keine linken Parteien mehr, weil sie die neoliberale Position vertreten, wonach es an erster Stelle darauf ankommt, dass Geld nach oben fließt und dort zur Verfügung steht. Man hatte die vage Hoffnung, dass die leicht verdienten Milliarden vielleicht irgendwo investiert werden und irgendwie die Wirtschaft ankurbeln und dabei irgendwelche Arbeitsplätze schaffen. Tatsache aber ist, das Geld bleibt überwiegend in der Finanzwelt, wo es sich schneller vermehrt als in der realen Wirtschaft und die neuen Arbeitsplätze sind prekär oder in anderen Ländern.
Das nach oben abgeflossene Geld fehlt unten und die regierenden Sozialdemokraten kompensieren das mit Sozialmaßnahmen, für die gerne Schulden aufgenommen werden. Die Linke kritisiert die SPD mit Parolen, aber ohne ein finanzpolitisches Konzept. Die Grünen sind nur grün.
Das Problem ist, dass es bei denen, die für soziale Gerechtigkeit eintreten, kein echtes Verständnis von Finanzen und finanzieller Gerechtigkeit gibt. Sie erkennen nicht den funktionalen Zusammenhang von Schulden, Zinsen, Geldmenge, Steuern und Umverteilung nach oben, weil er zu kompliziert ist. Aber der Zusammenhang ist gültig und so logisch wie Mathematik. Das soll hier noch einmal so verständlich und knapp wie möglich erläutert werden, denn wenn die Regierenden so weiter machen, geht es nur noch abwärts und wir spüren das jetzt schon.
Wer sich der Finanzmacht und ihren Maßnahmen nicht widersetzt, landet in einer Abwärtsspirale. Milliardärinnen und Milliardäre können daraus entkommen und vielleicht alle, die mehr als 20.000 im Monat verdienen, sonst niemand in dieser Wohlstandwelt.
Olaf Scholz regiert und er ist der größte Schuldenmacher seit der Staatsgründung. Aktuell sind Schulden angesagt für Rüstung, Klima und alle möglichen Ausgleichszahlungen. Christian Lindner ist gegen Steuererhöhungen und vertritt die Schwarze Null. Das ist frei von Logik und ist reiner Populismus, gehört also nicht in eine Regierungspolitik mit Kanzler Scholz.
Die Politik der Ampel ist im Kern neoliberal.
Auch Staatsschulden sind zu Gunsten der Reichen. Genau das muss logisch erklärt werden und endlich ins politische Bewusstsein dringen. Diese Hoffnung richtet sich ganz auf die Partei der Zukunft und der Hoffnung, die Sahra Wagenknecht jetzt gründet. Doch leider, leider, leider...
Zu den Abgeordneten der Linken, die sich Sahra Wagenknecht angeschlossen haben, gehört Christian Leye, Mitglied im Finanzausschuss und Sprecher für Wirtschaftspolitik, jetzt wohl auch für die neue Partei. In einem Interview mit der Zeitung Der Freitag, Ausgabe 47/2023, hat er zu Recht die Position vertreten, dass die US-hörige Finanzpolitik der Regierung (und die der EU) den deutschen Mittelstand zerstört, eine Erkenntnis, die der Linken bisher fremd war. Das erklärt, warum Christian Leye der realistischeren Linie von Sahra Wagenknecht gefolgt ist.
Dann aber vertritt er im gleichen Interview die übliche Position aller Linken, man solle Geld in die Hand nehmen, um die sozialen Schieflagen zu beseitigen. Es scheint, nichts ist leichter als das. Aber es ist nicht vernünftig und auch nicht offen gegenüber den Wählerinnen und Wählern.
Ganz offen formuliert, bedeutet Geld in die Hand nehmen folgendes: Die Regierung besorgt sich Geld als Kredit bei Großgeldbesitzern und Banken, das die Wählerinnen und Wähler, nebst Kindern und Enkeln, plus Zinsen, über ihre zukünftigen Steuern zurückzahlen müssen. Banal ausgedrückt: Um Gutes zu tun, nimmt man Geld in die Hand, das einem nicht gehört. Der Zweck heiligt die Mittel.
Das ist verlockend, solange es nach der Verfassung legal ist. Es ist trotzdem falsch, weil dieser Deal nur zu Gunsten der Geldbesitzer und zu Ungunsten der Allgemeinheit ausgeht, insbesondere ist es zum Schaden der Jugend und der kommenden Generation.
Dies ist keine exzentrische Meinung, sondern eine mit mathematischer Sicherheit und einfacher Logik belegbare Schlussfolgerung aus den echten Zahlenverhältnissen und aus den heute bestehenden Regeln der Finanzwelt. Der Gedankengang ist dem Wunschdenken entgegengesetzt, er ist aber unumgänglich, um die verführerischen Denkfehler der Schuldenpolitik zu widerlegen.
Dabei ist unbedingt zu beachten, dass sich Regeln, Technik und Verteilung des großen Geldes seit 1971 beträchtlich gewandelt haben. Was vor fünfzig Jahren vielleicht noch richtig war, kann heute total falsch sein, auch wenn dieses falsche Denken über Geld und Schulden noch tief in allen Köpfen verankert ist.
Aus eigenen Erfahrungen in der freien Wirtschaft habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass Geld nur gut ist, wenn es einem gehört und es ist schlechtes Geld, wenn man es sich leiht und fristgerecht plus Zinsen zurückzahlen muss. Dann schafft man nicht für sich, sondern für die Bank. Das gilt auch für den Staat, der sich kaufmännischer Logik nicht entziehen kann.
Man muss genau rechnen und die Stellen vor dem Komma zählen, ohne sich dabei die Mengen an Euros oder Dollars echt vorstellen zu können. Aber die Zahlen sind trotzdem Realität. Zweihundert Milliarden für Rüstung entsprechen einer Million Wohnungen, die fehlen, oder vier Millionen Menschen ohne Wohnung, das entspricht 5% der deutschen Bevölkerung, darunter auch Flüchtlinge, denen man eine Wohnung beschaffen könnte. Die Zahl 200 Milliarden ist außerdem kein Sondervermögen, sondern eine im Voraus, auf Verdacht aufgenommene Kriegsschuld.
Diejenigen, die meine Bücher aufmerksam gelesen haben, mögen entschuldigen, ich richte mich hier ausdrücklich an eine kleine Minderheit, an Politikerinnen und Politiker, die meine vier letzten Bücher nicht gelesen haben.
Es gelten 2023 drei fundamentale Tatsachen:
- Geld entsteht durch Schuldenaufnahme, es wird von Banken bei der Kreditvergabe in die Welt gesetzt und seinen Wert garantieren die Kreditnehmer, die für die Schulden haften. (Girale Geldschöpfung)
- Zinsen bewirken einen permanenten Geldfluss von den Kreditnehmern (bei Staatsschulden von der Allgemeinheit) zu den Geldbesitzern. Sie machen die Schuldenmenge auf Dauer größer als die Geldmenge. (Schuldenfalle)
- Die Geldmenge steigt ständig, besonders seit 1971, wo die materielle Bindung des US-Dollars aufgehoben wurde. Sie beträgt inzwischen ein Vielfaches aller materiellen Werte der Wirtschaft. Drei Viertel allen Geldes oder mehr kreisen nur in der Finanzwelt. (Finanzinflation)
Das genügt, um zu erklären, wieso Schulden an erster Stelle den Großgeldbesitzern nützen und Staatsschulden der Allgemeinheit Schaden zufügen.
Sofort verständlich ist die Tatsache, dass die Zinsen denen zufließen, die nicht zu wenig, sondern zu viel Geld haben. Geld ist in großem Überfluss vorhanden, dafür noch Zinsen zu verlangen, ist ein feudales Recht, aus längst vergangener Zeit. Zinsen vertiefen die bestehende Ungleichheit, sie schieben am Ende Geld aus Steuereinnahmen auf (schwarze) Konten in Steueroasen.
Schwierig ist folgende Schlussfolgerung:
Durch Bankkredite wird die Geldmenge erhöht, ungefähr um den Kreditbetrag (girale Geldschöpfung). Die Erhöhung der Geldmenge ist zu Gunsten der Finanzwelt, denn Geld ist deren Betriebsstoff. Man legt es an in Staatsanleihen oder Aktien, die dann, wenn die Geldmenge steigt, mit der steigenden Nachfrage in ihrem Wert steigen.
Erhöhung der Geldmenge erhöht den Wert der Aktienpakete und vergrößert den Reichtum der Reichen. Alle großen Schulden sind wegen der Erhöhung der Geldmenge ein Beitrag zur Umverteilung nach oben, die Zinsen kommen noch oben drauf.
Die einzig logische Schlussfolgerung daraus ist folgende: Der Staat sollte, wie jeder sonst, nur das Geld ausgeben, das er hat. Er kann aber, per Gesetz, sich Geld ohne Zinsen bei denen holen, die zu viel davon haben. Das geschieht am besten mit angemessenen (progressiven) Steuern auf Finanzgewinne und mit Vermögensabgaben.
Die eleganteste Vermögensabgabe ist eine Beteiligung des Staates an Erbschaften. Das wird irritierenderweise Erbschaftssteuer genannt. Es ist keine Steuer, weil niemandem etwas weggenommen wird, was er selber erwirtschaftet hat. Und zu jedem großen Vermögen hat der Staat einen hohen Beitrag geleistet, weil er die Rahmenbedingungen stellt. Beispiel Automilliardärinnen, ohne Straßenbau keine Automobilindustrie. Noch krasser, Pharmaindustrie, die Aktien gehörten eigentlich zu mehr als 50% den Krankenkassen.
Schuldenwirtschaft ist das große Ding der USA, dort gibt es die größten Staatsschulden und die meisten Privatschulden. Beides wird kompensiert durch ständige Steigerung der Dollarmenge. Das wurde global bereits erkannt, doch, was nicht erkannt wird, ist die Tatsache, dass Privatschulden, neben der allgemeinen Gier nach Geld, ein Hauptgrund für Umweltzerstörung und Ausbeutung von Natur und Mensch sind.
Auch das ist ein etwas schwieriger Gedankengang.
Wenn eine Firma, um sich zu vergrößern, einen Kredit aufnimmt, muss sie Gewinn machen, der die Rückzahlung des Kredites, also Zinsen plus Tilgung, enthält. Mit 5% oder 6% ist es nicht getan. Das würde vielleicht reichen, um die Eigentümerinnen und Eigentümer glücklich zu machen, aber die Banken wollen noch einmal den gleichen Prozentsatz oder mehr. Der Bruttogewinn der Firma muss also 10% bis 15% sein und man muss dementsprechenden Druck ausüben, um die Kredite zu befriedigen.
Das führt zur erhöhten Ausbeutung aller Ressourcen: Selbstausbeutung, Ausbeutung der Belegschaft, Ausbeutung von Rohstoffquellen, auch Ausbeutung des Staates durch Steuervermeidung, Betriebsverlagerungen, die ganze Palette der Unternehmensberaterinnen und Berater. In vielen Branchen entsteht Druck auf die Ressourcen der Umwelt und der Tierwelt, die sich nicht wehren können. Es ist verrückt, dass die Zinsen, die das verursachen auch noch steuerlich absetzbar sind, damit wird Ausbeutung staatlicherseits angeregt.
Eine Partei, die wie ihre Gründerin Sahra Wagenknecht Vernunft und Gerechtigkeit im Kopf und auf dem Schirm hat, sollte, nach heutigem Stand der Erkenntnis, finanzielle Gerechtigkeit auf ihre Fahnen schreiben. Finanzielle Gerechtigkeit bedeutet, keine Staatsschulden, die den Geldüberfluss noch erhöhen, sondern progressive Steuern und Vermögensabgaben.
Soziale Gerechtigkeit ist selbstverständlich und zum Schlagwort geworden, um Schulden zu rechtfertigen. Finanzielle Gerechtigkeit bedeutet zusätzlich, sich das Geld da zu holen, wo es in Überfluss vorhanden ist, ohne Zinsen und Rückzahlungsverpflichtung. Es gibt sogar einige Milliardäre und Milliardärinnen, die das befürworten, weil sie glauben, dass mehr Egalität die Menschen glücklicher macht. Ein Sponsor der Wagenknecht-Partei hat ähnliche Gedanken geäußert.
Auch die private Wirtschaft würde sich, ohne Bankschulden und Zinsen, sanfter und weniger umweltschädlich entwickeln. Ein Modell dazu sind Beteiligungen von Geldgebern, auf Vertrauen, ohne Zinsen und ohne Zeitdruck, die einen Anteil am Gewinn versprechen, aber erst dann, wenn er tatsächlich erzielt worden ist. Das nimmt Druck aus dem Kessel, was unbedingt nötig ist und am Ende dient es auch der Friedfertigkeit und dem Frieden auf allen Ebenen.
Anmerkungen
Rob Kenius betreibt die Webseite https://kritlit.de. Link zum Artikel: https://kritlit.de/tdt/tdt.htm#pwtidsf
Das letzte Buch von Rob Kenius „Teufel, Krieg und Frieden“ hat den Untertitel: „Die sanfte Radikalität der Logik“. Es erschien am 1.11.2023. https://kritlit.de/kob/tkuf.htm
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Prazis Images / shutterstock
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