Ein Aufruf für die Meinungsfreiheit
Von Uli Gellermann.
Da hat eine Politikwissenschaftlerin eine eigene Meinung. Schon während des schweren Medien-Virus namens Corona hatte es die Politologin Ulrike Guérot gewagt, eine andere Meinung zu haben als die Mehrheitsmedien. In der „Neuen Zürcher Zeitung“ sagte sie doch tatsächlich: „Herr Lauterbach betreibt Panikmache“. Die Bonner Professorin will sogar durch umfassende Demokratisierung einen autoritären Kapitalismus verhindern. Da konnte der Shitorm kaum ausbleiben. Dann noch dies - in einer Sendung von BILD-TV stellte sie zum Ukraine-Krieg fest: „Es wird zu viel gesprochen über den Krieg und zu wenig über den Frieden.“ Damit hat sie zum zweiten Mal in kurzer Zeit jenes Tabu gebrochen, nachdem die Medien-Mehrheit immer Recht hat.
So viel eigene Meinung konnte nicht gutgehen: Erst wurden die kleinen Kläffer von der Juso-Hochschulgruppe Bonn von der Leine gelassen. Sie würde, behaupteten die Enkel der Agenda 2010, dem Ruf der Universität schaden. Danach kam dann das schwere Geschütz: In der FAZ, dem Zentralorgan deutscher Oligarchen, nannte der Politikwissenschaftler Markus Linden Frau Dr. Guérot eine „Ikone der Querdenkerszene“. Wer oder was das ist - die Querdenkerszene? Egal. Eine Medien-Querfront hat den Begriff längst als Diffamierung etabliert. Darum übernimmt das Fake-Lexikon WIKIPEDIA auch den Begriff gern, wenn es über Frau Guérot parliert, um hie und da die Verdächtigungswörter „kontrovers“ oder „wurde vorgeworfen“ einzustreuen und fertig ist der soziale Vernichtungsangriff.
Solidarität mit Ulrike Guérot ist Solidarität mit der Demokratie.
Einer Anregung des Psychologieprofessors Klaus-Jürgen Bruder folgend, beginnt jetzt eine Solidaritätskampagne für Ulrike Guérot, die mit einem offenen Brief gestartet wurde:
Offener Brief
an Markus Linden, Universität Trier, an die Feuilleton-Redaktion der FAZ, an den Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Michael Hoch, Zur Polemik gegen Ulrike Guérot in der FAZ am 4. Juni 2022 von Markus Linden.
Prof. Dr. Ulrike Guérot leitet den Lehrstuhl für Europapolitik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Guérot ist Autorin von „Wer schweigt, stimmt zu: Über den Zustand unserer Zeit und darüber, wie wir leben wollen“ (Frankfurt/Main 2022: Westend). Berichte und Kommentare zur Polemik (sowie Talkshow Lanz, ZDF, 02.06.2022), chronologisch: Philipp Königs, „Bonner Studenten kritisieren Guérot für Ukraine-Aussagen“ (General-Anzeiger, 03.06.2022) Norbert Häring, „Ulrike Guérot und der Krieg: Kommt man gegen die Argumente nicht an, wird die Person vernichtet“ (Geld und mehr, 04.06.2022) Milosz Matuschek, „Ulrike Guérot bei Markus Lanz: Wer für den Frieden ist, ist jetzt auch Feind“ (Berliner Zeitung, 07.06.2022)
"Die FAZ macht sich die Finger nicht schmutzig, sie findet den Schmutz stets beim anderen, den sie bald zum Gegner macht – und deren hat sie viel. Das ist ihre lang eingeübte Praxis, dafür wird sie von ihren klugen Köpfen, die sich hinter ihr verstecken, geliebt.
Die kritischen Stimmen, die seit Beginn der großen Inszenierung der Pandemie sich gemeldet haben, die, wie Ulrike Guérot, es bis in die Medien des Establishments gebracht haben, sind der FAZ ein besonderer Dorn im Auge. Und nun auch mit dem Krieg in der Ukraine gibt es Stimmen, die das ganze anders sehen als die Regierung und mit ihr die FAZ. Es scheint für sie höchste Zeit, jetzt wo sich immer mehr Kritiker der Regierungen melden, wo immer mehr Schaden der Politik offensichtlich wird, wo immer mehr Regierungen aus dem Kampfbund der Willigen ausscheren, und Durchhalteparolen nötig werden. In Bezug auf den Ukraine-Krieg beklagt Frau Baerbock bereits „Kriegsmüdigkeit“ ("Wir haben einen Moment der Fatigue erreicht"), aber trotzdem müssten wir die Sanktionen aufrechterhalten. Jetzt also muss jedes Mittel recht sein, die „Ikonen“ der Bewegung, wie die FAZ schreibt, zu zerschlagen und vom Sockel zu stoßen.
In einem Beitrag im Feuilleton der FAZ vom 4. Juni zieht Markus Linden, Politikwissenschaftler an der Universität Trier, alle Register der Diffamierung, Unterstellung, Abqualifizierung der Stellungnahmen und Veröffentlichungen von Ulrike Guérot, Inhaberin eines Lehrstuhls für Europapolitik an der Universität Bonn. Den Stein ins Rollen gebracht hat bereits das Bonner Studentenparlament unter Führung von Jusos, die Frau Guérot vor kurzem an den Pranger gestellt haben und ihr ihre Äußerungen verbieten wollten. Dem folgte die Sendung bei Markus Lanz, in der er sie in respektloser Weise zerpflückte, ihr keine Chance gab, seinen Behauptungen, Unterstellungen zu entgegnen.
Bereits zu Beginn vergreift der FAZ-Autor sich mit der Abqualifizierung der Person, wenn er sie als Lehrstuhlinhaberin vorstellt, die „obwohl sie seit vielen Jahren vorrangig als Publizistin in Erscheinung tritt, nicht als Wissenschaftlerin.“ Würde er das von Professor Drosten, Professor Wieler, und wie die in täglicher Medienpräsenz nichts anderes als die Politik der Regierung Verteidigenden alle heißen, auch sagen? Und seit wann ist das öffentliche Auftreten von Wissenschaftlern ein Tabu? Ist es nicht im Gegenteil so, dass die Position des Professors mit der Verpflichtung verbunden ist, in die öffentliche Debatte einzugreifen, ein Jürgen Habermas wäre ohne diesen Job nicht zum moralischen Gewissen der Nation avanciert, und auch er ist nur ein matter Abglanz des Sartreschen oder Marcusianischen „Intellektuellen“.
An diesen Intellektuellen mangelt es gerade heute, heute wo es darauf ankommen würde, Position zu beziehen, Demokratie, Freiheit, Menschenrechte, auch und vor allem das Recht auf Freiheit der Meinung, auf selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben, die alle im Mund und vor allen Dingen in den Handlungen der Politiker zu leeren Phrasen herabgewürdigt worden sind, zu verteidigen. Gerade deshalb, weil es an solchen fehlt, ist es umso leichter, sich an den wenigen zu vergreifen, ein Exempel zu statuieren, sie zum Staatsfeind zu erklären. Das ist die Perspektive, das Ziel.Bei Guérot versucht es der FAZ-Autor unter der Gürtellinie: Er bezichtigt sie der Halbwahrheiten und Falschheiten, wirft den Plagiatsvorwurf in den Raum, der stets eine Aufforderung zur Hetzjagd bis zur Vertreibung bedeutet. Belege und inhaltliche Auseinandersetzungen? Fehlanzeige. Im Unterschied zum politischen, „publizistischen in Erscheinung treten“ ist dieser Vorwurf aber nur durch winkeladvokatische Züge, Verdrehungen, Insinuierungen einzubringen, wie z.B. „hier paraphrasiert Guérot… Für sich genommen, ist das kein Diebstahl, aber erfahrene Dozenten wissen, dass darauf in studentischen Hausarbeiten bisweilen noch andere Stellen folgen – bis hin zum Plagiat“. Die Ungeheuerlichkeit dieser Unterstellung ist nicht zu überbieten.
So ist der Beitrag in der FAZ eine Dokumentation des Ungeistes, der die öffentliche Diskussion ergriffen hat, von dem sich aber zumindest Angehörige einer Universität fernzuhalten haben.
Gerade Universitäten müssen an ihren gesellschaftlichen Auftrag gemahnt werden.
Wir fordern die Universität Bonn auf, sich entschieden vor ihre Kollegin Frau Guérot zu stellen.
Hier geht es zur Unterschrift. +++ Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.+++ Dieser Artikel erschien zuerst am 07. Juni 2022 auf dem Blog Rationalgalerie.
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Bildquelle: Jorm S / shutterstock
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