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Sorry, das ist meine erste Diktatur! | Von Roberto J. De Lapuente

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Jetzt hat es mich erwischt. Nein, nicht Covid-19. Der Stress, der Druck: Ich bin an meine Grenzen geraten. Habe Angst entwickelt. Heute ein sehr persönlicher Beitrag über mich – und sicher etliche andere da draußen.

Von Roberto J. De Lapuente.

Es ist gerade Sonntagvormittag. Jener Sonntagvormittag vor der Ministerpräsidentenkonferenz, die Diskriminierung etablieren will. Erst jetzt, da dieser Text publiziert ist, wissen wir mehr. Doch in dem Moment, da ich ihn tippe, zerreißt es mich schier. Ich habe Angst. Und hoffe inständig, dass es nicht zu dramatisch kommt. Eben habe ich gelesen, dass die Politik auch plane, eine Testpflicht in Supermärkten einzuführen. Nun hat selbst das RKI mal festgestellt, dass in Supermärkten so gut wie kein Infektionsgeschehen herrsche – aber Fakten kümmern ja auch keinen mehr (1). Ich stelle mir vor, wie mein Alltag aussehen wird, wenn ich nichts mehr zu Essen einkaufen kann. Muss ich vor dem Laden Leute anpumpen, ob sie mir was mitbringen?

Diskriminierung hat es freilich in diesem Lande immer gegeben. Es war bisher nur die übliche Form davon. Eine, die Menschen aussperrt und zu Außenseitern macht, die Läden und Geschäfte ermuntert, bestimmte Menschen nicht mehr reinzulassen, hatten wir in diesem Land seit dem Dritten Reich nicht mehr. Das ist neu – und alt zugleich. Die Apartheid bricht aus, die Segregation bahnt sich den Weg. Und all das auf Grundlage einer Prämisse, die gar nicht zutrifft: Ungeimpfte seien ansteckender als Geimpfte. Nach allgemeiner Studienlage ist das aber Quatsch.

Ich, der letzte Dreck der Stunde

Darum soll es hier aber gar nicht gehen. Die Fakten sind ohnehin auf dem Tisch – wer sie sehen will, kann sie sich anschauen. Alle anderen haben eh keine Lust dazu, sie zu betrachten. Ich will erzählen, was das mit mir macht. Anderthalb Jahre habe ich diese Krise jetzt relativ gut über die Runden gebracht. Angefasst war ich oft. Aber meist habe ich mich da rausgezogen, mich wieder in den Sattel gesetzt. Das gelang mir zuletzt kaum noch. Ab dem Moment, da Kanzleramtsminister Braun offen die Diskriminierung ungeimpfter Menschen aussprach, bekam ich meine Angst nicht mehr in den Griff. Oh ja, ich gebe es zu: Ich habe Angst. Und die stellt was an mit mir. Ich werde zurückhaltender, weiche Diskussionen aus.

In meinem bürgerlichen Arbeitsleben – genauer möchte ich das allerdings in der Folge nicht ausführen -, erlebe ich bereits erste Diskriminierungsübergriffe. Zu anderen Zeiten hätte ich interveniert. Aber jetzt? Als Ungeimpfter bin ich quasi Freiwild, ja Abschaum, kein richtiger Mensch mehr: Wenn ich da etwas in den Raum werfe, stellt sich keiner an meine Seite und spricht von Bürgerrechten. Teilweise auch aus Angst. Im Gegenteil, wahrscheinlich müsste ich gewissen Leuten gegenüber Abbitte leisten, mich erklären. Oh ja, ich bin ein Kämpfer, ich spreche Dinge an. Normalerweise. Aber ich bin auch nur ein Mensch, habe nur begrenzte Kraftreserven.

Minderwertigkeitskomplexe mischen sich unter die Wut – und ein Gefühl weniger wert zu sein als andere, die geimpft sind. Sollte das Grundgesetz solche Gefühle nicht eigentlich aufheben und unmöglich machen? Grundgesetz? Was war das noch gleich? Sorry, dass ich so offen spreche, gleichwohl so unstrukturiert: Aber das ist meine erste Diktatur. Da kann man schon mal verwirrt, aufgewühlt sein, oder nicht?

Ich will ja standhaft bleiben, nichts in mir zieht mich zu einer Impfung hin. Ganz am Anfang wollte ich zuwarten, mal schauen was passiert, mich überzeugen. Letzteres bin ich bis heute nicht. Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass die Impfkampagne mehr oder weniger der plumpe Aktionismus von Entscheidern ist, die nach anderthalb Jahren endlich mal so aussehen wollen wie Leute, die den Karren endlich aus dem Dreck gezogen haben. Aber wie es scheint kommen immer neue Probleme hinzu.

Eine Impfung gegen Arbeitslosigkeit?

Wir sprechen ja nicht von einer Impfpflicht – die es ja nicht geben soll, die man aber aus Alltagsbeschränkungen auspressen möchte. Nein, wir sprechen von einer Lebensimpfpflicht. Jede Mutante braucht einen Impfbooster – und mutiert wird ständig. Innerhalb der Impfkampagne vielleicht sogar auf eine Weise, dass Impfstoffe völlig wirkungslos werden. So ein Virus will ja auch nur überleben, es lernt sich anzupassen – im Regelfall wird es dabei harmloser: Was aber keinen interessiert, weil wir längst keinen Seuchenschutz mehr betreiben; wir sind auf einem donquichottischen Virusausrottungskurs, koste es, was es wolle.

Wie gesagt, ich möchte mich auf absehbare Zeit nicht impfen lassen. Die Gefahren sind mir bewusst. Dass ich zwangsläufig erkranken muss, wie man uns das medial behauptet, glaube ich hingegen nicht. Man weiß es nicht, es gibt nur wenig Zwangsläufigkeiten in der menschlichen Medizin. Eine Infektion mit einem Coronavirus gehört nicht unbedingt dazu. Aber ich bin ehrlich, was, wenn mein Status als Ungeimpfter zu Arbeitslosigkeit führen kann? Auf Restaurantbesuche scheiße ich, die kann ich ausfallen lassen. Aber wenn es ans Existenzielle geht: Was dann?

Grundsätzlich leide ich stark an Existenzängsten. Mal mehr, mal weniger. Manchmal ohne Not. Ich habe schwere Zeiten hinter mir. War früher länger arbeitslos, hatte Mitte des Monats kein Geld mehr, wusste nicht, wie ich über die Runden komme. Dorthin will ich nicht mehr. Das ist ein bisschen ein Trauma bei mir. Die Bundesregierung spielt mit diesen Ängsten. Lasse ich mich dann impfen? Eigentlich nicht! Und eigentlich doch! Mein Gott, diese Frage macht mich fertig, ich fühle mich missbraucht, vergewaltigt. Vor solchen Entscheidungen kann man nicht stehen müssen. Nicht in einem Rechtsstaat. Ich weiß, der ist bekanntlich in Quarantäne.

Das bereitet mir schlaflose Nächte. Wie geht es weiter? Muss ich mit dem Schlimmsten rechnen? Wir spötteln viel über das, was uns erwartet, meine bessere Hälfte und ich. Wohin nähen wir uns den Flecken, der uns als Ungeimpfte kennzeichnet? Brauchen wir vielleicht eine Nähmaschine? Humor geht bei uns auch in so einer Phase. Er ist nur zynischer und sarkastischer als sonst. Aber wir sind hinter unseren lachenden Gesichtern traurig, sicher auch ängstlich. Ich mehr als sie, glaube ich. Lassen wir uns gegen Arbeitslosigkeit impfen?

Keine Perspektiven mehr, alles in der Schwebe

Ich war so lange arbeitslos in meiner Vergangenheit, war Hartz-IV-Empfänger – und nun gibt es vielleicht bald die Impfung gegen Erwerbslosigkeit. Was für verrückte, was für scheißekranke Zeiten das doch sind! Von daher kannte ich es ja schon, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden. In der Zeitung stand doch täglich, was ich für ein Schmarotzer bin. Dennoch war das ganz was anderes als der Grad der Diskriminierung, den mir jetzt jeden Tag irgendein politischer Wichtigmacher unter die Nase reibt. Sie war viel indirekter, war oft nicht mehr als Maulheldentum.

Wenn wir über die nächste Zukunft sprechen, über Pläne oder Vorhaben, geschieht das mittlerweile sehr vorsichtig. Wissen wir, was in zwei Monaten ist? Alles, wirklich alles, was unser Leben ausmacht, ist in Gefahr. Nichts hat Bestand. Alles scheint in der Schwebe zu sein. Und das nur, weil wir uns (zu diesem Zeitpunkt) nicht für die Impfung entscheiden wollen. Vielleicht bin ich ein antiquierter Mensch, denn ich stehe auf Sicherheiten. Ich mag es zu wissen, wie mein Leben in den nächsten Wochen aussieht. Diese Sicherheit ist verflogen, Gewissheit gibt es nicht mehr. Ich bin ruheloser geworden.

Was ich stattdessen habe: Angst. Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber so ist es. Erstmals in diesen anderthalb wahnsinnigen Jahren habe ich Angst entwickelt. Was dem Virus nicht gelang, nämlich mich ausreichend in Angst zu versetzen, um jede noch so sinnlose Maßnahme, einen völlig fehlgeleiteten Lockdown beispielsweise für richtig zu erachten, das gelingt jetzt denen, die vorgeben das Virus zu bekämpfen. Aber sie bekämpfen keine Viren. Sie können sie nicht sehen, wissen nur bedingt wie sie wirken, sind teilweise so ahnungslos wie am Pandemiebeginn. Daher bekämpfen sie Menschen. Leute wie mich. Denn uns kann man sehen. Es ist absehbar, wie wir reagieren. Wie kann man da keine Angst entwickeln, wenn man plötzlich zur eigentlichen Seuche erklärt wird?

Nachdem Helge Braun ankündigte (2), dass wir in eine Apartheid gedrückt werden, hatte ich zwei Tage später eine schlaflose Nacht. Das war, als ich im Urlaub an der Nordsee war. Ich hatte erstmals in meinem Leben eine Panikattacke – bewusst wurde mir das erst danach. Ich hatte Angst davor einzuschlafen, weil ich glaubte, ich würde im Schlaf sterben, einen Schlaganfall erleiden. Allerlei Gedanken gingen mir im Kopf um, ich konnte mich vor der Todesfurcht nicht befreien. Irgendwann war ich so erschöpft, ich schlief wohl ein. Die Nacht habe ich überlebt, wie ihr lesen könnt.

Die Regierung ist dabei mich zu zerstören

Ich wollte die Berichterstattung in den kommenden Urlaubstagen ein wenig  von mir fernhalten, was mir allerdings nur schlecht gelang. Faktisch geht das gar nicht, der Zugriffsstaat ist total. Er ist totalitär in seiner Bereitschaft, die letzten zvilisatorischen Regeln eines friedlichen Zusammenlebens aufzulösen. Und er ist zerstörerisch. Er nimmt psychische Krisen seiner Bürgerinnen und Bürger in Kauf. Er stürzt sie in die Sinnkrise, macht sie mürbe – und treibt sie in eine ungeahnte Radikalität.

Letztere spüre ich zeitgleich auch an mir. Es ist nicht nur so, dass ich schwächle, ich entwickle auch Unmengen an Verachtung. Mir ist klar, wenn es zum Äußersten kommt, wenn ich mich gegen meinen Willen, aufgrund des sozialen Drucks, impfen lassen muss, dann werde ich den Rest meines Lebens daran mitwirken, diese Gesellschaft und diesen Staat zu untergraben wo es nur geht. Wahrscheinlich kommt dieser Fall ohnehin, man wird mich dazu nicht brauchen. Mit mir ist dann kein Staat mehr zu machen. Wahrscheinlich jetzt schon nicht mehr. Leute wir Brinkhaus, Spahn oder Braun sind nicht resozialisierbar, wenn dieser Wahnsinn je enden sollte. Man muss gegen sie kämpfen, den sozialen Druck gegen sie erhöhen, wo immer es geht.

Vor längerer Zeit habe ich getwittert, dass sich so eine Zwangsimpfung, mit der man sich mental auseinandersetzt, wie ein Missbrauch anfühlt. Es gab natürlich Stimmen, die mich belehrten, dass man das nicht vergleichen dürfe. Aber warum eigentlich nicht? Nein heißt doch eigentlich Nein. Der Körper ist die Grenze des Nächsten. Wenn es zum Äußersten kommt, ich denke, dass wird bei mir – und bei anderen – eine Krise auslösen. Auch deshalb ist eine Impfpflicht nicht empfehlenswert.

Ich gebe zu, dieser Text ist ein bisschen konfus. Würde ich behaupten, dies sei absichtlich so gehalten, weil ich damit die Konfusion skizzieren will, die in mir herrscht, wäre das gelogen. Aber letztlich ist dieses leichte Durcheinander ganz gut so. Denn so fühle ich mich. Aus der Fassung gebracht. Das ist der Stand am Sonntagnachmittag – denn mittlerweile sind einige Stunden vergangen, seitdem ich den Text zu schreiben begonnen habe. Zwischendrin machte ich Pausen. Die letzten Stunden schwirrten um die Imfpung, um meine Empörung in so totalitären Zeiten leben zu müssen. In diesem Augenblick, da der Text Leser findet, an diesem Donnerstag, einige Tage nachdem ich ihn getippt habe, mag es mir anders gehen. Besser vielleicht. Oder doch schlechter? Wer kann das heute schon wissen?

Quellen:

  1. https://www.neulandrebellen.de/2021/05/eine-religion-namens-wissenschaft/
  2. https://www.achgut.com/artikel/der_ausgrenzungs_workshop_des_dr._braun

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags. +++ Dieser Artikel erschien zuerst am 12. August 2021 auf dem Blog neulandrebellen.de +++

Bildquelle:   ©apolut21


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