Ein Kommentar von Peter Haisenko, Betreiber des Portals anderweltonline.com.
Das Verhalten des ukrainischen Botschafters Melnyk in Deutschland als undiplomatisch zu beschreiben, wäre eine krasse Untertreibung. Die Art und Weise, wie er und sein Chef Selenskij mit deutschen Politikern umgehen, gleicht eher der eines Landvogts mit seinen Untertanen. Melnyk muss sofort des Landes verwiesen werden.
Es ist eine Sache, Politik zu kritisieren. Dafür gibt es fein geschliffene Formulierungen, die einen direkten Affront vermeiden, verschleiern sollen. Wer sich von diesen etablierten diplomatischen Gepflogenheiten entfernt, will die Angesprochenen dominieren und sucht die direkte Konfrontation. Botschafter Melnyk hat dem jetzt eine neue Steigerungsstufe zugefügt, indem er die offene Drohung ausgesprochen hat, „die Aufarbeitung kommt noch“. Wie ist das zu verstehen? Melnyk und sein Chef Selenskij wähnen sich offenbar in einer Position, die es ihnen erlauben wird, deutsche Politiker und deutsche Politik nach ihrem Gutdünken abzuurteilen. Natürlich nach ihren Maßstäben, denen sich Deutschland unterwerfen muss.
Der Affront gegen Bundespräsident Steinmeier war nur die Krönung einer langen Reihe vom Maßregelungen und Beleidigungen gegen deutsche Politiker. Die Erklärung, Steinmeier sei in Kiew nicht willkommen, hat schon ein kleines Stürmchen der Entrüstung ausgelöst, ebenso wie Melnyk seither nicht mehr als Pflichtgast in jeder Talkshow willkommen geheißen wird. Jetzt hat sich auch Ex-Außenminister Gabriel geäußert. Der SPD-Politiker hatte seinen Parteifreund Frank-Walter Steinmeier im Streit um den geplatzten Besuch des Bundespräsidenten in Kiew verteidigt. Steinmeier habe als früherer Außenminister gemeinsam mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel "mehr als alle anderen in Europa" dafür getan, die Ukraine zu unterstützen, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für den "Spiegel".
„Diplomaten“ des Schlages Melnyk brauchen wir nicht
Melnyk hatte Steinmeier in einem Interview unter anderem vorgeworfen, "seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft" zu haben. "Spinnennetze dienen bekanntlich dem Fang und der anschließenden Verwertung der Beute", schrieb dazu Gabriel. "Auf den Punkt gebracht insinuiert dieser Vergleich, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. Das ist wahrheitswidrig und bösartig." Ja, wo Gabriel recht hat, hat er einfach recht. Das wollte Melnyk aber so nicht unkommentiert lassen.
Der ukrainische „Botschafter“ griff dieses Zitat auf und schrieb auf Twitter: Bösartig sei vor allem die "jahrelange Putin-freundliche Politik" gewesen, die Gabriel und seine "SPD-Kumpane" geführt hätten. Diese habe "den barbarischen Vernichtungskrieg" gegen die Ukraine "erst herbeigeführt", fügte Melnyk hinzu. "Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you" ("Schämen Sie sich"). Und da ist sie, die unverhohlene Drohung.
Aber das war für Melnyk nicht genug. Er legt nach auf Twitter in einer Weise, die wir schon von dem Umgang mit „Querdenkern“ kennen: "Na, jetzt bekommen Sie sogar Beifall von den alten Vertrauten aus Moskau! Alle russischen Propaganda-Schleudern preisen Ihr Narrativ über ukrainische 'Verschwörungstheorien' in den höchsten Tönen. Alte Freundschaft rostet nicht. Volltreffer zum Osterfest." Derartige Äußerungen sind an perfider Arroganz nicht zu übertreffen und – wie bereits gesagt – „Diplomaten“ dieses Schlages brauchen wir hier nicht.
Melnyks Verschwörungstheorien sind widerlich
In gewisser Weise hat Melnyk sogar recht. Gabriel, Merkel, Steinmeier & Co. haben tatsächlich mit ihrer Politik die Vorarbeit geleistet für die schrecklichen Dinge, die wir jetzt erleben müssen. Nur ganz anders, als es Melnyk darstellt. Es war die Merkel-Regierung, die es versäumt hat, oder gar nicht wollte, dass Kiew sich an das Minsk-Abkommen hält. Hätten diese auf Kiew eingewirkt, die Punkte dieses Abkommens abzuarbeiten, erfolgreich, dann hätten wir jetzt keinen Krieg in der Ukraine. Melnyk und Selenskij wissen das und sie wissen auch um die schändliche Rolle, die Merkel da gespielt hat. Merkel, die immer dafür gesorgt hat, dass Kiew noch eine und noch eine Milliarde einfach so zugesteckt worden ist. Das wäre aber ihr Druckmittel gewesen, Kiew zur Einhaltung von Minsk 2 zu bewegen. Kein Wunder also, dass Merkel von den Angriffen Melnyks verschont bleibt.
Gabriel hat sich in seinem Kommentar im Spiegel sowieso schon sehr weichgespült gezeigt. Der SPD-Politiker schrieb, es sei zwar verständlich, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj "seiner Wut und seinem Unverständnis gegenüber Politikern aus Deutschland und anderen EU-Staaten für ihre frühere Russland- und Energiepolitik Ausdruck verleihen wollte". Hier müsse man Selenskyj häufig sogar zustimmen. "Was wir allerdings nicht hinnehmen sollten, sind Verschwörungstheorien über die Politik unseres Landes und seine Verantwortungsträger", fügte Gabriel hinzu. Melnyks "Spinnennetz"-Äußerung bezeichnete er als "gefährlichere Variante der Verschwörungstheorien".
Dazu legt Melnyk in einem dritten Tweet nach und greift persönlich Gabriel in einer Art an, die jeglicher Diplomatie Hohn schreit: Melnyk hielt Gabriel seine Rolle beim Bau der mittlerweile auf Eis gelegten Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 vor. "Danke, dass Sie den Gedanken über das Spinnennetz Steinmeiers präzisiert haben. Nur: Sie verschweigen dabei IHRE PERSÖNLICHE POLITISCHE Verantwortung für das Putinsche Projekt Nord Stream 2, das Sie als Vizekanzler 2015 ins Leben riefen." Was sagt uns Melnyk auf diese unerhörte Weise?
Kann sich die Ukraine gegenüber Deutschland aufführen wie eine Kolonialmacht?
Im Klartext heißt das nichts anderes, als dass die deutsche Regierung nichts hätte tun dürfen, ohne die Genehmigung aus Kiew. Weil sie das aber getan hat, droht er: „Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you". Mit den letzten drei Worten betont er zudem, dass sich Deutschland so verhalten habe, dass es eine Schande sei. Ist es also eine Schande, wenn deutsche Politiker für das Wohl ihres Landes handeln? Was maßt sich dieser politische Amokläufer da an? Wie stellt er sich eine „Aufarbeitung“ vor, die er androht? Sieht er sich in einer Position, ein Tribunal über deutsche Außenpolitik abzuhalten? So, wie es die Alliierten in Nürnberg gemacht haben? In welchem Universum lebt Melnyk?
Wahrscheinlich in demselben wie der Wertewesten. Da geht man ja auch davon aus, dass Russland in der Ukraine besiegt wird und sich dann einem Tribunal stellen muss, das das Ende der russischen Föderation bringen wird. Im Rahmen dessen glauben wohl die Vasallen der USA in Kiew, dass sie sich in einer Position befinden werden, mit einer „Aufarbeitung“ alle deutschen Politiker der letzten Jahre „bestrafen“ zu können, die irgendetwas getan haben sollen, was den Interessen Kiews nicht dienlich war. Leider ist diese Idee nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, wenn es tatsächlich so ausgehen sollte, wie es sich die USA und Kiew erträumen. Kiew kann sich sicher sein, dass sie tun können, was immer sie wollen, dabei die volle Unterstützung Washingtons genießen, solange sie nur Russland Schaden zufügen. Und im Sinn der USA und Englands natürlich auch dem Urfeind Deutschland.
Doch zurück zur (Un-)Diplomatie. Die direkten, frechen, überheblichen und arroganten Angriffe auf deutsche Politiker gleichen der Position einer Kolonialmacht gegenüber seinen Kolonien. Da kann man sich mit dem Recht des Stärkeren so etwas erlauben. Ereignet sich derartiges aber zwischen Staaten, die auf Augenhöhe zueinander stehen, ist das nahe an einer Kriegserklärung. Schließlich will man dem anderen vorschreiben, wie er seine Außenpolitik zu gestalten hat. Hätte Deutschland noch einen Funken Ehrgefühl, müsste der ukrainische Botschafter Melnyk sofort zum Rapport einbestellt werden. Ihm müsste unmissverständlich klar gemacht werden, dass sein Auftreten und sein Agitieren gegen deutsche Politiker nicht toleriert werden kann. Inklusive der Ansage, dass er dem Verhältnis zwischen den Ländern keinen guten Dienst geleistet hat, und deswegen des Landes verwiesen wird. Aber welches Mitglied der Gurkentruppe in der Berliner Regierung kann noch Ehre für sich reklamieren?
Deutschland schuldet der Ukraine nichts
Angesichts der Auftritte ukrainischer Repräsentanten in Deutschland kann man erahnen, wie sich Kiews Leute gegenüber Moskau verhalten. Natürlich immer mit der Rückendeckung aus Washington. Für die BRD sollte aber Nachdenklichkeit einkehren, ob man sich nicht für die Falschen engagiert. Hat es jemals auch nur annähernd ähnliche Ausfälle von russischen Diplomaten gegeben? Hat sich Russland nicht immer an alle Verträge gehalten? Im Gegensatz zur Ukraine, die das auch von Deutschland ausgehandelte Minsk-Abkommen nicht nur nicht eingehalten hat, sondern einfach als nicht zu befolgen beendet hat. Auch das war schon ein ungebührlicher Affront gegen den Vermittler Deutschland.
Für Deutschland gibt es keinen rationalen Grund, auf der Seite der Ukraine zu stehen. Die Gräueltaten der letzten acht Jahre, die Kiew gegen die eigenen Bürger im Osten verbrochen hat, wären schon Grund genug, Kiew in die Gruppe der „Schurkenstaaten“ zu verbannen und so jede Unterstützung einzustellen, wenn sie das nicht beenden. Kiew hat aber im Gegenteil schon im Januar begonnen, den Beschuss der Ostprovinzen auf mehr als tausend Angriffe pro Tag auszuweiten. Und nein, das ist keine russische Propaganda, man kann es in den Berichten der OSZE nachlesen, die hier vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten worden sind. Mittlerweile muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass Kiews Schlächter massenweise Bürger foltern und umbringen, wenn sie nur im Verdacht stehen, russlandfreundlich zu sein.
Mit den konkreten Drohungen gegen deutsche Politiker muss die Berliner Regierung ihre Haltung zur Ukraine überdenken. Kann es richtig sein, einem Land Waffen zu liefern, das seinen Botschafter unverhohlene Drohungen gegen die eigenen Führungskräfte aussprechen lässt? Und nochmals: Was anderes als eine Drohung kann es sein, wenn deutschen Politikern eine kommende „Aufarbeitung“ angedroht wird? Noch sind es zu wenige unserer Politdarsteller, die sich auf den Schlips getreten fühlen und halbwegs offen gegen den ukrainischen Botschafter Stellung beziehen. Was muss noch geschehen, bevor man in Berlin aufwacht und einen Rest an Rationalität und Ehre entdeckt? Bevor der ukrainische Botschafter Melnyk des Landes verwiesen wird? Ich fürchte, dass es vergebens ist, auf Ehre oder Anstand bei Berliner Politikern zu hoffen. Wenn ich mir die Köpfe ansehe, steht der Tag schon fest, wann das geschehen könnte: Es ist der Sankt-Nimmerleins-Tag.
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 19. April 2022 bei anderweltonline.com Der Autor Peter Haisenko betreibt auch einen Buchverlag. Hier der Link zum Anderwelt Verlag: https://anderweltverlag.com/
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Bildquelle: ralphmeiling/ shutterstock
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